Flucht in den Safe Room schützte vor Piraten
Da ich derzeit unterwegs bin, kann ich hier nur kurz auf die aktuellen Meldungen verweisen: Der am Sonntag 1.500 Seemeilen vor der somalischen Küste gekaperte Frachter Beluga Fortune ist wieder frei.
Das Entscheidende war offensichtlich, dass die Besatzung sich rechtzeitig in einen Safe Room zurückzog und damit für die Piraten unerreichbar war.
Mehr dazu hat die FAZ aufgeschrieben:
Flucht in den „Panikraum“ bringt die Freiheit
Nachtrag 1: Ich gelobe Besserung und schreibe Schutzraum statt Safe Room ;-)
Nachtrag 2: Am Montagabend hat die NATO Details und Bilder zur Hilfe der britischen Fregatte Montrose für die Beluga Fortune veröffentlicht (die Montrose fährt unter dem Kommando der NATO-Operation Ocean Shield):
Today British warship HMS Montrose came to the aid of a German owned ship – MV Beluga Fortune after she had been attacked by armed pirates in the Indian Ocean.
The Beluga Fortune sent out a ‘may day’ to say that she was coming under attack, and that her crew were locking themselves in a safe room or ‘citadel’ to try and prevent the pirates from taking them hostage. HMS Montrose, who is part of NATO’s counter piracy mission, code-named Operation Ocean Shield, was the closest warship, and so raced to the scene to help the terrified crew. The pirates, hearing that HMS Montrose was on her way, abandoned the ship, but not before setting fire to part of the superstructure……
Hallo, der Fall „Beluga Fortune“ ist wieder ein Beispiel für die Relevanz von Zitalle/Panic Room/Safe Haven – ein ganz klarer Beleg dafür, dass, wer sich an gewisse „Best Practises“ hält, die Chance hat, sich den Piraten auf die eine oder andere Weise zu entziehen.
Die Heute-Nachrichten sprachen (für die Freunde der deutschen Sprache / Kultur) von einem Sicherheitsraum und einem erfolgreichen Sicherheitstraining. Die FAZ sprach von einem Schutzraum. Das hat sogar der Opa verstanden. ;-)
http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/26/0,3672,8124666,00.html
Wie man sieht gibt es preiswertere Möglichkeiten zur Piratenabwehr, als den massiven Militäreinsatz. Darüber sollte Herr zu Guttenberg mal nachdenken, wenn es wieder um das Thema sparen geht.
Der Bereich Taktik ist von Natur aus dynamisch und ständig im Fluss. Jede taktische Innovation wird früher oder später durch die Reaktion des lernenden Feindes zumindest teilweise neutralisiert. Auf Piratenseite dürfte bereits angestrengt überlegt werden, wie man diese Räume mit den verfügbaren Fähigkeiten lokalisieren und öffnen kann. Vielleicht denkt man auch über Abschreckungsmaßnahmen nach, wie man z.B. beim nächsten Fall dieser Art ein Exempel statuieren kann. In jedem Fall dürfte der taktische Vorteil durch die Verwendung von Schutzräumen bald neutralisiert sein. Die Lösung des Piratenproblems liegt daher immer noch an Land.
Stefan, guter Hinweis: Wir sollten mehr Mut haben, die Dinge beim deutschen Namen zu nennen.
S.W., stimme mit Ihnen überein: Wer sich nurmehr auf den Schutzraum verlässt, wird vermutlich mittelfristig verlassen sein. Eine Kombination aus Best-Praktiken, allgemeine Vorsicht und ein flankierender politischer Ansatz sind schlecht quanti- und qualifizierbar, erscheinen aber als richtige (wohlgemerkt ständig neu zu kalkulierende) Lösung.
Ein interessanter Fall, insbesondere die Entfernung von der Küste: 1200 Seemeilen.
Wer hat die Piraten gesehen? Mit was für einem Boot waren sie unterwegs? Gibt es ein Mutterschiff?
Und noch ein Hinweis an Sebastian: Schutzraum funktioniert nur bei unmittelbarer Nähe von Kriegsschiffen und gelingender Kommunikation – ansonsten sind die Räume eher kontraproduktiv.
Ich hoffe dass das anzünden des Schiffes nicht zur normalität wird wenn die Piraten keinerlei Geiseln nehmen können. In diesem Fall scheint das Feuer von alleine ausgegangen zu sein, man stelle sich jedoch mal vor, dass das Feuer sich ausbreitet und die Crew weiterhin unbedarft in ihrem Schutzraum sitzt.
Alternativ: Man stelle sich mal vor was passiert wäre wenn die Beluga Fortune kein normaler Frachter sondern ein Treibstoff oder Gastransporter gewesen wäre und die Frustrierten Piraten hätten hierdrauf ebenfalls feuer gelegt.
Ein Schutzraum ist schön und gut und wahrscheinlich in den meisten Fällen auch ausreichend um die Crew zu schützen, als kurzfristige Lösung ist es wohl ausreichend, längerfristig kann man sich jedoch hierdrauf nicht verlassen.
Ich bin auch mal gespannt darauf wie lange es wohl noch dauern wird bis die Piraten es das erste mal schaffen einen Schutzraum zu öffnen.
Wie S.W. richtig angemerkt hat. Die Lösung ist auf dem Land zu finden. Solange bleibt der Schutzraum ein Mittel um Zeit zu gewinnen, bzw. eine Übergangslösung.
Ich seh für Somalia allerdings schwarz. Die hören da nie auf.
Dieter: Sehr richtig, wobei die meisten Reedereien die Schutzräume mit Proviant für bis zu 48 Stunden ausstatten. Das reicht im „worst case“ immer noch nicht, um entweder das frustrierte Feuerlegen seitens der Piraten gänzlich zu verhindern oder im unglücklichen Falle eines langen Anmarschweges von Marinekräften zu kompensieren. Dennoch ist man, so mein Eindruck, auf Seiten der Betroffenen Realist: Im Fall des Falles ist das „Aufgeben des Schutzraumes“ immer noch eine Option. Es ist nicht gesagt, dass die Piraten umgehend zur Blutrache schreiten.
Wie bei allen Anti-Piraterie-Maßnahmen gilt: Die einzelne goldene Lösung gibt es nicht.
Wieder mal ein Rezept aus dem Film „Kevin allein zu Haus“. Man wird sehen, ob das ein zweites Mal auch funktioniert oder ob die Piraten anfengen werden, die Eingeschlossenen auf die eine oder andere Weise auszuräuchern.
Wer den Seeleuten die Möglichkeit zu adäquatem Selbstschutz nimmt, macht sich mitschuldig an deren Leiden, wenn sie in die Hände der kriminellen Barbaren fallen.