Westerwelle: Kein „rechtsfreier Raum am Südrand der Sahara“
Außenmininister Guido Westerwelle heute in Malis Hauptstadt Bamako mit dem malischen Außenminister Tieman Hubert Coulibaly. Ganz links Botschafter Günter Overfeld – und im Hintergrund eine Transall der Luftwaffe (Foto © Thomas Trutschel/ photothek.net)
Wenn das Foto nicht völlig täuscht, ist Außenminister Gudio Westerwelle am (heutigen) 1. November nach Mali eingeflogen wie in ein Kriegsgebiet: Statt des Airbus der Flugbereitschaft, mit dem Westerwelle samt Delegation derzeit auf der Reise durch mehrere westafrikanische Staaten ist, nahm er für den Flug in die Haupstadt Bamako eine Transall der Luftwaffe – eine Vorsichtsmaßnahme, die sonst – wie in Afghanistan – nur in Gegenden üblich ist, wo man nicht ausschließen kann, dass auf einen geschossen wird…
Dabei ging es doch bei Westerwelles Gesprächen in Bamako, so berichtet das Auswärtige Amt, vor allem um eine politische Lösung der Krise in dem westafrikanischen Land, dessen Norden unter der Kontrolle von Islamisten ist und der zu zerbrechen droht. Westerwelle hatte auch die Zusage zu einer Million Euro mehr humanitäre Hilfe im Gepäck.
Vor dem ganzen Betonen des politischen Prozesses finde ich ein Zitat des deutschen Außenministers interessant:
Wir stehen solidarisch an der Seite Malis zur Lösung dieser Krise. Ein rechtsfreier Raum am Südrand der Sahara, in dem Terroristen ihr Rückzugsgebiet finden, würde auch unsere Sicherheit gefährden.
sagt Westerwelle nach Angaben des AA, und ein mitreisender ARD-Kollege zitert ihn mit den Worten:
Es geht um eine Trainingsmission. Es geht auch nicht um Kampftruppen sondern um Ausbildung. Es geht eventuell auch darum, dass wir logistisch, technisch und auch finanziell helfen.
Nun ist logistische und technische Hilfe vielleicht auch etwas mehr als Ausbildung. Auch unterhalb von Kampftruppen. Mit Westerwelles heutigen Aussagen scheint mir eine ganze Menge drin zu sein, mehr jedenfalls als eine reine Ausbildungsmission nach dem Vorbild des Trainings für somalische Soldaten in Uganda.
Zur Ergänzung ein interessantes Interview mit Andrea Baumann vom Center for Security Studies der ETH Zürich: Ohne Algerien ist ein Einsatz kaum denkbar
(Einen Nachtrag kann ich mir nicht verkneifen: Drei Stunden lang, so entnehme ich der FAZ (Link aus bekannten Gründen nicht) saßen Westerwelle und Delegation in der Trall von Dakar/Senegal nach Bamako, wo auf einem kommerziellen Flughafen ganz normale Airliner landen… Deshalb noch ein paar schöne Fotos davon:
Bundesaussenminister Guido Westerwelle, FDP, steht im Sonnenaufgang auf dem Flughafen Dakar vor dem Triebwerk einer C-160 Transall der Bundeswehr. Westerwelle reist zu politischen Gespraechen nach Mali. (Foto © Thomas Trutschel/ photothek.net)
Bundesaussenminister Guido Westerwelle, FDP, während des Fluges im Cockpit einer C-160 Transall der Bundeswehr auf dem Weg von Dakar nach Bamako. Westerwelle reist zu politischen Gespraechen nach Mali. (Foto: © Thomas Trutschel/ photothek.net)
Geht aber auch anders:
Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel, FDP, kommt am 9. August 2012 auf dem Flughafen in Bamako/Mali an (Foto © Thomas Imo/photothek.net)
Am Südrand der Sahara ist kein rechtsfreier Raum. Da gilt, wie in Saudi Arabien, die Scharia.
Liegt es da nicht nahe zu fragen ob die vielleicht auch deutsche Panzer kaufen wollen?
Ich frage mich gerade wie dieser geschützte VIP-Transport denn künftig (wenn auch vmtl. in einem fernen künftig) nach der Ablösung der Transall durch den A400M bewältigt werden wird…
Ob man dann dieses Dickschiff entsendet nur um einen Minister inkl. Stab in irgendein Krisengebiet zu bringen? Ich hoffe doch das bezweifeln zu dürfen!
Weiß da jemand was?
Die Flugbereitschaft fliegt übrigens im Gegensatz zur Lufthansa beispielsweise auch nicht nach Erbil. Erstaunlich, daß die sich noch nach Tegel wagen…
Logistische Hilfe in einem solchen Umfeld kann deutlich gefährlicher sein als der Einsatz von Kampfrruppe (bevorzugte Ziele der irreguläre Kämpfer sind ja seit jeher der „Troß“).
Auf faz.net ist ein Artikel von heute (Leisetreter Westerwelle) interessant .
Kernaussage: Absicht des AA ist es, den einzelnen Gruppierungen in Nord-Mali einen politischen Kompromiss anzubieten – und die „Unversöhnlichen“ (Kilcullen läßt grüßen) militärisch zu bekämpfen.
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Wenn man das machen will, muss man jedoch in beiden Kanälen gute Karten uund starke Nerven haben…
Mir scheint es bisher jedoch mehr eine PR-Sache zu sein, als eine umfassende Strategie. Denn wenn es funktionieren soll, dann darf ich nicht gleich zu Beginn die Peitsche aus der Hand legen („kein Kampfeinsatz“).
Bullshit Bingo mit Onkel Guido in der Wüste. … ich kann nicht mehr …
@ b
Die Scharia ist nicht gerade erstrebenswert (zumindest aus meiner Sicht), aber sie begründet Recht. Das stimmt. Und von daher ist sie grundsätzlich zu akzeptieren, wenn die betroffenen Menschen dies wollen.
Aber zu einem nicht-rechtsfreien Raum gehört auch, dass internationales Recht respektiert und durchgesetzt wird. Um das geht es hier. In dieser Hinsicht muss ich dem Außenminister (notgedrungen) zustimmen, falls – und nur dann! – es hinlängliche Indizien gibt, die auf internationale terroristische Aktivitäten aus dem Norden Malis heraus hinweisen. Ich hoffe, der BND hat hier ein klares Bild. Ich habe es nicht.
Wie unser Interesse und das daraus abgeleitete Ziel konkrete Maßnahmen mit Aussicht auf Erfolg begründen, das ist eine ganz andere Frage. Die europäischen Soldaten dürfen jedenfalls nicht erneut vor unerfüllbare Aufgaben endlosen Charakters gestellt werden. Und es ist für meine Begriffe auch keineswegs geklärt, wie die staatliche Zukunft Malis aussehen sollte. Letzteres sollte man allerdings tunlichst den Afrikanern überlassen. Wir Europäer haben mit dem Kolonialismus schon genug Unheil angerichtet.
Wirklich, eine ganze Million Euro mehr? Na ob da der internationale Drogenschmuggel mithalten kann, bei diesen Unsummen…
@KeLaBe | 01. November 2012 – 18:10: An internationales Recht hält sich doch sowieso nur der, der sonst eins auf den Deckel bekommt…
Ja, WW fliegt Transall. Französische Diplomaten fliegen Linie und Fallschirmjäger-Niebel holt sich einen kleinen VIP-Liner. Die Sicherheitslage muss sich täglich ändern ;-)
Das Herunterspielen eines Einsatzes auf „nur“ Ausbildung, Logistik etc. macht mich etwas nachdenklich. Nebenbei, wenn wir Mali „stabilisiert“ (wie man das auch immer definiert) haben, dann kommen die Nachbarländer dran, oder? Wo wird da wie unterschieden?
Zum BND – trug währen vergangener Ausschusssitzung vor. Nach Aussagen einiger Parlamentarier würde die Terror-Gefahr nicht derart gesehen, wie sie von manchem Minister geäußert wurden. Aber vielleicht bekommt man irgendwann ein Papier darüber zu lesen.
Das ist eh ein Witz Merkel will truppen Schikel
Westerwelle nicht
und er schaut das nichts schicken muss
und lala kommt am ende raus
Weil selbst ausbilder Brauchen Geeignete Fahrzeuge was auch einen Sofort Bedarf nötig macht
Sorry für OT aber:
Die Bildstimmung der Fotos hat ja fast etwas Guttenberg’sches.
Zur Sicherheitslage:
So lange die Personenschützer noch Anzug und Krawatte tragen kann das alles nicht so wild sein…Und Fallschirmjäger-Niebel hat ja nichtmal eine Regierungs- oder Luftwaffenmaschine bekommen, da muüste er nehmen was er kriegt…und sei es der Cityhopper des Welternährungsprogramms.
na ja, scheint mir mittlerweile eine beschaeftigungstherapeutsiche Koalitionsvertrags-Massnahme zu sein fuer Herrn Westerwelle…..mit ein bueschen freundlicher Unterstuetzung durch TdM…..Ausbildungs-, Ausruestungs-Hilfe in Sued-Mali wird wohl politisch in Berlin vor der BT-Wahl durchsetzbar sein, etwas robusteres wohl kaum.
Das Presseecho (u.a. heute-journal, Tagesspiegel, Hamburger Abendblatt) ist ja erfreulich realitätsnah – und daher skeptisch.
Auch das wird wohl dämpfend auf unserer Engagement wirken. Am Ende wird es dann eher ein Placebo-Einsatz – mit jedoch erheblichen Gefahren, wenn die Hintertüren (Einsatzbegleitung, Logistik, Führungsunterstützung) nicht zu Beginn ordentlich zugemacht werden.
Laut gleichnamiger Meldung in der „taz“ wird die geplante Intervention von den sich derzeit in Mali beratenden internationalen Akteuren als „Rückkehr zur Demokratie“ dargestellt, so als habe vorher dort eine solche geherrscht.
Lt. AFP verhandelt Ansar Dine mit der malischen und der algerischen Regierung:
http://www.google.com/hostednews/afp/article/ALeqM5hv0_Qg1hN88BIWaO13xPqZIX4obw?docId=CNG.f90292235e581810bdc8bbfb46b5a28d.871