Kiffen bleibt aktiven Soldaten auch im Privatleben verboten (Bundeswehr-Beamten und Reservisten nicht)
Aktiven Soldaten und Soldatinnen der Bundeswehr bleibt der Konsum von Cannabis nach Inkrafttreten des neuen Cannabis-Gesetzes auch außerhalb des Dienstes in ihrer Freizeit verboten. Entsprechende Regelungen blieben unverändert in Kraft, verfügte das Verteidigungsministerium. Der Genuss von Haschisch oder Marihuana könne zudem die Sicherheitsüberprüfung gefährden. Beamte dürften dagegen privat kiffen. Reservisten kann der Konsum zwar als Privatperson nicht verboten werden, sie werden aber aufgefordert, rechtzeitig vor einem Dienst in der Truppe den Cannabis-Gebrauch einzustellen.
Bereits vor Verabschiedung des Gesetzes zum Umgang mit Konsumcannabis (Konsumcannabisgesetz – KCanG) hatte das Verteidigungsministerium im vergangenen Jahr darauf hingewiesen, dass unabhängig von einer teilweisen Freigabe für Privatpersonen der Konsum dieses Rauschmittels für Soldaten und Soldatinnen nach den Dienstvorschriften der Bundeswehr verboten bleibe – auch außer Dienst und im privaten Umfeld. Diese Regelungen, so die damalige Ankündigung, sollten nach Inkrafttreten des Gesetzes im April dieses Jahres überprüft werden.
Diese Überprüfung scheint nun abgeschlossen. Das Ergebnis findet sich in einer Handreichung zum Umgang mit dem Konsumcannabisgesetz, die der Abteilungsleiter Einsatzbereitschaft und Unterstützung Streitkräfte, Generalleutnant Kai Rohrschneider, am 1. August unterzeichnete:
Für Sie und Ihre Vorgesetzten ist Handlungssicherheit für den Umgang mit Cannabiskonsum eine Voraussetzung für die Einsatzbereitschaft unserer Streitkräfte. Innerhalb und außerhalb militärischer Liegenschaften behalten daher die bisherigen Verbote bis auf Weiteres Gültigkeit.
Die Begründung orientiert sich an der weiterhin geltenden Regelung in der Zentralen Dienstvorschrift A-2160/6, die im Abschnitt 1.29 (Missbrauch von Betäubungsmitteln) darauf verweist, dass es auch nach dem Abklingen eines aktuellen Cannabis-Rausches zu Flashbacks kommen könne, die die Handlungsfähigkeit beeinträchtigten. Damit entstünden unabwägbare Gefahren … für Leib und Leben von Bundeswehrangehörigen sowie für die öffentliche Sicherheit, die militärische Ordnung, die Schlagkraft der Truppe und ihre Einsatzbereitschaft. Anders als Alkoholgenuss sei deshalb Cannabiskonsum auch außerhalb der Dienstzeit nicht zulässig. Während des Dienstes und innerhalb von Bundeswehr-Liegenschaften ist das bereits im Cannabis-Gesetz ausdrücklich verboten.
Darüber hinaus hatte die Rechtsabteilung des Ministeriums bereits im Juli in einem Rundschreiben darauf hingewiesen, dass für Soldaten und Soldatinnen der Konsum von Cannabis, egal ob im Dienst oder privat, den Verdacht eines Dienstvergehens, der Zweifel an der persönlichen Zuverlässigkeit begründen und im Rahmen einer Sicherheitsüberprüfung zur Feststellung eines Sicherheitsrisikos führen kann. Damit würde diesen Soldaten je nach Dienstposten ihre weitere Tätigkeit untersagt.
Diese Regelung, auch das machte die Rechtsabteilung im GB-Hinweis 97 klar, gilt allerdings nicht für das Zivilpersonal der Bundeswehr. Für die Beamten und Angestellten sei der außerdienstliche Konsum von Cannabis grundsätzlich legal und werde für sich genommen in einer Sicherheitsüberprüfung von Zivilpersonal nicht als sicherheitserhebliche Erkenntnis gewertet. Allerdings könne auch für sie ein übermäßiger Cannabiskonsum ebenso wie übermäßiger Alkoholgenuss sicherheitsrelevant sein.
Ebenso sind auch Reservisten und Reservistinnen von dem umfassenden Verbot des Cannabis-Konsums nicht betroffen. In einem Informationsblatt Umgang mit Cannabis für Reservistendienst Leistende hatte das Kompetenzzentrum Reservistenangelegenheiten der Bundeswehr bereits kurz nach Inkrafttreten des Gesetzes im April klargestellt: Außerhalb eines Wehrdienstverhältnisses besitzt der Reservist bzw. die Reservisten keinen Soldatenstatus. Als Privatperson ist den Betroffenen folglich der Umgang mit Cannabis unter den jeweils gültigen Voraussetzungen der entsprechenden Normen des KCanG gestattet.
Sobald sich ein Reservist zum Dienst meldet, gelten allerdings die Regeln, die Soldaten auch in der Freizeit den Joint untersagen. Deshalb wird in dem Informationsblatt die rechtzeitige Einstellung des Konsums angeraten: Um die für den Reservistendienst … erforderliche Dienstfähigkeit zum Zeitpunkt des Dienstantritts mit hinreichender Sicherheit gewährleisten zu können, wird empfohlen, den Umgang mit Cannabis so zeitgerecht vor dem geplanten Dienstantritt zu unterlassen, dass eine möglicherweise später eintretende Rauschwirkung minimiert resp. verhindert wird. Im Zweifel muss dann der Truppenarzt entscheiden, ob die Reservisten dienstfähig sind.
(Danke für den Leserhinweis.)
Persönlich begrüße ich die Entscheidung des BMVg. Rechtlich halte ich sie für falsch. Sie wird auf längere Sicht bestimmt gekippt werden.
Fahren ein Polizist, ein Zöllner, ein Bundeswehr Beamter, ein Reserveoffizier und ein Offizier zusammen in den Männerurlaub und mieten sich ein Ferienhaus.
Abends packen dann alle bis auf einen ihr Marihuana aus um sich einen schönen Joint zu bauen… der Offizier wartet solange draußen auf der Terrasse und leert aus Frust die Flasche Korn ganz alleine aus.
Willkommen in absutdistan….
Die Entscheidung ist typisch für unsere Streitkräfte. Da tritt eine grundlegende, rechtliche Lageänderung ein, die jeden Bürger in diesem Land mehr oder weniger betrifft, die eine tiefgreifende Neubewertung vorhandener Vorschriften erfordert, und alles was dem BMVg einfällt ist, Augen und Ohren zuzuhalten und die Parole auszugeben: „Betrifft uns nicht. Vorwärts Marsch“. Kein Blick nach links und rechts zur Standhaftigkeit dieser fast schon Verleugnung der Realität. Nicht mal innerhalb des Ressorts gibt es eine einheitliche Regelung. Ich bin davon überzeugt, dass „völlig überraschend“ diese Entscheidung in Karlsruhe oder Leipzig kassiert wird.
Ich bin über diesen dickköpfigen Alleingang des BMVg angesichts der Herausforderungen in der Personalgewinnung und dem gesellschaftlichen Wandel einfach nur noch fassungslos.
Und stümperhaft wirkt es auch noch. Reservisten ja, aber aktive Soldaten privat nicht? Aber für aktive ein Sicherheitsrisiko? Das wirkt einfach alles zusammengeschustert.
Ich verstehe auch nicht, warum man es mal nicht eben mal „laufen gelassen“ hat und wenn(!) Gründe oder Vorfälle entstehen, die so einen Grundrechtseingriff rechtfertigen, hätte man die ja als Begründung.
Extrem interessante Situation.
Die Legalisierung von berauschenden Substanzen ( aka Drogen ) war schon immer ein gesellschaftliches Problem.
Mir ist jetzt keine vergleichbare Situation bekannt in der grundsätzlich legale Verhaltensweisen rein privat in der Freizeit für bestimmte Berufsgruppen gänzlich verboten wurden…
Einen wissenschaftlichen Hintergrund gibt es allerdings: Im Gegensatz zu Alkohol mit einer verlässlichen Abbaurate von 0,1 bis 0,15 Promille bei gesunden Erwachsenen pro Stunde in der Leber ist das bei den Wirkstoffen von Cannabis ( vor allem THC ) nicht wirklich zuverlässig vorauszusagen. Vor allem beim regelmässigen Konsum über einen längeren Zeitraum, sei es über ein Wochenende oder im Urlaub.
Die Studienlage ist zugegeben noch sehr dünn, es gab aber hier schon Fälle bei denen der neue Grenzwert im Straßenverkehr nach einer Woche (!) noch überschritten war !
Bei Alkohol ist i.d.R nach 24 h nichts mehr im Blut nachweisbar, deshalb auch die Regel für Piloten 24 h vor dem Flug keinen Alkohol.
Konsequenterweise jetzt also das Cannabisverbot für Solaten, wohl auch aufgrund der Nähe zu Schusswaffen…
Im Grunde müsste das auch für Jäger gelten. Oder Polizisten. Oder Personenschützer…
Ohne wegweisende Gerichtsurteile wird es wohl nicht gehen…
Ich vermute aber eher das die neu zu währende Bundesregierung die Legalisierung kippen wird.
Ganz klarer Fall! Hier handelt es sich schließlich nicht um Broccoli.
Allerdings stellt sich mir die Frage, ob es hier nicht zu einer Diskriminierung von Reservistendienst Leistenden kommt?
Schließlich werden sich diese einem verstärkten Aufkommen von begründetem Misstrauen und der Frage „Na, fertig mit kiffen?“ durch ihre rechtschaffenden Kameraden ausgesetzt sehen.
Denn auch Reservisten sind nicht vor diesen heimtückischen Cannabis-Flashbacks gefeit.
Damit stellen sie selbstverständlich ebenso eine „unwägbare Gefahr … für Leib und Leben von Bundeswehrangehörigen sowie für die öffentliche Sicherheit, die militärische Ordnung, die Schlagkraft der Truppe und ihre Einsatzbereitschaft“ dar.
Flashbacks treten bei Cannabis fast ausschließlich in Kombination mit deliranten Drogen (Halluzinogene, Alkohol) auf.
Die anhaltende Alkohol-Problematik in der BW ist allerdings so gravierend, dass zusätzlicher Konsum von Cannabis sicherlich nicht zu verantworten wäre.
Wenn im Casino nicht so maßlos gesoffen würde, hätte ein mäßiger Cannabis-Konsum ohne Alkohol gerade bei Offizieren eine günstige Wirkung.
Ich lach mich mal wieder krank. Der kiffende Beamte beim MAD entscheidet dann darüber, dass Kiffen für Soldaten ein Sicherheitsrisiko ist. Um mal im Jargon zu bleiben: was haben die im BMVg denn geraucht?
Im Ernst: Ist wie Haar- und Barterlass oder Tätowierung. Wahrscheinlich wird das Verwaltungsgericht entscheiden müssen.
@ Küstengang01
Der Vergleich von Äpfeln mit Birnen wird auch in der 147. Iteration nicht zutreffender.
Es ist Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln – Ableitungen vom Beamtenstatus oder dem Angestelltenverhältnis zum Status des Soldaten zu treffen, ist grober Unsinn.
Wenn Ihre lustige Runde anschließend alkoholisiert Auto fährt, hat das für einen disziplinarrechtliche Folgen – was Sie als Neuigkeit beschreiben, ist dem Grunde nach ein ganz alter Hut.
Wenn der Reservist in einem RWDV steht darf er sicher auch nicht kiffen 😎
[Was auch immer ein RWDV ist. Erstmal das klären, den Rest sehen wir dann. T.W.]
Wahnsinn. Es gibt keinerlei Studien die das Hirngespinste Flashback nachgewiesen haben. Auch aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass das kompletter Unfug ist. Frechheit. Totsaufen ja aber das wesentlich ungefährlichere Cannabis nicht. Warum nicht wie in Kanada? Wenn jemand Mist baut, hau ich dem Einzelnen zwischen die Hörner!