Kampf gegen Windmühlen
Was mir die Berliner Zeitung heute morgen auf S. 1 erzählt, erstaunt mich doch ein wenig. Die Bundeswehr wehre sich gegen den Aus/Aufbau von Windenergieanlagen, unter anderem am Marinefliegerhorst Nordholz – weil die Rotoren auf dem Radarbild als bewegte Ziele erscheinen.
Allerdings hörte ich schon mal von Bundeswehr-Experten, dass auf dem Luftlagebild Kontakte je nach Geschwindigkeit rausgerechnet werden könnten. Nun frage ich mich, ob das bei den Windkraft-Rotoren nicht geht, weil die Geschwindigkeit der Flügel variabel ist, oder ob einfach der Truppe die Technik fehlt?
(Foto: Andreas Rentz/Getty Images via picapp)
Das gab’s schon vor 10 Jahren..
http://www.ovg.nrw.de/presse/pressemitteilungen/01_archiv/2001/08_010219/index.php
Und wieso stattet man die Windanlagen dann nicht mit Transpondern aus?
Es ist auch zu beachten das die WKA eine Gefahr für den Flugbetrieb darstellen. Hier z.B. das aktuelle NOTAM für Nordholz:
P4567/10 – AD ETMN: ALL CIRCLING PROCEDURES NORTH OF AD ARE TEMPORARILY SUSPENDED DUE TO CONSTRUCTION OF WIND PARK AT ALTENBRUCH AREA. 01 JUL 09:03 2010 UNTIL 30 SEP 23:59 2010. CREATED: 01 JUL 09:20 2010
Desweiteren wird für die zukünftige Stationierung der Rettungshubschrauber MK41 Seaking Trassen für den An- und Abflug bei Schlechtwetterlagen benötigt die heute schon kaum mehr gegeben sind.
Ich denke es ist nicht nur die grafische Darstellung, die hier zu einem Problem wird, sondern vielmehr die evtl. durch den Aufstellort resultierende Ungenauigkeit der elektromagnetischen Ablenkung. Drehende Objekte erzeugen ein anderes, nicht immer gleichbleibendes, Magnetfeld.
Durch Vermessungsflüge wird festgestellt, ob diese Ablenkung noch im Rahmen von Toleranzen ist, und ggf. die Radaranlage nachjustiert. Je nach Genauigkeit (oder eben nicht) werden dann die Anflugminimas für einen radargeführten Anflug heraufgesetzt.
Zu diesem Thema gab es im April eine Antwort der Bundesregierung:
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/013/1701357.pdf
Ducksache 17/1357
„Nun frage ich mich, ob das bei den Windkraft-Rotoren nicht geht, weil die Geschwindigkeit der Flügel variabel ist,“
Nicht nur ist die Geschwindigkeit der Flügel variable sondern es hängt auch davon ab welcher Teil des Flügels gerade das Radar reflektiert.
Bei einer Turbine mit 20 Umdrehungen pro Minute an der Nabe bewegt sich eine 100 Meter davon entfernte Rotorblattspitze mit ca. 750 km/h durch die Luft. Liegt der Reflektionspunkt auf der Mitte des Rotors, also 50 Meter von der Nabe weg, dann bewegt sich dieser Punkt mit nur der halben Geschwindigkeit durch die Luft.
Abhängig von der Flügelstellung, die sich mit der Windgeschwindigleit ändert, und der Rotorstellung, die sich mit der Windrichtung ändert, andern sich natürlich auch der Reflexionsbereich den das Radar jeweils sieht. Ein Radars wird damit an einer Windanlage praktisch alle denkbaren Geschwindigkeiten unterhalb der Schallgrenze messen.
Rausrechnen nach Geschwindigkeit kann dann nicht funktionieren.
b (ein längerer Name wäre schön gewesen ;-) ) hat die mathematisch-physikalisch richtige Erklärung gegeben … ich möchte versuchen, dass Problem noch einmal anschaulich zu beschreiben … die meisten gängigen Radaranlagen verfügen über Algorithmen, die dazu ausgelegt sind aus den Rohdaten des RADAR-Gerätes (den sog. Plots) Bewegungen zu erkennen und aus den kumulierten Bewegungen wiederum Objekte auf dem RADAR-Schirm zu erstellen (sog. Tracks).
Dieser Prozess erfolgt mittlerweile also automatisch, d.h. nicht der RADAR-Operator zeichnet mittels Plotstift die RADAR-Echoes auf die Scheibe, wiederholt diesen Vorgang in regelmäßigen Abständen und verbindet dann die Plots zu einem resultierenden Vektor, der Kurs und Geschwindigkeit des Tracks bestimmt.
Wie schon oben beschrieben errechnen sich aufgrund der Drehungen der Windräder (auch) sehr hohe Radialgeschwindigkeiten, gleichzeitg bewegt sich das Objekt aber nicht vom Fleck … das führt dazu, dass „hunderte“ von Tracks an einem Windrad aufgebaut werden … aber selbst modernste RADAR-Anlagen haben ein Maximum an Verabeitungskapazität.
Die Vielzahl von Tracks, die durch die Windkraftanlagen initiiert werden, jedoch gar keine „richtigen“ Tracks sind belasten daher enorm die Rechenkapazität der RADAR-Anlagen.
Auf gängigen Anlagen werden nunmehr Karten eingesetzt, auf denen man Positionen solcher Windkraftanlagen virtuell „ausblenden“ kann, so dass hier keine „falschen“ Tracks aufgebaut werden … allerdings auch keine „richtigen“!!!
Dies wiederum ist ein „no go“ für die Flugsicherheit … sollen einfliegende Luftfahrzeuge „controlled“ werden, so kann nicht riskiert werden, dass diese beim Überfliegen eines solchen „blankings“ einfach vom RADAR-Schirm verschwinden …
Natürlich gibt es noch andere Arten der Filterung … aber bei allen die nicht einfach nur eingehende RADAR-Reflexionen „ausgeblenden“, bedeutet dies es wird Rechenkapazität benötigt …
Das ganze Problem hat also nur sehr bedingt etwas mit unzureichender Technik zu tun … wenngleich natürlich moderne Systeme sich einfacher damit tun als alte … es ist aber eher als Sicherheitsfrage zu sehen ….
Wenn sie die Bundeswehr in der Erfüllung ihres Verfassungsauftrages behindern, dann müssen diese Windmühlen weg. Die haben keinen Verfassungsrang.
@Stefan
Das bedeutet aber auch, dass man sich fragen muss ob diese Art des „Schutzes“ nötig ist bzw. nicht anders realisisert werden kann. Auch die Landesverteidigung kann nicht andere lebenswichtige Notwendigkeiten (saubere Energieerzeugung, der Bedarf an Energie steigt in den nächsten sicher noch enorm) völlig ausblenden. Sonst würden wir in einem statt Leben der nur „Schützen und überleben mit gewissen Freiheiten“ sichert ohne dabei weitere auf andere Bedürfnisse einzugehen.
@Janus
Bitte bei dieser Abwägung berücksichtigen, dass die Zahl militärischer Fugplätze und deren Fläche eher begrenzt (und abnehmender Tendenz ist). Militärische Luftfahrt ohne gesichere Start- und Landeplätze ist schlichtweg undenkbar. Windkraft ohne die paar neuen bzw. „Repowered“ also vergrösserten/erhöhten Anlagen im Umkreis der Militärplätze Nordholz und Wittmund (um die es hier geht) mit Sicherheit schon.
Es würde im übrigen niemand auf die Idee kommen, die zivilen Verkehrsflugplätze Hamburg, Bremen oder Frankfurt mit Windanlagen „zuzupflastern“ – ohne die berechtigten Interessen der (kommerziellen) Luftfahrt zu berücksichtigen. Warum wohl? Beim Militär hat das eine Zeit lang funktioniert, weil unsere föderalen Zuständigkeits- und Genehmigungsgänge dies zugelassen haben.
Darum mein Plädoyer: keine übertriebene Schwarz-Weiss-Malerei (Windkraft oder Militärflugbetrieb), sondern in Zukunft den Interessenausgleich suchen (wird bei jedem Autobahnbau auch gemacht).
Ansonsten gilt doch: weiterdrehen!
Windraeder haben an sich keine „variable“ Drehgeschwindigkeit, sondern idR fixe Stufen um die Spannung stabil zu halten.
Das Problem ist eher ein anderes: Wenn ich die Geschwindigkeit zum ausblenden der Kontakte erhoehe, dann fallen damit alle langsamen echten Kontakte (Hubschrauber) ggf auch aus dem Bild heraus. Ein modernes Radar ist schon in der Lage ein Windrad als ein Ziel zu identifizieren, aber das Problem der Maximalzahl verfolgbarer Ziele bleibt dennoch.