Großbestellungen für die Bundeswehr: Unmut über Haushaltsgebaren auch in der Koalition (Ergänzung: Pistorius)

Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause erneut eine Reihe von Bestellungen für die Bundeswehr gebilligt – zugleich aber auch seinen Unmut über das Vorgehen des Verteidigungsministeriums deutlich gemacht. Exemplarisch zeigte sich das in der Aufforderung an das Ressort von Minister Boris Pistorius, die vorgesehene Finanzierung von weiteren bewilligten 105 Kampfpanzern ausführlich zu erläutern. Der Minister wiederum verteidigte sein Vorgehen, nicht nach Kassenlage zu bestellen.

Hintergrund ist die große Zahl von Projekten, die das Wehrressort in den vergangenen Wochen dem Parlament zur Zustimmung vorgelegt hatte – jedes Beschaffungsvorhaben mit einem Volumen von mehr als 25 Millionen Euro muss gesondert vom Ausschuss gebilligt werden. Das Bundesfinanzministerium hatte die entsprechenden Vorlagen zwar an den Bundestag weitergeleitet, aber mehrfach darauf hingewiesen, dass zum Teil noch keine Grundlage für eine Finanzierung bestehe.

Auf der Tagesordnung für die Ausschusssitzung am (heutigen) Mittwoch stand unter anderem die Beschaffung der Kampfpanzer Leopard 2 A8 im Wert von knapp drei Milliarden Euro, von denen rund 2,2 Milliarden in den Haushaltsplanungen nicht berücksichtigt sind. Die Abgeordneten billigten zwar das Projekt, aber auf Antrag der Koalitionsfraktionen SPD, Grüne und FDP wurde ein so genannter Maßgabebeschluss verabschiedet:

Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages möge beschließen und fordert die Bundesregierung auf:
1. Nach Darlegung des BMVg sind die erforderlichen Ausgaben für die Beschaffung der 105 Kampfpanzer Leopard 2 in den Jahren 2026ff bedarfsgerecht berücksichtigt, wohingegen diese im Bundeshaushalt 2024 und im Finanzplan bis 2027 sowie im Wirtschaftsplan 2024 zum Sondervermögen Bundeswehr nicht ausreichend veranschlagt sind. Das BMVg hat schriftlich darzulegen, wie die fehlenden Mittel für das Projekt planfondneutral bereitgestellt werden sollen.
2. Das BMVg hat schriftlich zu begründen, weshalb trotz der Nichtveranschlagung der 105 Kampfpanzer Leopard 2 die Verpflichtungsermächtigung für die Jahre 2026 und 2027 über den Titel 1491 554 97 ausreicht, wohingegen die Verpflichtungsermächtigung für die Jahre 2028 bis 2030 nicht ausreichend zur Verfügung stehen.
3. Das BMVg hat schriftlich zu erläutern, wieso es nicht bereits im Rahmen des Haushaltsverfahrens für das Jahr 2024 eine Vorsorge für den Finanzbedarf der Beschaffung getroffen hat, obwohl die Entscheidung des Verteidigungsministers bereits Ende Juni 2023 bekannt war.
4. Die Berichtspflicht (Ausschussdrucksache 20(8)5225) ist über den Zeitpunkt des 1. Februar 2025 unbefristet zu verlängern. Dabei ist die Gesamtbedarfsentwicklung für den Kampfpanzer Leopard mit seinen Varianten im Bestand der Bundeswehr aufzunehmen.

Insbesondere die Punkte 2 und 3 lassen die Verärgerung der Ampel-Parlamentarier ahnen. Etwas schärfer, das ist das Vorrecht der Opposition, formulierte es der CDU-Berichterstatter für den Verteidigungshaushalt, Ingo Gädechens: Im Ergebnis bleiben die Beschaffungsvorhaben für sich jeweils richtig. In der Gesamtschau ergeben sich aber gravierende Bedenken hinsichtlich der Haushaltspraxis und dem Haushaltsrecht. Der Unionsabgeordnete sprach von einem erschreckenden Kontrollverlust bei den Bundeswehrbeschaffungen.

Ergänzung: In seinem Statement nach der Ausschusssitzung ging der Verteidigungsminister zwar nicht auf diesen Maßgabebeschluss ein – aber er machte deutlich, dass sein Ressort bewusst das Vorgehen verändert habe: Es werde nicht bestellt, was sich die Bundeswehr nach der Kassenlage leisten könne, sondern wir melden das an, was wir für die Verteidigungsfähigkeit des Landes brauchen.

Das Statement zum Nachhören:

20240703 Pistorius zu Halbjahresbilanz HHA