Schneller auf die Straße: Im Saarland erste Vereinbarung für einfachere Bundeswehr-Transporte
Als erstes Bundesland hat das Saarland eine Vereinbarung mit der Bundeswehr unterzeichnet, die den Streitkräften eine einfachere und vor allem schnellere Nutzung von Straßen ermöglichen soll. Damit werden große Marschkolonnen mit militärischen Fahrzeugen und Groß- und Schwertransporte ohne das derzeitige langwierige Genehmigungsverfahren möglich. Entsprechende Vereinbarungen mit den anderen Bundesländern und dem Bund für die Autobahnen sollen folgen.
Die am (gestrigen) Donnerstag vom saarländischen Landesbetrieb für Straßenbau, dem Bundeswehr-Landeskommando Saarland und dem Bundesamt für Umweltschutz, Infrastruktur und Dienstleistungen der Bundeswehr (BAIUDBw) unterzeichnete Regelung sieht vor, dass in einem definierten Umfang Marschbewegungen und Schwertransporte ohne gesonderte Einzelgenehmigung erlaubt sind. Die Vereinbarung gilt nicht nur für die Bundeswehr, sondern auch für die Streitkräfte von Verbündeten.
Aus der gemeinsamen Mitteilung des saarländischen Landesbetriebs und der Bundeswehr:
Nach der Straßenverkehrsordnung (StVO) unterliegen bestimmte Straßennutzungen – durch die Straßen mehr als verkehrsüblich in Anspruch genommen werden – der Erlaubnis der Straßenverkehrsbehörden. Dies gilt zum Beispiel stets für Kraftfahrzeuge, die in einem geschlossenen Verband fahren, oder bei Großraum- und Schwertransporten. Die Bundeswehr ist zu übermäßiger Straßenbenutzung befugt soweit entsprechende Vereinbarungen getroffen sind. (…)
Durch die Vereinbarung mit dem Bundesland Saarland wird der Bundeswehr zukünftig in einem definierten Umfang ermöglicht, Fahrten in größeren geschlossenen Verbänden sowie bei Groß- und Schwerlasttransporten ohne gesonderte Genehmigung in dem in der Vereinbarung festgelegten Straßennetz durchzuführen. Die Sicherheit des zivilen Straßenverkehrs ist dabei stets zu berücksichtigen. Mit der Vereinbarung wird für beide Seiten zukünftig der administrative Aufwand reduziert sowie die Verfahren aufgrund des definierten Straßennetzes und der geregelten Ausnahmetatbestände beschleunigt.
Der Kommandeur des Landeskommandos, Oberst Uwe Staab, wies darauf hin, dass die Vereinbarung ein wichtiger Bestandteil für unsere Aufgabe im Bündniskontext sei, den vorgesehenen Auf- und Durchmarsch verbündeter und eigener Streitkräfte in der ‚Drehscheibe Deutschland‘ sicherzustellen. In der Vergangenheit hatten sich die Genehmigungsverfahren als Problem für schnelle Verlegungen von militärischem Gerät und Truppen erwiesen: So hatte Frankreich im vergangenen Jahr darauf verzichtet, für eine NATO-Übung kurzfristig Panzer nach Rumänien zu verlegen, weil die dafür nötigen Erlaubnisse in Deutschland nicht schnell genug zu bekommen waren.
Die Vereinbarung mit dem kleinsten deutschen Flächenland soll nur ein erster Schritt sein. Vor allem die Transporte und Marschbewegungen über die Grenzen von Bundesländern hinweg hatten immer wieder Schwierigkeiten gemacht. So hatte die Marine bei der Sanierung des Segelschulschiffs Gorch Fock Probleme, nach dem Wechsel der Reparaturwerft einen Antriebsmotor zum Schiff zu bekommen: Die damit beauftragte Spedition hatte zwar eine Dauergenehmigung für Schwertransporte in Niedersachsen – die Gorch Fock war aber in eine Werft in Bremerhaven und damit in ein anderes Bundesland verlegt worden.
Fürs Archiv die Sicherungskopie der Pressemitteilung:
20240314_Saarland_Bw_Vereinbarung_Strasse
(Foto: Archivbild Februar 2023: Fahrzeuge vom Jägerbataillon 413 verlegen im Straßenmarsch von Torgelow nach Litauen im Rahmen der Übung Griffin Lightning – Marco Dorow/Bundeswehr)
Heißt dass jetzt 15 weitere Genehmigungen einzelnen erteilt werden müssen? Warum läuft sowas nicht Zentral?
Gute und wichtiger Schritt.
Hoffentlich schafft man das jetzt schnell flächendeckend über die komplette Bundesrepublik.
Sprachs und ahnte das es nicht klappen wird. Föderalismus sei dank wird es hier am Ende wieder 10 bis 16 unterschiedliche Lösungen geben die jeden gnadenlos verwirren. Wer Beispiele braucht wird problemlos fündig (siehe Anerkennungsrichtlinien für Fachkräfte oder die Unfähigkeit von Bundesländern miteinander über Baustellen zu kommunizieren).
Trotzdem: danke Saarland
Eine solche Vereinbarung ist besser als nichts. Aber 10 Jahre nach der Annektierung der Krim und 2 Jahre nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine zu brauchen nennt man wohl Schneckentempo. Und jetzt noch 15 weitere Vereinbarungen mit den anderen Bundesländern wird weiter Zeit kosten. Da wäre es doch schneller gewesen, die Straßenverkehrsordnung zu ändern und Militärtransporten generell Vorrang vor dem Zivilverkehr auf der Straße zu geben.
Das Beispiel mit der Gorch Fock zeigt, daß Deutschland immer noch Kleinstaaterei betreibt und ein Bürokratiemonster ist. Die Genehmigung zum Schwertransport in einem Bundesland müsste selbstverständlich für alle Bundesländer gelten!
war das im Kalten Krieg auch schon so, dass jede Kolonnenfahrt von jedem Bundesland genehmigt werden musste?
@Dante
„Warum läuft sowas nicht Zentral“?
Die Bundesrepublik Deutschland ist ein föderaler Staat mit
weitgehender Eigenständigkeit der Einzelstaaten.
Sollte bekannt sein.
Anzumahnen ist jedoch unbedingt der organisatorische Abbau diesbezüglicher Singularitäten von 16 Teilstaaten.
Die Drehscheibe Deutschland steht weiterhin vielfach nur auf dem Papier?
Es ist bizarr dass es für die Belange der Bundeswehr im Verkehr, im Baurecht etc keine bundesgesetzlichen Regelungen gibt.
Ein treffendes Beispiel dafür, dass der Föderalismus nicht in allen Belangen über allem stehen sollte. Eine ernsthafte Verfolgung des Vorhabens hätte darin bestanden, dass die 16 Bundesländer und der Bund gemeinsam und zeitgleich eine Vereinbarung mit dem BAIUDBw unterzeichnet hätten.
Jetzt muss, wie bereits von anderen geschrieben, für jedes Bundesland eine weitere Vereinbarung getroffen werden. Ich sehe da ehrlich gesagt nicht den politischen Willen, um diese wichtige Regelung innerhalb eines Zeitraumes gelingen zu lassen, der nicht für Resignation sorgt. Und über die Regelung beim Befahren der Autobahnen wurde noch kein Wort verloren. Der Faktor Zeit wäre für eine gemeinsame Vereinbarung unerheblich gewesen. Schließlich wurde die Ukraine nicht am 22. Februar diesen Jahres überfallen, sondern vor zwei Jahren.
Da sich nicht unwesentliche Teile der politischen Landschaft in Deutschland bereits im Wahlkampf (Anm.: siehe die Diskussionen um eine Lieferung des Taurus) wähnen, sehe ich ehrlich gesagt dunkelgrau für eine baldige Lösung, die diesen Titel auch verdient.
“ Warum läuft sowas nicht Zentral?“
Weil man nach dem 2.Weltkrieg den Föderalismus mit dem Ziel eingeführt hat, dass eben nichts mehr zentral läuft. Und das funktionert, wie man auch an vielen anderen Stellen sehen kann. Quasi die Wiedereinführung der Fürstentümer aus dem 16. Jhd. versus dem preussischen Zentralstaat.
Zuständig für die Erteilung der Genehmigung ist die Straßenverkehrsbehörde wo der Groß- bzw. Schwertransport beginnt, bzw. die wo der Transportunternehmer seinen Firmensitz hat. Die Genehmigung gilt dann natürlich für die gesamte Strecke, auch wenn mehrere Bundesländer befahren werden. Dazu muss die genehmigende Behörde dabei die anderen betroffenen Behörden im eigenen und in den anderen Bundesländern anhören sowie ggf. statische Gutachten z.B. für Brückenlasten einholen und womöglich die DB Netz AG anhören wenn deren Brücken und Bahnübergänge befahren werden müssen. Das kann dann schon mal mehrere Wochen dauern.
Und sofern polizeiliche Begleitung unabdingbar ist muss da auch noch einiges koordiniert werden was Zeit kostet.
Bislang können die Transportunternehmen nur online den Antrag stellen, von einer bundesweiten, rein digitalen Bearbeitung die Zeit sparen würde, sind wir aber noch weit entfernt.
Danke, Saarland!
Wiedereinmal zeigt sich, dass die Bundesländer, die vor allem aus Selbsterhalt an ihren „Domänen“ festhalten, kein demokratischer Vortschritt, sondern ein gesellschaftlicher Hemmschuh sind.
17 Gesetzgebungen (vergessen wir den Bund nicht) sind in den meisten Fällen 17 Bürpkratien, 17 Verwaltungsapparate, die sich selbstbestätigen müssen und damit 16 zuviel.
Danke Saarland, für diese weise Entscheidung und den ersten – für mich sichtbaren – Bürokratieabbau!
@GolfEcho83 und Closius: Der Föderalismus ist GG-lich normiert. Damit hat jede Medaille zwei Seiten. Wollen wir hier das Wort reden, wir verteidigen unsere Werte, indem wir sie abschaffen (was im übrigen zum Glück kaum realisierbar wäre)?
@Kdr LKdo Saarland
Lieber Uwe
(ich bin mir sicher Herr Oberst Staab liest „Augen geradeaus“),
herzlichen Glückwunsch zum erfolgreichen Abschluss dieses Projektes im Rahmen einer seit Langem dringend erforderlichen Vereinbarung zur ZMZ.
„Wenn man einen Feldjäger einen Befehl übergeben hatte war man sich sicher.“ (Graf Moltke 24.11.1890)
Mit kameradschaftlichen Grüßen
Der Bärendoktor
Es werden wohl 16+1 (Autobahn AG) und orientieren sich alle eng an einem Muster des BMDV.
Vieleicht kann der Hausherr mal seine Fühler austrecken und findet heraus was auf der Verkehrsministerkonferenz am 22./23. März 2023 in Aachen herauskam. Dort war genau das, oder zumindest ein Teilaspekt, wohl auf der Tagesordnung:
https://www.verkehrsministerkonferenz.de/VMK/DE/termine/sitzungen/23-03-22-23-vmk/23-03-23-22-to-scheller.pdf?__blob=publicationFile&v=3
@Dante
Zitat:“Warum läuft sowas nicht Zentral?“
Weil für die Verkehrssicherheit auf den Straßen die Bundesländer zuständig sind. Das nennt man Föderalismus. Übrigens, auf eine zentralisierte Genehmigung warten auch die Erbauer von Windkraftanlagen seit Jahren. Die langsamen Genehmigungsverfahren für die Transporte sind mit einer der Gründe, warum der Ausbau der Windkraft so schleppend verläuft.
Natürlich könnte das anders sein, aber dann müsste man im Bundesverkehrsministerium mal den Hintern hoch kriegen und so eine Vereinheitlichung moderieren.
Da stellt sich mir die Frage, wie das wohl im V-Fall aussieht? Mal angenommen, die Russen rollen zu Weihnachten plötzlich über die polnische Grenze und es müssen ganz schnell Bundeswehrverbände aus dem Westen quer durch die Republik verlegt werden. Dann heisst es aus Sachsen-Anhalt: „Vor Ostern ist da nichts zu machen“.
Was haben wir doch für ein Glück, dass die vermutlich nie nötig werden wird.
@Schlammstapfer:
@Force B, formal richtig das im Spannungs- und Verteidigungsfall die Bundeswehr losfahren kann. Blöd nur das Spannungs- und Verteidigungsfall formal erst festgestellt werden müssen durch den Bundestag und die automatische Feststellung des Verteidigungsfalls einen direkten Angriff auf das Bundesgebiet erfordert.
@Flo:
Der angenomme Angriff auf Polen löst gleich doppelt den Bündnisfall aus (NATO und EU-Verträge). Und Sie meinen das weder der Bundestag noch der Verteidigungsausschuß da rechtzeitig zusammentreten?
Wenn Sie besorgt sind das Wachtmeister Übereifrig die StVO verletzt sieht und eine Ordnungswidrigkeitenanzeige schreibt, dann lege Ich die 1.000 € Bußgeld schon mal zurück und greife dem Anordnenden dann unter die Arme.
Den Kameraden die hier den Föderalismus hochhalten, möchte ich in Erinnerung rufen, das es mit den Verkehrskommandos (Name aus dem Gedächtnis) Bundeswehrdienststellen gab, die zentral für große Mot-Märsche zuständig waren. Ohne dass damals die föderale Ordnung der Bundesrepublik ins Wanken geriet.
Für einen Marsch zum Zeitpunkt X von A nach B gab es eine „Marschkredit“ genannte Genehmigung, deren Code die Truppe rechts und links an den beteiligten Fahrzeugen mit Kreide anzubringen hatte. Auf alten Pressefotos größerer Truppenbewegungen sollten diese ohne weiteres auf den Türen zu erkennen sein.
[Marschkredite gibt es weiterhin –
https://www.flickr.com/photos/wiegold/47997243487/in/photostream/lightbox/
der entscheidende Punkt ist der Ablauf vorher, bis es diesen gibt.
Da ja weiter oben schon geschrieben, es im Spannungs/Verteidigungsfall rechtlich nicht und schon dreimal faktisch nicht gilt, ist das so wichtig?
Bzw welche Aussage hat die Großübung zu Truppenbewegung die unter Friedensbedingungen/Recht stattfindet, wo salopp gesagt, die Lieferkette von VW ein relevanter Punkt der Abwägung ist.
JPeelen: Der Föderalismus wird nicht „hochgehalten“. Er ist unveränderlicher Bestandteil unseres Bundesstaates (Art. 20 GG). Die seinerzeitigen Verkehrskommandanturen haben in ihren Zuständigkeitsbereichen Marschkredite (im Frieden und Krise) erteilt, nachdem die Abstimmung mit den zivilen Straßenverkehrsbehörden durch sie erfolgt war. Deshalb musste der Marschkredit mit einigem zeitlichen Vorlauf von der Truppe beantragt werden. Später, nach Fusionierung Terr- und Feldheer, wurde das bei den WBK/Div im Bereich G3/Verk/TrspFhrg durchgeführt. Also: auch die „Kameraden die hier den Föderalismus hochhalten“, haben sich stets an unsere Elementarvorgaben gehalten.
@ PapierSchwab sagt: 15.03.2024 um 11:25 Uhr
„war das im Kalten Krieg auch schon so, dass jede Kolonnenfahrt von jedem Bundesland genehmigt werden musste?“
Die rechtlichen Grundlagen sind unverändert, wenn Sie das meinen.
Es war nur, bis in die 2000er Jahre hinein, mehr Personal in der Verkehrsführung (militärische wie auch zivile Seite) vorhanden. Die Datenlage zur Marschstrecke war gefühlt (!) dichter und aktueller – trotz heutiger Geomatic-Anwendungen.
Das „Drumherum“ wie z. B. mil. Wallmeister und ziv. Straßenmeister hatte mehr Personal.
Man übte die seinerzeitigen „Allgemeinen Aufgaben“ wie Erkundung, Marsch usw. einfach wesentlich häufiger.
Und nicht zuletzt ging man einfach anders mit der Sache und miteinander um: wenn ein Chef meldete, dass er die Strecke hat erkunden lassen, dann galt das was und umgekehrt: wenn eine Gemeinde sagte, dass evtl noch eine Instandsetzung auf einer Marschstrecke kurzfristig dazwischen geschoben werden kann, dann respektierte man das einfach auf militärischer Seite und marschierte eine alternative Strecke, die sowieso mit erkundet wurde.
Aber dass eine freilaufende Übung -egal auf welcher Ebene- nicht im „System“ Verkehrsführung militärisch wie zivil angemeldet und abgestimmt war: never ever.
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Dem Saarland ist Danke zu sagen.
Meiner Meinung nach ist es positiv, dass eine Rechtsgrundlage für die Entscheidungsträger die Möglichkeit schaffen soll, (wieder) schnell und effizient, insbesondere bei „Alarmlagen“, entscheiden zu können (und wohl auch zu dürfen).
Die Voraussetzung, dass die Verkehrsführung rein militärisch geregelt wird, sind an Bedingungen geknüpft, die mit Übungsbetrieb und „Drehscheibe Deutschland“ nicht erfüllt sind.
Das ist auch okay, wenn man dem „System Verkehrsführung“ militärisch wie zivil ausreichend Kompetenzen und Ressourcen sowie eben Entscheidungshoheit zuweist.
@Force B, durchaus bekannt. Nur woraus folgt das der Bündnisfall nach zwischenstaatlichen Verträgen auch den Verteidigungsfall nach Art 115a GG auslöst?
Das wird man sicher in der Praxis pragmatisch lösen, keine Frage.
@Flo:
Da das Grundgesetz den Begriff Bündnisfall nicht kennt und er daher auch sonst in deutschen Gesetzen zu finden ist, gehe ich davon aus das der Verteidigungsfall oder zumindest der Spannungsfall (bis man ein detailiertes Lagebild hat) erklärt wird.
@Force B, richtig wenn man wachsam ist merkt man das Russland aufmarschiert und stellt den Spannungsfall fest und alles ist gut.
Schlammstapfer hatte aber das Szenario Russland greift am 24.12 an in den Raum gestellt und bei manchen Politikern bin ich mir nicht so sicher ob die zur Feststellung des Spannungsfalls bereit wären ( bloß nicht Russland provozieren) und dann steht man formal mit Hose unten da. Wo sind ihre Ausnahmegenehmigungen?