Mietfreies Gelände, Schulneubau, Bierverkauf: Was Litauen für die deutsche Brigade tut
Die Vorbereitung auf die Stationierung einer deutschen Kampfbrigade in Litauen wird mit einem weiteren Baustein ergänzt: In einer umfangreichen Verwaltungsvereinbarung regeln beide Länder die Rechte der Bundeswehr und ihrer Soldaten und Beamten samt Angehörigen in dem baltischen Land. Die Details reichen von der mietfreien Überlassung von Gelände über die Zusage von Schulbauten bis zum Alkoholverkauf.
Das Regierungsabkommen über die Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich wollen der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius und sein litauischer Kollege Laurynas Kasčiūnas am (heutigen) Freitag in Berlin unterzeichnen. Es folgt bereits getroffenen Vereinbarungen zum Zeitplan für die Stationierung der Panzerbrigade 45, die in Litauen bis 2027 praktisch neu aufgestellt wird, wenn auch zum Teil mit bereits bestehenden Bataillonen.
Vor seiner Abreise nach Berlin hatte Kasčiūnas erklärt: Unser Ziel ist es, die bestmöglichen Bedingungen für die deutschen Soldaten und ihre Familien zu schaffen und damit die Sicherheit Litauens und der gesamten Region sowie die Gemeinschaft zwischen unseren beiden Ländern zu stärken.
Wesentliche Vereinbarungen in dem Abkommen, das die Bestimmungen des für beide Länder gültigen NATO-Truppenstatuts ergänzt und sich auch darauf beruft:
• Die Bundeswehr bekommt das Hausrecht über die Liegenschaften und Einrichtungen, die ihr zur Verfügung gestellt werden, und kann den Zugang kontrollieren. Litauen sichert für andere (militärische) Einrichtungen einen vereinfachten Zugang zu – das gilt insbesondere für Straßen,
Schienenwegen, Häfen und Flugplätze.
• Die Nutzung von Liegenschaften in Litauen ist für die Bundeswehr kostenlos:
Litauen stellt den deutschen Kräften alle vereinbarten Einrichtungen und Bereiche, einschließlich der von deutschen Kräften und litauischen Streitkräften gemeinsam genutzten Einrichtungen und Bereiche, ohne Anrechnung von Miet- oder ähnlichen Kosten zur Verfügung. (…) Litauen trägt die Bau-, Entwicklungs- und Sanierungskosten für vereinbarte Einrichtungen und Bereiche, sofern die verantwortlichen Stellen nichts anderes vereinbart haben.
• Die Bundeswehr kann nach eigenem Ermessen Wehrmaterial – also auch Waffensysteme und Munition – nach Litauen bringen und dort lagern, aber auch auch wieder abziehen.
• Der Schutz der deutschen Soldaten außerhalb von Bundeswehreinrichtungen in Litauen bleibt zwar eine Aufgabe der litauischen Behörden. Die Feldjäger der Bundeswehr erhalten aber teilweise Befugnisse ähnlich der litauischen Militärpolizei beschränkt auf Aufgaben bei Marschbewegungen und Schutzaufgaben für deutsche Kräfte, deutsche staatliche Unternehmen und ihre Angehörigen sowie von ihnen genutzten Einrichtungen.
• Beim Einkauf von Material und Dienstleistungen in Litauen ist die Bundeswehr von der Mehrwertsteuer befreit.
• Erstaunlich detailliert regelt das Abkommen auch die Ein- und Ausfuhr von Waren, aber auch persönlichem Eigentum der deutschen Soldaten und Beamten sowie ihrer Angehörigen – schließlich sind beide Länder nicht nur NATO-Mitglieder, sondern auch in der EU. Dennoch wird es Zollkontrollen für die Ein- und Ausfuhr der Bundeswehr und auch die von ihnen beauftragten Unternehmen geben – die sollen aber nach dem Abkommen zügig erfolgen.
• Sowohl Feldpostämter der Bundeswehr – in denen Briefe mit deutschen Marken frankiert werden können – als auch eine Sendestation des Betreuungssenders Radio Andernach werden nach der Vereinbarung ausdrücklich zugelassen.
• Deutschland darf in Litauen deutschsprachige Kindergärten und Schulen betreiben. Die Schulen unterrichten nach deutschem Lehrplan und führen zu deutschen Abschlüssen, die dann auch in Litauen anerkannt werden sollen. Außerdem können die Kinder von Bundeswehrsoldaten und -beamten litauische Schulen besuchen. Die Infrastruktur für die deutschen Kindergärten und Schulen wird von den Großstädten Vilnius und Kaunas bereitgestellt, ein möglicherweise nötiger Ausbau wird von Litauen finanziert.
• Die Bundeswehr darf eigene Kantinen und Messen betreiben, in denen auch Tabakwaren und Alkohol zoll- und steuerfrei verkauft werden können. Dabei rücken die Litauer auch von ihren strengen Alkoholgesetzen ab: Während sonst wochentags ab 20 Uhr und sonntags sogar ab 15 Uhr der Verkauf von Alkohol untersagt ist (und einem an der Supermarktkasse die Bierdose freundlich aber bestimmt aus dem Einkaufskorb genommen wird), gelten für die deutsche Brigade andere Regelungen: In Verpflegungs-, aber auch in Betreuungseinrichtungen, die ausschließlich für die deutsche Nutzung bestimmt sind, gelten für den Verkauf, Erwerb und Genuss von alkoholischen Getränken deutsche Rechtsvorschriften und militärische Vorschriften, jedoch beschränkt auf deutsche Staatsangehörige.
Das ganze Abkommen zum Nachlesen (in der deutschen Fassung; daneben gibt es eine litauische und eine englischsprachige Fassung. Die englische Version gilt bei Auslegungsstreitigkeiten als maßgeblich):
Regierungsabkommen_DEU_LTU_deutsch_Sept2024
(Archivbild November 2023: Deutsche Soldaten der NATO-Battlegroup Litauen bei der Militärparade zum 105. Jahrestag der litauischen Armee in der litauischen Hauptstadt Vilnius – Jana Neumann/Bundeswehr)
Landmatrose3000 sagt: 18.09.2024 um 9:45 Uhr
„Es geht im Abkommen rein um zwischenstaatliche Einigungen zu organisatorischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Aspekten.“
Na bloß gut! Und die viel beschworene Fürsorgepflicht, die Kameradschaftspflicht, die Pflicht zur Gesunderhaltung (und noch einige andere), dass sind keine rechtlichen Aspekte? Wo stand das alles nochmal?
Ich bin durchaus in einer Armee groß geworden, in der der gemeinsame Griff zum Bierglas als „Kameradschaftspflicht“ missverstanden wird. In der stolz von den Vorzügen des morgendlichen „Kentucky-Coffee“ berichtet wurde. In der der „Icebreaker“ vor Veranstaltungen bei den Allermeisten nicht über ein sympathische Gespräche, sondern über das sanfte Happygefühl von Promille im eigenen Blut funktioniert. Oft waren das ziemlich einsamen Seelen, muss ich dazu sagen, die Gemeinschaft, Entspannung oder das Verlangen nach einem gutes Gefühl mit einigen Runden Bier und Schnaps verbunden haben oder die Genuss mit Konsum verwechseln. Und das sind meist nur die offensichtlichen Fälle..
Und ich finde, die litauischen Alkoholgesetze lassen noch genug Raum für eben diesen Genuss.. auch für Deutsche.
@someone
Auch Legalität braucht Grenzen, schon um Grenzüberschreitungen zu markieren. Wenn für Sie die Grenze jenseits des „Hausgebrannten“ sein muss – nehm ich das erstmal hin. Macht mich aber nachdenklich.
… also wer sein Bier nicht zu den regulären Öffnungszeiten im Frieden gekauft bekommt, ist in meinen Augen planerisch nicht zum Einsatz geeignet…
Spaß beiseite. Ich find’s gut, das hilft sicher auch zu mehr Verbundenheit im Bündnis…