Brieffreunde und Meuterer
Die aktuellen Meldungen über geöffnete Briefe aus Afghanistan und über merkwürdige Vorfälle bis hin zum Vorwurf der Meuterei auf dem Segelschulschiff Gorch Fock haben auf den ersten Blick nur eines gemeinsam: Sie wurden beide durch Hellmut Königshaus, den Wehrbeauftragten des Bundestages bekannt. Der schlug beim Verteidigungsminster und beim Verteidigungsausschuss des Parlaments Alarm.
Aber beide haben einen deutlich größeren gemeinsamen Nenner.
Auch wenn bei den Bemühungen des Ministeriums, aufzuklären wer denn nun die Briefe vom OP North geöffnet hat und ob System dahinter steckt, der straf- und disziplinarrechtliche Aspekt im Vordergrund stehen dürfte: Dieser Vorfall geht weit darüber hinaus. Es geht für die Truppe nicht in erster Linie um die Frage, ob da jemand gegen einen Paragraphen im Strafgesetzbuch oder gegen eine Dienstvorschrift verstoßen hat. Im Ausbildungs- und Schutzbataillon, welch verniedlichendes Wort, sind Kampftruppen, die über Wochen in einem Außenposten irgendwo am Hindukusch stecken, immer der Gefahr von Feuerüberfällen und Sprengfallen ausgesetzt. Ihr Privatleben, so sie nicht einen Großteil davon beim check-in in Köln-Wahn abgegeben haben, besteht aus der Musik auf ihrem iPod und den Briefen, die sie nach Hause schreiben und von zu Hause bekommen.
Wer diese Briefe geöffnet hat, hat ihnen von dem bisschen Privatheit fast den letzten Rest genommen.
Auch die Vorfälle auf der Gorch Fock nach dem Tod der Offiziersanwärterin Sarah Lena Seele im Oktober sind nicht nur eine Frage von Disziplinarrecht und Vorschriften. Nach ihrem tödlichen Sturz wollten einige ihrer Crewkameraden nicht mehr in die Wanten aufentern – die Schiffsführung erfuhr das von zwei dienstälteren Offiziersanwärtern, die sich um ihre Kameraden kümmern sollten. Vier Offiziersanwärter mussten sich daraufhin anhören, sie arbeiteten nicht mit der Schiffsführung zusammen – deshalb sollten sie, so berichtet der Wehrbeauftragte, wegen Meuterei und Aufhetzen der Offiziersanwärter-Crew … von der Ausbildung abgelöst und zurück nach Deutschland geflogen werden.
Ob es wirklich Meuterei war, sei dahin gestellt – denn was danach passierte, ist aus meiner Sicht der eigentliche Skandal: Mit der Entscheidung der Marineführung, die gesamte Ausbildung auf der Gorch Fock vorerst auszusetzen, seien die vier Betroffenen von der Schiffsführung aufgefordert wirden, die ihnen eröffneten Ablösungsanträge zu vernichten, berichtet der Wehrbeauftragte. Also alles schön vertuschen?
Ich war nie Soldat und lasse mich deshalb gerne korrigieren, aber bei der Beobachtung der Truppe über zwei Jahrzehnte habe ich eines gelernt: Es ist ein Mythos, dass eine Armee allein auf Befehl und Gehorsam aufgebaut ist. Mindestens genau so wichtig ist Vertrauen – Vertrauen in den Kameraden, der einen in einer brenzligen Situation nicht im Stich lässt. Und Vertrauen auf die Vorgesetzten, die ihre Leute nicht in Extremsituationen hetzen und dann hängen lassen.
Dieses Vertrauen droht verloren zu gehen. Und das hat für die Bundeswehr weit schlimmere Konsequenzen als ein Verstoß gegen eine ZDv oder einen Paragraphen.
Das Segelschulschiff Gorch Fock unter Sturmsegeln – erstmals umrundete das Ausbildungsschiff Kap Hoorn. Der Sturm vor der Spitze Südamerikas dürfte leichter auszuhalten sein als der Sturm, der jetzt in der Heimat droht. (Foto: Yvonne Knoll/PIZ Marine)
Nachtrag: Da die sexuelle Belästigung auf der Gorch Fock in etlichen Meldungen großen Raum einnimmt, will ich gerne ergänzen, was der Wehrbeauftragte dazu mitgeteilt hat:
Ein Obergefreiter (Offizieranwärter) trug vor, von drei Soldaten der Stammbesatzung belästigt worden zu sein.
Während eines Hafenaufenthaltes sei er duschen gegangen. Dort sei er von drei Soldaten der Stammbesatzung angesprochen worden. Es sei „auf dem Schiff ähnlich wie im Knast, jeder Neue müsse seinen Arsch hinhalten“. Sie hätten daraufhin eine Flasche Shampoo auf den Boden geworfen und ihn aufgefordert, sich danach zu bücken. Er habe Angst bekommen und die Dusche schnellstmöglich verlassen.
Den Vorfall habe er seiner Vertrauensperson gemeldet, die die Meldung an die Vorgesetzten weitergetragen habe. Seine Aussage sei aufgenommen worden und der Kommandant habe die Besatzung an der Pier antreten lassen sowie eine Belehrung ausgesprochen.
Eigene Erfahrung als Untergebener und Vorgesetzter in der Truppe bestätigt, was mir ein einsatzerfahrener HFw auf dem EK mal gesagt hat: „Eine Beschwerde ist immer die Spitze des Eisbergs“. Da ist das Vertrauen in die Führung schon längst erloschen.
Ich selbst erlebte selten Probleme mit Beschwerden von Rekruten, sondern sah oft nur die erschöpften aber stolzen Gesichter und hörte Dankesworte, dass man ihnen gezeigt hat, was sie persönlich alles leisten können. Und das geht manchmal auch über die Vorschrift hinaus, das weiß jeder Ausbilder.
Die Vorfälle lassen jedoch darauf schließen, das da wirklich etwas im Argen liegt.
Gleichzeitig ist es aber auch ein Unding, wie polemisch besonder SPON über die Vorfälle auf der GF berichtet. Sogar „sexuelle Belästigung“ steht im Raum? Der Verfasser des Artikels war wohl noch nie unter der Dusche eines beliebigen Fußball-Kreisligisten.
Dankbar bestätigen die Marine-OA die Befürchtungen, die ich auch schon ob der verkürzten und entmilitarisierten HeeresOA-Ausbildung hegte. Abiturienten, die ein bezahltes Studium wollen. Keine Soldaten.
Der Fisch stinkt von allen Seiten.
Unzweifelhaft ist es gefährlich, bei Wind und Wetter in die Takelage eines Segelschiffes zu klettern. Irgendjemand muss es aber machen. Wer später als Offizier den Befehl dazu geben will, sollte als Offiziersanwärter schon mal selbst bis ganz nach oben geklettert sein . Gezwungen werden sollte dazu aber niemand – allerdings sollte man dann auch nicht Marineoffizier werden wollen.
In einer zivilen Berufswelt, in der es von Sicherheitsnormen und Sicherheitsbeauftragten wimmelt und falls doch etwas passiert, immer jemand schuldig zu sein hat, stellt das Militär mit der bewussten Inkaufnahme von Risiken (Mut) anscheinend eine heutzutage ungewohnte Ausnahme dar.
Für mich völlig inakzeptabel. Würden solche Leute im Gefecht auch erst mal auf unbestimmte Zeit jeden weiteren Vorstoß ablehnen, wenn einer ihrer Kameraden fällt? Beschämendes Verhalten. Für mich (als Nichtjurist lasse ich mich da aber gerne korrigieren) ein klarer Fall von Gehorsamsverweigerung nach WStrG § 20, der dementsprechend geahndet werden sollte. Es ist mir absolut unverständlich, warum solche Leute zur Bundeswehr und insbesondere zur Marine gegangen sind…
Zur allgemeinen Entwicklung in der Bundeswehr/ Deutschen Marine:
Meine 12jährige Dienstzeit geht nun dem Ende entgegen und ich habe sowohl im Studium bei der Bundeswehr als auch in Vorbereitung auf meinen Übergang in die freie Wirtschaft in meinem Zweitstudium Wirtschaftswissenschaften belegt … dort waren auch immer wieder Führungs- (neudeutsch auch gern: Management-) theorien thematischer Gegenstand der Diskussionen …
ich glaube einen Trend in der Bundeswehr zu erkennen, der davon zeugt, dass eben jenes streng hierarchische Führungssystem (das in realiter ja auch kaum noch zu finden ist) sich selbst endgültig überlebt hat!
Die Lebensrealität der jungen Menschen – auch der jungen Vorgesetzten – passt nicht mehr mit dem militärisch überlieferten Habitus und Menschen- (Soldaten-)bild überein – Innere Führung hin oder her.
Ich behaupte die Bundeswehr muss sich – gerade auch wegen des bevorstehenden epochalen Umbruchs – weiterentwickeln und eine neue Führungskultur auf dem Grundsatz neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse führen, ansonsten wird dieses ganze System über kurz oder lang implodieren.
Wie der Weise-Bericht herausstellt ist das Unternehmen Bundeswehr in vielen Belangen ineffizient, unorganisiert, unstrukturiert, ja in vielen Belangen gänzlich unprofessionell und inkompetent … die Bundeswehr steckt so tief in den Strukturen, dass ich bezweifele, dass ohne Hilfe von außen die über Jahrzehnte verfestigten Strukturen zu durchbrechen sind.
Vielleicht ist es Fatalismus am Ende der Dienstzeit, aber dieses Jahr ist der richtige Zeitpunkt, einen Schlussstrich zu ziehen …
Bei aller Tragik des Unfalls auf der Gorch Fock zeigt dies doch einmal mehr den Zustand der Führerausbildung in der Bundeswehr. Es ist ja auch nicht das erste Mal, dass auf der Gorch Fock, bei einer Übung, beim Sprungdienst oder sonstwo es zu einem Todesfall kommt. Aber nach 52 Jahren wurde erstmals eine Ausbildungsreise der Gorch Fock abgebrochen.
Nach meinem Eindruck bildet die Bundeswehr immer mehr Studenten ohne Studiengebühr aus, anstatt Offiziere auszubilden. Kein Wunder: So wird ja auch geworben („Karriere mit Zukunft“).
Ein ungeschminkter Blick in die OA-Bataillone des Heeres ergibt ein ähnliches Bild: Anspruchsdenken, statt Hingabe.
Disclaimer: Ausnahmen bestätigen die Regel.
Interessanter als die Frage nach der korrekten Papierlage wäre doch: Sind die OA’s die gedroht (!) haben die Gorch Fock zu verlassen noch im Dienst? Wenn nein, sind sie gegangen oder wurden sie gegangen? Wenn ja, warum????????
Die zentrale Frage: „Wie bilde ich Führer, Unterführer und Mannschaften für das Gefecht aus?“ Fällt aus meiner Sicht – gerade in der öffentlichen Diskussion – viel zu oft unter den Tisch. Der Soldatenberuf hat nun mal einzigartige Anforderungen.
Es ist zu befürchten, dass nun – befeuert von Politik und Presse – eine weitere Runde der politischen Korrektheit in der Ausbildung einzieht. Ich möchte nicht überharter Ausbildung das Wort reden, aber mir scheint die rote Linie mittlerweile sehr niedrig zu sein.
@Hekto
echt? oder ironisch?
Es ist immernoch eine Ausbildung, und kein Gefecht.
HALLO? Innere Führung! Mensch, Staatsbürger und DANN Soldat….das ist die Reihenfolge und das Verständnis, was man haben sollte.
In erster Hinsicht bin ich ein Mensch, das ist das A und O. Der Staatsbürger, der das GG verinnerlicht hat und danach lebt. Und dann der Soldat, der es verteidigt.
Also mal im ernst….es sind ganz Junge Leute an Board, die gerade mal von der Schule kommen, kaum Erfahrung im Berufsleben haben, evtl. auch wenig soziale/fachliche Kompetenz etc.( das kommt mit dem Alter)….und dann werden sie mit soetwas konfrontiert.
Ich meine: Im Kalten Krieg…oder noch früher hatte man nicht so den großen Stellenwert als „Anwärter“, oder wie auch immer man es bezeichnen kann. Aber ein Menschenleben hat immernoch den höchsten Stellenwert in unsererm System. Und das ist auch gut so!
@Mariner
Vollkommen richtig;) man sieht es. Ich sehe es an mir selber. Die „Jüngeren“ prallen mit den „Älteren“ zusammen. Es sind gewisse Konflikte die entstehen. Die heutigen Jungen leute wachsen doch mit ganz anderen gesellschaftlichen-sozialen Gegebenheiten auf, als die heutige Stabsoffz. und höhere Dienstgrade.
Jedesmal wenn ich unnötige Anforderungen schreiben muss, wegen Belanglosigkeiten, sehe was für banale Befehle erteilt werden, die vollkommen gegen die Innere Führung gehen, wie herablassend sich viele Offze benehmen, dann vergeht mir die Lust und ich ziehe mich zurück. Das ist tragisch.
Wie dem auch sei…..Es gibt auch Dezernate, Einheiten etc. wo alles „normal“ läuft, auf dem kurzen Dienstweg, wo man sich „entfalten“ kann……wo man glücklich ist. Dieses schöne Gut habe ich einmal erfahren. Wurde aber versetzt:( Jetzt bin ich wieder bei so einer Bürokratenpartie angelangt, dort hält sich jeder für den Held im Erdbeerfeld.
MkG
Ich persönlich finde es eine absolute Sauerei was da auf der Gorch Fock passiert ist. Wer als Marineoffizier nicht in die Takelage klettern will, sollte vllt. nochmal seinen Berufswunsch überdenken! Jedem ist bewusst, was es bedeutet auf der Gorch Fock zu dienen und mit welchen Gefahren das verbunden ist! Wegen einer solchen – in meinen Augen – „Kleinigkeit“ (Ich meine N I C H T den Tod der Soldatin!) zu Meutern, ist eines Offiziers absolut unwürdig! Genauso schlimm ist aber auch das Verhalten der Marine, einfach die komplette Ausbildung abzubrechen, nur um sich/der Gorch Fock, die schlechte Publicity zu ersparen!
Es ist absolut traurig, wie aus „unserer“ Armee mehr und mehr ein Mädchen-Kaffekranz Verein wird!
@Hohenstaufen:
Auch die Deutsche Marine erfüllt sämtliche zivilen Auflagen … alle Kadetten müssen eine betriebsärztliche Untersuchung (G41) für Mitarbeiter mit Absturzgefährdung nachweisen, ohne diese sind keine Arbeiten im Mast erlaubt!
@ Mariner: Und wie bewertest du unter dieser Perspektive die Vorgänge auf der Gorch Fock?
Meine Meinung (nur 2 Jahre Bund, aber über 10 Jahre Segler auf Yachten): Nach einem tödlichen Unfall ist es klar, dass die Crew einen Moment innehalten muss, um das zu verdauen. Was aber nicht gehen kann ist, danach nicht den Schalter umlegen zu können, und, wie hier wohl geschehen, dass mehr oder weniger der ganze Lehrgang die Arbeit in den Masten verweigert. Wenn man in der Lage ist und erkennt, das man das nicht mehr kann, dann muss man auch so konsequent sein, und seine Ablösung beantragen.
Vor 1,5 Jahren bin ich nach einem tödlichen Segelunfall als Crew eingesprungen, um die Yacht in den Heimathafen zu segeln. Von der Crew, die den Unfall erlebt hat, sind zwei direkt nach Hause gefahren, aber drei sind an Bord geblieben, und haben das Schiff zurückgesegelt. Diese Stärke, sich zu überwinden, muss ich auch und gerade von Menschen erwarten, die an sich den Anspruch stellen, in Zukunft ihre Crew auch und gerade in schwierigen Situation anzuführen.
Wirklich interessant finde ich, dass der Wehrbeauftragte diese Vorgänge öffentlich macht. Als vor 20 Jahren ein Zugführer einen labilen wehrpflichtigen Kameraden so malträtierte, dass dieser überschnappte (und in der Psychiatrie landete) musste ich zuerst beim Kompaniechef intervenieren, damit dem Kameraden beim Nachtschießen keine Munition ausgehändigt wurde (Das zum Thema, Befehle sind zu befolgen. Hätte ich, könnten wir von mir vielleicht nur als Opfer eines Amoklaufs vor 20 Jahren im Zeitungsarchiv gelesen), und die diesbezügliche Eingabe wurde damals vom Büro des Wehrbeauftragten als in der Sache unbegründet zurückgewiesen. Wir sind heute also einen deutlichen Schritt weiter, und ich hoffe, Königshaus handelt so, wie er handelt, frei von parteipolitischen Erwägungen.
Bei allem Respekt, aber eine Armee ist bei Weitem nicht das Gleiche wie ein Unternehmen – evtl. sollte man das mal im Hinterkopf haben, wenn man ständig Maßstäbe und Ideen aus der Wirtschaft auf die Bundeswehr umbrechen möchte.
Ich weiß ja nicht, wie es bei der Marine zugeht, aber im Heer habe ich keine Zeit, mich nach „neuesten wissenschaftlichen Methoden“ mit meinen Soldaten zu beschäftigen und im Grunde ist das auch gar nicht nötig.
Meine ganz persönliche Meinung dazu (und die nehmen sie bitte nicht persönlich): Ich bin es leid, ständig solchen Blödsinn, gerade von meinen (frisch-)studierten Kameraden hören zu müssen. Als Vorgesetzter muss ich nur folgende Grundtugenden mitbringen: Fleiß, Ehrlichkeit, Loyalität (auch gegenüber dem Untergebenen!), Fachwissen und Rückgrat – wenn man das beherzigt, folgt einem die Truppe überall hin. Und zwar egal ob die Soldaten ein Hochschulstudium abgeschlossen haben, oder nur einen Hauptschulabschluss mit abgebrochener Lehre besitzen. Diese Erkenntnis habe ich aus dem letzten Einsatz in AFG gewonnen.
Frisch umgesetzte, neue wissenschaftliche Erkenntnisse schaffen noch lange keine Führungskultur und ersetzen erst recht nicht den gesunden Menschenverstand – an dem es aber oftmals bei Vorgesetzten aller Dienstgradgruppen zu mangeln scheint…
@Memoria:
Gelobt sei das Deutsche Heer – und das meine ich als MUT ernst!
In der Offizierausbildung der Deutschen Marine gibt es seit 2004 keine anständige Grundausbildung mehr, sondern nur noch Module:
Soldatische Basisausbildung (Grundausbildung ohne Waffen)
Infantristische Ausbildung
Seemännische Basisausbildung
Nautische Basisausbildung
Anstatt die Ausbildung der TSK zu vereinheitlichen, läuf sie immer mehr auseinander!
Allerdings glaube ich auch, dass das Heer einen Fehler gemacht hat mit der Schaffung der OA Bataillone … ich denke den späteren Führern bekam es ganz gut, dass sie in „normalen“ Grundausbildungen herangewachsen sind anstatt wie heute einen homogenen Personalkörper zu formen … das entkoppelt zu schnell von der Realität! Lasse mit bei der Marine (die es noch nie anders gemacht hat) gerne das gleiche vorwerfen!
Ganz pragmatisch: Wer vom Pferd fällt, muss schnellst möglich wieder rauf.
Würde man die Entscheidung zur Übernahme zum OA oder UA davon abhängig machen, dass der Bewerber Leistungswillen u.a. in Form der Durchführung der später von seinen Untergebenen geforderten Tätigkeiten zeigt, dann wäre doch allen gedient. Die Frage, warum jemand, der grundlegende Tätigkeiten des Dienstes ablehnt, überhaupt Soldat werden sollte, wurde ja schon gestellt.
Eine Erhöhung der Standards (statt der laufenden Senkung, auch in Form von offenen oder verdeckten Frauenquoten etc.) würde natürlich bedeuten, dass weniger Führungspersonal zur Verfügung steht. Das wiederum könnte man als Chance zur Verschlankung der Truppe und zur Rückgängigmachung der Dienstgradinflation begreifen.
@UmPp
„Es ist immernoch eine Ausbildung, und kein Gefecht.“
Wie soll jemand, der sich bereits im Frieden und unter kontrollierten Bedingungen nicht dazu überwinden kann, seinen normalen (im angesprochenen Fall zweifellos fordernden) Dienst zu tun, dies im Gefecht tun können?
@ Mariner:
Es kommt noch schlimmer: Seit Juli 2010 bekommen auch die FA eine gesonderte AGA. Eine Dreiklassen-Armee vom ersten Tag an. Da waren Scharnhorst und Gneisenau schon weiter.
Für FA und OA anschließend viel Schule und kaum Truppe. Das ist aus meiner Sicht ein weitaus größeres Problem für die Zukunft der Bundeswehr als aller Geldmangel und neuer Strukturen. Zumal: Derlei kein primäres Geldproblem ist. Auch die andere Standardausrede – pöse pöse Politik – trifft hier nicht zu.
Also als ehemaliger HUT muss ich sagen: Das Heer nähert sich den anderen TSK an :o)Positiv gesagt: Wir haben bald eine streitkräftegemeinsame Ausbildung – nur leider taugt sie nichts.
Die heute durch die Medien gegangene Meldung einer angeblichen Meuterei an Bord der „Gorch Fock“ offenbart zunächst zwei Dinge:
Zum einen mangelndes bis gar kein Wissen vieler Journalisten über die Ausbildung an Bord der GoFo, zum anderen massives gegenseitiges Abschreiben statt eigener Recherche.
Wenn man wie ich sechs Monate an Bord der GoFo verbringen durfte, kann man über die angeblichen Anschuldigungen von Seiten der Offizieranwärter (OA) nur lachen. Anscheinend verstehen sowohl die OAs als auch die Medien nicht, dass es sich bei der GoFo um ein militärisches Schiff handelt, wo Soldaten, d.h. zukünftige Offiziere ausgebildet werden. Verfolgt man die Meldungen, drängt sich einem stattdessen das Gefühl auf, in irgendeinem Ferienlager sei wieder etwas schief gegangen. Schuld sind natürlich die Lehrer, im konkreten Fall also die Schiffsführung. Dass sie nicht zu Wort kommt oder deren Sicht der Dinge dargelegt wird, trägt ihrer Professionalität Rechnung. Die OAs wirken hingegen wie trotzige Schulkinder, die in ihrer Gemeinsamt pathetisch glauben, das Prinzip von Befehl und Gehorsam außer Kraft treten zu können. Natürlich ist der unmittelbare Tod einer Kameradin schmerzhaft. Ich möchte dies auf keinen Fall relativieren. Dennoch ist die nachfolgende Auseinandersetzung der Kadetten mit der Schiffsführung in meinen Augen absolut unangemessen.
Meiner Ansicht nach liegt die Ursache des Problems in der gegenwärtigen Ausbildung der MarineOAs. Die Kadetten kommen gleich nach der Schule an „die Burg“ (Marineschule Mürwik) nach Flensburg. Im Eilverfahren, d.h. in sechswöchigen Blöcken durchlaufen sie verschiedene Module. Die Ausbildung ist zwar fordernd, macht m.E. aber keinen Hehl auf die zukünftige Rolle der OAs als Führungskräfte innerhalb der Marine, obwohl davon zu diesem Zeitpunkt noch lange entfernt sind. Während man die OAs an der Burg noch hegt und pflegt, damit nicht zu viele von ihnen die Ausbildung abbrechen, müssen sie sich z.B. an Bord der GoFo plötzlich unterordnen. Wohin diese Ausbildung führen kann, sehen wir nun. Die arme Marine.
@Orontes
Schwer zu verstehen, gebe ich zu. Ich kann es Ihnen aber auch net erklären.
Ich kann nur aus Erfahrung sprechen.
In der Ausbildung bin ich sehr lernbereit, man macht Fehler, man ist einfach anders.
Im Gefecht war ich stark von Adrenalin durchgepumpt. Man schaltet einfach ab und es folgen Automatismen. Da kann man sich nicht verstecken, sondern den Mann stehen.
Ich weiss nicht, ob Ihnen diese Erklärung reicht bzw. sie es nachvollziehen können, dennoch=> Im Train, eine Simulation, man weiss was kommt, was machen kann, es ist alles „locker“.
Aber sobald es bei uns ernst wurde, ging alles ganz schnell und alle taten Ihren Job! Auch als Verwundete neben einem Lagen.
@ T.Wiegold
Auf den Punkt gebracht. So ist es.
@ UmPp
Das sehe ich ähnlich. Das ist immernoch ein Segelschulschiff, auf dem es um das Einmaleins der Seefahrt geht. Es hat als solches nur mit den Grundlagen der Seekriegsführung zu tun. Das Verknüpfen und Formen der Fähigkeiten kommt erst noch.
Klar ist: Ich selber würde nicht zur Marine gehen, weil ich von mir weiß, dass ich Höhenangst habe. Und dazu passen Dinge wie auf Masten klettern nicht wirklich.
Wenn es gerade (ausgerechnet wieder weiblich) einen Kameraden auf Deck zerrissen hat, kann ich gewisse Hemmungen zum Weitermachen nachvollziehen. Gerade bei unerfahrenen, jungen Leuten. Das ist völlig normal. Eine Meuterei lag hier nicht vor.
Ein gewisses Feingefühl ist selbst den mystifiziertesten Führern nie abgegangen und hat nichts mit militärischer Härte zu tun.
@ Hekto
Wenn die Kinder dann irgendwann mal echte Soldaten in einem echten Gefecht sind, werden sie sich auch entsprechend verhalten. Das bedeutet nicht, dass man ein im Frieden möglichst asozialer Charakter ohne jegliche Empathie werden sollte.
@UmPp
„Im Gefecht war ich stark von Adrenalin durchgepumpt. Man schaltet einfach ab und es folgen Automatismen.“
Ist es nicht gerade deshalb wichtig, alle Tätigkeiten bereits in der Ausbildung so intensiv einzuüben, damit sie dann auch unter der größten Belastung automatisch getan werden können? Oder um auf den konkreten Fall zurückzukommen: Wäre es nicht zu spät, wenn ein Offizier (oder anderer Soldat) erst im Gefecht lernen muss, was er als Offizieranwärter nicht zu lernen bereit war oder man ihm nicht zumuten wollte?
@Owe Jessen:
Die Gorch Fock ist (war sie jedenfalls vor 11 Jahren;-) nach wie vor die harte Schule der Marine. Man kommt dort als Matrose an und darf die Mannschaften der Stammbesatzung „siezen“. Es wird deutlich die Hierarchie zwischen „Stammbesatzung“ und „Lehrgangsteilnehmern“ gelebt … und OA werden nicht nur verachtet sie werden gehasst … gleichwohl hat dies Methode, denn es formt den Crewgeist – den Zusammenhalt unter den OA … hinzu kommen die – und das muss man in Perspektive zur Lebenserfahrung heutiger 18-/19-jähriger setzen – harten Lebensbedingungen mit 60 Mann in einem Deck, drei Hängematten übereinander, ganz viele nebeneinander … ich erlaube mir zu sagen, dass die Welt vor 10 Jahren noch ein Stück weniger individualistisch geprägt war … und so muss man sich nun diese Kadetten vorstellen, die sich psychisch schon unter ernormem Druck befinden – auch wenn sie sich dessen selbst mitunter nicht bewusst sind – auf die auch noch der Tod einer Kameradin einschlägt … es ist nicht von der Hand zu weisen, dass es Charaktere gibt, für die dann eine psychische Belastungsgrenze überschritten ist, analog zu Deinem Beispiel.
Da nun aber Jugendliche heutzutage – in ihrem nicht-militärischen, sozialen Umfeld – viel mehr in Watte gepackt werden als früher, ist ihre „Leidensfähigkeit“, insbesondere aber auch der Wille Weisungen – oder bei uns Befehle – entgegenzunehmen wenig ausgeprägt … das soll heißen heute kann ich dann nicht einfach mit Befehl und Gehorsam weitermachen, sondern ich muss zunächst auf der psycho-sozialen Ebene eingreifen … statt Menschenführung „mit schwerem Gerät“ eben auf eine wesentlich einfühlsamere Art und Weise …
@Voodoo:
„Frisch umgesetzte, neue wissenschaftliche Erkenntnisse schaffen noch lange keine Führungskultur und ersetzen erst recht nicht den gesunden Menschenverstand – an dem es aber oftmals bei Vorgesetzten aller Dienstgradgruppen zu mangeln scheint…“
Sie haben meine volle Zustimmung! Das Problem ist aber, dass die Bundeswehr mit ihrem derzeitigen Führungsystem zu scheitern droht! Nicht auf der Ebene der Unterführer, jedoch auf der Ebene der Stabs- und Generalstabs-/ Admiralstabsoffiziere.
Denn eines wird immer deutlicher, die Vorgesetzten scheinen weder in der Lage die bestehenden Prinzipien der „Inneren Führung“ anzuwenden, noch verfügen sie über die von Ihnen genannten Sekundärtugenden!
Mein Ansatz der „wissenschaftlichen Methoden“ soll darauf abzielen, dass es – im übrigen auch für grundhierarchisch angelegte zivile Führungsstrukturen – Modelle gibt wie ich meine Untergebenen besser führen und motivieren kann als das zur Zeit in der Bundeswehr der Fall ist … und Sie haben auch Recht, dass dort der gesunde Menschenverstand oft hilft, bei denen, die aber nicht mit zu viel davon gesegnet sind, muss man eben durch Ausbildung moderner Methoden unterstützen ;-)
@Mariner
„…es ist nicht von der Hand zu weisen, dass es Charaktere gibt, für die dann eine psychische Belastungsgrenze überschritten ist…“
Würde man diesen Menschen und der Bundeswehr nicht einen Gefallen tun, wenn man sie die Uniform ausziehen lässt? Wie soll ein Offizier ggf. mit Verlusten im Einsatz zurechtkommen, wenn ein Ausbildungsunfall ihn überfordert? Ich meine das nicht herablassend, denn es ist keine Schande, von Extremsituationen überfordert zu sein. Aber der Dienst als Soldat ist eben kein „Job wie jeder andere“.
Wenn die ersten Absolventen der neuen Ausbildungsgänge im Feld stehen, dann treffen sich Jungschnösel (Offizier) und Sachbearbeiter (Feldwebel).
Die Folgen militärischer Entscheidungen können weitreichender sein, als im zivilen Bereich. Aus diesem Grund sehe ich die unflektierte Übernahme von Managementtechniken in die Truppe als problematisch an. Ich muss mit Herz und Verstand führen können, wenn ich erwarte, dass Soldaten Ihr Leben riskieren. Inwieweit kann ich mich jedoch in sie hineindenken, wenn ich ab der 7. Klasse, über das OA-Btl. das Studium und die Lehrgänge immer nur unter „Gymnasiasten“ bewege? Die erste Konfrontation mit „dem HG“ erfolgt dann im 23/24 Lebensjahr. Wer einmal Jungberater bei einem Consultingprojekt erleben durfte, ist zumindest vorbereitet.
Ich fahre übrigens im zivilen Leben sehr gut mit militärischer Führung, ohne das diese als solche erkannt wird. Ein mir bekannter Offizier d.R. führt auf diese Art sein Hochschulinstitut. Es geht um die Nutzung individueller Fähigkeiten, schnelle Schlichtung von Konflikten, Teamfähigkeit, aber auch Vertrauen und das Verständnis in manchen Situationen nicht endlos zu diskutieren, sondern eine Lösung umzusetzen.
@Orontes
Sie haben Recht. Allerdings lässt sich soetwas ja nicht üben.
Und, dieser schreckliche Vorfall, soll nicht ein teil einer Ausbildung sein, die für später „gut“ sein soll.
Jedenfalls, erst im richtigen Gefecht, aber auch erst dann…lernt man einen Menschen kennen. Erst dann sieht man, wozu man in der Lage ist zu leisten, oder eben auch nicht:(
Wenn man sich bewährt, dann ist ist alles grün, wenn nicht, wirds schlimm.
Egal wie man es wendet, egal wie und was man trainiert,….aber wenn es erstmal ernst wird, kann alles anderes kommen.
Ich kenne Kameraden, die halten sich für die Besten, sind auch die Besten in ihrem Leistungsprofil, sind immer ganz vorne mit dabei etc. haben eine Riesenklappe. Aber als die ersten Schüsse fiehlen, als die RPG´s um die Ohren flogen……..wer war dann ganz hinten und suchte als erster das Versteck um kam nimmer raus? Genau, die ganzen Friedensmutigen mit großer Klappe. Und komischeweise waren dann die härtesten solche Menschen, die in Vorausbildungen sich ständig zurückhielten, die etwas „Bedenken“ hatten etc., die „schüchtern“ waren.
Es kann so und so kommen…..wie gesagt, schwer zu erklären.
Wie wohl die meisten Kommenatoren habe ich keine nähere Kenntnis von den Einzelheiten des Vorfalls und hätte mir gewünscht, weniger schnelle Wertungen und mehr Nachdenklichkeit in diesem Zusammenhang zu lesen, denn immerhin ist eine Soldatin ums Leben gekommen. Und das Klettern in die Takelage ist ja wohl nicht als notwendige Mutprobe zur Berufqualifizierung gedacht, oder? Ich komme aus der Fliegerei und dort ist es üblich zunächst die Umstände zu klären, bevor man zur Tagesordnung übergeht. Und mit Blick auf das Wehrstrafgesetz ist die Subsummierung des Verhaltens der anderen Soldaten sicher nicht so einfach, wie es manche gern hätten. Für mich auch entscheidend ist die Frage des Nichtgedienten nach dem Vertrauen…………
@Orontes:
Bei allen (Gefechts-)Übungen, die wir in der Deutschen Marine machen, gibt es bei den simulierten Verletzungen immer auch den sog. „Stress-Verletzten“ … wir müssen einfach akzeptieren, dass dies eine mögliche nicht beeinflussbare Situation ist, die auch bei den „härtesten“ Hunden eintreten kann … das ist menschlich und unabwendbar, vor allem aber unvorhersagbar!
Ob jemand solche Situationen unbeschadet übersteht, kann man erst sehen, wenn es soweit ist!
Bspw. hatte die Besatzung eines unserer Boote 2009/2010 das „Glück“ vor der Küste des Libanon erst die Toten eines Schiffsuntergangs zu bergen und zwei Wochen später die sterblichen Überrreste (denn da bleiben keine ganzen Körper übrig) eines Flugzeugabsturzes … anschließend wurden sie von einem KIT (Kriseninterventionsteam bestehend aus Psychologen und Peers) vor Ort unter die Lupe genommen und die belasteten Soldaten nach Hause verlegt … das gehört zur Führungs- und Fürsorgeverantwortung einfach dazu!
@Mariner
richtig! Wir sind Staatsbürger in Uniform und nicht uniformierte Staatsbürger (ein Zitat…k.A. woher) Und das ist ein großer Unterschied.
@ Mariner – das ist natürlich ein sehr düsteres Bild – aber die OA kommen ja nicht am ersten Tag nach Einberufung auf das Schiff, bis dahin muss denen doch auch mal jemand was erzählt haben davon, was da passiert, und was da passieren kann. Wie stellen sich die OA das denn vor, wenn auf See ein Unfall passiert – Crew wegen Traumatisierung abbergen lassen?
Jetzt ist die Gorch Fock sogar der Aufmacher der tagesthemen gewesen …
@ Orontes
Es hat keiner behauptet, dass man das Motto „Train as you fight, fight as you train“ missachten sollte. Woher sollten dann auch die Automatismen kommen?
Aber auf der GoFo geht es nicht um Gefechtsmanöver. Es geht um grundlegendes Seemannshandwerk.
Und: Wer zur Hölle will mir eigentlich weißmachen, dass er selber ungerührt weiter in die Höhe steigen würde, wenn kürzlich eine junge Frau von da oben heruntergefallen ist?
Das ist doch lächerlich und das war auch vor 50 Jahren nicht anders, außer dass damals keine Frauen auf dem Schiff waren.
Die Schiffsführung wird gerade bezüglich der weiteren Vorgänge noch zu Wort kommen und hoffentlich aufklärend wirken.
@Niklas
Wenn die Kinder dann irgendwann mal echte Soldaten in einem echten Gefecht sind, werden sie sich auch entsprechend verhalten
Was ich bezweifle.
Fakt ist, das in der heutigen Ausbildung der berühmte rote Faden viel zu tief hängt, damit ja keiner der ach so wertvollen Anwärter durchfällt, wie er sich später in der Truppe macht steht auf einem anderen Blatt.
Was nicht geübt wird und im Zusammenhang von Gefechtsdienst meine ich drillmäßiges Üben, mit Härten und Entbehrungen und auch Gefahren im Rahmen der gültigen Sicherheitsvorschriften klappt garantiert nicht!
Fakt ist auch, das gute militärische Führer nicht auf Bäumen wachsen und durch Ausbildung und Erziehung geformt werden.
Dazu braucht es militärische Vorgesetzte mit Authorität. Damit meine ich nicht die Autorität die sich mit der Zeit auf den Schulterklappen ansammelt, sondern die persönliche Autorität die sich der Vorgesetzte gegenüber seinen Untergebenen
erarbeiten muß.
ZITAT Voodoo :
Als Vorgesetzter muss ich nur folgende Grundtugenden mitbringen: Fleiß, Ehrlichkeit, Loyalität (auch gegenüber dem Untergebenen!), Fachwissen und Rückgrat – wenn man das beherzigt, folgt einem die Truppe überall hin.
Das bringt es auf den Punkt und deckt sich mit meinen Erfahrungen aus 12 Dienstjahren in der Panzertruppe und zig WÜ. mit vollkommen fremden Untergebenen.
Hart und Konsequent in der Sache, Fair im Umgang, fachlich Kompetent und menschlich in Ordnung, das sind die Parameter die einen militärischen Führer auszeichnen.
Und um den Bogen zur GF zu schlagen, es sind im Moment viele Informationen im Umlauf, die nicht verifiziert sind. Angefangen von der Größe der verunglückten Soldatin bis zur angeblichen sexuellen Belästigung. Mal sehen was davon übrig bleibt.
Die Ausbildung der militärischen Führer ist wie schon von einigen Vorpostern beschrieben nicht mehr mit der Ausbildung vor 30 Jahren als ich meine GA machte vergleichbar.
Ob die Bundeswehr mit diesem geänderten Ausbildungsgang den Führernachwuchs erhält den sie braucht, wage ich zu bezweifeln, denn wenn ich schon in einer Ausbildungsituastion mit einer „Gefahr“ nicht klar komme, wie will ich das im Gefecht, wie will ich dann im Gefecht Männer führen?
In meiner Crew ist auch ein Soldat auf der Gorch Fock tödlich verunglückt (aber nicht auf meiner Tour), außerdem haben mehrere Kameraden dort bei weiteren Unfällen Finger verloren. Warum? Persönliches Fehlverhalten. Und es ging trotzdem weiter, die Vorgesetzten haben mit einer Mischung aus dem angesprochenen gesunden Menschenverstand und militärischer Härte reagiert. Hat hervorragend funktioniert.
Mariner muss ich recht geben, was die heutige Führungskultur auf Ebene der Stabsoffiziere angeht. Was das abgeht, hat weder mit Innerer Führung, noch mit modernem Management, noch mit militärischer Führung zu tun, sondern nur mit Gesichtswahrung und Karriere. In vielen spezialisierten Bereichen würden moderne Managementprinzipien Wunder wirken, aber dann müsste man ja den ganzen komischen SaZ-Hauptleuten/Kaleus vertrauen und Verantwortung übergeben….
Zu „Loyalität“:
Eigentlich nur gegenüber den Untergebenen. Die Vorgesetzten erzählen soviel Blödsinn, betreiben soviel Absicherungspolitik wider jede Logik und haben so wenig Ahnung von der tatsächlichen Arbeit, dass der wahrheitsgemäße Umgang mit den Männern und Frauen die einzige Chance ist, so etwas wie „Glaubwürdigkeit“ zu behalten. Wenn ich mich hinstelle und so tue, als ob ich alles ganz großartig finde, glaubt mir das heutzutage niemand mehr. Die Zeiten, in denen der Offizier den ungebildeten „Gemeinen“ die Welt erklärte, sind vorbei.
@Owe Jessen:
„Wie stellen sich die OA das denn vor, wenn auf See ein Unfall passiert – Crew wegen Traumatisierung abbergen lassen?“
Zu dem Zeitpunkt sind die OA gerade 3 Monate bei der Bundeswehr … und wie ich oben beschrieben habe, finden nur Module statt, die man noch unter „Abenteuerurlaub“ verbuchen kann … zu diesem Zeitpunkt ist bei den jungen Menschen einfach noch kein Bewußtsein für solche Ereignisse bzw. der Möglichkeit, dass diese eintreten können vorhanden.
Die Ausbildung für Gefechtsschäden an Bord (Feuer-/ Leckbekämpfen inkl. abbergen von Personen) kommt erst wesentlich später im Ausbildungsablauf zum tragen.
@Niklas
„Wer zur Hölle will mir eigentlich weißmachen, dass er selber ungerührt weiter in die Höhe steigen würde, wenn kürzlich eine junge Frau von da oben heruntergefallen ist?“
Es ist auch keiner ungerührt, wenn er rausfahren muss und einige Stunden davor ein IED mehrere Tote gefordert hat. Aber tun muss man es trotzdem, und wann soll der Soldat denn anfangen das zu lernen? Wie gesagt, es geht nicht um einen „Job wie jeden anderen“.
@ StFwdR
Moment. Nicht durcheinanderwirbeln.
Alles was sie schreiben ist richtig. Ich habe nichts anderes behauptet, auch wenn
es sich zugegebenermaßen leicht so lesen lässt. (Das Zitat war eher so gemeint, dass die junge Menschen durch (hoffentlich) gute Ausbildung dann schlussendlich bereit sind.)
Um einen fertigen Soldaten zu formen braucht es alles angesprochene, keine Frage.
Aber zum richtigen Zeitpunkt.
Wenn ich nicht ganz vom hinterm Mond bin ist die Gorch Fock aber (wie schon tausendmal wiederholt und immer wieder übergangen) die Grundschule des Marineoffiziers. Die Anwärter sind noch blutige Anfänger. Ob die Ausbildungsunterbrechung richtig oder falsch war ist nicht wesentlich.
Jetzt nur immer wieder gebetsmühlenartig vom mangelhaften Endprodukt zu schwadronieren hat nichts damit zu tun. Und ich selber habe nicht so ein negatives Bild von jungen Offizieren. Ein kleines Detail noch: Vor 1945 war es durchaus üblich, dass Offiziere auch nur die mittlere Reife hatten. Mal so zu den Anforderungen usw.
@ Orontes
Das ist doch ein völlig anderer Zusammenhang… Mann ey.
Wir wollen nicht ernsthaft Anfänger in einer Unfallsituation mit fertigen Infanteristen
im Kriegsgebiet vergleichen, oder?
Natürlich ist es kein Job und lernen sollen die Soldaten auch alles vorher. Keiner behauptet was anderes.
@Niklas
Zwei Dinge fallen mir besonders auf
1. Angeblich war die Soldatin mit 1,59 zu klein für den „Takelagedienst“
2. Wird immer wieder betont es war eine Frau
Es ist richtig, das nach einem derartigen Vorfall nicht unmittelbar zur Tagesordnung übergegangen wird, aber wie geschildert ist da auch keine Lösung.
Ich will mich nicht auf die Berichte zur aktuellen Zeit verlassen, denn da ist vieles unklar.
Was macht ein(e) Soldat(In) in dieser Ausbildung der/die den körperlichen Anforderungen nicht entspricht ?
Was wäre anders wäre es ein Mann gewesen ?
Und, auch wenn es hier um die Grundausbildung der Seekadetten geht, so gehören Aufgaben die Mut und Geschicklichkeit erfordern zum Programm der Ausbildung.
Das Schiff lag zum Zeitpunkt des Unfalls im Hafen ( wenn ich mich richtig erinnere) es war also kein schwerer Seegang der es erschwert hätte. Die Kadetten müßen aber auch auf See mit entsprechenden Wellengang aufentern, wenn nicht im Hafen oder ruhiger See, wann sollen sie das Üben?
Bevor nicht alle Details verifizierbar bekannt sind, kann man sich hierüber keine Urteil erlauben.
Ob die vorgesetzten Offiziere den geschilderten Anforderungen entsprechen und entsprechend gehandelt haben können wir alle aus der Ferne ebenfalls nicht beurteilen und sollten uns hüten hier vorschnell zu Urteilen.
Es ist bekannt welches Ausbildungsprogramm bei der Marine auf einen OA zukommt also wenn er auf der Gorch Fock einsteigt weiß er was ihn erwartet.
Und ja, auch ich vertrete die Ansicht das der Beruf des Soldaten kein „Job“ wie jeder andere ist, obwohl in der Praxis es immer mehr dazu tendiert.
Warum ein guter Offizier unbedingt ein Studium haben muß habe ich nie begriffen.
Das ein Offizier den „gemeinen“ die Welt erklärt war aber auch schon zu meiner Zeit eine Fabel.
Guten Tag
wie man an meinem namen sehen kann bin ich selbst Angehöriger des neuen Aubildungsganges, allerdings HUT. Mit interesse verfolge ich die Diskussion hier und muss einigem zustimmen, leider auch vielem negativen. Fakt ist das der heutige Heeres OA zu beginn seines Studiums längst nicht so gefestigt im Leben steht wie der fühere. Diese festigung soll im Studium selbst erfolgen. Bei einigen klappt es, bei anderen nicht.
Ich habe dennoch Vertrauen in mich und meine Kameraden das wir die an uns gestellten Aufgaben in Zukunft gut und erfolgreich lösen müssen. Denn: auch wenn wir „verweichlicht“ oder „fachidiotisch“ sein mögen, so sind wir noch immer junge Menschen die sich bewusst für diesen Schritt entschieden haben. Fast alle die gemerkt haben das sie falsch entschieden haben sind bereits raus. Aber schwarze Schafe gibt es immer, und wir haben selbst ein Interesse daran das die Frau oder der Mann neben oder hinter uns im Einsatz ist weil er dazu fähig und willens ist.
mkg
OFr
@OFr
Wenn Ihnen und Ihren Kameraden diese Tatsache bewusst ist, ist das schon viel Wert.
Viel Erfolg bei der Ausbildung.
@OFr
Dem schließe ich mich an !
Ich denke, man sollte hier einige Dinge voneinander trennen.
Gibt es seit einigen Jahren eine Tendenz des Vertuschens statt „Melden macht frei!“ ?
Ich fürchte: Ja.
Die Ursache sehe ich ganz wesentlich in politischen Führungsfehlern und der Art und Weise, wie Öffentlichkeit mit Fehlern in der Bundeswehr umgeht.
Ein Schlüsselereignis waren da die Hetzkampagnen und Prozesse um die „Foltervorfälle“ in der Grundausbildung, bei der Ausbildungsinhalte für Einsatzsoldaten und teileweise EKL1 Inhalte unprofessionell an Wehrpflichtigen durchexerziert wurden. Natürlich haben damals Vorgesetzte Unsinn gemacht. Eine Ermahnung wäre angemessen gewesen, vielleicht ein Disziplinarverfahren, mehr aber doch wohl nicht.
Stattdessen wurde ein jahrelanger Skandal inszeniert, bei dem man mehr und mehr den Eindruck bekam, dass hier politische Prozesse auf dem Rücken der Soldaten ausgetragen wurden.
Fehlverhalten wird es immer geben. Wird jedoch damit unsachgemäß umgegangen, beginnen automatisch gruppendynamische Prozesse, die in einer Kultur des Vertuschens enden. Die Vorfälle um Oberst Klein haben diesen Prozess noch einmal beschleunigt.
Hier müsste endlich eine brauchbare Militärgerichtsbarkeit nach amerikanischem Vorbild eingeführt werden, die weiß, was sie tut. Zudem müssten Politik und Presse mal mit den Ritual aufhören, jede Lächerlichkeit zu skandalisieren.
Vor diesem Hintergrund ist nachvollziehbar (aber noch lange nicht richtig), dass Dinge, die Fehlverhalten sein könnten, vertuscht werden. Da muss die politische Führung endlich „nicht erfolgsfähige Strukturen“ in Ordnung bringen.
Ist es richtig, mit der Ausbildung unverzüglich weiter zu machen, wenn es einen Unfall etc. gegeben hat?
Oben wird der Spruch: „Wer vom Pferd fällt, muss schnellst möglich wieder rauf.“ zitiert. Damit ist alles gesagt.
Es geht hier um Offiziere, die ausgebildet werden. Die müssen mit solchen Vorkommnissen umgehen können. Wer das nicht kann, sollte aus dem Lehrgang fliegen – dies klar wissend können dann nämlich plötzlich viele wieder …
Das Verhalten der Leitung des Schiffes halte ich diesbezüglich für vollkommen richtig.
Die „Pussification“ der Bundeswehr ist eh schon schlimm genug.
Die Wahrscheinlichkeit, dass die heute ausgebildeten Offiziere in der Zukunft mit Tod, Leid und Verwundung konfrontiert werden und in der Folge weiter einsatzfähig sein müssen, ist exorbitant gestiegen. Wen ein solcher tragischer Unfall aus Bahn wirft, der hat (noch?) nicht das Zeug zum Offizier. Empathie, Menschlichkeit, Anteilnahme etc. haben nun mal mit der Fähigkeit, trotz fataler Ereignisse weiter zu funktionieren, nichts zu tun.
Ausbilder, die derartige Mängel bei Lehrgangsteilnehmern bemerken, müssen intervenieren, denn werden diese Mängel nicht behoben und versagt die Person im Einsatz, hat das schnell Leichensäcke zur Folge.
Wie ist das Verhalten des Wehrbeauftragten Königshaus zu werten?
Hier sehe ich den eigentlichen Skandal. Bei mir entsteht der Verdacht, dass sich hier jemand inszenieren und politisch profilieren möchte und dies auf Kosten der Bundeswehr und der Soldaten tut.
Laut eigenem Bekunden hat Herr Königshaus bisher nur die einseitigen Beschuldigungen vorliegen und hat die Führung des Schiffe bisher nicht angehört. Ihm wurde Zugang zu allem gewährt, die Bundeswehr und der Verteidigungsminister haben von Anfang an mit ihm zusammengearbeitet etc.
Warum bitte schön wird dann dieser Vorgang zum jetzigen Zeitpunkt in der Presse hochgepuscht?
Ich fürchte, weil bestimmte Politiker mediales Kalkül über sachgerechte Arbeit stellen und für einen persönlichen politischen Vorteil sogar Schaden für die Bundeswehr in kauf nehmen.
Bitte nicht übel nehmen, aber OFR ist die korrekte Abkürzung ;-)
Inhaltlich hoffe ich sehr, dass sie zu ihrem Wort stehen, denn erfahrungsgemäß driften die meisten gegen Ende ihres Studiums erst richtig ab.
Was die drei tragischen Faelle anbelangt: Es passiert gerade genau das, was in einem Rechtsstaat passieren muss, sie werden untersucht! Und das beinhaltet u.a zunaechst die Unschuldsvermutung und am Ende ggf die Bestrafung durch einen Vorgesetzten oder Richter! Und nicht durch die Blogosphaere oder die Medien! die Medien haben ihre Aufklaerungspflicht erstmal erfuellt, nun sind die Betroffenen dran!
Was mich zum Kommentieren bringt
„Als Vorgesetzter muss ich nur folgende Grundtugenden mitbringen: Fleiß, Ehrlichkeit, Loyalität (auch gegenüber dem Untergebenen!), Fachwissen und Rückgrat – wenn man das beherzigt, folgt einem die Truppe überall hin.“
Ob das „nur“ reicht, weiss ich nicht, es koennten auch sieben sein
* Weisheit oder Klugheit
* Gerechtigkeit
* Tapferkeit
* Mäßigung
* Glaube
* Hoffnung
* Liebe
und wo bleibt die Disziplin?
…..und genau deswegen studieren Offiziere, weil a.) Fachwissen nicht auf Baeumen waechst und b.) Bildung einen Wert an und fuer sich darstellt (um z.B Loyalitaet von Kadavergehorsam unterscheiden zu koennen)!
Und das ist im uebrigen Teil der Scharnhorst‘ schen Heeres Reform!
Die im Rahmen der Auftragstaktik geforderte Pro Aktive Disziplin (hier empfehle ich das Studium von Leistenschneider Auftragstaktik im preußisch-deutschen Heer 1871 bis 1914, reines Lesen koennte nicht das gewuenschte Resultat bringen.
Darueber hinaus gilt fuer das Studium dasselbe wie beim EK:
Ob es die Persoenlichkeit bildet, sollte nur der beurteilen, der es erfolgreich absolviert hat, und wer glaubt, dass es fuer die Kampfzone nicht geeignet ist, dem empfehle ich beigefuegtes Zitat von General Mattis, dem man ja nun wirklich nicht als Kampfzonenverweigerer bezeichnen kann:
„An untrained or uneducated Marine…deployed 2 the combat zone is a bigger threat to mission accomplishment…than the enemy‘ “
Und deswegen hat Gen Mattis eine Leseliste fuer alle seine Generale, Offiziere und Unteroffiziere….
Wer Clausewitz verstehen will (und nicht nur zitieren bzw im Regal stehen haben will), der sollte sich mit Schleiermacher, Leibnitz und anderen Repraesentanten des Humanismus beschaeftigen, das hat Herr von C. auch gemacht und da kann so ein Studium ungemein helfen ;-)
Um der Kritik zu entgehen, fuer COIN empfehle ich
The Accidental Guerilla oder Learning to Eat Soup with a Knife: Counterinsurgency Lessons from Malaya and Vietnam
Lesen bildet…..
BTW
Kleiner Scherz am Rande: die Erfahrung zeigt
Ein dickes Fell kann ein nicht vorhandenes Rueckgrat wunderbar ersetzen …..
Ein paar Zitate: „Die Ansprüche, die der Krieg an die Truppe stellt, sind maßgebend für ihre Ausbildung im Frieden“(Ziff 1 der preuss. Felddienst-Ordnung [F.O.] von 1908). „Die persönliche Haltung des Offiziers ist für die Truppe von bestimmendem Einfluß(..) “ (Ziff. 5 F.O.) „Nie rastende Fürsorge für das Wohl seiner Mannschaft ist das schöne und dankbare Vorrecht des Offiziers“ (Ziff. 6 F.O.)
„Der Krieg stellt den einzelnen auf die härteste Probe seiner seelischen und körperlichen Widerstandskraft. Daher wiegen im Kriege die Eigenschaften des Charakters schwerer als die des Verstandes, mancher tritt auf dem Schlachtfeld hervor, der im Frieden übersehen wurde“ (Ziff. 5 der HDv 300/1 [T.F.] von 1933). „Der Offizier ist auf allen Gebieten Führer und Erzieher. Neben Menschenkenntnis und Gerechtigkeitssinn muß ihn Überlegenheit an Kenntnissen und Erfahrungen, sittlicher Ernst, Selbstbeherrschung und hoher Mut auszeichnen. (..) Er muß aber auch den Weg zum Herzen seiner Untergeben finden und ihr Vertrauen durch Verständnis für ihr Fühlen und Denken sowie durch nie rastende Fürsorge erwerben. Das gegenseitige Vertrauen ist die sicherste Grundlage der Mannszucht (= Disziplin) in Not und Gefahr“ (Ziff. 7 u. 8 T.F.)
Vielleicht wäre ein wenig Erinnern manchmal hilfreicher für uns als neueste Forschungen abzuwarten. Die Angst vor Tod und Verstümmelung sei nämlich für Soldaten stets die gleiche geblieben, haben mir alte Männer glaubhaft versichert.
(Ein Hinweis: die zitierte T. F. wurde zwar 1933 in Kraft gesetzt aber Jahre vorher erarbeitet [Federführung Ludwig Beck]).
als Zivilist (W-12er):
die Bundeswehr mit einem Unternehmen zu vergleichen, ist abwegig. Soldaten sind keine Angestellten, ihr Sold entspricht bei weitem nicht ihrem theoretischen oder ganz praktischen Risiko, ihre Loyalität gegenüber dem Staat reicht sehr viel weiter als die eines Angestellten, wenn es sich nicht um Söldner handelt. Es ist wohl besser und folgerichtig, wenn sich jemand, der sich eine Armee als Unternehmen denkt, ein anderes Betätigungsfeld sucht. Gott sei Dank wird ja niemand dazu gezwungen, Berufssoldat zu werden.
OA’S (anders Wehrpflichtige), die einen Befehl verweigern, weil sie ein erhöhtes persönliches Risiko nicht tragen wollen, haben doch schlicht und ergreifend etwas nicht verstanden. (Anderes gilt natürlich, wenn es sich im konkreten Fall um Schikane gehandelt haben sollte.)
Dazu passt übrigens eine Geschichte aus dem letzten Stern über einen Scharfschützen: Ein Grenadier hatte ihm gegenüber während der Ausbildung festgestellt, dass er zum Töten nicht gemacht ist und nachträglich verweigert.
Das erscheint mir auch der angemessene Weg für die betroffenen Offiziersanwärter.
@ Vodoo: danke, man lernt nie aus ;-)
Trennung
In diesen Zusammenhang passt auch:
„Today’s Soldiers and Marines are required to be competent in a broad array of tasks. … Those in leadership positions must provide the moral compass for their subordinates as they navigate this complex environment.“
aus:
U.S. Army, Marine Corps: Counterinsurgency Field Manual, 2007, U.S. Army Field Manual No. 3-24 / Marine Corps Warfighting Publication No. 3-33.5; S. 237
Weiterhin empfehle ich dazu: ebd. S. 242:
„Alert junior leaders recognize the dynamic context of a tactical situation and can apply informed judgement to achieve the commander’s intent in a stressful and ambiguous evironment.“
Diese Quellen zeigen das auch die neuste Forschung im Prinzip auf alte Schriften zurückgreift. In meinem Verständniss ist das letzte Zitat eine Umschreibung der Auftragstaktik die bereits zu den deutschen Einigungskriegen eingesetzt, 1906 dann in Form gegossen wurde.
Witzigerweise wurde die angesprochene Quelle (Vorschrift) von General Petreaus unter maßgeblichem Einfluss von David Kilcullen verfasst, dem Autor des oben angesprochenen Buches „The Accidental Guerilla“. David Kilcullen ist aber auch für einige andere Schriften zu diesen Thema bekannt, für COIN ist er ein *must read*
mkg
OFR
*Edit: Jahresangabe Quelle vergessen
Irgendwie laesst sich anhand der umherschwirrenden Informationsfetzen nicht wirklich ersehen was da los war – Meuterei, Ungehorsam, „eine Diskussion mit den Vorgesetzten“ [sic!] Insofern mal abwarten bis es da genaueres gibt.
Die Problematik mit der nachlassenden Qualitaet der heutigen OAs mag ja evtl. gerechtfertigt sein („Frueher war alles besser“ – insofern mit vorsicht zu geniessen), trotzdem wundert es mich ein bisschen wie die Diskussion hier verlaeuft.
Denn wenn, so wie in einigen Artikeln dargestellt, das Aufentern aufgrund von Hoehenangst nicht erzwungen werden kann, dann ist es eine Unart das Kameraden unter Zuhilfenahme von Drohungen massivst unter Druck gesetzt und hierzu genoetigt werden. Hier auf fehlenden Mut oder Eignung anzuspielen ist laecherlich und ueberzogen; Menschen mit Hoehen- oder Platzangst koennen diese nunmal nicht eben einfach so mit gutem Willen ueberwinden – wenn schon dann sollten Bewerber mit Hoehenangst bei den Auswahlverfahren aussortiert werden. Und falls die Schiffsfuehrung wirklich die Vernichtung der ausgestellten Abloesungsunterlagen befohlen haben sollte, dann ist das eine Sauerei und ein indirektes Eingestaendnis, dass da etwas nicht ganz koscher war – warum sonst so ein Befehl?
Nun, da hat KTzG dieser Tage einiges zu tun und kann zeigen, inwiefern er seinem Ruf gerecht werden kann ;)
@StFwdR
„Was macht ein(e) Soldat(In) in dieser Ausbildung der/die den körperlichen Anforderungen nicht entspricht ?“
Wenn die Politik bestimmte gesellschaftspolitische Vorstellungen ohne Rücksicht auf Verluste (im wahrsten Sinne des Wortes) durchsetzen will, dann braucht sich niemand über die Folgen zu wundern. Es gibt dazu v.a. im Ausland sehr aussagekräftige Studien, aber die Gender-Ideologen haben sich für Fakten ohnehin noch nie interessiert.
@Soenke Marahrens:
„“An untrained or uneducated Marine…deployed 2 the combat zone is a bigger threat to mission accomplishment…than the enemy’ ”“
Das würde für eine vernünftige Militärakademie (könnte man auch politisch korrekt als FHBw etc. bezeichnen wenn es sein muss) sprechen, die auch Fächer wie Philosophie und Geschichte unterrichtet oder Fächer wie Militärwissenschaft wieder in Deutschland einführt. Die OSH schneidet viele Themen doch nur an, und Studium an den UniBw dient m.E. weniger der militärbezogenen oder charakterlichen Bildung, sondern ist zur Attraktivitätssteigerung des Diensts in der Bundeswehr gedacht.
Die Jugend liebt heute den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt mehr vor älteren Leuten und diskutiert, wo sie arbeiten sollte. Die Jugend steht nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer betreten. Sie widersprechen ihren Eltern und tyrannisieren die Lehrer.
(Sokrates, gr. Philosoph, 470-399 v.Chr.)
@comalfisou:
Zitat:
Hier auf fehlenden Mut oder Eignung anzuspielen ist laecherlich und ueberzogen; Menschen mit Hoehen- oder Platzangst koennen diese nunmal nicht eben einfach so mit gutem Willen ueberwinden
Das sehe ich nicht so.
Gerade die Erfahrung einer fordernden Ausbildung – hier wird gern der EK zitiert, im Rahmen der Laufbahnausbildung gibt es aber durchaus auch andere Lehrgänge, die zu berücksichtigen wären – kann dem Einzelnen sehr wohl erst seine Grenzen aufzeigen und ihn gleich danach über die Grenzen hinausführen mit dem Ergebnis, dass man durch reine Willenskraft (und .. ähem.. externe Motivation seitens der Ausbilder) viel mehr schafft, als man sich zugetraut oder vorgestellt hätte.
Gerade Höhenangst ist ein wunderbares Beispiel, weil das sehr gut trainiert werden kann, wenn man bereit ist, es zu trainieren. Und ja, man schwitzt dabei Blut und Tränen.
Aber wie auch Soenke Marahrens schrieb:
Darueber hinaus gilt fuer das Studium dasselbe wie beim EK:
Ob es die Persoenlichkeit bildet, sollte nur der beurteilen, der es erfolgreich absolviert hat
Genauso behaupte ich, dass erst der wirklich über – z.B. – Aufentern urteilen sollte, der er gemacht hat. Je mehr Probleme er dabei hatte, umso besser wird er es beurteilen können.
Und neben der Erfahrung, dass man seine eigenen – vermeintlichen – Grenzen sehr wohl verschieben kann, ist auch die Erfahrung, etwas „Unmögliches“ geschafft zu haben und das daraus erwachsende Selbstvertrauen für den Einsatz, aber auch für den täglichen Dienst überaus hilfreich.
Die Mehrzahl der Diskussionsbeiträge – für den Außenstehenden: Vom „Bürger in Uniform“ keine Spur. Harmloseste Interpretation: Komissköppe, 19. Jahrhundert!
‚Kein Job wie jeder andere.‘ Statt Intellekt Betonung von Gefühl(swerten). – Geschlossene, hierarisch-homoerotische Männergesellschaft. (Bezeichnend, dass vom Vorwurf der sexuellen Belästigung überhaupt nicht gesprochen wird.)