Deutschland startet nach Vierteljahrhundert neue Produktion von Panzerabwehr-Richtmine
Nach rund 25 Jahren wird in Deutschland die Produktion einer Panzerabwehrrichtmine (PARM) wieder neu aufgelegt. Bundeswehr-Beschaffungsamt und die Herstellerfirma MBDA Deutschland vereinbarten die Herstellung von zunächst 2.600 Waffen dieses Typs, um nach der Abgabe von PARM an die Ukraine die Bestände der Bundeswehr wieder aufzufüllen. Da die Mine nach einem Vierteljahrhundert mit anderen Bauteilen produziert werden soll, muss sie allerdings neu zertifiziert werden und wird ab 2026 ausgeliefert.
Der Haushaltsausschuss des Bundestages hatte im Oktober 68 Millionen Euro für die Nachbeschaffung dieser Panzerabwehrrichtminen gebilligt. Das Geld kommt nicht aus dem Verteidigungshaushalt, sondern aus den Mitteln der Allgemeinen Finanzverwaltung, dem so genannten Einzelplan 60, aus denen die militärische Unterstützung der Ukraine finanziert wird. Der Vertrag zwischen dem Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) und der MBDA-Tochterfirma TDW Gesellschaft für verteidigungstechnische Wirksysteme mbH wurde am (gestrigen) Dienstag unterzeichnet. Darin ist auch die Option auf weitere 10.000 Exemplare vorgesehen.
Nach Angaben von MDBA vom (heutigen) Mittwoch geht das System PARM DM 22 wieder in die Serienproduktion und ist damit die leistungsstärkste verfügbare Panzerabwehrrichtmine auf dem Markt, sagte Thomas Gottschild, Geschäftsführer MBDA Deutschland. Die Herstellung der Mine war Ende der 1990-er Jahre eingestellt worden; wie bei etlichen anderen Waffensystemen wurde dafür aktuell kein Bedarf mehr gesehen.
Die Richtmine gegen gepanzerte Fahrzeuge, die auf einem Stativ angebracht und mit einem Lichtwellenleiter automatisch ausgelöst wird, wurde und wird bereits von der Ukraine gegen russische Streitkräfte eingesetzt. Die jetzt neu bestellte PARM erhält nach Angaben des BAAINBw verschiedene technische Änderungen, welche eine Neuqualifizierung der DM22 nötig machen. Eine Demonstrationscharge soll im kommenden Jahr herstellt werden; erste Serienauslieferungen stehen der Truppe ab 2026 zur Verfügung.
(Archivbild Juli 2021: Panzerabwehrrichtmine PARM DM 22 – Bernhard Huber/MBDA)
Schön. Aber warum erst jetzt? Geliefert an die Ukraine wurde anscheinend im Juni 2022 – also vor knapp 18 Monaten. Und 2026(!) könnten wir dann die ersten neuen Exemplare an die Ukraine liefern?
@Martin Schröder
Weil man davor einer Verteidigungsdoktrin gefolgt ist, bei der der Kampf der verbundenen Waffen in einem Bewegungskriegs im Vordergrund stand. Minen sind da eher ein statisches Mittel. Bei einer plötzlichen Lageänderung In einem Bewegungskrieg können sie sogar die Bewegunglichkeit der eigenen Kräfte behindern.
Durch die massenhafte Verfügbarkeit von Aufklärungsdronen, wo beide Seiten die Bewegungen der jeweils anderen Seite in Echtzeit beobachten können, und durch die immer präziser und schneller agierende Artillerie verändern sich die Bedingungen von einem Bewegungskrieg wieder zu einem Stellungskrieg.
Mit Beginn der ukrainischen Gegenoffensife im Juni wurde deutlich, welche wichtige Rolle Minen in einem Abwehrkampf spielen. Letztendlich wurde die ukraninische Armee hauptsächlich durch die tiefgestaffelten und dichten russischen Minenfelder gezwungen ihre auf Beglichkeit ausgelegte Offensive praktisch aufzugeben.
Sollte die russische Armee NATO Gebiet angreifen (was extrem unwahrscheinlich ist), dann wäre das Anlegen großer Minensperren ein hilfreiches Mittel um so einen Angriff zu stoppen.
Die Ukraine hat 5000 bis 10000 dieser Richt-minen bekommen, und konnte damit den Russischen Vormarsch stoppen. Es dürften noch genug in der Ukraine vorhanden sein. Im aktuellen Kriegsgeschehen werden aber schultergestützte Panzerabwehrwaffen und aus der ferne verlegbare Minen benötigt. daher ist die nachbeschaffung nur für den Bedarf der Bundeswehr gedacht.
Sollte man sowas nicht in Kombination mit SMART Munition neu auflegen.
Angeblich haben die Russen doch auch ein System „intelligente Springmine“.
Und das alles könnte man noch mit Modewörtern ala KI usw. verzieren….
Die Panzerabwehrrichtmine (PARM) ist klassisches Einsatzmittel der Pioniertruppe, hier der Panzerpioniere (PzPi), dass in den GDP-Planungen bis 1990 fester Bestandteil unterer/unterster taktischer Führungsebenen vom Zug bis zum Bataillon war.
Die Führeraus- und Weiterbildung an den Truppenschulen sowie in den Verbänden der Kampftruppe kannte das „auf Zusammenarbeit angewiesen (aZa)“ mit der im Couleurs-Verhältnis verbundenen PzPiKp als Grundpfeiler der Überlegungen in Verteidigung und Verzögerung,
Damit offenbarte sich nicht selten jedoch auch ein Dilemma: es gab zu wenig PzPi/vorn eingeplante Kp aus PiBtl, denn, nur Pioniere dürfen die PARM einbauen!
Nicht nur wünschenswert, sondern auch erforderlich ist die Ausstattung von Inf/PzGrenBtl mit der PARM zur Reduzierung der Abhängigkeit von stets zu wenig Pionierkräften.
Die offensichtliche Rückbesinnung auf Verteidigung im Sinne LV/BV sollte unbedingt auch die Aufstockung/Wiederbeschaffung von Minenverlege/~wurf-Fähigkeiten berücksichtigen.
Klassische Verteidigung kennt sehr früh Artillerie der Brigaden und Pioniere in den Brigaden.
Die Neubeschafgung geht ja mit einer erheblichen Kampfwertsteigerung einher. Darum ja auch die neu Zertifizierung. Die PARM 2.0 können dann zukünftig an und abgeschaltet werden um Minengassen für eigene Truppe zu bilden mit Zeitschaltung versehen werden und MBDA sagt auch das eine programmierbarkeit implementiert werden soll das z.b. erst das dritte oder vierte Fahrzeug bekämpft wird. Es wird auch an einer intelligenten Zielerkennung gearbeitet das die Mine eigenständig Kampfpanzer von anderen Fahrzeugen erkennen soll… selbst über eine Freund Feind Erkennung wird nachgedacht… diese neue PARS wird ein Smartes Ding bzw. bekommt einen Smarten Aufsatz.
@ Schlammstampfer
Ihre Erklärung in allen Ehren, es sei aber angemerkt, dass es schon „früher“ zu wenige davon gab und sie wesentlich früher hätten nachbeschafft werden müssen. ;-)
Stückpreis also 26.153 Euro. OK.
Um Voodoo auch noch beizupflichten:
Wenn ich mich nicht irre, kann man die Richtmine auch wieder aufnehmen. Sie ist nicht einmal platziert und dann verbraucht. Damit kann man sie ganz gut ich im Bewegungskrieg benutzen.
+1 was die Verfügbarkeit schon früher angeht. Warum man jetzt erst damit anfängt, keine Ahnung.
@David sagt: 15.11.2023 um 19:23 Uhr
„Stückpreis also 26.153 Euro. OK.“
Inklusive Entwicklungskosten. Und bei dem Preis der zerstörten Panzer oder gepanzerten Gefechtsfahrzeuge pro Stück immer noch ein Schnapper. Das ist ungefähr so wie bei der Flugabwehr, wenn es nicht um Billigdrohnen geht.
@S4 Offz
„kann man die Richtmine auch wieder aufnehmen“.
Ja natürlich, wie jede andere Minensperre übrigens auch. Dafür sind Minenpläne erstellt, werden Teil des grafischen OpPlan.
@ Klaus-Peter Kaikowsky (KPK) sagt:
15.11.2023 um 15:47 Uhr
„nur Pioniere dürfen die PARM einbauen!“
Hören Sie bitte auf so einen Unsinn zu verbreiten, die PARM ist fester Bestandteil der Infanteriebewaffnung, war sie auch schon seit Einführung.
@ David sagt: 15.11.2023 um 19:23 Uhr
Stimmt. Das ist ne Menge Holz. Aber wenn Sie bedenken, was z.B. der T-90S kostet, kein schlechter Ansatz.
Der Panzer kostet ca. 3.5 Mio $ = 3.220.000 €
Wahrscheinlich lösen 3-4 RiMi aus, wenn er durchfährt = 26.153 x 4 = 104.612 €
Die Waffe kostet also 3,2 % ihres Zieles oder anders gesagt, man könnte für den Preis eines T-90S fast 31-Mal so viele Minen bauen, wie man für seine Zerstörung benötigt.
So gesehen ist der Deal nicht schlecht. OB die Dinger aber einen reinen Materialwert jenseits der 1.000€ haben, wage ich aber auch zu bezweifeln. Der Rest ist Fertigungslohn, Entwicklung, Verwaltung und ein saftiger Gewinn für die Gesellschafter (unmittelbar) und deren Aktionäre (mittelbar).
16.11.2023 um 0:10 Uhr
@S4 Offz
Nachtrag, das gilt nicht für verschossene MiSp über z.B. Art oder MiWerfer, die sich je nach Voreinstellung selbst zerlegen.
Man geht dann aufgrund der geringen Menge und Entwicklungsphase statt Off-the-Shelf-Beschaffung wohl davon aus, dass in den nächsten drei Jahren keine heiße Phase eintreten wird.👍
@Alex 2.0 sagt: 16.11.2023 um 10:03 Uhr
Nein, die Gründe dafür sind eher im nicht vorhanden Geld (aus dem EP60 lässt sich nur die abgegebene Anzahl refinanzieren) [Anzahl] und der Nichtverfügbarkeit von veralteten Bauteilen [Entwicklung] zu suchen.
„25 Jahren wird in Deutschland die Produktion einer Panzerabwehrrichtmine (PARM) wieder neu aufgelegt.“
@TW
MDBA hat 2020 Prospekte mit „jetzt neu im Kataloge: PARM 3“ verteilt. Die Kurden haben 2014 neben den PARM von der BW auch nachgekaufte PARM (1,5 – 2) eingesetzt.
Was soll die hofberichterstattende Lobhudelei über die Nachproduktion von 30 Jahre alten Waffenmodellen für die BW?
Hören wir das gleiche Loblied auch, wen Morgen HK bekannt gibt wieder G3 A2 nach Original Plänen für die Truppe zu produzieren?
Fragen Sie doch mal bei Thyseen&Krupp die haben garantiert noch die Pläne vom Tiger B im Keller, nur falls sich das mit der Leopard Wiederbeschaffung noch so 10 Jahre hinzieht.
[Es steht Ihnen frei, von „hofberichterstattenden Lobhudelei“ zu faseln, wenn nach 25 Jahren die eingestellte Produktion eines Waffensystems wieder aufgenommen wird. Vielleicht haben Sie noch nicht mitbekommen, dass das unter anderem einer geänderten Bedrohungslage geschuldet sein könnte. Wenn Sie jede schlichte Berichterstattung als Lobhudelei empfinden, dann lesen Sie besser woanders. T.W.]
@Alex 2.0: Wie im Text angegeben, wurden 2.600 PARM DM22 direkt beauftragt, bei der Option für weitere 10.000 Stck. Aus meiner Sicht dürfte eine „geringe Menge“ etwas anderes sein.
Klaus-Peter Kaikowsky (KPK) sagt:
„ 16.11.2023 um 10:00 Uhr
@S4 Offz
Nachtrag, das gilt nicht für verschossene MiSp über z.B. Art oder MiWerfer, die sich je nach Voreinstellung selbst zerlegen“
Sehr geehrter Herr Kaikowsky, die Minenwerfer Skorpion der PiTr wurden 2011 ausgesondert;
Quelle Wikipedia:
„.. Die Panzerpionierkompanien der Kampfbrigaden verfügten über vier Geräte, die Pionierbataillone über zwölf Geräte, woraus sich in der Struktur Heer 2010 68 aktive Einheiten ergaben.
Im Zuge der Neuausrichtung der Bundeswehr 2011 wurden alle verbliebenen Systeme ausgesondert. ..“
Panzer- und Panzergrenadiere haben die Panzerabwehrrichtmine auch im SOLL stehen. Sie wird dort als „Sicherungsmine“ eingesetzt.
Richtminensperren bestehen aus zwei bis acht Panzerabwehrrichtmine und dürfen nur von Pionieren angelegt werden.
Aber das ist unterste taktische Ebene.
Festzuhalten ist: Gutes Gerät, welches für die Verteidigung/ Verzögerung unabdingbar ist
Wenn es unverändert ein Lichtwellenleiter ist, wird diese Mine beim ersten Fahrzeug auslösen, da der Lichtwellenleiter nach dem ersten Fahrzeug nicht mehr funktioniert – jedenfalls bei den heutigen Modellen.
Derzeit ist es ein sehr einfaches Kriegsgerät (Schalten On-Off mit Schlüssel), es wäre schön wenn es so bleibt. Je komplizierter, je später wird es in die Truppe kommen.
@Klaus-Peter Kaikowsky (KPK) sagt: 16.11.2023 um 10:00 Uhr
Nur um das zu ergänzen, die Panzerabwehrwurfmine AT-2, die über Raketenwerfer (oder früher Wurfsystem Skorpion, ausgemustert 2011) verschossen werden kann, sprengt sich nach maximal 96 Stunden selbst, das Gebiet ist dann wieder minenfrei. Diese Sperren lassen sich aufgrund der Streuung auch nicht so ganz exakt dokumentieren.
Die Panzerabwehrverlegmine DM31, die entweder per Hand oder mit dem MV 85 (Minenverlegesystem 85) „eingepflügt“ wird, entschärft sich nach maximal 40 Tagen selber und schickt einen roten Plastikzylinder an die Oberfläche, damit man sie leichter finden kann, wenn der denn durchkommt. Diese Sperren werden auch exakt vermessen und ein Minensperrplan angefertigt. Man weiß dann, wo die einzelnen Minen liegen. Hakelig wird es nur, wenn einzelne Minen gegen Aufnahme gesichert sind, diese sind extra im Sperrplan zu dokumentieren.
Die Panzerabwehrrichtmine ist hier nur eine Ergänzung, um eine eventuelle Minengasse schnell zu schließen. Sie ist alleine für größere Minensperren nicht geeignet.
Wer mal etwas zu dem Thema stöbern möchte:
https://www.bundeswehr.de/de/aktuelles/meldungen/achtung-minen-wichtigste-landminen-kurz-erklaert-5575750
Ich habe jetzt auch noch Wiki befragt. Hätte ich nicht tun sollen, es wird nicht einfacher.
https://de.wikipedia.org/wiki/DM-12_PARM
Vielleicht kann jemand aufklären? Wenn das ursprüngliche Modell PARM 1 die DM 12 war,
ist dann die DM 22 gleichzeitig auch eine PARM 2?
Und schlussendlich, ist die jetzige Nachbeschaffung dann die erwähnte PARM 3?
Ih habe gerade alte Taktikunterlagen hervorgekramt:
Planübung Oberbayern
Stand: April 1987
„Das verstärkte JgBtl (Heimatschutzbrigade) in der Verteidigung“
Im Sperrplan sind drei Richtminensperren verzeichnet.
Die Dinger waren nocht nicht im Bestand, aber in der Ausbildung haben wir sie schon eingeplant
Alles kommt wieder…
@Pio-Fritz
Danke sehr für die pioniertechnischen/taktischen Hinweise bei AT-2 und DM-31 im Verbund mit Skorpion bzw MV 85.
Die Rückbesinnung bei LVBV war offenbar das Ergebnis zugunsten der PARM.
Ich erwarte, dies ist nur der erste Schritt hin zu neuem Realismus und Leben in der Lage.
Die Auswertung der Kämpfe an der UKR Front muss zwangsläufig zur Wiederbelebung beweglicher Verteidigung führen. Probates Mittel dazu sind flexible Minen, verlegt/verschossen aus wiedergeborenem Skorpion und mehr MV 85 als bisher.
Ich setze also auf eine Frischzellenkur für den Minenkampf/Abwehr gegen Minen/Umstruktuierung der Pioniertruppe nach Vorschlägen GI/Sts, die ja bis 04/24 vorliegen soll.
Frage am Rande: Die Panzerabwehrrichtmine darf nur durch PiTr eingerichtet werden?
Wenn ich die täglichen Videos aus der Ukraine sehe – mir wäre wohler, wir würden endlich die Produktion von FPV-Drohnen o.ä. starten, Einheiten dafür aufstellen und Personal ausbilden….
Von einer deutlich strategischen Entscheidung nach 30 Jahren Friedensdividende und 14(!) Jahre nach der Zeitenwende wieder PARM zu beschaffen innerhalb von nur 3-4 Kommentaren zur einsetzenden taktischen Ebene ….Man muss diesen Blog einfach lieben! Danke dem Hausherren!
@Schaddedanz: So geht Lobhudelei!!
Die Neuauflage ist sehr zu begrüßen. Die Richtmine ist mittlerweile kriegsbewährt, einfach und effektiv. Sie ist in der Ukraine so beliebt, dass die russische Armee die Weisung herausgegeben hat die PARM zu sichern und selber wieder zu verwenden wo immer die russische Arme ihr Habhaft werden kann. Eine Version mit kombinierten Seismik- und Infrarotsensor ähnlich der russischen Richtmine wäre noch zu begrüßen, um den Zeitverzug beim schließen und öffnen auf nahezu Null reduzieren zu können.
Als langgedienter Panzerpionier drehen sich mir hier bei einigen Kommentatoren mit nicht mal gefährlichem Halbwissen die Zehennägel hoch. Die PARM DM22 ist wieder aufnehmbar und kann gesichert werden, das macht sie ideal für den Bewegungskrieg und die Verzögerung. Bei der Kampftruppe steht einem Kampftruppenzug eine PARM zu. Diese kann als Sicherungsmine eingesetzt werden und soll von genau diesem Zug wieder aufgenommen werden. Die Mine wird aber dem Kontingent der Pioniere entnommen. Eine Richtminensperre mit 2-8 Richtminen darf aus gutem Grund nur von Pionieren angelegt werden, denn die Nachweisführung über einen Minensperrnachweis ist deutlich komplexer, als bei der Sicherungsmine. Und Nein aus eigener Erfahrung kriegt das die Kampftruppe nicht selbst hin, dafür hat sie auch gar nicht die Zeit, sie muss ihre Stellungen, ggfs Schusskanäle und Ausweichwege vorbereiten.
Die Panzerabwehrverlegemine DM31 kann händisch oder mit Minenverleger verlegt werden und kann nicht wieder aufgenommen werden, dort wird auch nicht die Einzelmine im Sperrplan markiert, sondern die Grenzen der Reihen, deren Verlauf und ein Gefahrenbereich. Die DM31 wird auch erfolgreich in der Ukraine eingesetzt und ist ein sehr gutes Mittel für die Verteidigung. Für die Verzögerung klafft im Fähigkeitsspektrum Pioniertruppe eine riesige Lücke, seitdem der Skorpion ausgemustert wurde. Dort muss dringend ein Nachfolgesystem angeschafft werden, was in sehr kurzer Zeit große Wurfminensperren anlegen kann.
Grundsätzlich ist es aber schon sehr positiv, dass überhaupt wieder Minen gekauft werden.
@DD: 17.11.2023 um 10:07 Uhr.
Danke für die Nachhilfe zur PzAbwRiMi und Zuständigkeit der PiTr, kannte ich anders auch nicht. Leider geistern Tweets herum, „kann jeder“.
Kann ggf die betreffende DV genannt werden? Wäre toll.
KPK haut ja heute mal wieder einen Haufen gefährliches Halbwissen raus:
16.11.2023 um 0:10 Uhr:
Ja natürlich, [die PARM kann man aufnehmen] wie jede andere Minensperre übrigens auch. Dafür sind Minenpläne erstellt, werden Teil des grafischen OpPlan.
Nee, die anderen deutschen Minen vernichten sich selbst, wenn die Wirkzeit um ist. Und die Minen der anderen bleiben (scharf) liegen. Die PARM ist die einzige deutsche Mine, die zur Wiederaufnahme bestimmt ist.
15.11.2023 um 15:47 Uhr:
Die Panzerabwehrrichtmine (PARM) ist klassisches Einsatzmittel der Pioniertruppe, hier der Panzerpioniere (PzPi)
Auch falsch, die PARM ist eine Sperre der PzGrenTrp und meinetwegen vielleicht noch der Infanterie. Wovon Sie reden ist die PzAbwMine AT-2, die mit dem Minenwerfersystem Skorpion bzw. dem Minenverlegesystem, diesem Pflug, verbracht wurde.
@DD sagt: 17.11.2023 um 10:07 Uhr
„Für die Verzögerung klafft im Fähigkeitsspektrum Pioniertruppe eine riesige Lücke, seitdem der Skorpion ausgemustert wurde. Dort muss dringend ein Nachfolgesystem angeschafft werden, was in sehr kurzer Zeit große Wurfminensperren anlegen kann.“
Das hat auch niemand so richtig verstanden, warum die ohne Ersatz wegsollten. Wobei man über ein besser gepanzertes Fahrgestell nachdenken sollte, falls doch wieder eine Wiedereinführung kommt.
@ Happy
Wenn schon auskeilen, dann bitte mit Substanz… Die AT-2 ist eine Wurfmine, die sicherlich nicht mit dem Minenverlegesystem 85 (dem „Pflug“) verlegt wird. Und die vom „Pflug“ verlegte Mine ist die DM 31. Siehe @DD und Pio-Fritz zu den Details. Wobei auch ich im Kopf hatte, dass eine DM31 nach Ablauf (!) der Wirkzeit wiederaufgenommen werden kann, es sei denn sie wurde speziell dagegen gesichert.
Als Mann mit schwarzem Hut möchte ich ergänzen, dass Kampftruppe übrigens in den allerseltensten Fällen eine richtige RiMiSperre anlegen möchte (geschweige denn, dies auch beherrscht), da einem im Regelfall für so etwas gar keine Zeit bliebe. Unser Job ist das Überwachen oder der Kampf mit Sperren, nicht das „zusammendengeln“ – dies machen bitte Leute, die da auch Ahnung von haben.
Mal so in den Raum geworfen: Eine Richtminensperre anzulegen/zu verlegen und Richtminen zu verlegen sind keine Synonyme.
Und wieder kommt die Legende von den „großen Gewinnen der Rüstungsindustrie“. Wenn die Bundeswehr einkauft setzt sie Preistansparenz nach „Bonner Formel“ durch, das heisst die Umsatzrendite wird auf ungefähr 5% festgelegt und die Bücher sind offen so dass jeder Kostenblock rechtfertigbar sein muss, im Zweifel vor dem Staatsanwalt. Da gibt es keine großen Gewinne der Deutschen OEM’s von Waffen (-systemen) wenn sie an Deutschland verkaufen. Dabei geht es mehr darum für das Zukunftsgeschäft im gewinnträchtigeren Export neue Produkte zu generieren.
Ironischerweise (oder vieleicht doch nicht ganz so wider Erwarten) wurde in der „Friedendividende“ gerade dort gespart wo die Industrie real die geringsten Gewinne machte (neue Waffensysteme, Volumenproduktion), denn die Ausrichtung auf die Umsatzrendite in der „Bonner Formel“ hat Lücken:
– Wenn ein Waffensystem „uralt“ ist und der Ersatz lange überfällig wird die Wartung/Versorgung extrem aufwändig (hoher Umsatz) während die damit verbundenen Investitionen zum Großteil bereits Jahrzehnte abgeschrieben sind. Das heisst auch bei 5% Umsatzrendite geht der Return on Investment durch die Decke. Teile der Industrie haben sich selbst zu Zeiten der Friedensdividende so goldene Nasen verdient.
– Dasselbe gilt für Dienstleistungen
– Wenn ein politisch vernetzter Generalunternehmer „klug“ weiterverauftragt kann er bei minimalem eigenen Invest und Risiko auch mit 5% Umsatzrendite sehr gut Geld verdienen
Und zuletzt gibt es die politische Vergabe ins Ausland wo die „Bonner Formel“ nicht durchsetzbar ist. US Rüstungsunternehmen haben eine durchschnittliche Umsatzrendite von 18%, bei den Franzosen sieht es auch deutlich besser als nach „Bonner Formel“ aus. Und Deutschland verlang keine Offsetleistungen, noch nicht einmal die Aufrechnung mit Offsetverpflichtungen der eigenen Industrie.
[War in diesem Thread eigentlich nicht das Thema, oder? T.W.]
@Voodoo sagt: 17.11.2023 um 17:37 Uhr
„Wobei auch ich im Kopf hatte, dass eine DM31 nach Ablauf (!) der Wirkzeit wiederaufgenommen werden kann, es sei denn sie wurde speziell dagegen gesichert.“
Kann man auch, folgen Sie dem von mir geposteten Link, unter dem ersten Artikel sind weitere, da wird das gut erklärt. Natürlich findet in einer heißen Kampfzone keine Wiederaufnahme statt, dazu braucht das zuviel Zeit. Und gegen Aufnahme gesichert wird im Regelfall nur dann, wenn von Hand verlegt wird, denn dann mache ich den Zünder nach dem verlegen scharf, also bevor das Loch wieder zugemacht wird.
Beim MV 85 müsste man die scharfe Mine wieder ausbuddeln und dann gegen Aufnahme sichern, daß macht keinen Sinn.
@Pio-Fritz
eine Sicherung gegen Aufnahme ist in der Bundeswehr seit 1997 (Vertrag von Ottawa) verboten. Abgesehen davon lässt sich eine geschärfte DM31 sowieso nicht aufnehmen, da der Zünder auf Magnetfeldänderungen reagiert. Deshalb werden die nach Ablauf ihrer Wirkzeit, wen der rote Stab raus gekommen ist von Fachpersonal (KpfmAbw) wieder aufgesammelt und der Industrie zurück geführt. Das macht sie nicht wiederaufnehmbar. Soll eine Mine weg wird diese mit einer Schlagladung vernichtet, sichern oder bewegen kann man die nicht mehr. Damit sollte die in den OT abdriftende Diskussion beendet sein und man kann sich wieder über neue Richtminen freuen.
@Voodoo
Was hat die Bundeswehr nicht „zu wenig“? Sieht man von ‚Lamettaträgern‘ und Verwaltungsvorschriften mal ab. ;-)
@Küstengang01
Danke für die Erläuterungen. Ich wusste nicht, dass die neuen Minen soooo smart sind. Nehmen Sie es mir aber nicht übel, wenn ich in der Nähe solcher Dinger trotzdem nervös werde. Ein Nachteil jeder Massenproduktion ist, dass es unter hunderten von perfekt gearbeiteten Stücken immer auch ein paar gibt, die nicht so perfekt sind. Die werden Sie auch nicht ‚wieder aufnehmen‘ wollen.
@ alle Minenexperten
Das von den Amerikanern verwendete System mit den durch Artillerie verlegbaren Minen braucht doch keine speziellen Fahrzeuge bzw Verlegesysteme. Wäre das nicht eine sinnvolle Ergänzung, um bei einem drohenden Durchbruch einem Gegner schnell eine Sperre in den Weg zu legen?
Allerdings hat die Artillerie vermutlich auch zuwenig Haubitzen um die Pioniere in dieser Hinsicht unterstützen zu können.
@Schlammstapfer sagt 18.11.2023 um 16:56 Uhr
„Allerdings hat die Artillerie vermutlich auch zuwenig Haubitzen um die Pioniere in dieser Hinsicht unterstützen zu können.“
Wir sprechen hier von Raketenartillerie, nicht von Rohrartillerie, mit der geht das nicht.
Und das ist auch kein Alleinstellungsmerkmal der US-Amerikaner, sondern gibt es seit mindestens 35 Jahren auch schon in der Bundeswehr. Heutzutage werden die Minen mit MARS verschossen und somit verlegt.
Womit auch sonst? Es ist das letzte verbliebene Großgerät der Bw, das als Wurfsystem für die AT-2 genutzt werden kann. Und die Artillerie hat wieviel Werfer insgesamt? Denn in der Zeit, in der Minen verschossen werden, gibt es von diesen Werfern keine Artillerieunterstützung.
Da darf man sich dann entscheiden, welche Aufgabe diese Mangelressource wahrnehmen soll. Die man spätestens in der Verteidigung beide braucht.
@DD
Was ist den nun richtig?
1. „eine Sicherung gegen Aufnahme ist in der Bundeswehr seit 1997 (Vertrag von Ottawa) verboten“.
Auszug aus der Ottawa-Konvention:
2. „Minensysteme oder Landminen, die gegen Fahrzeuge aller Art gerichtet sind – darunter solche, die über eine Aufhebesperre verfügen („Anti Handling Device“) – sind nicht verboten“.
Die Konvention, Vertragstext am 18. September 1997 angenommen, von Deutschland ratifiziert am 23. Juli 1998 (BGBl. 1998, Teil II, S. 778–794), völkerrechtlich in Kraft ab 1. März 1999, legt auch das Verbot für Sprengfallen, militärisch als versteckte Ladungen bezeichnet, fest.
3. Geht DEU über die Vorgaben der Konvention hinaus, Sie können ggf nationale Regelungen hier Posten, mit Quelle?
@Schlammstapfer
zur smarten Mine, schon direkt nach der Einführung der PARM wurde sie weiter entwickelt mit programmierbarkeit des fahrzeugzählens oder auch nur bei Kettenautos auslösend, IR- und seismischen Sensor, an und abschaltbar ist die alte PARM ja auch. Würde mich nicht wundern, wenn man die alten Pläne entstaubt hat und jetzt als Neuentwicklung verkauft. In der Ukraine werden russische top attack Minen eingesetzt (PTKM-1R), die sehr intelligent sind. Die Amerikaner hatten vor 20 Jahren mal etwas ähnliches entwickelt aber nie eingesetzt.
Unsere Artillerie kann mit dem Mars Wurfminensperren verlegen, das sind fast die gleichen Minen, wie sie der Skorpion verschossen hat. Ist allerdings ein absolutes Hochwertasset und die genehmigende Ebende sehr hoch, da sie wenn eine solche Sperre vorgesehen ist dauerhaft bis zum Abschuss Artilleriekräfte bindet, die man sonst anders verwenden könnte. Um einen Durchbruch in Verbindung mit Reserven aufzufangen, oder eine günstige Gelegenheit nutzend im Zusammenwirken mit STF aufgeklärte fdl Kräftemassierungen hinter der Front aufzustauen und zu zerschlagen ist sie sehr zweckmäßig, aufgrund der dann doch niedrigen Genauigkeit und der nicht optimalen und auch nicht groß beeinflussbaren Verteilung der Minen und damit großem Gefahrenbereich für den regulären Kampf mit Sperre eher ungeeignet. Dort kann man den höchsten Einsatzwert nur mit Pionieren erreichen und gibt der Artillerie lieber einen Zielpunkt für die Sperre, um den klassischen Dreiklang (erster Schuss Sperre, zweiter Stellungstruppe, dritter Steilfeuer) zu erreichen.
Nun ja, Freigabe Wurfminensperre erfolgt durch den Brigadekommandeur, dass ist jetzt nicht unbedingt sooo hoch, zumal ja ohenhin nicht jedes Kampftruppenbataillon auch automatisch eine Wurfminensperre zugewiesen bekommt.
Aber ja, es liegt absichtlich nicht auf Ebene des Bataillons, da ggf. Folgeoperationen (der berühmt-berüchtigte Gegenangriff „Hammer“ in so ziemlich jeder Lage der Offizierschule in DRESDEN) behindert oder gar gefährdet werden könnten, wenn jemand unter hohem Stress und ohne klaren Kopf die Sperre unbedacht auslöst.
@Pio-Fritz und DD
Danke für die Erläuterungen.
@Voodoo
DD meinte vermutlich die Zuweisung der Wurfminensperren an die Brigaden, die erfolgt durch die Division, den dort werden die Wirkmittel (MARS II) geführt.
Die Brigaden weißen dann den Kampftruppenbataillonen bzw. den Feuerunterstützungszügen (JFSCT) eine Anzahl Sperren zu. Diese planen im Rahmen des „Plan für den Feuerkampf“ mögliche Wurfminensperren aus. Der Plan geht zur Brigade, wird dort geprüft und genehmigt.
Abgerufen werden die Wurfminensperren dann aber direkt durch das JFSCT, alles andere würde auch zu lange dauern.
„Das von den Amerikanern verwendete System mit den durch Artillerie verlegbaren Minen braucht doch keine speziellen Fahrzeuge bzw Verlegesysteme. Wäre das nicht eine sinnvolle Ergänzung, um bei einem drohenden Durchbruch einem Gegner schnell eine Sperre in den Weg zu legen?
Allerdings hat die Artillerie vermutlich auch zuwenig Haubitzen um die Pioniere in dieser Hinsicht unterstützen zu können.“
I. Wurfminensperren mit der Artillerie? Geniale Idee und Analyse! Ich muss aber enttäuschen: Die Bundeswehr hat dieses geniale System mit AT2 des sehr amerikanischen Herstellers Dynamit Nobel seit den frühen 80ern. Sie sind mit Ihrer Idee nur etwa 40 Jahre zu spät.
II. Natürlich, die Raketenartillerie hatte schon immer viel zu wenige Haubitzen! Danke für die Analyse.
Ach so, ich hatte mich schon über die entsprechenden Kommentare einige Tage früher gewundert.
@Schlammstapfer
„Das von den Amerikanern verwendete System mit den durch Artillerie verlegbaren Minen braucht doch keine speziellen Fahrzeuge bzw Verlegesysteme. Wäre das nicht eine sinnvolle Ergänzung, um bei einem drohenden Durchbruch einem Gegner schnell eine Sperre in den Weg zu legen?
Allerdings hat die Artillerie vermutlich auch zuwenig Haubitzen um die Pioniere in dieser Hinsicht unterstützen zu können.“
Ich enttäusche Sie nur ungern, aber dabei handelt es sich um die deutsche AT-2 Minenrakte, die durch die U.S. Army übernommen wurden.