Rotes Meer: EU-Mission mit neuem Namen (und Nicht-EU-Teilnehmern), weitere US-Angriffe auf Huthis
Die geplante EU-Mission zum Schutz der Handelsschifffahrt im Roten Meer nimmt Form an. Inzwischen gibt es einen Namen für die neue Mission, an der sich auch Nicht-EU-Länder beteiligen können sollen. Die USA setzten unterdessen ihre Angriffe auf Einrichtungen der Huthi-Rebellen in Jemen fort.
Nachdem das Politische und Sicherheitspolitische Komitee der EU (PSK) am vergangenen Dienstag die Pläne für einen eigenen Einsatz von Kriegsschiffen der Mitgliedsstaaten gebilligt hatte, gingen die Beratungen in Brüssel weiter. Dabei sei der Name Aspis, für einen antiken griechischen Schild, gewählt worden. Außerdem solle auch Nicht-EU-Staaten die Beteiligung ermöglicht werden, sagte der italienische Außenminister Antonio Tajani am (heutigen) Donnerstag vor dem italienischen Senat, wie die Nachrichtenagentur ANSA meldet:
The new European mission to protect Red Sea shipping from attacks by Iranian-backed Houthi rebels in Yemen may also include non-EU countries, Foreign Minister Antonio Tajani told the Senate Thursday.
Tajani, who is also deputy premier, said Italy was working with France and Germany on a „new European mission, Aspis, which will subsume the French-led Emasoh Agenore mission in the Gulf of Hormuz and will also operate in the Red Sea and the Gulf of Aden“.
He added, at question time in the Upper House, „countries that are not members of the European Union could take part.
Die bereits erwartete Ausdehnung der bereits bestehenden European Maritime Awareness Straits of Hormuz (EMASoH)-Mission unter französischer Führung auf das Rote Meer würde die Einrichtung des Hauptquartiers in Abu Dhabi bedeuten. Als deutscher Beitrag wird die Entsendung der Fregatte Hessen vorgesehen. Allerdings ist zuvor neben dem formalen Beschluss der EU-Außenminister auch die Zustimmung des Bundestages nötig.
Das U.S. Central Command (CENTCOM) gab ebenfalls am Donnerstag Angriffe auf weitere Ziele in Jemen bekannt. Erneut seien Stellungen von Antischiffsraketen vor dem Abfeuern auf Handelsschiffe im Roten Meer zerstört worden:
U.S. CENTCOM Destroys Houthi Terrorists‘ Anti-Ship Missiles
As part of ongoing multi-national efforts to protect freedom of navigation and prevent attacks on maritime vessels in the Red Sea, on Jan. 18 U.S. Central Command forces conducted strikes on two Houthi anti-ship missiles that were aimed into the Southern Red Sea and were prepared to launch. U.S. forces identified the missiles in Houthi-controlled areas of Yemen at approximately 3:40 p.m. (Sanaa time) and determined they were an imminent threat to merchant vessels and U.S. Navy ships in the region. U.S. forces subsequently struck and destroyed the missiles in self-defense.
Einen ähnlichen Angriff hatte es nach Angaben von CENTCOM bereits am (gestrigen) Mittwoch gegeben:
In the context of ongoing multi-national efforts to protect freedom of navigation and prevent attacks on U.S. and partner maritime traffic in the Red Sea, on Jan. 17 at approximately 11:59 p.m. (Sanaa time), U.S. Central Command forces conducted strikes on 14 Iran-backed Houthi missiles that were loaded to be fired in Houthi controlled areas in Yemen.
These missiles on launch rails presented an imminent threat to merchant vessels and U.S. Navy ships in the region and could have been fired at any time, prompting U.S. forces to exercise their inherent right and obligation to defend themselves. These strikes, along with other actions we have taken, will degrade the Houthi’s capabilities to continue their reckless attacks on international and commercial shipping in the Red Sea, the Bab-el-Mandeb Strait, and the Gulf of Aden.
„The actions by the Iranian-backed Houthi terrorists continue to endanger international mariners and disrupt the commercial shipping lanes in the Southern Red Sea and adjacent waterways,“ said General Michael Erik Kurilla, USCENTCOM Commander. „We will continue to take actions to protect the lives of innocent mariners and we will always protect our people.“
Nachtrag: Die Angriffe auf die Handelsschifffahrt gehen weiter – aktuell von Reuters:
British maritime security firm Ambrey on Thursday said that a Marshall Islands-flagged US-owned bulk carrier reported that four unmanned aerial vehicles (UAVs) approached and circled the vessel approximately 87 miles southeast of Yemen’s city of Mukalla.
„One of the UAVs reportedly fell into the water. No damage or injuries were reported. The bulker was not impacted and continued its voyage,“ Ambrey said in an advisory note.
The maritime security firm said that the drones remained in the bulker’s vicinity, highlighting that it’s the second incident involving the vessel, which was not named.
SPON berichtet dass die Mission rein passiver Natur sein soll und keine aktive Bekämpfung der Houthis geplant ist. also keine Bekämpfung „left of launch“
Etwas merkwürdig sofern das bedeuten würde das aufgeklärte startvorbereitungen von LFK abgewartet werden sollen bis man aktiv wird.
Erinnert mal wieder an die Frühphase der afghanistan ROE
[Ähnliches steht auch in dem verlinkten ANSA-Bericht. Wäre allerdings auch eine völkerrechtliche Frage. T.W.]
BTW, die US Navy bekämpft nicht nur Flugkörper in der Luft und auf dem Starter an Land, sondern bereits auf See (das hier dürfte @Pio-Fritz gefallen). Die beiden SEAL, die vor wenigen Tagen in grobem Seegang (sea state 5) beim Aufentern auf ein Frachtschiff die Strickleiter verfehlt haben und im Golf von Aden ertrunken sind, hatten den Auftrag, das Schiff nach iranischen Flugkörpern für die Houthis zu durchsuchen. Ein weiterer effektiver Weg, Angriffe auf die Frachtschiffahrt im Roten Meer zu unterbinden, zu dem sich aber vermutlich die EU nicht durchringen will und nicht wird, trotz des sehr eindeutigen Auftrittes des iranischen Außenministers in Davos.
Die beiden SEALs sind damit die ersten beiden Gefallenen des Einsatzes für die freie Schiffahrt und die Sicherheit auf See im Roten Meer. RIP und Bravo Zulu!
@Mitleser sagt: 18.01.2024 um 23:07 Uhr
Natürlich gefällt es mir nicht, das zwei Kameraden der SEALS im Einsatz sterben, traurig genug. Ich gehe davon aus, Sie haben sich einfach unglücklich ausgedrückt.
Auf jeden Fall ist das der richtige Weg, wenn man unbedingt freie Seewege durch das Rote Meer haben will.
@ Pio-Fritz sagt: 19.01.2024 um 8:59 Uhr
Es häuft sich, daß Sie mir das Wort im Munde umdrehen und meine Aussagen mißverstehen, oder mißverstehen wollen? Die anderen Anwesenden hier verstehen die Aussagen meiner Posts dagegen problemlos. Bitte arbeiten Sie an Ihrer Lesekompetenz. Danke!
[Damit bitte ich den Schlagabtausch dann einzustellen. T.W.]
Ich wäre dankbar, wenn jemand den Vorgang in der Reuters-Meldung, den Bericht der Sicherheitsfirma Ambrey, etwas näher mit militärischem Sachverstand erläutert. In der Überschrift wird das als „Angriff“ klassifiziert, dass die Drohnen hätten angreifen können, ist klar – aber sie haben es nicht getan. Aber dass es Huthi-Drohnen seien, wird nicht gesagt, wird aber unterstellt.
Ich frage mich, wie „Schutz“ in diesem Falle aussieht. Ich vermute, dass auch die US/UK-Kräfte Drohnen zur Aufklärung einsetzen.
Und was besagt es, wenn die gemeldeten Drohnen keine Waffen abladen? Was sagt das aus über die Huthi-Strategie? Und was sagt der Vorgang aus über die Schützbarkeit eines solchen Handelsschiffes? Kann man nur Glück haben oder nicht?
@ Ökonom: Die Schützbarkeit eines Handelsschiffes ist überschaubar, insbesondere wenn es sich um Einzelfahrer handelt. Die Marine(n) können schlicht nicht gleichzeitig überall sein, die Raumabdeckung erfolgt dann über weitreichende Flugkörper – so gut wie möglich.
Natürlich kann man auch Konvois bilden, die eskortiert werden, dann ist die Absicherung tendenziell einfacher da die Zielobjekte (Handelsschiffe) nicht kontinuierlich sondern en bloc als Ziel vorbeischwimmen. Ist aber organisatorisch anstrengend, schafft natürlich schnell auch eine Zielagglomeration und wertet die Huthis auch auf.
Man könnte natürlich auch darüber nachdenken, so wie in den Weltkriegen, Handelsschiffe gegen Luftangriffe zu bewaffnen. Halte ich aber für extrem abwegig da es sich geographisch nur um einen sehr kleinen Abschnitt der Weltmeere handelt, Schiffe heutzutage nur noch mit Minimalbesatzung fahren und derartig groß sind, dass eigentlich keine echte Verteidigungsfähigkeit mehr besteht. Diese Weg ist eine rein theoretische Übung.
Man könnte sicherlich auch mit Dschibuti, (Saudi-Arabien macht das wohl eher selber) und Eritrea verhandeln, ob man an strategisch günstigen Punkten Flugabwehrsysteme installieren und nutzen darf. Setzt aber viel Wohlwollen, Invest und Zustimmung zu (langfristigen) Auslandseinsätzen voraus. Auf der anderen Seite werden Schiffe nicht dauerhaft vor Ort sein können.
Der beste Schutz ist immer noch die Vernichtung der Abschussvorrichtungen um gar nicht erst in die Verteidigung kommen zu müssen. Dies kann auch (und sollte) schon mit der Unterbindung von Waffenlieferungen in den Jemen beginnen und in gezielten Luftschlägen ändern. Ganz vermeiden wird man die Bedrohung so nicht, sie aber auf ein annehmbares Mindestmaß reduzieren. Die Meerenge ist zu klein, als dass immer ausreichend Reaktionszeit wird bestehen können.
Ich denke dass das Problem ist dass der Jemen offiziell ein autonomer Staat ist. Wie ist es denn völkerrechtlich zu Werten wenn aus einem Staat heraus Angriffe erfolgen. Zumal die USA als Staat ja nicht direkt betroffen sind was Gegenmaßnahmen betrifft.
Ich finde es sehr bemerkenswert, dass Schiffe unter chinesischer Flagge nicht behelligt werden.
Anscheinend legen chinesische Reeder ihre Frachtpapiere offen, melden ihre Schiffe an und bleiben so unbehelligt.
Damit erreichen die Huthis eine völkerrechtliche Anerkennung mit quasi staatlicher Autorität.
Darüber hinaus dienen die Angriffe explizit der Unterstützung der Hamas und erhöhen so das Ansehen des Huthi kontrollierten Jemens in der arabischen Welt.
Dieser Ansehensgewinn könnte auch erklären warum sowohl Saudi-Arabien, als auch Ägypten stillhalten. Ägypten erleidet empfindliche Verluste durch Einnahmeverluste aus den Kanalgebühren und beteiligt sich trotzdem nicht an der Piratenabwehr.
[Frage: „Are the airstrikes in Yemen working?“]
Biden: „Well, when you say working, are they stopping the Houthis? No. Are they gonna continue? Yes.“
https://edition.cnn.com/2024/01/18/politics/biden-houthi-strikes/index.html
Als *lösungsorientierten* Ansatz würde ich das nicht bezeichnen…
„European Maritime Awareness Straits of Hormuz (EMASoH)“
Wenigstens schon mal eine „griffige“ Bezeichnung mit Akronym…
Na, damit wäre dann schon alles geplant und es kann losgehen!
SCNR
China schaltet sich nun auch ein und verlangt von den Houthi, die Angriffe einzustellen:
https://www.tagesschau.de/ausland/asien/huthi-us-frachter-angriff-100.html
Kurze Rückfrage zu dem durch SEALs dann wohl doch kontrollierten Schiff.
Meines Wissens hatten die USA doch das Auffinden von Raketenbauteilen auf diesem Schiff bestätigt, man hat also nicht „nur“ danach gesucht sondern diese auch gefunden. Oder waren das unterschiedliche Schiffe?
„The new European mission to protect Red Sea shipping from attacks by Iranian-backed Houthi rebels in Yemen may also include non-EU countries, Foreign Minister Antonio Tajani told the Senate Thursday.“
Indien hat 10 bis 12 Kriegsschiffe im Arabischen Meer, dazu kommen Predator-Drohnen, Poseidon und Do-228 Seeüberwachungsflugzeuge. Indien hat Stationierungsrechte in Duqm (Oman), sowohl für Flugzeuge als auch Schiffe.
Letztlich wird der freie Handeln ,zumindest des Westens ,angegriffen .
Der freie Handel über die Meere ist essentiell für unser Verständnis als Industrie und Handelsland . So wirbt zB. die Deutsche Marine zurecht mit genau dieser Argumentation. Man kann nur hoffen das die EU-Mission mit einem starken Mandat ausgerüstet in See sticht . Hilfreich wäre auch die Schiffe mit ukrainischem KnowHow zu füttern ( wie auch immer ). Die Drohnen und Raketen die in der Ukraine zum Einsatz kommen , sind wohl die gleichen wie deren der Huthis.
Abwegig ist der Gedanke wohl nicht , da auch in Afghanistan das ukrainische Militär an der Seite der Allianz stand .
Jürgen König
Ägypten wird sich zunehmend sorgen.
https://maritime-executive.com/article/red-sea-disruption-takes-a-toll-on-egypt-s-finances
„Im Zeitraum 2022–23, als der Tankerverkehr aufgrund des Krieges in der Ukraine stark anstieg, beliefen sich die Transitgebühren auf fast 9 Milliarden US-Dollar, was etwa zwei Prozent des ägyptischen BIP ausmachte“.
Die $-Einnahmen seien um 40% zurückgegangen.
Umso bemerkenswerter, dass EGY aktiv keine erkennbare Rolle im Freihalten des vor allem Bab-al-Mandeb gemeinsam mit U.S/UK Schiffen einnimmt. Furcht vor Houti-Aktivitäten wird die Ursache sein, nur, wie lange hält der EGY Haushalt den Einnahmeausfall unbeschadet aus?
Bei Ägypten darf man nicht vergessen, dass es wohl auch um den inneren Frieden geht.
Da sich die Houthi als Kämpfer gegen Israel und dessen verbündeten Westen hinstellen, gibt es einige Sympathien im Land. Daher ist man dort vorsichtig.
@Dominik
Zu dem SEALs-Einsatz:
i) Das Schiff war „a dhow sailing boat“ .
ii) „The team found Iranian missile parts“
iii) „The ship was sunk,“
Quelle:
https://thehill.com/policy/defense/4420955-two-missing-navy-seals-lost-off-coast-of-somalia-believed-dead/
Ich denke das hier ist von allgemeinem Interesse, da es die technische Seite der Bedrohung beleuchtet:
https://www.navalnews.com/naval-news/2024/01/lessons-from-iranian-houthi-attacks-on-ships-in-the-red-sea/