Sudan-Sammler 23. April: USA holen Botschaftspersonal aus Khartum raus, europäische Mission angelaufen (lfd. Updates)
In der Nacht zum Sonntag haben die USA ihre Botschaft in der umkämpften sudanesischen Hauptstadt Khartum evakuiert und das Botschaftspersonal ausgeflogen. Von anderen Ländern gibt es vorerst keine Informationen zu solchen Aktionen, auch wenn zahlreiche Soldaten und Flugzeuge in der Region stationiert sind. Der Sudan-Sammler am 23. April:
Die Aktion der USA wurde am frühen Sonntagmorgen (europäischer Zeit) durch Erklärungen von US-Präsident Joe Biden und Verteidigungsminister Lloyd Austin bekannt – und ganz offensichtlich wurden, im Unterschied zu früheren solchen Missionen, Medien nicht im Vorfeld gebrieft. Das Statement des Präsidenten:
Today, on my orders, the United States military conducted an operation to extract U.S. Government personnel from Khartoum. I am proud of the extraordinary commitment of our Embassy staff, who performed their duties with courage and professionalism and embodied America’s friendship and connection with the people of Sudan. I am grateful for the unmatched skill of our service members who successfully brought them to safety. And I thank Djibouti, Ethiopia, and Saudi Arabia, which were critical to the success of our operation.
I am receiving regular reports from my team on their ongoing work to assist Americans in Sudan, to the extent possible. We are also working closely with our allies and partners in this effort.
This tragic violence in Sudan has already cost the lives of hundreds of innocent civilians. It’s unconscionable and it must stop. The belligerent parties must implement an immediate and unconditional ceasefire, allow unhindered humanitarian access, and respect the will of the people of Sudan. We are temporarily suspending operations at the U.S. Embassy in Sudan, but our commitment to the Sudanese people and the future they want for themselves is unending.
Zum Ablauf selbst auch von Austin keine Details:
This action, led by U.S. Africa Command and conducted in close coordination with the U.S. State Department, demonstrates the Department of Defense’s support for our nation’s diplomatic personnel. I’m proud of our extraordinary service members who executed and supported this operation with outstanding precision and professionalism. We also thank our allies and partners, including Djibouti, Ethiopia, and Saudi Arabia, which were critical to the success of this operation.
Selbst die New York Times hatte zunächst nur wenig Informationen, wie die Operation ablief:
A U.S. official familiar with the matter said the military airlifted about 70 U.S. embassy employees using helicopters and V-22 Ospreys — a plane that can take off and land vertically — from a site near the embassy after sundown. The Navy’s SEAL Team 6 special force was involved, the official said.
Das ist – bislang – alles ein wenig ungewöhnlich. Und ein wenig erstaunlich ist ebenfalls, dass es ganz offensichtlich keine gemeinsame Aktion mehrerer Länder gab, sondern eine eigene US-Mission – die Frage, ob und was zum Beispiel die Europäer machen, bleibt vorerst offen.
Update: Inzwischen werden weitere Details bekannt. Von Reuters:
The evacuation operation conducted on Saturday involved just over 100 U.S. special operations forces and began at 3 p.m. (1300 GMT) when U.S. aircraft, including three MH-47 Chinook transport helicopters, took off from a U.S. base in Djibouti, stopped in Ethiopia to refuel, then flew the last three hours to Khartoum.
Update: Die französische Regierung kündigte am Sonntagmorgen eine mit europäischen Verbündeten abgestimmte Evakuierungsoperation an:
Das Ministerium für Europa und Auswärtige Angelegenheiten und das Armeeministerium koordinieren in Verbindung mit allen Beteiligten sowie unseren europäischen Partnern und Verbündeten eine Operation zur schnellen Evakuierung unseres diplomatischen Personals und unserer Staatsangehörigen im Sudan. Diese Operation schließt Staatsangehörige dieser Staaten sowie europäisches diplomatisches Personal ein.
(Übersetzt mit deepl.com)
Auch der niederländische Außenminister Wopke Hoekstra bestätigte auf Twitter, dass eine Evakuierungsmission mehrerer – europäischer – Länder angelaufen sei:
Er is een operatie van verschillende landen bezig om landgenoten te evacueren uit Sudan. Ook Nederland doet hieraan mee met een team van @MinBZ en @Defensie in Jordanië. Zij gaan hun uiterste best doen om Nederlanders zo snel en veilig mogelijk op te halen. 1/2 pic.twitter.com/6Y9ggV0PSX
— Wopke Hoekstra (@WBHoekstra) April 23, 2023
Nach – unbestätigten – Angaben aus Khartum soll es bei der Evakuierung zu einem Angriff auf einen Konvoi der französischen Botschaft gekommen sein:
Mitglieder der Rebellenmiliz Rapid Support Forces griffen den Konvoi der französischen Botschaft an, indem sie das Feuer eröffneten, was zu ihrer Rückkehr und Unterbrechung des Evakuierungsprozesses führte.
Einer der Franzosen wurde durch eine Kugel verletzt
Von einem Scharfschützen, der das Hauptquartier der Mission angreift.
Dass es zu einem Zwischenfall gekommen ist, scheint klar – die Darstellung der RSF sieht allerdings anders aus:
Heute Morgen, 23.04.2023, wurden die Rapid Support Forces während der Evakuierung französischer Staatsangehöriger aus der Botschaft ihres Landes von Flugzeugen angegriffen, die von Bahri nach Omdurman kamen, wodurch das Leben französischer Staatsangehöriger gefährdet wurde, indem einer von ihnen verletzt wurde und die Überleben der übrigen Staatsangehörigen.
Die schnellen Unterstützungskräfte geben an, dass der Evakuierungskonvoi französischer Staatsangehöriger in voller Abstimmung mit der französischen Regierung heute Morgen von ihren Sammelplätzen bei der französischen Botschaft abgezogen ist und die Stadt Bahri nach Omdurman durchquert hat.
Diese flagrante Verletzung des Völkerrechts und des humanitären Völkerrechts und des erklärten Waffenstillstands wurde von Angehörigen der französischen Botschaft, die den Vorfall dokumentierte, beobachtet und besucht.
Angesichts dieses feigen Angriffs und um die Sicherheit der französischen Staatsangehörigen zu wahren, mussten die Rapid Support Forces den Konvoi zum ersten Ausgangspunkt zurückbringen.
Die schnellen Unterstützungskräfte bekräftigen ihr uneingeschränktes Eintreten für den erklärten Waffenstillstand und die Öffnung humanitärer Korridore, um es den Bürgern zu ermöglichen, die notwendigen Dienstleistungen zu erhalten, und um die Bewegung ausländischer Staatsangehöriger in die von ihren Regierungen ausgewiesenen Evakuierungsgebiete zu erleichtern.
(Übersetzt mit Google Translate)
Das schwedische Parlament billigte den Einsatz des Militärs für eine Evakuierungsoperation, wie das schwedische Fernsehen SVT berichtete:
Am Sonntag gab das schwedische Parlament grünes Licht für die Entsendung einer bewaffneten Truppe in den Sudan, wo sich Berichten zufolge rund 100 Schweden, darunter Botschaftsmitarbeiter und ihre Familien, aufhalten. Dem Bericht des Ausschusses zufolge betrifft die Evakuierungsaktion „schwedische und ausländische Bürger und Ausrüstung“. (…)
Wann genau die Evakuierungsaktion durchgeführt wird, mit welchem Personal und wie die Zusammenarbeit mit anderen Ländern aussehen wird, dazu können die schwedischen Streitkräfte keine Angaben machen.
Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten hat vorgeschlagen und das Parlament hat beschlossen, dass die Regierung befugt ist, eine Evakuierungstruppe von bis zu 400 Mann in den Sudan zu schicken. (…) Laut Håkan Svenneling, außenpolitischer Sprecher, wird mit der Entsendung von etwa 150 Soldaten gerechnet.
(übersetzt mit deepl.com)
(Weiter nach Entwicklung)
Ich denke, es gehört jetzt eher in diesen Faden.
Für diejenigen, welche sich Kritik an der Fähigkeit Deutschlands für Rettungs- und Evakuierungsoperationen verbitten.
Deutschland hält im Gegensatz zu anderen Nationen Kräfte ausschließlich oder nahezu ausschließlich im Zuge der nationalen Risikovorsorge für Rettungs- und Evakuierungsoperationen bereit.
Es wurden Teile schon genannt, im Heer ist es die LLBrig 1. In dieser wird 2023 das Fallschirmjägerregiment 31 zusammen mit Luftlandeaufklärern und Luftlandepionieren der LLBrig1 im Zuge der nationalen Risikovorsorge bereithalten. Das ist der Kernauftrag des Fallschirmjägerregiments 31 und bildet sich strukturell im Zielbild des Heeres sogar als exklusives Strukturelement ab.
Das Einsatzführungskommando bildet für Planung und Führung einer Rettungs- und Evakuierungsoperationen aus Deutschland heraus einen Einsatzstab (koordinierende Schnittstelle zwischen den Teilstreitkräften sowie den Einheiten im Einsatz) unter Beteiligung weiterer Dienststellen. Mit Alarmierung des Einsatzstabes entsenden also auch viele andere Dienststellen der Bundeswehr Personal in den Stab. Den Aufwuchs der „bodengebundenen“ Kräfte zur Evakuierung innerhalb Deutschlands „organisiert“ die Division Schnelle Kräfte. Andere Kräfte werden in Zuständigkeit der TSK, der militärischen OrgBer bereitsgestellt. Dafür gibt es jeweils spezielle Verfahren, welche nach Alarmierung ausgelöst werden. Dabei richten sich Umfang und Art der eingesetzten Kräfte nach der Lage im Krisengebiet. Sobald sich Kräfte ins Krisengebiet „in Marsch setzen dürfen(!)“, übernimmt der Einsatzstab ihre operative Führung.
Szenare richten sich nach der Feindlage – permissiv, non- oder semi-permissive environment
Szenare können erfordern:
• Landevakuierung
• (schnelle) Luftevakuierung
• Seeevakuieruung
• Einen Mix aus allem.
In einem Szenario „Nationale Risikovorsorge für Rettungs- und Evakuierungsoperationen“ müssen die Fähigkeiten der einzelnen Teilstreitkräfte der BW eng ineinandergreifen. Die hierfür benötigten Prozesse und Verfahren von Planung und Führung sind komplex. Damit das Uhrwerk läuft, sind sie regelmäßig anzuwenden, zu überprüfen und optimieren.
Das folgt einer Übungsserie:
Die Militärische Evakuierungsübung Extricate Owl des Einsatzführungskommandos findet alle 2 Jahre statt. Dazwischen die Militärische Evakuierungsübung Schneller Adler der Division Schnelle Kräfte.
Das alles klingt alles gut, scheint ein guter Plan zu sein. Jedoch wurden all die o.g. Abläufe bisher zu wenig und noch nie (!) in ihrer Gesamtheit geübt. Immer nur Ausschnitte oder auch nur in einer Stabübung in Potsdam.
Oberhalb der taktischen Ebene ist dadurch ein zu geringes Verständnis für diese Verfahren vorhanden, zu wenig Praxis und Erfahrung, man beginnt immer wieder mit neuem Personal von vorn. die Fähigkeiten der einzelnen Teilstreitkräfte der BW werden zu wenig zusammengeführt. Heer und Seebataillon und DSK, z.B. bei „Schneller Adler“, es ist zu selten.
Wird „ausgelöst“, wie jetzt im Sudan, findet man sich also nicht in einem erfahrenem, beübten Team zusammen, sondern man startet zwar nicht bei Null, doch nicht da, wo notwendig.
Ergebnis ist regelmäßig: es läuft irgendwie, doch gefühlt zu langsam. Zu spät begonnen, zu wenig Alternativen, zu eng gedacht.
Aktuell sehen wir wieder: USA mit konsequentem Ansatz, rechtzeitig geplant, Prioritäten gesetzt. Erfolgreich. Mutig. Professionell. Zunächst die Botschaft und nicht ein Mix aus Botschaft und Rucksacktouristen, welche gern Abenteuer suchen,
Ich rege an, für die Diskussion, zu überlegen ob es nicht andere besserer Verfahren gibt als das gegenwärtige in Deutschland. Andere Nationen haben diese Exklusivität wie LLBrig 1 (insbesondere Rgt 31) nicht, sind jedoch im Ergebnis nicht schlechter. Aktuell sogar schneller vor Ort. Warum?
Es stellt sich mit Blick auf AFG und jetzt SUDAN, ist es zeitgemäß national zu denken(?), ist Deutschland tatsächlich bereit und fähig für eine der NATIONALE Risikovorsorge für Rettungs- und Evakuierungsoperationen? Oder denkt man zu klein. Klar ist doch, wenn es zu einer echten Krise kommt, wird man sich immer auf andere, „größere“ Nationen abstützen müssen. Der Klassiker AFG! “non- oder semi-permissive environment” – Im Grunde kann das Deutschland nie allein, doch es wird der Politik so verkauft. Für kleinere Krisen fehlt darüber hinaus die politische Entschlossenheit, oft sogar die militärische Entschlossenheit, Kräfte einzusetzen.
Daher ein zusätzlicher Aspekt zur Diskussion:
Im November 2022 sprach man bei einem Treffen der EU-Verteidigungsminister über zwei Einsatzszenarien für die geplante schnelle militärische EU Eingreiftruppe: Bis zu 5000 Soldaten, 2 Szenarien:
Bei dem ersten Szenario handele es sich um „Rettungs- und Evakuierungsoperationen“, (!!) bei dem zweiten Szenario um den Beginn eines „Stabilisierungseinsatzes“.
Aktuell sieht man Multinationalität ist gerade mal wieder nicht angesagt
Interessant bei wem sich Austin für einen kritischen Beitrag bedankt: Djibouti und Äthiopien erschließen sich für die Bereitstellung der Lande / Tankmöglichkeiten. Aber welcher Beitrag von Saudi-Arabien war kritisch?
Ganz spekulativ vielleicht etwas auf der diplomatischen Ebene?
Hamdan Daglo und seine RSF haben in der Vergangenheit für Saudi-Arabien im Jemen als Söldner gekämpft. Vielleicht ist da noch Kontakt und gegenseitiger Einfluss vorhanden. Genug um sicherzustellen dass RSF, ihre Unterstützung durch Wagner-Söldner und ihre russischen Luft-Boden-Raketen der Rettungsmission nicht in die Quere kommen?
@milblogger82
Danke für Ihre Punkte. Eines möchte ich allerdings zu bedenken geben: Bei den USA ist die Konzentration auf Botschaftspersonal schon nachvollziehbar, wenn die Rede davon ist, dass rund 16.000 bis 19.000 (!) US-Staatsbürger im Sudan sind – und selbst da zeichnet sich eine Debatte ab, warum für die zu wenig getan werde. Bei um die 200 deutschen Staatsbürgern – so die ungefähren letzten Zahlen des AA – wäre deutlich schlechter zu vermitteln, warum die nicht rausgeholt werden, die Diplomaten dagegen sehr wohl.
(Und ein Hinweis: Ich wäre dankbar, wenn es nicht in der Länge sein müsste…)
2x A-400M GAF 133 (54+25) + GAF 244 (54+36)
gestern Nachmittag von Wunstorf nach Decimomannu/Sardinien
heute ca. 8:30 gestartet ex Decimomannu Richtung östliches Mittelmeer (Jordanien?)
Ansonsten ist (offen) noch wenig los:
GBR RRR 4980 (ZM407 , A-400M) ex Brize Norton nach Akrotiri Airbase / Zypern
GBR ZH 869 (C 30J) ex Akrotiri Richtung Süd-West
[Bitte jetzt nicht hier alle militärischen Flugbewegungen in der Region auflisten, erst recht nicht, wenn – noch – spekulativ ist, ob das überhaupt mit der Lage im Sudan zu tun hat. T.W.]
Es lohnt sich, die Reuters-Meldung zu Ende zu lesen. Etwas lax übersetzt: Eine Evakuierung der zivilen US- Bürger im Sudan wird nicht erfolgen. Wer es bis Port Sudan schafft, den lesen wir auf. Wir geben ein paar nützliche Tipps für den Weg. Viel Glück.
Es kommt nicht oft vor, aber hier bin ich der Meinung der US- Verantwortlichen. Die Botschaftsangehörigen und ähnliche im staatlichen Auftrag im Land anwesende Deutsche haben sicherlich einen Anspruch gegen den Dienstherrn, dass er sie in brenzlichen Situationen herausholt. Warum aber soll das Leben von Soldaten riskiert werden, um Personen, die des lukrativen Geschäfts wegen oder aus familiären Gründen sich im Sudan aufhalten, herauszuholen? Schließlich ist der Sudan nicht erst seit Ausbruch der aktuellen Kämpfe Krisenregion.
Die USA haben schnell und effizient gehandelt – aber allein und nur für sich. Nach den bisherigen Informationsschnipseln sieht es nicht so aus, dass zumindest die EU gemeinsam handeln wird. Der Wert von Partnerschaften zeigt sich in der Krise.
@milblogger82
Die von Ihnen beschriebenen Abläufe wirken äußerst komplex und dadurch im Ernstfall fehleranfällig. Die entscheidenden Stellen (Politik) scheinen außerdem nicht diejenigen zu sein, die am Ende auch das Risiko tragen (entsendende Organisationen), was Entscheidungen selten besser macht. Außerdem scheint der Abstimmungsaufwand sehr hoch zu sein. Würde man einen übernationalen Ansatz wählen, würden Komplexität und Abstimmungsaufwand weiter zunehmen.
Im Gegensatz dazu arbeiten privatwirtschaftliche Akteure, die routinemäßig erfolgreiche Evakuierungen auch aus nichtpermissiven Umfeldern durchführen, mit kleinen Teams, schlanken Strukturen und kurzen Entscheidungswegen. Außerdem setzen diese Akteure bereits lange vor der eigentlichen Evakuierung an, so dass deren Kunden bereits vor Wochen vor einer möglichen Eskalation um Sudan gewarnt wurden und dadurch vor die Lage kommen bzw. den Großteil ihres Personals mit normalen Linienflügen ausfliegen und den Rest auf ein Szenario vorbereiten konnten, bei dem man ggf. längere Zeit vor Ort verbringen muss. Vielleicht kann die staatliche Krisenvorsorge davon lernen oder diese Aufgaben sogar an private Akteure auslagern?
@T.W.: Die Devise „Wenn man nicht alle glücklich machen kann, lässt man es gleich ganz.“ kann aber auch nicht die Lösung sein.
Ich könnte mir vorstellen, dass ein gezielter Austausch von offiziellem Personal sogar sehr gut vermittelt werden könnte. Also nicht benötige Personen raus, dafür ein (bewaffnetes) Element für Kommunikation und als Koordinierungsstelle für die restlichen Evakuierungen rein.
@ T.W. Kürzer, ok!
Nationalen Risikovorsorge/Rettungs- und Evakuierungsoperationen /Retten und Befreien der BW ist trotz großer Aufwendungen eine riesige Baustelle.
Retten und Befreien (Geiselbefreiung) Kompetenzgerangel zwischen GSG 9 und KSK, große Schnittmengen, zum Teil doppelte Fähigkeiten.
Rettungs- und Evakuierungsoperationen, große Ziele, medial gern aufgeblasen – regelmäßiger äußerst geringer output. Andere Nationen haben einen anderen, wirksameren Ansatz. GBR; NL; Skandinavien u.m.
NGO und große Unternehmen stützten sich seit langen parallel auf private Sicherheitsunternehmen im In- Und Ausland ab. Für Abläufe in den Staaten, in denen geretter werden mus, in Nachbarstaaten, Verbindungen zu anderen Ländern (Mitnahme).
NGO haben zum teil eigene Strukturen für Rückführungen.
Private Unternehmen und NGO haben dafür ehemalige Bundeswehroffiziere eingestellt, auch ehemalige Bundespolizisten (GSG 9)
Private Unternehmen und NGO kommen natürlich nicht in einer joint op eingeflogen, finden aber andere, auch wirksame Wege.
Nationalen Risikovorsorge/Rettungs- und Evakuierungsoperationen /Retten und Befreien der BW ist einmal richtig zu durchleuchten.
BMVg ist allerdings selbst nur bedingt dazu geeignet, die sind recht gut aufgestellt für Retten und Befreien. MilEvakOp ist Ort zu lange auf kleinster Flamme gefahren worden.
Ich empfehle das Parlament, gern auch verbunden mit der Frage, was tatsächlich aus AFG gelernt wurde.
Ich verstehe die Bedenken von T.W. bezüglich Prioritäten, da hat er einen Punkt. Doch die Botschaft ist, jetzt, in AFG oder auch später, man kann nicht alle mitnehmen. Aus Sicht des Staates mus man wagen, Prioritäten zu setzen. Kriterien sind zu entwickeln. Diplp Pers oder Frauen/Kinder. Das ist vorab grds zu klären und vor Ort ggf anzupassen.
Leider liegt die dt. Botschaft direkt nördl. des Blauen Nils in einer dicht besiedelten und wohl, teilweise, auch umkämpften Gegend. Der amerikanische Botschaftskomplex wiederrum mitten im Agrarland Westkhartums.
Das dürfte die Abholung wesentlich erleichtert haben. Da haben die USA eben schon Krisenvorsorge mit der Standortwahl betrieben.
[Nun ja. Die französische Botschaft liegt praktisch direkt am Flughafen, das nützt aber in der aktuellen Situation auch nichts… T.W.]
Segestes sagt:
23.04.2023 um 9:20 Uhr
Ich sehe das genauso
@Segestes
Ein Argument für die staatlich durchgeführte Evakuierung deutscher Staatsangehöriger aus Krisensituationen ist die außen- und sicherheitspolitische Glaubwürdigkeit Deutschlands. Wenn der deutsche Staat signalisiert, dass er seine Staatsangehörigen nicht schützen kann oder will, signalisiert dies Schwäche gegenüber einer Reihe von Akteuren (Organisierte Kriminalität, Terrorismus, bestimmte Staaten), was das Risiko erhöht, dass Deutsche und deutsche Interessen im Ausland von diesen angegriffen werden oder sie auf andere Weise geschädigt werden. Eine gelungene staatliche Evakuierung aus dem Sudan würde die Botschaft senden, dass der deutsche Staat über den politischen Willen und die Fähigkeiten dazu verfügt, seine Interessen auch in entfernten Teilen der Welt und unter schwierigen Bedingungen zu schützen.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass da 19000 amerikanische Rucksacktouristen durch den Sudan reisen. Die meisten werden dort arbeiten: für NGO’s, für internationale Unternehmen, usw. Natürlich müssen deren Entscheider sich darum kümmern, dass man rechtzeitig rauskommt. Wenn aber eine Firma einen Vertrag zu erfüllen hat – weil sie ein Kraftwerk betreibt, sich um Wasserversorgung kümmert oder im Bereich Bildung tätig ist – wird man sie da nicht so ohnes weiteres gehen lassen. Weder die sudanesischen Auftraggeber (egal ob privat oder staatlich) noch ihre eigenen Chefs. Also eine knifflige Situation.
Mein erstes Déjà-vu hierbei: am Freitag den 13. März 2020 wurden wegen Covid-19 in Deutschland die Schulen geschlossen. Morgens entschied das bei uns die Stadt, am Nachmittag das Kultusministerium für das ganze Land (also erst im Wochenende!). Richtige Entscheidung durch die Stadt, Versagen beim Kultusministerium. Die Analogie aus meiner Sicht zum Sudan: keiner der (eigentlichen) Entscheider hatte den Mut auch eine schwierige Entscheidung rechtzeitig zu treffen (gilt für die Zivilisten; beim Botschaftspersonal hoffe ich auf mehr Entscheidungsfreude).
Zweites Déjà-vu: Ahrtal 2021. Die ADD – eine einmalige Verwaltungsbehörde in Deutschland, denn ansonsten leistet man sich Regierungspräsidien – muss eine Katastrophe managen, was sie aber nicht kann (Verwaltung kann verwalten, aber nicht Chaos und Krise). Das Personal in der Einsatzleitung ist individuell top ausgebildet, kommt aus dem ganzen Bundesgebiet. Es wechselt aber täglich durch und ist größtenteils ortsfremd. Ergebnis: Alle Helfer im Tal schufften bis zum Umfallen, aber Koordination – meist Fehlanzeige. Wenn, wie milblogger82 schreibt, diese Szenarien auf den Entscheidungsebenen (und auch auf europäischer Ebene) so gut wie nie oder nur unzureichend geübt werden, dann entstehen natürlich jetzt einige Reibungsverluste und wertvolle Zeit geht verloren. Ein weiterer Punkt: die Fokussierung eines ganzen Regiments auf quasi nur EvakOp – aber die Enabler überall im Bundesgebiet verteilt. Hier müsste man in mehrfacher Hinsicht nachsteuern. Colourverhältnisse mit anderen Einheiten etablieren (gibt’s vielleicht auch schon?); Unterstützungskräfte direkt dem Regiment unterstellen (auch Hubschrauber, wenigstens ein paar H145); national mit allen Ebenen üben; im EU-Rahmen üben; Auftragsbreite des Regiments überdenken.
Nach meiner Auffassung sollten das „Ranger“ sein, Unterstützung für SOF bieten können, die dann eben auch EvakOp können, aber nicht nur dies. Allzu häufig kommt das ja bei uns nicht vor, aber halt immer mal wieder. Und jetzt drücke ich ganz fest die Daumen, dass alle dort eingesetzten Kräfte unsere bzw. ihre Landsleute heil da rausbekommen.
Die BW hat extra das KSK aufgestellt, um Deutsche aus dem Ausland evakuieren zu können unter Kriegsbedingungen. Deshalb ist es unverständlich, dass das KSK nicht ran darf, um die Deutschen aus dem Sudan zu evakuieren. Das stattdessen das Fallschirmjägerregim 31 zuständig sein soll! Die Evakuierung aus Kabul hat gezeigt, dass die Fallschirmjäger die Hilfe des KSK brauchen. Statt fester Einheiten für Evakuierungen zu schaffen, die regelmäßig miteinander üben, muss die BW für ieden Einsatz erst mühsam Truppen zusammenstellen, was unnötig Zeit kostet! Und wer entscheidet über den Einsatz? KSK, DSK, 1. Luftlandebrigade oder Einsatzführungskommando??? Kein Wunder dass die Bundeswehr immer der letzte ist bei Evakuierungen!
So, Leute. Die beiden vorangegangenen Kommentare zeigen exemplarisch, wie die Debatte hier läuft und eben nicht laufen sollte: Auf Basis von Mutmaßungen, Analogien etc. werden Schlussfolgerungen gezogen und dann kräftig Meinungen dazu abgelassen.
So was bringt hier keinem was; und ich moderiere das jetzt sehr energisch ab.
Frankreich hat losgelegt, andere sind dabei. Die Deutschen sind noch nicht bereit?
Zum Grundsatz: Agile Lösungen sind gefragt. Das was milblogger82 schrieb ist dysfunktional, alte Schule.
“Komplexe Organisation und organisierte Komplexität” – das gefällt den konventionellen militärischen Planern, entspricht nicht neuem militärischen Denken!
Was nicht mal in Übungen funktioniert, das war bekannt!!! AFG wurde schon mehrfach als Beispiel von Unvermögen in bestimmten Bereichen aber auch Abhängigkeiten erwähnt. Das es jetzt wieder nicht so richtig klappt, ist mit Ansage!
@sw
Also, die USA sind außen- und sicherheitspolitisch nicht glaubwürdig?? Diese Argumentation kann ich nicht ganz nachverfolgen. Oder meinen Sie eher, Deutschland muss zeigen, was es so kann? Hoffen wir mal, dass es gut geht.
@Segestes
Der Begriff der „Glaubwürdigkeit“ bezeichnet in der Außenpolitik die wahrgenommene Bereitschaft und Fähigkeit eines Staates, seine Interessen zu sichern. Je glaubwürdiger ein Staat agiert, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass seine Interessen angegriffen werden. Die USA, die 2021 in Afghanistan massiv an Glaubwürdigkeit verloren hatten, haben im Sudan durch die erfolgreiche Teilevakuierung ihre Glaubwürdigkeit wieder etwas gestärkt. Deutschland, dass international allgemein als wenig glaubwürdig wahrgenommen wird, hat im Sudan die Gelegenheit, durch die erfolgreiche Evakuierung eigener Staatsangehöriger Boden gut zu machen, auch wenn es bei vielen dieser Personen vielleicht keine rechtliche Verpflichtung des Staates zur Evakuierung gibt.
Ich wollte es eigentlich nicht nochmal erwähnen, aber Herr Wiegolds Kommentar hat mich dann doch nochmal dazu verleitet.
Solange uns, der blinden Masse keine verlässlichen Informationen vorliegen, verbietet es sich Einschätzungen der aktuellen Lage vor Ort bzw. der laufenen Evakuierungsoperation zu treffen und diese dann noch mit der persönlichen Meinung zu würzen. Das sollte vor allem jedem aktiv dienenden oder ehemaligen Soldaten klar sein. Wir haben nach Ende der Operation genügend Zeit mit allen zur Verfügung stehenden Informationen das ganze zu bewerten und je nach eigenem Gutdünken schön typisch deutsch zu „meckern“.
Ansonsten: Ruhe bewahren und Schnappatmung einstellen für den Moment.
@Herr Wiegold: Ich entschuldige mich für diesen Rant, aber bei unqualifizierten Meinungsäußerungen bezüglich komplexen Situationen platzt mir dann doch ab und zu der Kragen
@sw
Als Neuling möchte ich den gestrengen Hausherren nicht verärgern. Es wird schon sehr off topic, deshalb nur kurz. Die USA haben in Afghanistan ihre Interessen schlagartig geändert und diese neuen konsequent durchgezogen. Für mich glaubwürdig – dumm nur für die, die den Richtungswechsel nicht mitbekommen haben. Die Glaubwürdigkeit verliert man, wenn man etwas ankündigt und dann nicht realisieren kann – hier die Evakuierung aller Menschen mit deutschem Pass.
@ S4 Offz 23.04.2023 um 13:53 Uhr:
Gut gebrüllt Löwe, nicht während der Operation “meckern”, einverstanden. Doch analysieren, versuchen zu verstehen, das dann doch.
Es ist ziemlich offensichtlich, dass man mit dem deutschen Modell die Ziele wieder mal nicht erreicht.
Wenn dann die Lage mal so wäre, dass man eigentlich mit der Lufthansa abholen könnte, dann braucht es die Bundeswehr nicht. Wenn es aber eine komplexe Lage wie im Sudan ist, dann brauchen wir sie. Nicht nur für einen gewaltigen Aufmarsch im geographischen Umfeld, sondern für Handeln vor Ort.
“Wir haben nach Ende der Operation genügend Zeit mit allen zur Verfügung stehenden Informationen das ganze zu bewerten”.
In welchem Traumland leben Sie? Welche Operation ist gründlich bewertet worden? Nennen Sie mir eine. Meine Erfahrung ist, das wird sträflich vernachlässigt. MilEvacop AFG war z.B. nur bedingt ein Erfolg, auch wenn man es in der Bundeswehr gerne so darstellt, zum Teil sogar überhöht.
Übrigens bewerten ist die eine Sache, Folgern die nächste. Umsetzen die übernächste.
Klar da sind wir bisher einfach super gewesen. Schade habe ich nicht mitbekommen. Helfen Sie mir doch bitte!
1. Ich habe nie gesagt, dass Afghanistan ein Erfolg war. Oder irgendeine andere, sofern über den Sachverhalt von keinen toten deutschen Soldaten hinaus Maßstäbe an den Erfolg hat. Bei Afghanistan gebe ich ihnen mit maximal bedingt erfolgreich zu 100% Recht.
2. Ich rede von der aktuellen, laufenden Operation. Die können wir in aller Ruhe hier im Forum in 3-4 Tagen oder wann auch immer ins kleinste Detail zerlegen und analysieren/bewerten. Nur doch nicht bitteschön JETZT, während sie läuft und dann noch in Stammtischmanier. Das wird der Qualität dieses Forums in meinen Augen wahrlicht nicht gerecht.
3. Das Erfahrungsberichte in der Bundeswehr generell geschrieben werden und dann in der nächsten Schublade landen ist nichts neues. Das will ich weder abstreiten noch beschönigen. Das ist einer der großen Fehler, den wir immer wiederholen und uns dann wundern.
Das sollte mein Traumland ganz gut zusammenfassen ;)
@Segestes
„.Die Glaubwürdigkeit verliert man, wenn man etwas ankündigt und dann nicht realisieren kann – hier die Evakuierung aller Menschen mit deutschem Pass.“
Ja, das könnte passieren. Nach vorliegendem, hier präsentierten Infostand könnte es sogar sein, dass man hier deutsche Staatsangehörige zusätzlichen Risiken aussetzt. Auf Details verzichte ich hier, um dem Wunsch des Hausherrn nachzukommen.