Mehr Action in der Ostsee (Nachträge)
Wenn das deutsche Bundespolizeiboot Bamberg innerhalb von 24 Stunden einen Kurs fährt wie oben auf der Karte zu sehen – und davor die finnische Küstenwache einen Tanker unter dem Verdacht festgesetzt hat, Strom- und Datenkabel beschädigt zu haben: Dann ist klar, dass zum Jahresende mehr mögliche Angriffe auf die kritische Infrastruktur der Anrainerstaaten in der Ostsee drohen. Die ja fast alle, bis auf Russland, zu EU und inzwischen auch NATO gehören.
Der Kurs der Bamberg ist deshalb interessannt, weil das deutsche Küstenwachboot offensichtlich gleich hinter zwei chinesischen Frachtern herfährt. Der Xin Xin Tian 2 unter der Flagge von Hongkong und der Xin Yong Chang 27 zwar unter der Flagge Panamas, aber im Eigentum einer chinesischen Firma und mit chinesischer Reederei. Letztere ist auch erst in diesem Jahr in Dienst gestellt worden und hat bislang nur eine chinesische Hafenkontrolle absolviert.
Welches der beiden Schiffe – oder gegebenenfalls beide? – die Bundespolizei im Visier hat, ist zwar vorerst nicht klar. Ziemlich offenkundig ist aber, das inwischen alle NATO-Staaten in der Ostsee genauer hinschauen, was sich an russischen und chinesischen Tankern und Frachtern nicht nur auf den Seewegen bewegt, sondern möglicherweise an und über kritischer Infrastruktur auffällig agiert. Das gilt auch für die Schattenflotte Russlands, also Schiffe unter der Flagge eines dritten Landes, gerne einer so genannten Billigflagge, die zur Umgehen von Sanktionen genutzt wird.
Der Schritt der finnischen Behörden am 1. Weihnachtstag, den unter der Flagge der Cook-Inseln fahrenden Frachter Eagle S mit Polizei und Küstenwache zu boarden und festzusetzen, ist die bislang weitest gehende Aktion eines Ostseelandes. Vorausgegangen waren Beschädigungen an einer Stromleitung zwischen Finnland und Estland und an Datenkabeln, unter anderem zwischen Finnland und Deutschland. Aus der Mitteilung der finnischen Behörden vom (gestrigen) 2. Weihnachtstag:
The police, in cooperation with other authorities, are investigating the rupture of the Estlink 2 power transmission cable within Finland’s Exclusive Economic Zone (EEZ) in the Gulf of Finland on Wednesday, 25 December, 2024. The police are also looking into other possible damages in the maritime area.
Due to actions taken by the authorities, Eagle S, a tanker registered in the Cook Islands, entered Finland’s territorial waters. The vessel’s involvement in causing the rupture is under investigation.
The Helsinki Police Department and the Border Guard have conducted a tactical operation on the vessel. The authorities have taken investigative measures on the vessel, with access there provided by the Finnish Border Guard and the Defence Forces helicopters. At this stage, the case is being investigated as aggravated criminal mischief.
Es bleibt abzuwarten, ob andere Ostsee-Anrainer in ähnlichen Fällen so robust verfahren wie es die Finnen vorgemacht haben. Die EU-Kommission und die (neue) EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas jedenfalls lobten die Regierung in Helsinki:
Yesterday’s incident involving undersea cables in the Baltic Sea is the latest in a series of suspected attacks on critical infrastructure. We commend the Finnish authorities for their swift action in boarding the suspected vessel. We are working with the Finnish authorities on the ongoing investigation. We stand in full solidarity with Finland, Estonia, and Germany.
We strongly condemn any deliberate destruction of Europe’s critical infrastructure. The suspected vessel is part of Russia’s shadow fleet, which threatens security and the environment, while funding Russia’s war budget. We will propose further measures, including sanctions, to target this fleet.
Vielleicht gibt’s dieses Jahr ja noch mehr dazu.
Nachträge:
Die Bamberg hat am Freitagnachmittag offensichtlich abgedreht und Kurs auf Rostock genommen. Aber das dänische Patrouillenboot P521 scheint sich weiter zu kümmern.
NATO-Generalsekretär Mark Rutte hat nach einem Gespräch mit dem finnischen Präsidenten Alexander Stubb angekündigt, die Allianz werde ihre militärische Präsenz in der Ostsee verstärken. Details gibt’s dazu bislang nicht.
Stubb selbst äußerte sich zur Lage und verwies unter anderem darauf, dass eine stärkere militärische Präsenz der NATO ein Wunsch Finnlands gewesen sei:
Today the President of the Republic and the Ministerial Committee on Foreign and Security Policy held an extraordinary meeting. We discussed the cable damage in the Gulf of Finland.
My three messages:
1. Finland has a strong capacity to respond to situations like this. Our authorities are working swiftly and in close cooperation. The situation is under control. We have no reason to be worried. We are now investigating the incident.
2. We have briefed our key international partners. Together with Estonia, we have asked for a reinforced NATO presence in our neighbourhood, especially around critical infrastructure. Our request has already been met.
3. Together with our Allies and partners, we will continue to address the challenges posed by Russia’s shadow fleet. This includes measures agreed with NATO, the EU and our partners, such as inspections of the insurance certificates of vessels. We are also looking at ways, based on international maritime law, to respond more effectively to similar incidents in the future.
I would like to thank the Police, the Finnish Border Guard and other authorities involved in the investigation for their excellent work.
Und noch eine sehr interessante Ergänzung: Der festgesetzte Tanker Eagle S war/ist nach einem Bericht des Schifffahrtsinformationsdienstes Lloyd’s List mit umfangreicher Elektronik ausgerüstet, wie sie auf einem solchen Schiff nicht üblich sei:
RUSSIA-LINKED dark fleet* tanker Eagle S (IMO: 9329760), seized by Finland on December 25 for damaging an undersea cable, had transmitting and receiving devices installed that effectively allowed it to become a “spy ship” for Russia, Lloyd’s List has learnt.
The hi-tech equipment on board was abnormal for a merchant ship and consumed more power from the ship’s generator, leading to repeated blackouts, a source familiar with the vessel who provided commercial maritime services to it as recently as seven months ago.
(Grafik: Kurs des deutschen Polizeibootes Bamberg am 26. und 27. Dezember 2024 – marinetraffic.com)
https://www.spiegel.de/ausland/ostsee-nato-verstaerkt-militaerpraesenz-nach-mutmasslicher-kabelsabotage-a-8e0c8d3b-fa3e-49b2-a5fb-3a841200301b
Ankündigung Marc Rutte.
Eine ständige, verstärkte Luft- und Drohnenverteidigung sollte folgen, unabhängig vom Baltic Air Policing. Zur nachhaltigen Umsetzung von Schutz sind dann allerdings auch Marinesicherungskräfte in Bereitschaft zu halten.
Muß jetzt jedem dieser aus dem russischen Machtbereich kommenden Pötte ein Patrouillenboot beigegeben werden, damit die die Zerstörung fremden Eigentums unterlassen? Wann gibt es da mal eine Ansage? Wie lange wollen wir uns noch vorführen lassen?
Die Verdachtsmoment in der Region um Estland herum häufen sich. Gibt es Truppenbewegungen in der Region an Land?
Die Ergänzung mit der Elektronik lässt fragen offen:
Welches Equipment soll das sein? Sonar? Kameras und Mikrofone? Radargerät?
Wie hängt es mit dem Zwischenfall zusammen bzw. warum lässt man es nicht vor der relativ kurzen Fahrt entfernen?
Ist es denn tatsächlich Spionage? Gibt es ähnliches Equipment auf „unseren“ zivilen Schiffen?
Grösstes Problem ist die Gesetzeslage in internationalen Gewässern, d.h. außerhalb der 12 Meilen Zone, d.h. in grossen Bereichen.der Ostsee mit Unterseekablen.
Das sind im Wesentlichen Gesetzesgrundlagen gegen Piraterie aus weit vergangenen Jahrhunderten.
Das will man jetzt ändern… Schaun mer mal…
Bis dahin wird es noch etliche diplomatische Verwicklungen geben…
Bevor wir RAF Lossiemouth im Rahmen des Trinity-Abkommens zukünftig mit unseren P-8A beehren, sollten wir lieber täglich ein bis zwei Poseidon der Marine bis in die östliche Ostsee schicken. Auch über ständige FOL sollte dann nachgedacht werden. Seeaufklärer oder gar Multi-Mission-Aircraft gehören besonders bei den NATO-Ostseeanrainern leider immer noch zu den Seltenheiten.
Ganz doof, festsetzen, anklagen/Beweise aufnehmen und Reeder ranziehen. Wen er nicht will ->Rohstoffrückgewinnung.
Wer mit seinem Transponder spielt… soll um Hilfe funken oder Strafe zahlen (bemessen an der Ladung)
und immer bei Einfahrt in nationale Gewässer die Ankerfunktion kontrollieren, dauert halt.
Wollte die EU nicht die Sanktionen gegen die russische Schattenflotte durchsetzen, indem die verdächtigen Tanker auf Ihre Versicherung hin kontrolliert werden?
Keine Versicherung, keine Durchfahrt?
Was wurde aus dem polnischen Vorschlag, auf der Ostsee gemeinsame Polizeiarbeit zu organisieren?
Es wird Zeit für Gegenmaßnahmen!
Wie lange will man noch Kaliningrad über Land versorgen lassen?
Russland kann doch sicherlich alles über See transportieren, was die Oblast benötigt, oder?
@Alex 2.0,
einfach mal den verlinkten Artikel von Lloyd’s List lesen.
Im Regelfall hat ein Schiff keine Funkerfassungsequipment an Bord um alle für die Funkkommunikation üblichen Frequenzen zu überwachen. Weiterhin sollen Sie entsprchende Frequenzlisten mitgeführt haben und ich lese es so das Teile der Besatzung sich gegenüber Lloyd entsprechend geäussert haben.
Inhteressant finde ich die Nationalität des Bedienpersonals.
Fortsetzung zur Eagle S.
h/t @TallbarFIN
UPDATE: Finnish Police confiscates the Eagle S tanker and it is currently being moved to Kilpilahti oil harbor in Porvoo with the help of tugs.
Transfer operation has started on Saturday around 10:50 am.
h/t @Bjoern__M.
#Finland Border Guard:
„The police begin an operation to transfer the Eagle S tanker on 28 December. The Eagle S tanker will be guided to Svartbeck, an inner anchorage near the Port of Kilpilahti.“
Moskau spricht prompt von Piraterie.
Besteht auf NATO Ebene ggf eine „Contingency Planning“ zur Abriegelung Finnischer Meerbusen? Sicherlich. Deutscherseits wären sicher gem GG 80 a Erklärung Zustimmungsfall oder Spannungsfall beim Bestehen einer außenpolitischen Krise erforderlich.
Will man nun jedem Frachtschiff aus China oder einen anderen „verdächtigen“ Staat (Flaage, Reeder, Besitzer) eine Einheit der Bundespolizei oder Marine beistellen?
Die Deutsche Marine hat seit Jahren -trotz vollmundiger Reden über „Kaltstartfähigkeit“ im Rahmen der Zeitenwende- bis heute keine Bereitschaftseinheit etabliert.
Ja, das gab es mal: Ein Bereitschaftsboot Ostsee (7 Tage/Woche in See und über Feiertage in 24Std-Bereitschaft im Hafen) und ein Bereitschaftsschiff Nordsee.
Doch bei Material und Personal ist schon heute alles auf Kante genäht und es existieren keine Kapazitäten mehr. Spätestens seit der Vorgänge um Nord Stream Pipelines hätten diese Bereitschaften wieder aufleben müssen.
Jetzt müsste man sich entscheiden zwischen „Leuchtturmeinsätzen“ (Indo-Pazifik, UNIFIL, Ägäis, …) oder dem (doch so oft in Reden beschworenen) Kernauftrag LV/BV.
Hier gilt es JETZT zu handeln, die Leitung der Marine muss ggü. der Poltik klare Kante zeigen und benennen was geht und was nicht (Entweder…. oder…).
Projekte, die weit in der Zukunft liegen: „From Seabed to Space“ oder weitere (Wasserkopf)-Stäbe werden dem eigenen Anspruch und Auftrag nicht gerecht.
Wo sind eigentlich gerade die NATO-Verbände bzw. der dafür geeignete MCM-Verband, die SNMCMG1 ?
Sind diese Einheiten nicht in einem entsprechenden Bereitschaftszustand auch über den Jahreswechsel?
Ich hoffe doch, dass diese nach der Ankündigung des NATO-Generalsekretärs bereits „gezündet“ wurden.
Man darf sich hier nicht weiter verar….. lassen…
Vorschlag:
Begleitung aller dieser Schattenschiffe durch Marine oder Bundespolizei…
bei Anschlag auf Infra oder Verdacht darauf sofortiges entern der Schiffe, festsetzen der Besatzungen und Beschlagnahmung der Schiffe!
Nach 3 weiteren Anschlägen -> Sperrung der Ostsee für diese Art von Schiffen… quasi eine Seeblockade…
Ja… ich weiß… das ist nicht ohne 🙈
Alternativ kann man das Gleiche um Russland herum tun…
es gibt ja diverse Gaspipelines o.ä.
@all
Ich wäre dankbar, wenn Hirngespinste nach dem Muster „Sofort den 3. Weltkrieg ausrufen/beginnen!“ an dieser Stelle hier nicht weiter ausgesponnen werden könnten.
Zum Thema “ robustes Vorgehen “ nach Sabotageverdacht speziell in der Ostsee.
Es gibt da wohl einen grossen Unterschied je nach Flaggenstaat des verdächtigten Schiffes.
Wenn eine Weltmacht wie China betroffen ist verweigert man ab einem gewissen Punkt die Kooperation.
Bei unter russischer Flagge ( und nicht „im Auftrag“ ) agierenden Schiffe wird das ähnlich sein, Kommt aber aufgrund der zahlreichen Schattenschiffe eher nicht
vor.
Bei einem unter der Flagge der Cookinseln dahinschippernden Frachters ist es seitens der finnischen Marine natürlich einfach ein robustes Vorgehen an den Tag zu legen…
Einmal in die Liste der ausschliesslichen Wirtschaftzonen (AWS) bei Wikipedia schauen ist sehr informativ.
Platz 1: USA, ganz vorne dabei auch die ehemaligen Kolonialmächte F und GB.
Auf Platz 114 Deutschland da nach den beiden Weltkriegen keine Überseegebiete übrigblieben.
China ist mit lediglich Platz 11 augenscheinlich nicht zufrieden. Man beachte die Aktionen im südchinsischen Meer.
Bonmot: Es gibt auch AWS in Binnenstaaten. Das bezieht sich dann bspw. auf Seen. Selbst der Vatikan ist da mit 0,44 qkm gelistet…
@ T.W.:
Vielen Dank für Ihre klare Aussage zum bisherigen Threadverlauf. Ich hätte keine derart moderate Bezeichnung für das hier abgesonderte Kriegsgeheul der meisten Beiträge gefunden.
In diesem Sinne: Allen Kommentatoren einen guten Rutsch ins Jahr 2025. Bewahren Sie sich Ihren klaren Blick auf die aktuelle nationale Sicherheitslage und begeistern Sie mich auch 2025 mit Ihren Ideen, auf die die Entscheidungsträger nicht zu kommen scheinen (Sarkasmus aus).
@T.Wiegold28.12.24, 18:41 Uhr
1+*
Das hat nichts mit kriegsgeheul zu tun…
Ja…die Ostsee komplett für solche Schiffe zu sperren geht zu weit…
trotzdem halte ich es für legitim und für geboten wenn man verdächtige Schiffe begleitet…
und wenn nachweislich der Verdacht besteht, dass diese kritische Infrastruktur bewusst zerstören (so wie es im laufenden Jahr ein Dutzend Mal bereits passiert ist) … dann ist es legitim diese Schiffe zu stoppen, die Besatzung festzusetzen und das Schiff zu beschlagnahmen!
Das hat auch nichts mit Eskalation zu tun….
Eskalation ist es bereits von Seite der Russen und ggf. Chinesen
Es wäre langsam mal sinnvoll die Zuständigkeitsvielvalt in einer Verantwortung zusammen zu fassen wie es z. B. in den USA der Fall ist. Die sogenannte Küstenwache ist ein Koordinierungsverbund bestehend aus Bundespolizei, Bundeszollverwaltung, Wasser- und Schifffahrtsverwaltung, Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung. Daneben gibt es noch die Wasserschutzpolizeien der Küstenländer. Zusätzlich hat man auch noch die Deutsche Marine. Ein bisschen sehr viel Bürokratie.
In Nord- & Ostsee haben wir jährlich etwa 600.000 Schiffsbewegungen. 327.000 davon alleine in der Ostsee wer da 100% der verdächtigen Schiffe eskirtieren lassen will hat keine Vorstellung davon welche Anzahl von Seegehenden Einheiten die NATO dann in der Ostsee vorhalten muss.
https://www.msz-cuxhaven.de/DE/GLZSee/Einsatzgebiet/einsatzgebiet_node.html
unter dem Link gibt es ein paar harte Fakten. Wer es genau wissen will.
@ Küstengang01 Dann machen Sie doch mal einen konstruktiven Vorschlag. Irgendeine Lösung muß es ja geben. Oder gucken wir weiter zu und reagieren nur? Wieso will immer keiner vor die Welle kommen?
Ich denke es sollte Möglichkeiten zu gestaffelt Eskalation zwischen Nix tun und jedes russische Schiff das sich auf 100 Meilen der Ostsee nähert wird ohne Vorankündigung versenkt, geben.
Eine Überwachung der Unterwasserinfrastruktur gepaart mit Bereitschaftseinheiten die in nennenswerter Zahl im Ostseeraum patroullieren und Schiffe gegenüber denen akuter Sabotageverdacht besteht zeitnah aufbringen können.
Da alle Ostseeanrainer am Schutz ihrer krit Infrastruktur ein direktes Interesse haben sollten, dürfte sich eine entsprechende Aufteilung der Ostsee durchaus bewältigen lassen.
in meinen Augen die perfekte Aufgabe für unsere Korvetten. Die haben ja ein bisschen Seeausdauer und sind sonst außer zum Minenlegen zu eh nix zu gebrauchen (Schande über mein Haupt für die Ketzerei, aber ich lass mir wirklich gern erklären was wir mit den Dingern wollen?)
Die Yi Peng 3, die vor ein paar Wochen mit heruntergelassenen Hosen, ähh, Anker, erwischt wurde und auf deren Konto ein der zwei der Ostsee-Datenkabel gehen, hat inzwischen unbehelligt die Ostsee verlassen und ist nach Port Said unterwegs. Ich halte diese chinesischen Aktionen in der Ostsee nicht für russisch orientiert, sondern für einen (erfolgreichen) Einschüchterungsversuch Chinas gegen die europäische NATO und die EU. Wir zerstören eure kritische Infrastruktur und was könnt ihr dagegen tun? Nichts. Denn wir sitzen am längeren Hebel und können euren essentiellen Warenverkehr aus der Südchinasee blockieren Ein Hinweis Chinas, daß sich die Europäer aus chinesischen Angelegenheiten, oder dem, was China als seine Angelegenheiten betrachtet, heraushalten sollen. Ausweitung der chinesischen Wirtschaftszone in der SCS entgegen des Urteils des Internationalen Seegerichtshofes (der sitzt übrigens in Hamburg), Blockade Taiwans durch Seemanöver vor ein paar Wochen, der für 2027 zu erwartende Anschluß Taiwans an China…
Solange lediglich Schiffe der Bundespolizei und anderer Küstenwachen die russische Schattenflotte begleiten, dürfte der Spuk der beschädigten Kabel nicht aufhören.
Das sollte Marine-Aufgabe unter NATO-Kommando sein, denn die Zerstörung kritischer Infrastruktur ist nicht nur eine Provokation, sondern ein Angriff gegen unsere Staaten.
Man sollte nicht die Schiffe begleiten, sondern entlang der kritischen Kabel kontrollieren. Das sind zwar sehr viele Kilometer aber nur eine geringe Breite. Also nur ein Bruchteil der Fläche.
Polizei und Küstenwache können sich auf die eigenen Gewässer konzentrieren. Die Marine mit den Korvetten darüber hinaus. Auch andere Einheiten wie die Oste-Klasse, die U-Boote, die P-8, die Eurofighter und selbst die Minenjäger und Tender sind für die Lagebild-Erstellung doch geeignet. Zusätzlich in Absprache mit den anderen NATO-Partnern ein paar Boarding-Teams in Bereitschaft zur schnellen Reaktion auf nachgewiesenes Fehlverhalten (Ankerkette unten in kritischen Zonen und Fahrt).
@Y-998201 sagt:
29.12.2024 um 20:16 Uhr
…Dann machen Sie doch mal einen konstruktiven Vorschlag. Irgendeine Lösung muß es ja geben…
Ganz ehrlich ich hab keinen. Dafür sind die Zahlen zu groß. Stuft man lediglich 2% der Schiffsbewegungen als Verdächtig ein müsste man alleine im deutschen Küstenmeer 12.000 Schiffe pro Jahr beschatten oder etwa 33 am Tag und das 24/7.
Als ich meine Ausbildung bei der WTD71 gemacht hab.. da sind wir regelmäßig ins Seegebiet vor Helgoland gefahren und haben Telemetrie Übungsmienen eingespült. Die lagen dann ein knappes Jahr im Modder haben fleißig Daten von vorbeifahrenden Schiffen gesammelt und waren mit normalen Minenjagd Methoden nicht aufklärbar. Nimmt man jetzt so eine Mine legt die 30m neben eine Pipeline, spült die schön in den Dreck ein. Kann die da Jahre liegen und warten bis sie ein Aktivierungssignal bekommt und in der Zwischenzeit wurde die Gegend dutzende Male abgescannt und niemand würde da was finden.
Bei der Sprengung von Northstream konnte man sehen das eine Segelyacht, ein qualifizierter Minentaucher und ein paar Agenten ausreichend sind um wichtige Infrastruktur zu zerstören.
Die traurige Wahrheit ist leider diese für uns so wichtige Kritische Infrastruktur auf dem Boden von Ost- & Nordsee ist nicht umfassend zu schützen.
Primär ist das in Deutschland m.W. Aufgabe der Bundespolizei.
Also in Schritt 1 die letzten beiden Schiffe der Bad Bramdstedt-Klasse zeitnah durch zusätzliche zwei Schiffe der Potsdam-Klasse ersetzen. und im zweiten Schritt nochmal drei zusätzliche Schiffe der Potsdam-Klasse beauftragen. GSG 9-See kommt ja m.W. eh demnächst nach Neustadt/Holstein.
Und ja, auch wir werden wohl demnächst in die Situation kommen, auch mal ohne Genehmigung zu boarden.
Die „Schweriner Volkszeitung“ zitiert die finnischen Ermittler heute in ihrer online-Ausgabe:
„… Nach dem Ausfall einer Unterwasserstromleitung in der Ostsee haben finnische Ermittler eine verdächtige Schleifspur am Meeresboden festgestellt. „Die Spur ist Dutzende Kilometer lang“, teilte Ermittler Sami Paila mit. …“
Es stünde der Verdacht im Raum, dass der von den finnischen Behörden festgesetzte Öltanker „Eagle S“ seinen Anker am Boden hinter sich her gezogen hat, um das Kabel zu beschädigen. Auf Grund schlechten Wetters hätte man die Stelle, an der das Schiff seinen Anker „verloren“ hat, noch nicht lokalisieren können.
@Niklot sagt:
30.12.2024 um 8:19 Uhr
Die Bundespolizei hat bereits jetzt massive Problem die Besatzungen für ihre vorhandenen Einsatzschiffe zusammen zu bekommen obwohl die Schiffe der Potsdam Klasse mit mindestbesatzung gefahren wird… das sind dann 19 Mann.
@2totrucker
Ts.
„Reeder“.
Sie glauben, so etwas gibt es für diese Schiffe?
Das funktioniert genau so wie bei einem Mietshaus in einer deutschen Stadt. Weil die Stadt ein Vorkaufsrecht bei Verkäufen hat, gründet man eine Gesellschaft für dieses eine Haus. Die Gesellschaft besitzt einen Klingelknopf in Luxemburg.
Danach muß man nicht mehr das Haus verkaufen, wenn man das Haus verkaufen will, sondern nur die Gesellschaftsanteile. Oder die Gesellschaftsanteile von Gesellschaften, die Anteile an dem Haus besitzen. Die Haus-Gesellschaft beauftragt dann eine Hausverwaltung als Dienstleister, das ist alles, was Mieter oder Journalisten oder andere neugierige Personen ganz offiziell zu Gesicht bekommen. Diese Verwaltung verwaltet das Tagesgeschäft, und weiß über den Eigner … oft nichts.
Genauso funktioniert das auch mit Schiffen. Man braucht nur eine Besitzergesellschaft in einem Land, in dem der letztendlich Begünstigte gegenüber den Behörden nicht genannt werden muß. Solche Länder gibt es viele, weil das Fehlen eines solchen Durchgriffs die Investitionen von Kriminellen anzieht, und Geld stinkt nicht. Vor dem Losschimpfen auf diese bösen Länder: Deutschland gehört auch dazu.
In diesem Fall bietet sich Deutschland allerdings nicht an, sondern beispielsweise ein Emirat. Am besten eines, das von Diplomaten westlicher Länder noch benötigt wird.
Der Besatzung macht man klar, daß sie einen Unfall haben, wenn sie zu viel plaudern. Die Verwaltungsgesellschaft weiß nichts, mit großer Wahrscheinlichkeit wirklich nicht, weil sie sich nicht um Wissen bemüht. Besitzer unbekannt.
Reeder.
Ts.
@Y-998201
Patrouillenboot ist schon mal der richtige Ansatz. Die Fahrzeuge der Bundespolizei See kosten pro Stunde drastisch weniger als alles, was bei der Marine herumschwimmt, und Kriminalität auf See ist erst einmal eine Polizeiaufgabe. Die Potsdam-Klasse eignet sich prima, und kommt mit weniger als 20 Mann Besatzung aus. Sollte man wirklich mal mehr brauchen für eine exotische Aufgabe, können dort sowohl H225 als auch NH90 landen. Die Potsdam-Klasse ist auch so gebaut, daß sie nur ganz selten im Hafen bleiben muß. Das einzige, was meines Wissens dort fehlt, sind unauffällige Beobachtungsdrohnen zur Beweismittelsicherung.
Die Marine fehlt dort nicht. Wenn die sechs Schiffe nicht reichen, sollte Deutschland mehr dieser 60-Millionen-Schiffe in Dienst stellen. Die Marine braucht man, wenn Infrastruktur militärisch angegrifffen wird, aber doch nicht wegen eines geschleppten Ankers.
Noch zwei Anmerkungen: Die Zahl der Schiffe, die man sich wegen solcher Vorfälle ansehen muß, ist drastisch niedriger als das, was ein AIS-Bildschirm zeigt. Die EU transportiert ca. 30% aller internen Fracht auf Seeschiffen, das ist richtig Holz, davon kriegt man als Landratte nichts mit. Das meiste, was insbesondere in der Ostsee an Frachtern unterwegs ist, gehört deshalb zum intra-EU-Verkehr. Auch sollte man sich nicht von der Größe des Überwachungsbereichs blenden lassen: Die meisten _ozean_gängigen Schiffe können nur in einem winzig kleinen Teil dieser Wasserfläche fahren.
Das alles sieht selbstverständlich völlig anders aus, wenn Infrastruktur von Militär angegriffen wird.
Falls jemand den Prozeß des Ankerwerfens/Ankerlichtens auf einem Frachtschiff nicht kennt:
https://www.youtube.com/watch?v=syi5Z7R7d0I
und dann 1:37:30 / 1:41:40
A maritime commercial services professional told Lloyd’s List that the Eagle S had been carrying sophisticated signals intelligence equipment on at least one prior voyage, and that the crew had been threatened into silence about its purpose. The portable gear was brought on board as recently as seven months ago, and was fully removed at the end of the voyage, the source said. The anonymous source also claimed that an unidentified non-crewmember was seen aboard the tanker as well.
Finnish police dismissed the report as a „rumor“ in comments to Yle, and said that no such equipment had been found Eagle S at the time of her arrest.
https://maritime-executive.com/article/suspected-sabotage-ship-dragged-anchor-for-up-to-50-nautical-miles
Ebenda auch interessant:
During the Cold War, these vessels were common enough that the U.S. Navy gave the class a standard designation, the „Auxiliary, General Intelligence (AGI)“ trawler. Today, Western defense analysts are concerned that Russia might make use of its extensive „dark fleet“ of lightly-regulated tankers to perform a similar function, allowing them to hide nefarious activity in the crowd of everyday merchant traffic.
Bereits im September 2023 war in der Frankfurter Rundschau vom InspM zu lesen:
„Wir sollten jetzt festlegen, wer was zu tun hat, in welchem Fall. Wir müssen heute wissen, was machen Behörden mit ihren Fahrzeugen wie Tonnenlegern, der Zoll, die Bundespolizei, der Fischereischutz, wenn es knallt. Wir werden ja keine Dorsche zählen“, sagte der Vizeadmiral der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
Was ist seitdem passiert?
Warten jetzt alle auf den einen (den nöchsten?) großen Knall?
Wann werden Verantwortlichkeiten gesetzlich geregelt?
Geben die Einsatzregeln der Deutschen Marine eigentlich etwas her in Sachen „Zwangsmaßnahmen“ ggü. (möglichen) Verursachern von Schäden an kritischer Infrastruktur (auf hoher See, in eigener/fremder AWZ)?
– – – Trennung – – –
Welche Verantwortung für den Schutz der kritischen Infrastruktur kommt eigentlich den privaten Betreibern der Pipelines und Kabeltrassen zu (oder sind diese alle staatlich betrieben)? Diese verdienen damit viel Geld und sollten doch am Schutz ihrer Infrastruktur vitales Interesse haben.
Bewachen bzw. Überwachen diese ihre Infrastruktur eigentlich auch mit Schiffen oder anderer Sensorik?
Wie von Küstengang01 schon (aus meiner Sicht völlig korrekt) beschrieben:
„Die traurige Wahrheit ist leider diese für uns so wichtige kritische Infrastruktur auf dem Boden von Ost- & Nordsee ist nicht umfassend zu schützen.“
Ggf. liegen heute bereit Sprengladungen an diversen Kabeltrassen und Pipelines, die dort vor Jahren abgelegt wurden und „warten“ auf Aktivierung?
Das Schleppen von großen Ankern erzeugt typische Unterwasserakustik, die durch Sonar Hydrophone aufgezeichnet werden kann. Eine Realtime-Ortung/Alarmierung ist möglich. Erforderlich wäre das mehrfache Auslegen geeigneter Technik an besonders gefährdeten Stellen, an denen Ankerschleppen zu erwarten wäre.
Da die Schleppvorgänge doch über längere Strecken erfolgen, könnte eine frühzeitige Alarmierung geeigneter Marine zur hoffentlich rechtzeitigen Beendigung solcher Vorgänge beitragen.
@Carsten Sigmann
Grundsätzlich liegt der Schutz ziviler (kritischer) Infrastruktur im Verantwortungsbereich des Betreibers. Daß dieser das in den meisten Fällen (hier insbesondere der materielle / physische Schutz) nicht sicherstellen kann steht natürlich auf einem anderen Blatt.
Ich darf auf ein YT Video von Anders Puck NIELSEN verweisen (Nota: er ist DNK Marineoffizier und Analyst):
A new stage of Russian hybrid warfare – https://www.youtube.com/watch?v=Yabwyb14-BQ
Fazit: maritime Infrastruktur ist quasi nicht zu überwachen und irgendwann knallt es richtig, da RUS hocheskaliert.
Ich kann überhaupt nicht verstehen, wie manche hier diese Zerstörung der kritischen Infrastruktur und ihren Schutz als Problem, bzw. Aufgabe der Betreiber sehen.
Wenn kritische Telekommunikation durch ein anderes Land zerstört wird und dafür Reedereien missbraucht werden, ist das eine Aufgabe der NATO, dies zu unterbinden.
@hydrophone
Frage mich auch warum man das nicht über solche Messtechnik aufklärt.
Alle Kabel abzupatrolieren geht sowieso auch nicht, viel zu viele, Strom, Datenkabel und nicht zu vergessen für uns sehr wichtige Pipelines aus Norwegen.
Es könnte ja auch ganz böse mal ein Datenkabel von Russland nach Kaliningrad…ich weiß ganz unreif…
Chinese Freighter Suspected of Severing Telecom Cable off Taiwan
On Friday at about 1240 hours, Chungwha Telecom notified Taiwan’s Coast Guard Administration (CGA) that a subsea communications cable had been severed just off the coast of Keelung. The CGA sent a patrol boat to intercept the Hong Kong-owned freighter Shunxin-39 (registered as Xing Shun 39, IMO 8358427), which was just off the coast of Yehliu.
https://maritime-executive.com/article/chinese-freighter-suspected-of-severing-telecom-cable-off-taiwan
[Einfach hier Text reinkippen ist nicht nur schlechter Stil, sondern in dem Umfang auch Missbrauch des Zitatrechts und der Versuch, evtl. copyright-Ärger bei mir abzuladen. Machen wir nicht; Text deutlich gekürzt. T.W.]
@Der Realist
Weil das eben vom Gesetz her (im Entwurf) so vorgesehen ist.
https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/gesetzgebungsverfahren/DE/Downloads/referentenentwuerfe/KM4/KRITIS-DachG-2.pdf?__blob=publicationFile&v=4
Ich verweise insb. auf §10:
„Resilienzmaßnahmen der Betreiber kritischer Anlagen; Resilienzplan
(1) Betreiber kritischer Anlagen sind nach Ablauf von 10 Monaten nach Registrierung
verpflichtet, geeignete und verhältnismäßige technische, sicherheitsbezogene und organisatorische Maßnahmen zur Gewährleistung ihrer Resilienz zu treffen, die erforderlich
sind, um …“
Das war bisher allerdings auch schon so, zumindest hält sich der Bund hier (noch) nicht für zuständig.
@ Thomas Selber
Sie zitieren es ja selbst: „verhältnismäßig“
Wie sollen sich denn private Betreiber von Unterseekabeln oder zum Beispiel Windpark gegen Angriffe eines anderes Staates schützen können?
Das ist nicht Aufgabe des Betreibers.
Ich frage mich, weshalb Deutschland nicht hier beteiligt ist:
https://esut.de/2025/01/meldungen/56308/multinationale-eingreiftruppe-zum-schutz-von-unterwasser-infrastruktur-aktiviert/
[Recht einfach: weil Deutschland nicht Teil der JEF ist. Ansonsten mal den kommenden Dienstag abwarten. T.W.]