Polen und Baltikum beenden Bann von Antipersonenminen

Polen und die drei baltischen Länder Estland, Lettland und Litauen haben – wie bereits erwartet – ihren Austritt aus der Konvention zum Verbot von Antipersonenminen erklärt. Angesichts der Bedrohung durch Russland gehe es darum, alle Möglichkeiten zum Schutz der Nationen an der NATO-Ostflanke offenzuhalten, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Außenminister der vier Bündnismitglieder.

Die Mitteilung wurde am (heutigen) Dienstagmorgen zuerst vom litauischen Verteidigungsministerium veröffentlicht, das dazu auch selbst erläuterte:

Am 18. März um 09:00 Uhr Vilniuser Zeit kündigte Litauen gemeinsam mit Polen, Lettland und Estland seinen Austritt aus dem Übereinkommen über Antipersonenminen (Ottawa-Übereinkommen) an. Die militärische Bedrohung der an Weißrussland und Russland angrenzenden Länder hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen, so dass es wichtig ist, ihre Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeiten zu stärken.
Die einstimmige Empfehlung, aus dem Ottawa-Übereinkommen auszutreten, auf die sich die baltischen und polnischen Verteidigungsminister nach intensiven Diskussionen geeinigt haben, sendet die strategische Botschaft aus, dass jede Gelegenheit genutzt wird, um die Abschreckung und die Verteidigung zu stärken und die Entscheidungsfreiheit bei militärischen Aktionen zu nutzen. Die Entscheidung, aus dem Übereinkommen auszutreten, kann vom Präsidenten der Republik Litauen und dem Seimas getroffen werden.
Litauen hat das Ottawa-Übereinkommen 2003 ratifiziert, seitdem hat sich die Einschätzung der Bedrohungslage erheblich geändert, das Sicherheitsumfeld hat sich zum Negativen verändert, und die in der Vergangenheit eingegangenen zusätzlichen rechtlichen Verpflichtungen schränken Litauens Fähigkeiten und Möglichkeiten zur Verteidigung des Staates ein.
„Der Gemeinsame Regionalbeschluss sendet eine klare Botschaft, dass die an Russland angrenzenden Länder bereit sind, alle möglichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Sicherheit ihrer Bürger zu gewährleisten. Die in den intensiven Gesprächen erreichte einheitliche Position spiegelt die gemeinsame Haltung der baltischen Staaten und Polens gegenüber der komplexen geopolitischen Lage wider. Wir wollen gemeinsame Grundsätze für einen möglichst wirksamen Schutz unserer Grenzen sicherstellen. Wir haben unseren Standpunkt auch mit Verbündeten erörtert, die Truppen auf unserem Territorium stationiert haben oder dies planen. Ich bin dankbar für ihren konstruktiven Umgang mit unserer heiklen Situation“, sagte Verteidigungsminister Dovilė Šakalienė.
Russland, das den Krieg gegen die Ukraine begonnen hat und nicht Mitglied des Ottawa-Übereinkommens ist, verfügt über große Bestände an Antipersonenminen und setzt diese in großem Umfang in seinem Krieg gegen die Ukraine, die Mitglied des Übereinkommens ist, ein.
Antipersonenminen sind ein wirksames und relativ billiges Verteidigungsmittel, das es ermöglicht, die gegnerische Infanterie zu Fuß zu stören und eine starke und widerstandsfähige Verteidigungslinie zu schaffen, um Invasionstruppen zu blockieren.
Auch nach der Kündigung des Ottawa-Übereinkommens wird sich Litauen weiterhin an die anerkannten Grundsätze und Normen des humanitären Völkerrechts in Bezug auf die Mittel und Methoden der Kriegsführung und den Schutz der Zivilbevölkerung halten. Litauen nimmt alle seine Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Umsetzung der Genfer Konventionen und ihrer Zusatzprotokolle sehr ernst und wird alle Maßnahmen ergreifen, um mögliche humanitäre Folgen von Antipersonenminen abzumildern.
(Übersetzt mit deepl.com)

Ergänzung: die Mitteilung aus Estland

Die vorangegangene Erklärung der Ministerien der vier Länder im englischen Wortlaut hier – und als Sicherungskopie
4_Ministers_Statement_on_Ottawa_Convention

Das Übereinkommen über das Verbot des Einsatzes, der Lagerung, der Herstellung und der Weitergabe von Antipersonenminen und über deren Vernichtung, bekannt als Ottawa-Konvention, ist eines der wenigen Abkommen zur Rüstungsbeschränkung, dass sehr weite Verbreitung gefunden hat – auch wenn sowohl die USA als auch Russland und China es nicht unterzeichnet haben:

Die USA hatten lange Zeit erklärt, sich dennoch – mit Ausnahme ihrer militärischen Präsenz in Südkorea – an dieses Abkommen halten zu wollen, das jedoch in der ersten Amtszeit Präsident Donald Trump 2020 aufgehoben. Im vergangenen Jahr hatten die USA, noch unter Präsident Joe Biden, der Ukraine solche Minen für den Krieg gegen Russland geliefert – formal hatte die Ukraine allerdings das Abkommen ratifiziert.

Bereits zuvor hatte es eine Abkehr auch vom Abkommen zum Verbot von Streumunition gegeben: Litauen hatte Anfang März offiziell seinen Austritt aus der Streubomben-Konvention beschlossen. Verteidigungsministerin Dovilė Šakalienė sagte zur Begründung, es gehe darum zu signalisieren, dass das Land zu seiner Verteidigung auf alles vorbereitet sei.

(Archivbild August 2019: Pioniere der U.S. Army trainieren auf Hawaii den Einsatz von Claymore-Anti-Personen-Minen, allerdings ferngezündet und nicht automatisch ausgelöst – US Army photo by Sgt. Thomas Calvert; Grafik: odder, Ottawa Treaty members, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons)