Angriffe auf Huthi in Jemen: Bundesregierung betont „Recht auf Selbstverteidigung“ (m. Nachtrag)
Nach dem Angriff der USA und Großbritanniens auf Huthi-Einrichtungen in Jemen hat die Bundesregierung zusammen mit anderen Staaten das Recht auf Selbstverteidigung gegen die Bedrohung der Schifffahrt im Roten Meer betont. Die am frühen Freitagmorgen veröffentlichte gemeinsame Erklärung gibt es jetzt auch in einer deutschen Fassung:
Angriffe der Huthi auf Handelsschiffe im Roten Meer – Gemeinsame Erklärung von 10 Ländern
12.01.2024 – Pressemitteilung
Gemeinsame Erklärung der Regierungen Australiens, Bahrains, Dänemarks, Deutschlands, Kanadas, der Niederlande, Neuseelands, der Republik Korea, des Vereinigten Königreichs und der Vereinigten Staaten
In Anerkennung des breiten Konsenses, wie er von 44 Ländern weltweit am 19. Dezember 2023 zum Ausdruck gebracht wurde, sowie der Erklärung des VN-Sicherheitsrats vom 1. Dezember 2023, in der die Angriffe der Huthi auf Handelsschiffe bei ihrer Fahrt durch das Rote Meer verurteilt werden, haben unsere Regierungen am 3. Januar 2024 eine Gemeinsame Erklärung herausgegeben, in der sie ein sofortiges Ende illegaler Angriffe forderten und warnten, dass böswillige Akteure zur Rechenschaft gezogen würden, sollten sie weiterhin Menschenleben, die Weltwirtschaft und den freien Verkehr von Waren auf den zentralen Seewegen der Region bedrohen. Ungeachtet dieser deutlichen Warnung wurden die Angriffe im Roten Meer fortgeführt; unter anderem wurden am 9. Januar 2024 zahlreiche Raketen und Einweg-Angriffsluftfahrzeuge auf Schiffe im Roten Meer abgefeuert, darunter US-amerikanische Schiffe und Schiffe des Vereinigten Königreichs. Am 10. Januar 2024 verabschiedete der VN-Sicherheitsrat Resolution 2722, in der diese Angriffe ebenfalls verurteilt werden und ihr Ende gefordert wird.
Als Reaktion auf die fortgeführten illegalen, gefährlichen und destabilisierenden Angriffe der Huthi auf Schiffe auch der Handelsschifffahrt bei ihrer Fahrt durch das Rote Meer haben die Streitkräfte der Vereinigten Staaten und des Vereinigten Königreichs mit Unterstützung der Niederlande, Kanadas, Bahrains und Australiens im Einklang mit dem naturgegebenen Recht auf individuelle und kollektive Selbstverteidigung, das mit der VN-Charta in Übereinstimmung steht, gemeinsame Schläge gegen eine Reihe von Zielen in von den Huthi kontrollierten Gebieten in Jemen durchgeführt. Durch diese Präzisionsschläge sollten die Fähigkeiten, die die Huthi nutzen, um den Welthandel und das Leben internationaler Seeleute auf einem der weltweit wichtigsten Seewege zu bedrohen, gestört und geschwächt werden.
Die mehr als zwei Dutzend Angriffe, die die Huthi seit Mitte November auf Handelsschiffe verübt haben, stellen eine internationale Herausforderung dar. Die heutige Maßnahme bezeugt ein gemeinsames Bekenntnis zur Freiheit der Schifffahrt, zum Welthandel und zur Verteidigung des Lebens von Seeleuten vor illegalen und nicht zu rechtfertigenden Angriffen.
Unser Ziel ist nach wie vor der Abbau von Spannungen und die Wiederherstellung von Stabilität im Roten Meer, aber unsere Botschaft ist klar und deutlich: Wir werden im Angesicht fortdauernder Bedrohungen nicht zögern, Menschenleben zu verteidigen und den freien Verkehr von Waren auf einem der weltweit wichtigsten Seewege zu schützen.
(von der Webseite des Auswärtigen Amtes; die zuvor vom Weißen Haus veröffentlichte englische Fassung hier)
Die britischen Streitkräfte, die sich an den Angriffen mit vier Eurofighter Typhoon-Kampfjets beteiligt hatten, veröffentlichten am Freitagmorgen Videos dieser Luftschläge. An welchem Ort die Aufnahme entstand, wurde nicht angegeben.
(Hinweis: am frühen Morgen sind mir hier und auf social media eine frühere gemeinsame Erklärung vom 3. Januar und die aktuelle durcheinander geraten. Ich hoffe, ich habe die Links jetzt gefixt, und bitte um Entschuldigung.)
Nachtrag: Die britische Regierung veröffentlichte am Freitag ein Policy Paper mit der juristischen Begründung für ihre Beteiligung an den Luftangriffen:
Policy paper
Summary of the UK Government Legal Position: The legality of UK military action to target Houthi facilities in Yemen
Published 12 January 2024
1. The Houthis have been carrying out dozens of serious attacks on shipping in the Red Sea for a sustained period. British flagged vessels, as well as the vessels of many other States, have been the subject of those attacks. On 9 January, this culminated in an attack against HMS Diamond, involving multiple drones. The government assesses that attacks will continue unless action is taken to deter them.
2. Military intervention to strike carefully identified targets in order to effectively downgrade the Houthi’s capabilities and deter further attacks was lawfully taken. It was necessary and proportionate to respond to attacks by the Houthis and this was the only feasible means available to deal with such attacks.
3. The UK is permitted under international law to use force in such circumstances where acting in self-defence is the only feasible means to deal with an actual or imminent armed attack and where the force used is necessary and proportionate.
4. The Government will notify the United Nations Security Council of the actions it has taken under Article 51 of the United Nations Charter.
(Foto: Screenshot aus dem Video der Royal Airforce von einem Luftangriff in Jemen)
Der Iran und seine Proxies verstehen keine andere Sprache, bzw. legen Diplomatie, Verhandlungen etc. als Schwäche aus.
Die einzige Reaktion der Huthi-Milizen waren ausschließlich neue Drohungen gegen die USA und GBR, „diese werden einen hohen Preis“ für ihre Angriffe bezahlen. Da hilft nur kurz den Kopf schütteln und gleich nochmal drauf.
Ich halte die juengsten Gegenschlaege der Alliierten fuer angemessen, ebenso den Wortlaut o.a. Erklaerung, die alles andere als martialisch ist.
Die angestrebte Operation der EU zur Ueberwachung der Strasse von Hormuz- v.a., wenn wie von der BR angestrebt, mit „weitgefasstem Mandat“, sehe ich jedoch mit etwas groesserer Sorge. Die Strasse von Hormuz- so wichtig sie ist- beruehrt die selbstgefassten iranischen Sicherheits- und Dominanzinteressen per se aufgrund der geographischen Naehe. Hier sind eigentlich weitere Zwischenfaelle vorprogrammiert, die in ihrer Natur ueberwiegnd assymetrisch verlaufen werden.
Gleichzeitig rueckt der Westen dichter an den IRN heran; auch das ist auch nicht unwichtig, um den aktuellen iranischen Ausdehnungen ihrer subversiver Operationen etwas entgegenzuhalten.
Ob man auf subversive/ assymetrische Operationen jedoch mit konventionellen Seekriegsmittel begegnen wird koennen, bezweifle ich allerdings. Deswegen ist das sich in Entstehung befindende Mandat zunaechst als politisches Signal zu verstehen.
Mit Blick auf die Lage in der UKR ist dies jedoch eine schlechte Entwicklung.
Die Aufmerksamkeit, die Kraefte und Mittel des Westens werden zusaetzlich strapaziert- auf Kosten der UKR und deren Verteidigungsfaehigkeit. Groessere Engagements mit dem Einsatz von teuren Praezisionswirkmitteln werden sich zumindest die Europaer nicht leisten koennen. UK hat vorsorglich schon angekuendigt, „vorerst“ keine weiteren Houthi- Ziele zu bekaempfen.
RUS steht als kurzfristiger Gewinner und Profiteur dieser Entwicklung schon fest.
Man sieht also, welche weitreichenden Komplexitaeten der gezielte Einsatz einer gepimpten Miliz bewirken kann. Kostenguenstig, effektiv im Sinne einer Ausloesung von Folgeentwicklungen sowie weitreichend ueber die eigentliche regionale Begrenzung hinausgehend.
„Angriffe stärken die Huthi enorm“
https://www.tagesschau.de/ausland/asien/usa-uk-angriffe-jemen-100.html
Es ist dennoch festzustellen, jetzt spielt man das Spiel der Houthi. Denn die Miliz bedient die Interessen ihrer Allierten über Teheran bis nach Moskau und gewinnt an legitimität.
Daher können die nächtlichen Luftschläge nur als Warnung gelten. In Teheran und Moskau nimmt man Wetten entgegen, wie weit man unter den Koalitionären bereit ist zu gehen.
„Recht auf Selbstverteidigung“
Wer es braucht …
Interessanter fand ich eigentlich die Meldung, dass Südafrika nun offiziell Klage, wegen des Verdachts auf Genozid, gegen Israel vor dem Internationalen Gerichtshof eingereicht hat. Bin gespannt darauf, wie sich das entwickelt.
[Es mag vieles geben, was Sie interessanter finden. Dadurch wird es nicht zum Thema dieses Threads. T.W.]
Außer von Lippenbekenntnissen und allgemeiner Zustimmung, kommt aber von DEU als selbsternannte „Europäische Führungsmacht“ erstaunlich wenig. Hätte man da nicht auf der Basis der Britten, 4 deutsche EF angliedern können. Warum ist dass bei anderen Ländern gefühlt, nicht so ein Eiertanz?
Was für eine Symbolik…
Aus Sicht der Länder, die oft „globaler Süden“ genannt werden, liest sich das Ganze so: „An genau dem Tag, an dem sich Israel zum ersten Mal vor dem Internationalen Gerichtshof gegen den Vorwurf des Genozids in Gaza verantworten muss, bombardieren USA und Großbritannien das einzige Land, das mittels Seeblockade gegen Israel ein Ende des in Frage stehenden Genozids in Gaza erzwingen will.“
Man muss diese Sicht nicht teilen, schon allein, weil sie die allgemeine Sicherheit der Seewege nicht in Betracht zieht. Aber man sollte wissen, dass es diese Sicht gibt. Und dass — wenn man sich die einschlägigen Abstimmungsergebnisse in der UNO ansieht — von den Ländern der Welt, deren wirtschaftliche Entwicklung aufwärts zeigt, die allermeisten nun einmal diese Sicht haben; genauso die meisten der Länder, von deren Rohstoffen und/oder Märkten wir abhängig sind.
Ein militärischer Einsatz ist kein Selbstzweck: er soll zu einem Zustand führen, der besser ist als der gegenwärtige. Kurzfristig gedacht ist im Jemen ein Sieg möglich (wenn auch m.E. sehr unwahrscheinlich). Aber in den langfristigen Konsequenzen ist dieser Einsatz ein klares Eigentor.
Dass Großbritannien dann auch noch ehemalige Kolonialmacht Südjemens ist, passt als stilistisches Sahnehäubchen noch gut obendrauf…
Neben den USA und Großbritannien haben unter anderem die Niederlande, Kanada und Bahrain die Angriffe unterstützt. Das sollte auch so deutlich werden.
Auch wenn Russland „eine völlige Missachtung internationalen Rechts“ sieht, glaube ich nicht an eine Eskalation. Man hat – mit ausreichender Vorwarnzeit – mal ein wenig „auf den Busch geklopft“ und das Signal ausgesandt „wir haben Euch im Blick“. Das wird die angedrohten Vergeltungsaktionen der Huthis definitiv erschweren, da die Huthis jederzeit erwarten dürfen, dass Ihnen mal wieder etwas auf den Kopf fällt.
Ich denke, das eigentliche politische Signal war hier an den Iran gerichtet. Teheran testet in der Region ständig weiter die Grenzen aus. Es scheint mir sehr angemessen, hier ein „Stop-Signal“ zu setzen.
@Dante sagt:
„… Warum ist dass bei anderen Ländern gefühlt, nicht so ein Eiertanz?“
Weil die z.B USA, GBR, FRA, RUS nicht den zweiten Weltkrieg verloren haben. Zum besseren Verständnis https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/2003/160/de#art_107 , man beachte: „(Stand am 23. Juni 2015)“
[Och nee. Jetzt die in bestimmten Kreisen so beliebte Debatte über die Feindstaatenklausel der UN-Charta aufzumachen is‘ hier nich. T.W.]
@Herr Hagen:
Eingesetzt werden doch ganz andere Wirkmittel, welche, die man seit 2 Jahren der Ukraine bewusst vorenthält.
Laut Herrn Bühler würde man sowieso niemals atomar bewaffnete Tomahawk Marschflugkörper an die Ukraine liefern. Macht ja auch echt keinen Sinn, JASSM wären ja viel sinnvoller ;)
@ Dante, 12.01.2024, 14:07 Uhr
“…Hätte man da nicht auf der Basis der Britten, 4 deutsche EF angliedern können. Warum ist dass bei anderen Ländern gefühlt, nicht so ein Eiertanz?“
Natürlich hätte man 4 EF angliedern können. Wo ein (politischer) Wille ist, … usw. Die deutsche Außenpolitik wird nun einmal maßgeblich durch das AA bestimmt. Kann man als hochrangiger Mitarbeiter des AA in der aktuellen politischen Situation mit dem Vorschlag sich einer „coalition of the willig“ (= Fehlen eines VN, NATO, EU Mandat) anzuschließen punkten? Nein.
@NH sagt: 12.01.2024 um 15:10 Uhr
„Was für eine Symbolik…
Aus Sicht der Länder, die oft „globaler Süden“ genannt werden, …“
Und was haben diese Länder für den freien Welthandel getan? Warten Sie mal – ähm, NICHTS. In gar keiner Form. Worauf sollen wir als „Norden“ denn dann Rücksicht nehmen? Das ist mir zu einfach und pauschal, genauso wenig wie es einen „globalen Süden“ gibt, gibt es natürlich einen „globalen Norden“. Das würde in dieser (Ihrer) Diktion bedeuten, das alle die gleiche Meinung haben, also auch Russland.
Alternativ könnte man natürlich die Huthis ignorieren, die Route nicht mehr benutzen und den Mehrpreis der längeren Transportwege in Kauf nehmen.
Am meisten betroffen von den Störungen des Seeverkehrs durch das Rote Meer ist doch Ägypten, welches die Gebühren im Suez-Kanal verliert. Ich würde gerne über deren Position, die zu den Houthi-Aktivitäten und den Schlägen von USA und UK, mal etwas erfahren – finde dazu aber nichts in den mir zugänglichen Medien.
Die Zustimmung zur Gemeinsamen Erklärung aus den EU- und NATO- Staaten ist auffallend dünn.
Was war dieser Angriff nun, ein Alibi oder der Beginn einer größeren Militäraktion? Falls es eine Warnung an die Huthi bzw. den Iran gewesen sein sollte, dürfte sie nur wenig Wirkung zeigen. Von einem Luftschlag lässt sich ein überzeugter Islamist nicht beeindrucken. Das zeigen alle früheren Aktionen von Irak über Syrien bis nach Afghanistan. Da müssten Bodentruppen eingreifen. Eine größere Militäraktion zur Sicherung von Handelsrouten, die die USA nun nicht so brennend interessieren, lässt sich in den USA derzeit innenpolitisch wohl kaum verkaufen. Wie geht es weiter?
Seit dem Jahr 2010, als Bundespräsident Horst Köhler noch seinen Hut nehmen musste, weil er vermeintlich eine „Kanonenbootpolitik“ unterstützt hatte, haben sich die Zeiten doch sehr verändert. Und wieder ist es nach Joschka Fischers Bekenntnis zum NATO-Einsatz im Kosovo 1999 interessanterweise eine grüne Außenministerin, die die Grenzen des Sag- und Machbaren in der deutschen Sicherheitspolitik ausdehnt.
Wenn jetzt die deutschen Fähigkeiten noch zum „level of ambition“ passen würden, wäre DEU tatsächlich auf dem Weg hin zu einer glaubwürdigen, interessensbasierten Außen- und Sicherheitspolitik.
@Ökonom: Die offizielle Haltung lässt sich bei Al Ahram (https://english.ahram.org.eg) nachlesen. Dort heißt es ua „Since the start of the Israeli war against Gaza on 7 October, Egypt has called on more than one occasion to end the fighting, warning of the dangers of expanding the conflict into the wider region“ und entsprechend beschränkt sich die offizielle Stellungnahme darauf, an der Aktion Kritik zu üben, weil sie eben eine Eskalation bedeutet. Was dahinter steckt, kann man nur vermuten, dürfte aber gar nicht so weit von der offiziellen Position entfernt sein. Der starke Mann Al Sisi kann sich ja nur deshalb halten (muss regieren), weil allzu viele die innere Verfassung des Landes für so wacklig halten, dass ein starker Mann gebraucht wird, der sie vor dem Chaos beschützt. Das letzte, was die Regierung und wohl auch die Mehrheit will, sind neue Spannungen. Daher gibt es auch kaum Bereitschaft, sich klar zu positionieren. (Kennen wir das?)
Frage: Erkennt jemand was auf dem Video?
Ich erkenn da weder was bekämpft wurde, noch obs erfolgreich war.
Dank vorab für fundierte Antworten =)
Bei der „gemeinsamen Erklärung“ vom 03.01. waren BEL, JPN, ITA, SGP noch dabei. Die fehlen jetzt bei der neuen gemeinsamen Erklärung auffällig. Von 3 verbleibenden EUR Nationen hat sich NDL irgendwie bei diesen Luftschlägen unterstützend beteiligt, war also militärisch eingebunden, DEU und DNK nicht.
Was ist denn das für ein sicherheitspolitischer Blödsinn?
– Man spielt das Spiel der Huthis und von IRN und RUS (Genau @AoR).
– Man schwächt weiter die Rolle von UN und EU.
– Ich sehe weder Ziel, Pfad noch Exit-Szenario für DEU. Auch hins. dieser Koalition.
– Man hat jetzt eine „offzielle“ militärische Auseinandersetzung. Und das ohne grossen Nutzen. Denn die Reeder der grossen Containerlinien werden den Weg um Afrika nehmen – was viele sowieso schon seit ein paar Wochen begonnen haben – da der Weg durch Suez kaum versicherbar werden wird. Für die nun länger dauernden LNG-Routen kann man bis zum nächsten Winter die Tankerflotten vergrössern. Nadelstiche werden die Huthis nur stärken. Für was anderes hat offenbar auch KSA seit Jahren kein Konzept. Bereitschaft zum All-In-Krieg und Besetzung des Ost-Jemens kann ich nicht erkennen.
Ein Weg der Stärke wäre gewesen, Unabhängigkeit von dem Schiffahrtsweg zu zeigen. So sieht das eher schwach und fragil aus.
Für USA verstehe ich das auch innenpolitisch nicht. Der Wahlkampf dort ist im Gange. Biden hätte wohl eher mit der Ansage, die USA dort nicht hineinzuziehen und „Buy-American“ weiter zu fördern punkten können, statt ein militärisches Schlamassel im Jemen als Perspektive zu haben. Für Trump werden argumentative Tore noch und nöcher geöffnet.
Fehler – es muss heissen „ Bereitschaft zum All-In-Krieg und Besetzung des West-Jemens kann ich nicht erkennen.“
Man sollte die wirtschaftlichen Implikationen für Saudi-Arabien durch die deutlich Störung der Sicherheit im Roten Meer nicht unterschätzen. Gerade in Richtung Rotes Meer gab es in den letzten Jahren viele Entwicklungen von Seiten des KSA. Die Gründung von Neom als neue Großzone für Industrie, Handel und mehr ist bekannt, viele Initiativen zur weiteren Öffnung und Diversifizierung des KSA weniger (z.B. Cruise Saudi im Tourismus-/Kreuzfahrtbereich). Die Huthis treffen eben nicht nur „den Westen“ sondern auch deutlich das KSA, auch wenn es hier nicht so bekannt ist.
Für mein persönliches Empfinden: Umfahren und Nicht-Reaktion wäre pragmatischer gewesen. Die Schifffahrt hat ausreichend Kapazität um die längere Lieferkette darstellen zu können. Sollen sich die Regionalmächte drum kümmern. Das jetzige Engagement kann schon wieder als Präzedenzfall ausgelegt werden, dass „der Westen“ überall einzugreifen hat.
@Zivi a.D.
Ich danke.
Vor dem Hintergrund, dass Thomas Wiegold das Vorgehen der USA und UK als eigentlich nicht durchhaltbar erklärt hat, in diesem sehr hörenswerten Interview.
https://www.deutschlandfunk.de/marine-im-roten-meer-interview-mit-thomas-wiegold-militaerexperte-dlf-f8a14bd1-100.html
macht das doppelt Sinn.
@Landmatrose3000: Sehr gut zusammengefasst, denn es gilt analog zu Mali entweder „Ganz oder Garnicht“.
Dennoch lassen sie mich anfügen, dass es vor dem Hintergrund der politischen Kredite, die der Westen in der Region von Kolonialherrschaft, Nahostkonflikt über Kalten Krieg bis GWOT aufgenommen hat, es ein leichtes ist, uns zu zwingen, „das Spiel des Gegners“ zu spielen. Und das was Mächte hinter – hier – den Houthi machen, ist – erfolgreich – den Kredit zu einem Zeitpunkt einlösen zu lassen, der in deren Kalkül passt.
So bitter das jetzt klingt, und ich habe gründlich analysiert, eine der Motivationen auch der Hamas, war es wahrscheinlich am 7. Oktober, sich in diesem Wahnsinn anzubieten.
Es sehr unempatischer Text, dennoch zu erkennen: Handlungsunfähigkeit und Resignation würden den Strippenziehern noch mehr in die Hände Spielen, allein durch das Bild das gesetzt werden würde.
Multilemma und drohender multipler Clusterfuck? Binse!
Für den freien Welthandel stellt die Verbindung durch den Suezkanal zwar eine bequeme Abkürzung dar, aber absolut lebenswichtig ist sie nicht. Der „Westen“ verteidigt dort im Roten Meer nichts anderes als ein Prinzip. Ich glaube nicht, dass sich gerade die Bundesrepublik es aktuell leisten kann, da mitzumachen.
Nur mal so zum Nachdenken. Alle Kräfte, die jetzt vom Westen vor der Küste des Jemen in Stellung gebracht werden, und alle Mittel, die dort jetzt verbraucht werden, könnten uns fehlen, wenn sie an einem anderen Einsatzort und zu anderer Zeit gebraucht werden.
Aktuell halten uns die Huthis, im Auftrag der iranischen Regierung, ein Stöckchen hin und wir springen darüber.
Die Millitäroperationen des Westens in Jugoslawien, im Irak, in Libyen, Somalia, dem Irak und in Afghanistan haben Billionen Dollar bzw. Euro verschlungen. Bei keinem dieser Einsätze wurden die angestrebten Ziele erreicht. Keiner dieser Einsätze hat irgendwelche Probleme gelöst.
Der Jemen ist nach über einem Jahrzehnt Bürgerkrieg ein zerstörtes Land. Der Westen hat diesen Proxykrieg zwischen Iran und Saudiarabien weitgehend ignoriert. Angesichts der Kosten von Militäroperationen, wäre es vielleicht es billiger, die Huthi mit Finanzhilfen für ein Wiederaufbauprogramm zur Einstellung ihres Treibens zu überreden. Laut UN Angaben sind 17 Millionen Menschen im Jemen auf Lebensmittelhilfen angewiesen. Über 4,6 Millionen mehr brauchen humantäre Hilfe.
Für den Preis einer SM-6 (rund 2 Millonen Dollar) könnte man im Jemen schon sehr viel erreichen. Zum Beispiel könnte man den Anbau von Nahrungsmitteln fördern und so dafür sorgen, dass der Jemen langfristig seine Bevölkerung wieder ernähren kann. Ich halte das für sinnvoller als einen ohnehin übersättigten militärisch-industriellen Komplex weiter zu mästen.
@Schlammstapfer: Ein weiterer Aspekt der Strategie und Public Diplomacy ist die Verwendung von Feigenblättern. Der Anlass der Houthi, der Gaza Krieg, täuscht darüber hinweg, dass die Houthi im Jemen quasi gewonnen haben und jetzt ihre Milizen nicht mehr alimentieren können. Daher weisen sie zu recht auf die Frage hin, wie geht es im/mit dem Jemen politisch weiter?
Und da weist der Hausherr korrekt auf den Zeithorizont im oben verlinkten Interview hin, auch wenn er fest glaubt, die machen das für die Hamas. Auch die Hezbollah wird ihr Arsenal am Ende nicht gefährden wollen um in den Schlachten um die es eigentlich geht, nackt da zu stehen: Shia-Sunnah Rivalry als Iranischer Proxy?!
[ „… auch wenn er fest glaubt, die machen das für die Hamas.“ – na, so habe ich das aber nicht gesagt. T.W.]
@Schlammstapfer. Wahre Worte. — Im Übrigen verstehe ich nicht, was die USA und GB da wollen. Die Hutis haben auf jeden Fall den längeren Atem. Mehr als eine Blamage ist da nicht zu erwarten. Falls da nicht noch irgendetwas im Hintergrund läuft, von dem wir nichts wissen…
@T.W: Man konnte es so aufnehmen in der Kürze der Zeit, die man ihnen grob fahrlässig nur gelassen hat. Ist auch ein eigenes Thema.
Die Suez Canal Authority teilt übrigens mit, dass der Verkehr durch den Suezkanal praktisch normal weiterläuft: „There is no truth to the suspension of navigation through the Canal as a result of developments in the situation in the Red Sea.. Navigation is going as per normal in both directions.“ Morgen sollen demnach 44 Schiffe den Kanal passieren.
Es sind sich also wohl diverse Schiffahrtslinien ausreichend sicher, dass die Huthi tatsächlich im Sinne einer gezielten Seeblockade nur Schiffe mit Israel-Bezug (Route von/nach/über israelischen Hafen, israelische Eigentümer/Teilhaber/Reederei) angreifen.
SCA Statement: https://www.suezcanal.gov.eg/English/MediaCenter/News/Pages/sca_12-01-2024.aspx
NH sagt:
13.01.2024 um 18:24 Uhr
„Die Suez Canal Authority teilt übrigens mit, dass der Verkehr durch den Suezkanal praktisch normal weiterläuft:“
In der Tat, der Rückgang ist weit weniger drastisch, als man dies vermuten würde. Die Verkehrsdaten im Roten Meer und Suez-Kanal kann man sich hier genauer ansehen (vom Internationalen Währungsfond in Kooperation mit der Uni Oxford):
https://portwatch.imf.org/pages/573013af3b6545deaeb50ed1cbaf9444
Grob gerechnet, ist die Anzahl der Schiffe in der Bab el-Mandeb Strait von ca. 75 pro Tag auf ca. 45 heruntergegangen. Ergo: 40 % der Schiffe von früher sind weg, aber 60% sind dort nach wie vor unterwegs.
Die Zahlen für den Verkehr im Suezkanal sehen ziemlich ähnlich aus.
Da große westliche Reedereien (Maersk, Hapag-Lloydt etc.) dort nicht mehr langfahren wollen, stellt sich die Frage: weicht nur die westliche Schifffahrt von den Huthi-Angriffen aus? Und warum fühlen sich die Reedereien der restlichen Welt davon nicht betroffen??
Farea Al-Muslimi Von Chatam House sekundiert dem Hausherren und bietet zusätzlich vertiefende Einblicke in das Kalkül der Houthi.
The Houthis won’t back down after US and UK strikes on Yemen
https://www.chathamhouse.org/2024/01/houthis-wont-back-down-after-us-and-uk-strikes-yemen
Wird Ägyptens Innenpolitik nicht von der Muslimbruderschaft beeinflusst?
Ist ein öffentlicher Kommentar deshalb vielleicht nicht opportun?
@Schlammstapfer sagt: 13.01.2024 um 15:06 Uhr
„Für den Preis einer SM-6 (rund 2 Millonen Dollar) könnte man im Jemen schon sehr viel erreichen. Zum Beispiel könnte man den Anbau von Nahrungsmitteln fördern und so dafür sorgen, dass der Jemen langfristig seine Bevölkerung wieder ernähren kann.“
Warum sollte „der Westen“ das tun? Das ist ungefähr so, dem Schulhof-Bully, der Sie gerade vermöbelt hat, Geld zu geben, damit er sich einen Lolly kauft und Sie hoffentlich in Ruhe lässt. Und dann geht dieser los und kauft sich einen Schlagring, um Ihnen noch härter in die Fresse zu schlagen. Macht keinen Sinn.
Ich bin überhaupt nicht bereit und absolut dagegen, radikalislamistische Staaten, Volksgruppen oder sonstige Gruppierungen auf irgendeine Art und Weise zu unterstützen. Diese akzeptieren und achten meine christliche Religion und deren Werte nicht und wollen mich lieber tot sehen, als mit mir zusammen auf einer Erde zu leben.
Und im Falle einer humanitären Katastrophe haben diese genügend islamische und islamistische Bruderstaaten, die denen helfen können. Wir haben doch die letzten 30 Jahre gesehen, das unsere außen- und sicherheitspolitischen Konzepte erst immer weniger und mittlerweile gar nicht mehr funktionieren.
Guten Morgen @Pio-Fritz,
dies bezeichnet mal aber als die viel gerühmte Realpolitik. Man unterstützt die Seite, die für einen nützlich ist. Und zivile Hilfe fördert ja nicht nur das Image sondern hilft den Leuten auch unmittelbar.
Sie scheinen außerdem auch bewusst oder unbewusst mit @Schlammstapfer auch darin übereinzustimmen, dass die militärischen Interventionen der letzten Jahrzehnte nicht funktioniert haben. Wieso sollte man hier nicht dann einen anderen Weg versuchen…. Schließlich bildet das humanitäre Handeln einen Grundpfeiler des westlichen Wertekanon,oder etwa nicht?
@Wandersmann sagt: 15.01.2024 um 1:04 Uhr
Ich habe mich doch ganz klar positioniert. Und ja, ich bin der Überzeugung, das die westlichen militärischen Interventionen der letzten Jahrzehnte nicht funktioniert haben. Oder wollen Sie mir jetzt erzählen, wie erfolgreich z.B. MLI, SYR und AFG waren?
Auch das wäre Realpolitik, zu erkennen, das es Regionen auf dieser Welt gibt, die auf unsere Werte pfeifen. Da macht es dann auch keinen Sinn, eingreifen und helfen zu wollen. Diese Staaten und Volksgruppen bekommen das politisch-religiöse System, das sie offenbar gewollt haben.
Bezüglich Lebensmittelanbau im Jemen, das Problem ist dort daß praktisch alle Bauern nur noch Kath anbauen weil es einfach mehr Geld bringt als Lebensmittel. Wieso die Huthis das nicht ebenso unterbinden wie es die Taliban mit dem Opium in Afghanistan tun weiß ich nicht. Vermutlich profitieren sie von dem Verkauf.
Wäre es nicht eine einfache Lösung, wenn die Schiffe einfach das AIS ausschalten?
Die Huthis haben keine Seefernaufklärung, deren Aufklärungsmittel heißt Vesseltracker.
Der Bereich, den die Huthis mit Drohnen u.ä. abdecken könnten wäre sehr viel kleiner.
[Hm. „Die Huthis haben keine Seefernaufklärung, deren Aufklärungsmittel heißt Vesseltracker.“ – das hätte ich gerne näher erläutert, auch wofür dann deren Radarstationen gut sind. T.W.]
Ganz bezeichnend heute zwei Meldungen auf t-online.de, dort habe ich es zumindest gelesen.
In der ersten wird berichtet, das China eine große Friedenskonferenz für den Gaza fordert, an der es auch selber teilnehmen würde.
In der zweiten Meldung wurde über die geplante ukrainische Friedenskonferenz in Davos/Schweiz berichtet. Dort wird China nicht teilnehmen.
Bezeichnend, überall dort, wo man den Westen (Israel gehört dazu) unter Druck setzen kann, ist China mit dabei. Ansonsten kein Interesse. Hauptsache dort, wo demokratische Strukturen herrschen, kann man Unruhe stiften.
Deswegen auch keine chinesische Beteiligung im roten Meer.
@TW
Vielleicht meinte JCR, „dass die Houthis keine Seefernaufklärung MEHR haben:“
@Wandersmann, Pio Fritz usw.
„Man unterstützt die Seite, die für einen nützlich ist“. Und genau das werden die Amis machen! Es gibt ja nicht nur die Houthis im Jemen…
Luftraumüberwachung?
Mit Küstenradar kann man nicht weit auf See aufklären, dafür sorgt allein die Erdkrümmung ;)
Zudem weiß man bei einem „harten“ Radarkontakt nicht wer es ist und kann eben nicht gezielt Schiffe mit Zusammenhang zu Israel angreifen.
@JCR: Sie deuten an man könnte auf die Region bei jedem OSINT Tracker Panzertape kleben?
Kein Scheiß, dann ist das Problem eine Schraube, kein Nagel. Und könnte klappen …
Invasion Jemen: Teuer
Blicke der Houthi, wenn man den Tracker wegnimmt: Unbezahlbar!
@JCR
Am 11.01.24 wurde das iranische AufklSchiff “Beshad” aus dem Roten Meer in den Persischen Golf zurueck beordert. Dieses fuer seine Zwecke umgeruestete Frachtschiff wird mutmasslich von den Revolutionsgarden operiert. Die Beshad lieferte den Houthis in den letzten Wochen entscheidende AufklErgebnisse und Hinweise zur Zielauswahl.
Der IRN besitzt mindestens 2 AufklSchiffe.
Der Grund zum Abzug aus dem Roten Meer ist zumindest mir nicht vollends klar. Entweder aus Furcht im Rahmen der am 11.01. bereits angekuendigten Vergeltungsangriffe von US/UK oder weil sie bereits beschaedigt war, wofuer es unbestaetigte Hinweise gibt.
Es gilt hingegen als gesichert, dass die Beshad die Houthis aktiv unterstuetzt hat. Die verstaerkte alliierte Praesenz und deren Vorgehen hat jedenfalls dazu gefuehrt, dass die Houthis von diesem Schiff erstmal keine weitere Unterstuetzung erhalten.
Man koennte auch sagen, dass US/UK den IRN aus dem Golf von Aden vertrieben haben. Dies ist ein positiver Effekt.
Offen ist aber auch, ob der Abzug der Beshad in Zusammenhang mit der wahrscheinlichen neuen EU- Mission im Persischen Golf steht oder nicht.
„Für den Preis einer SM-6 (rund 2 Millonen Dollar) könnte man im Jemen schon sehr viel erreichen.“
-Besser noch! Man kann denen auch direkt die SM-6 oder noch besser eine BGM 109 geben! Super Idee!
Über zehn Jahre lang hat Saudi-Arabien mit erheblichen militärischem Aufwand versucht im Jemen eine Entscheidung herbeizuführen. Mit geringem Erfolg wie man sieht. Warum sollte sich das jetzt mit einigen Luftschlägen besser gelingen. Das stachelt die Jihadis nur noch mehr an. Wenn man nicht bereit ist, dem Iran massiv auf die Füsse zu treten, kann man es auch gleich sein lassen.