Einsatz im Roten Meer: „Hessen“ wehrt zwei Drohnen ab (Nachtrag: CENTCOM)
Die deutsche Fregatte Hessen hat bei ihrem Einsatz im Roten Meer erstmals zwei Drohnen abgeschossen, die vermutlich von Huthi-Milizen aus dem Jemen abgefeuert wurden. An Bord des Schiffes gab es keine Schäden.
Die Drohnen seien am späten Dienstagabend vom Radar der Fregatte entdeckt worden, teilte das Einsatzführungskommando der Bundeswehr mit. Zunächst sei eine Drohne bekämpft worden, wenig später eine weitere. Zu Details wie den eingesetzten Flugkörpern zur Abwehr und damit zur Entfernung, in der die Hessen die unbemannten Systeme zerstörte, gab es keine Angaben.
Die Fregatte ist seit dem vergangenen Freitag unter dem Kommando der EU-Mission Aspides im Einsatz in der Region. Zusammen mit anderen europäischen Kriegsschiffen und der von den USA geführten Operation Prosperity Guardian sollen die Schiffe die Angriffe der Huthi auf Handelsschiffe im Roten Meer auf dem Weg vom und zum Suez-Kanal abwehren.
Die von Iran unterstützten Milizen hatten im November vergangenen Jahres damit begonnen, Frachter und Tanker mit Antischiffsraketen, Marschflugkörpern und Drohnen anzugreifen. Damit wollen sie nach eigenen Angaben die Nationen treffen, die Israel im Krieg gegen die Hamas unterstützen.
Nachtrag: In der Nacht gab es mehrere Abschüsse von Drohnen, die nach Einschätzung des U.S. Central Command (CENTCOM) eindeutig aus dem Jemen kamen:
On Feb. 27, between the hours of 9:50p.m. and 10:55 p.m. (Sanaa time), U.S. aircraft and a coalition warship shot down five Iranian-backed Houthi one-way attack (OWA) unmanned aerial vehicles (UAV) in the Red Sea.
CENTCOM forces identified these UAVs originating from Houthi-controlled areas of Yemen and determined they presented an imminent threat to merchant vessels and to the U.S. Navy and coalition ships in the region. These actions will protect freedom of navigation and make international waters safer and more secure for U.S. Navy and merchant vessels.
Unklar bleibt dabei, ob neben der Hessen auch andere Kriegsschiffe beteiligt waren, und zwar aus der US-geführten Operation Prosperity Guardian – die Formulierung coalition warship deutet eigentlich nicht auf ein Schiff aus der separaten EU-Mission hin.
War zu erwarten.
Im Sinne der Hessen und aufgrund der Erfahrungen aus anderen Einsätzen drücke ich jetzt echt die Daumen, dass der gesamte rückwärtige Bereich sich –spätestens jetzt- zusammenreißt und darauf fokussiert dem Schiff den Rücken freizuhalten und seine Bedarfe deckt, anstatt sich in Meldeorgien Gefahrgutverordnungen für Munitionsnachschub im Friedensgrundbetrieb oder Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen von eingesetzten Waffensystemen zu verheddern.
Der erste wirkliche „Lackmustest“ ob wir Zeitenwenden können – oder weiter die Prozesslandschaft regiert.
In jedem Fall BZ an den eisernen Löwen. Gut gemacht!
Dazu gleich die Frage: Gibt es irgendwelche begründeten Vermutungen wie hoch der Bestand an SM2 und Ram Raketen in der Marine ist? Also in absoluten Zahlen.
Das es schlecht aussieht weiß man ja, aber wie schlecht? vulgo wie viele Kampfbeladungen F124 kann man denn verschießen bis Sense ist?
Und gibt es eigentlich so etwas wie einen Sperrbestand für LV/BV ? Alles im roten Meer zu nutzen und dann für mehrere Jahre ohne maritime flugabwehr dazustehen bis nachbeschaffungen zulaufen kann ja auch nicht gewünscht sein.
Der Anfang ist gemacht und gut gelaufen. Wie schnell der scharfe Schuss nach der Erteilung des Mandats am vorigen Freitag erfolgt ist, unterstreicht die Ernsthaftigkeit und Gefahr der Mission. Hoffentlich bleibt es erfolgreich und schadenfrei auf Dauer.
Laut der öffentlichen Meldung der Bundeswehr wurden die Drohnen als „Abwehrmaßnahme“ vernichtet. Für die Beurteilung des Vorgangs wäre es relevant zu erfahren, ob die Fregatte direkt angegriffen wurde oder nicht. Ein direkter Angriff auf ein deutsches Schiff durch einen quasi-iranischen Akteur müsste unmittelbare Konsequenzen für den Iran nach sich ziehen, um die Glaubwürdigkeit der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik aufrechtzuerhalten.
Ist das eigentlich das erste Mal dass eine deutsche Fregatte seit dem 2. Weltkrieg scharf auf ein Ziel feuert? Oder gab es das schon mal (zB Warnschüsse gegen Piraten?)
Ökonomisch betrachtet ist die Abwehr von Einweg-Billo-Drohnen mit High-tech Flugkörpern ein Rennen , das der Westen auf Dauer nicht gewinnen kann.
Der russische Vorprung in EloKa scheint da der schlauere Ansatz zu sein.
Oder wir entwickeln eine Billo-Flugabwehr, was warscheinlich technisch nicht so einfach sein wird.
Damit hat die Hessen ihre Feiertage bestanden. Der erste gezielte Angriff auf ein dt. Kriegsschiff seit Ende des 2. Weltkrieges. Vermutlich werden noch viele Angriffe kommen.
Ich bezweifle nur, dass es gut war, aktive Vergeltungsschläge der Bundeswehr auszuschließen. (Könnte über ein anderes Mandat laufen). Denn die Huthis könnten sich sagen, wir greifen vor allem EU Kriegsschiffe an, die dürfen nicht zurück schießen, die USA und Briten dagegen werden für jeden Angriff Vergeltung. üben.
[Vermutlich hat die Autokorrektur den Begriff „Feuertaufe“ in „Feiertage“ geändert? T.W.]
natürlich sind im Nachgang weitere Details interessant…
welche Art von Drohnen wurden verwendet?
mit welchen Effektoren wurden diese bekämpft?
aber ich verstehe auch dass man das nicht direkt öffentlich machen will/muss (Geheimhaltung)
kritisch wird es sobald man auch mit anderen Effektoren (Anti Schiffsraketen, ballistische Raketen) angegriffen wird.
Bzgl einer kurz-/mittelfristigen Lösung zur Abwehr von Drohnen… sollte Deutschland mal in Israel anfragen…
von IronDome gibt es mittlerweile auch eine navalisierte Variante (Einsatz auf den neuen in Deutschland gebauten SAAR6 Korvetten) … da kostet ein Effektor nur <100.000€ … die Integration in die Schiffs Systeme soll wohl sehr einfach funktionieren…Platzbedarf ist sehr gering….
als Ersatz/Ergänzung für die alten SM2 IIIa könnte man darüber nachdenken eine ESSM Block2 ER (Extended Range mit zusätzlichem Booster) zu entwickeln. Weiterhin Quad-Packed und günstiger als eine SM2. Moderne Sensoren. Reichweite von 100-120km möglich. In vorhandene VLS MK41 Varianten der dt. Marine problemlos integrierbar. Fertigung am besten in Deutschland aufbauen. Eine Entwicklung und Aufbau Fertigung in Deutschland könnte in 2 Jahren machbar sein. Das wäre eine sehr gute Zwischenlösung bis F127 einsatzbereit sind!!
@all
Siehe Nachtrag von CENTCOM oben.
Für eine Handelsnation ist es natürlich folgerichtig, dass Schifffahrtsrouten geschützt werden. Aber beteiligt sich „der Handel“ verursachungsgerecht an den dafür entstehenden Kosten? Diese Kosten sind letztlich Kosten des jeweiligen Produkts, das da über die Meere transportiert wird. Der heimische Hersteller, der sein Produkt mit kurzen – und nicht kostenträchtig zu schützenden – Transportwegen anbieten könnte, dürfte sich zu Recht ärgern, wenn die Kosten der Konkurrenz auch aus seinem Steueraufkommen gedeckt werden. Und der Konsument bezahlt nicht den wahren Preis des „billigeren“ Produkts aus Fernost, wenn dieser Kostenbestandteil von der Allgemeinheit über Steuern getragen wird. Ich finde den Schutz richtig, aber bin für eine verursachungsgerechte Beteiligung der konkret Geschützten, weil nur das zu einer verursachungsgerechten Kostenverteilung in der Marktwirtschaft führt.
Es gäbe sogar eine allgemeine zivilrechtliche Anspruchsgrundlage im BGB, nämlich die Führung eines (auch-) fremden Geschäfts, §§ 677 ff. BGB. Und die Führung des Geschäfts entspricht nicht nur dem mutmaßlichen, sondern sogar dem ausdrücklich erklärten Willen der Reedereien! Und die Bundesrepublik Deutschland – hier handelnd durch das BMVg – ist nach Haushaltsrecht verpflichtet, bestehende Ansprüche auch geltend zu machen und durchzusetzen.
Aus beiden Verlautbarungen lässt sich m. E. nicht erkennen, welche Wirkmittel die Crew der HESSEN tatsächlich bei der sehr erfolgreichen Aktion einsetzte. Weiter bleibt zu konstatieren bei Kosten-/Nutzen-Erwägungen: nicht der Wert der Feind-Drohne setzt den Maßstab, sondern der abgewendete Schaden. Besatzung und Schiff: weiter alles Gute!
Bei dieser Regierung? Bei der unrühmlichen außenpolitischen Geschichte mit Iran, die auch die vorherigen Regierungen schon betrieben haben? (Ich sag nur aktive Aushebelung von US-Sanktionen durch eine eigens dafür gegründete Bank …). Ich will ja hier keine Hoffnungen dämpfen, aber das maximal passive Design dieser Mission zeigt ja schon wohin die Reise geht … So lange die andere Wange hinhalten bis entweder den Huthi die Munition ausgeht oder USA und Co an Land ausreichend Abschussbasen, Depots & Co dezimiert haben.
Details zu den verwendeten Waffen schreibt der Spiegel: Einmal 76mm und einmal Nahbereichsverteidigung (das wäre dann wohl RAM?). Liest sich als hätte sich die Drohne das Schiff ausgesucht.
Der Spiegel meldet bei der ersten Drohne kam das 76mm Geschütz zum Einsatz, bei der zweiten Drohne das RAM System.
Zur CENTCOM Meldung gibt es zwei Möglichkeiten.
1. Wenn ein EU Kriegsschiff als Coalition Warship gilt bei den USA, dann hätten die Hessen und ein US Kampfflugzeug 5 Drohnen abgewehrt.
2. Wenn die USA als Coalition Warship nur die Briten zählen, dann wären es wohl 7 Drohnen gewesen, zwei abgewehrt von der Hessen und 5 von einem britischem Kriegsschiff und einem US Kampfflugzeug.
(@Wiegold: Feuertaufe war geschrieben und gemeint, aber dann hat wohl die Autokorrektur im vorherigen Beitrag zugeschlagen. )
1. Denke mal die Anzahl verfügbarer Flugkörper SM2, ESSM, RAM, etc. ist Verschlusssache und nicht für die breite Öffentlichkeit gedacht.
2. Den Nachrichten kann ich nicht entnehmen, welcher Flugkörper, Geschütz oder welche andere Abwehrmaßnahmen eingesetzt wurden. Das ist auch Verschlusssache nehme ich an oder ist dazu was bekannt?
Wie schon angemerkt, kann es nicht das Ziel sein Hightech-FKs gegen Billigdrohnen einzusetzen. Daher würde mich schon interessieren wie hier abgeschichtet wird oder ob zur Sicherheit immer eine SM2 bzw. ESSM auf die Reise geschickt wird? Ist was bekannt welche elektronischen Maßnahmen gegen einfache Drohne ergriffen werden um z.B. die Steuerung zu stören bzw. zu beeinflussen? Ist auch der Einsatz von Laserwaffen geplant, die sind doch sicher gegenüber einem FK kostengünstiger und gegen „dumme“ Drohnen und bzw. ballistische FKs ausreichend.
Meine Erfahrungen im Luftzielschießen mit der Oto-Melara 76 mm sind zwar mehr als 35 Jahre her, aber selbst vom Schnellboot aus waren wir damit durchaus effektiv. Nicht nur das Messmikrofon hat Nahbereichstreffer am Schleppsack gemessen und gemeldet, mehr als einmal saß der Treffer so direkt dass Schleppsack, Mikrofon usw. zerdeppert wurden und das Flugzeug ein neues stecken musste. Einmal habe ich sogar erlebt dass die Schleppanlage soweit beschädigt war dass die Zieldarstellungsmaschine nach Lübeck Blankensee zurück musste.
Die Elektronik zur Zielerfassung und Steuerung des Geschützes sollte seit damals besser geworden sein und in der Munition hat sich sicher auch etwas getan.
Wenn die Drohnen nicht deutlich über 12000 Fuß hoch fliegen kann man sie ab etwa 8000 m Entfernung sicher bekämpfen, wahrscheinlich auch schon etwas früher.
@ Billodoc et al
Waldemar Geiger hat dazu im Januar und in Bezug auf die Fla in der Ukraine etwas auf Hartpunkt geschrieben („Die falsche Kosten-Nutzen-Rechnung der Flugabwehr“):
Es ist eine unsaubere Rechnung, Abfangraketen gegen Drohnen aufzurechnen, da man dabei stets ausklammert, welchen Schaden ein Einschlag im Ziel nach sich ziehen könnte – ein versenktes Containerschiff von Maersk ist eben wesentlich teurer, als zwei FlaRaketen…
ui… Drohnenabwehr mit dem 76mm Geschütz und mit RAM.
das ist jeweils recht kostengünstig… aber man hat die Drohnen recht nah ans Schiff kommen lassen (10-15km).
Gerade beim 76mm Geschütz frage ich mich ob es eine Überwasserdrohne, oder eine Flugdrohne war (ja die 76/62 Oto Melara kann auch gegen Luftziele eingesetzt werden)
mal eine Nachfrage für die Profis:
Weil hier ja schon erwähnt wurde, dass der verhinderte Schaden maßgeblich ist.
Würde man vor einem Abschuss eigentlich nachschauen, ob in der Region überhaupt ein gefährdetes Schiff rumschippert? Die Israelis schießen angeblich ja auch nur auf Hamas Raketen, die Bewohntes Gebiet bedrohen.
Respekt für die Besatzung für die gute Arbeit. Noch dazu wenn die günstig st möglichste Bekämpfung erfolgreich war.
Das „Nahbereichsverteidigungssytem“ kann eigentlich nur RAM sein, wobei das ja in den letzten Jahrzehnten sehr viel leistungsfähiger geworden ist. Von einer reinen Bekämpfung von direkt anfliegenden Zielen zu einer praktisch vollwertigen Kurzstrecken-Flugabwehrrakete.
@Voodoo sagt: 28.02.2024 um 11:16 Uhr
„Es ist eine unsaubere Rechnung, Abfangraketen gegen Drohnen aufzurechnen, da man dabei stets ausklammert, welchen Schaden ein Einschlag im Ziel nach sich ziehen könnte – ein versenktes Containerschiff von Maersk ist eben wesentlich teurer, als zwei FlaRaketen…“
Schadenstechnisch haben Sie recht, aber wer bezahlt die Flugkörper? Das tun wir alle als Steuerzahler und nicht Maersk als Reederei, um mal bei Ihrem Beispiel zu bleiben. Denn im Normalfall fährt das Schiff unter irgendeiner Billigflagge und die Reederei sitzt nicht in Deutschland.
Ich sehe das durchaus kritisch, das die EU-Mission jetzt Geld ausgibt und Militär einsetzt, um die Route offen zu halten. Den Umweg müssten Reederei und Lieferant bezahlen, den Schutz nicht. Und wofür? Damit wir mit chinesischem Billigkrempel geflutet werden, der unsere heimische Wirtschaft schädigt. Mit Produkten, die vor 10, 20 oder 30 Jahren noch in Europa hergestellt wurden und dann wegen Geiz-ist-geil ausgelagert worden sind.
@F. Richter
Es sind nicht nur einzelne Handelsunternehmen betroffen, sondern die wirtschaftliche Lebensgrundlage Deutschlands. Der Schutz freier und sicherer Seewege gegen militärische Bedrohungen liegt im öffentlichen Interesse und stellt auch deshalb primär eine staatliche Aufgabe dar. Die deutsche Wirtschaft beteiligt sich an der Finanzierung solcher Aufgaben über Steuersätze, die zu den höchsten der Welt gehören.
@Pham Nuwen
Vermutlich haben Sie Recht. Da die Meldung über die eingesetzten Waffen naheliegen, dass die Fregatte angegriffen werden sollte, wäre Passivität jedoch gefährlich, weil sie gegenüber dem Iran, seinen Verbündeten und anderen Gegnern signalisieren würde, dass auch direkte Angriffe auf deutsche Interessen folgenlos bleiben, was weitere Angriffe ermutigen würde. Gerade der Iran wäre aufgrund seiner schwierigen Lage jedoch z.B. gegenüber zusätzlichen Sanktionen verwundbar. Deutschland verfügt hier über ein wirksames Druckmittel.
@Dominik:
Für mich liest sich das so als hätten die Drohnen gezielt die Fregatte angeflogen. Dann hätte es die von Ihnen beschriebene Option überhaupt nicht gegeben.
Hinzu kommt, dass die Drohnen halt ihre Flugbahn ändern können. Sich drauf zu verlassen das die Teile in die leere See krachen wäre also etwas arg optimistisch.
Generell gehe ich aber davon aus, dass man die Bedrohung analysiert und danach die beste Option wählt (abfangen? wo? wann? womit? etc.)
@Pio-Fritz:
„Damit wir mit chinesischem Billigkrempel geflutet werden, der unsere heimische Wirtschaft schädigt. Mit Produkten, die vor 10, 20 oder 30 Jahren noch in Europa hergestellt wurden und dann wegen Geiz-ist-geil ausgelagert worden sind.“
Auf den Containerriesen ist schon lange nicht mehr nur ihre Ware aus dem Online-Handel sondern viele Halbzeuge und Zwischenprodukte die warum auch immer in Asien hergestellt werden und unsere Industrie am Leben hält. Merke: Unser Wohlstand kommt aus dem Handel, weltweit und jedes Schiff auf dem Weg nach Europa fährt genauso voll beladen auch wieder nach Asien zurück. „MAGA“ funktioniert nur in Köpfen von Präsidentschaftsanwärtern….