Arabische See als neues Piraten-Operationsgebiet
Nachdem jetzt die EU-Anti-Piraten-Operation Atalanta die Kaperung des panamaischen Frachters MV Yuan Xiang mit seiner chinesischen Besatzung am vergangenen Freitag bestätigt und das Piracy Reporting Centre die Koordinaten des Piraten-Angriffs veröffentlicht hat, lohnt ein genauerer Blick auf das offensichtlich neue Operationsgebiet der Seeräuber: In der Arabischen See, mitten zwischen der Küste der Arabischen Halbinsel und Indien.
Der erfolgreiche Angriff auf den Frachter passierte bei 18 Grad 02.55 Nord / 066 Grad 03.39 Ost – und bereits am Tag zuvor hatte es einen – erfolglosen – Angriff bei 17 Grad 15 Nord / 065 Grad 23 Ost gegeben, nicht allzuweit entfernt.
Ich kann mich täuschen, aber so weit im Nordosten des Indischen Ozeans (eben in der Arabischen See) hatte es zuvor keine Piratenangriffe gegeben. Ganz davon abgesehen, dass Angriffe östlich von 65 Grad östlicher Länge näher an Indien als an der afrikanischen Küste sind und, wenn ich das richtig sehe, auch schon außerhalb selbst des erweiterten Atalanta-Einsatzraumes bis 65 Grad Ost…
Der Ort der Kaperung der Yuan Xiang – Die Ecke unten links ist das Horn von Afrika (Karte: OpenStreetmap)
Die EU-Anti-Piraten-Operation Atalanta und die Aktivitäten vieler Staaten außerhalb von Atalanta (auch wenn diese etwas entschlossener vorgehen) scheinen allein nicht ausreichend zu sein. Man muß das Übel eben an der Wurzel anpacken, wenn man es wirklich beseitigen will.
„Russlands Außenminister Lawrow macht sich für Anti-Piraten-Tribunal stark.
Russland und Kenia setzen sich für die Bildung eines internationalen Tribunals gegen die Hochseepiraterie ein. Das teilte der russische Außenminister Sergej Lawrow am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Nairobi mit. …
Außerdem müsse man gegen die Ursachen der Piraterie ankämpfen,
die in den überaus tiefen sozialwirtschaftlichen Problemen Somalias und im Fehlen einer vollwertigen Staatlichkeit dieses Landes zu suchen seien. …“
http://de.rian.ru/politics/20101116/257660777.html
„Neuer russischer Kriegsschiffsverband bricht zum Kampf gegen Piraten auf.
Der fünfte Kriegsschiffsverband der Pazifikflotte, dem auch eine Marineinfanterie-Einheit angehört, …“
http://de.rian.ru/security_and_military/20101116/257658506.html
Da scheint wohl mehr als eine Konvoibegleitung in Planung zu sein.
@Stefan
Zitat aus der Meldung: „Außerdem müsse man gegen die Ursachen der Piraterie ankämpfen, die in den überaus tiefen sozialwirtschaftlichen Problemen Somalias und im Fehlen einer vollwertigen Staatlichkeit dieses Landes zu suchen seien. …”“
Das ist übliche Politikerrhetorik. Niemand ist derzeit willens oder in der Lage, etwas an der mangelnden Staatlichkeit oder sonstigen Problemen im Lande zu ändern. Solche Sprüche werden geäußert, weil die Öffentlich sie gerne hören will. „Ursachen bekämpfen“ oder „Vorrang für Zivil“ dürfen in keiner Sonntagsrede fehlen.
Den Russen muß man zu Gute halten, dass sie die Sonntagsreden nicht allzu ernst meinen und hinter ihnen realitätsgerechtere Dinge wie die erwähnte Marineinfanterie verstecken, die im konkreten Fall für Boardingeinsätze eingesetzt werden dürfte.
Früher kamen Piraten nach Tyburn oder auf die Galeere, heute lässt man sie frei. Während ich die beiden erstgenannten Optionen als unzivilisiert ablehne, wäre eine härtere Gangart sicherlich nicht das dümmste. Und wenn es mit dem Völkerrecht Probleme gibt (was ich nicht glaube), muss man es eben entsprechend ändern.
Gleichzeitig sind die ganzen dort operierenden Kriegsschiffe völlig ungeeignet für den Einsatz. Zu groß, zu teuer, zu Overkill. Hochseetüchtige Boote mit Hubschrauber und einer kleinen Kanone (so wie man sie zum Fischerei- und Grenzschutz einsetzt) wären sicherlich die bessere Wahl.