Sicherheitshalber der Podcast Folge 70: Tāningupointo: Zeitenwende auf japanisch
Sicherheitshalber ist der Podcast zur sicherheitspolitischen Lage in Deutschland, Europa und der Welt. In Folge 70 sprechen Ulrike Franke, Frank Sauer, Carlo Masala und ich mit der Japan-Kennerin und -Forscherin Alexandra Sakaki. Alexandra erklärt, welche Zeitenwende sich in Japan gerade vollzieht – denn auch dort wird sicherheitspolitisch gerade gezwungenermaßen massiv umgedacht. Von einer Verdopplung der Verteidigungsausgaben ist die Rede.
Alexandra analysiert für uns, was die Hintergründe und Implikationen sind und wie wahrscheinlich es eigentlich ist, dass das alles wirklich so kommt. Abschließend wie immer der Sicherheitshinweis, der kurze Fingerzeig auf aktuelle, sicherheitspolitisch einschlägige Themen und Entwicklungen – diesmal mit einem neuen Auslandseinsatz der Bundeswehr im Niger, den durchgesickerten Umbauplänen für das Bundesverteidigungsministerium, Neuigkeiten vom AUKUS Deal sowie womöglich bald russischen Nuklearwaffen in Belarus.
Japan 00:02.36
Sicherheitshinweise: 00:57:16
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Sicherheitshalber Live, Do., 13.4., Akademie der Künste, Hanseatenweg 10, Berlin
Sicherheitshalber Live ist zurück in Berlin! Thomas Wiegold, Frank Sauer, Ulrike Franke und Carlo Masala diskutieren live und in Farbe aktuelle Fragen der Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Und Phoenix TV ist wie immer mit dabei.
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Erwähnte und weiterführende Interviews, Literatur und Dokumente:
Thema Japan
Unser Gast:
Dr. phil. Alexandra Sakaki, Stellvertretende Forschungsgruppenleiterin der Forschungsgruppe Asien, Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), Twitter: @SakakiAlexandra
»Die Zweifel an der Aufrüstung sind teilweise größer als in Deutschland«, Interview mit Alexandra Sakaki, Spiegel, 26.03.2023
Janani Mohan: Nuclear weapons gaffe in South Korea is a warning to leaders everywhere,Bulletin of the Atomic Scientists, 15.03.2023
Japans sicherheitspolitische Fähigkeiten und Ambitionen, Sicherheitshalber Folge 50, 04.11.2021
Sicherheitshinweise:
Carlo: Pistorius räumt auf (vielleicht)
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Frank: Russische Nuklearwaffen in Belarus
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Thomas: Neue Bundeswehrmission in Niger, “strukturiertes Ende” für MINUSMA-Beteiligung
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Rike: AUKUS – Die U-Boot-Planungen für Australien
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Danke für die sehr interessante Folge. War sehr aufschluss- und lehrreich.
Ein paar Dinge zur Ergänzung, die ich noch in den Ring werfen möchte:
1) Außenpolitisch tut sich Japan meiner Auffassung nach beim Thema Aussöhnung schwer mit seinen Nachbarn – schwerer als Deutschland. Es könnte Sicherheitspolitisch weiter sein, wenn es sich in der Vergangenheit deutlicher zu seiner Schuld im 2.WK bekannt hätte. Die letzten Jahrzehnte waren jedoch eher revisionistisch in Sachen Geschichtsbewusstsein (Schulbuchdiskussion) geprägt. Ein Signal, dass sich das nun ändern könnte, war vielleicht der jüngste Besuch Kishidas in Südkorea.
2) Ich beobachte ebenfalls einen Generationen-Gap bei der Friedensbewegung in Japan: Protest und politische Beteiligung ist vornehmlich eine Baby-Boomer-Beschäftigung. Sie ist wortwörtlich sehr alt. Ich glaube, der Widerstand wird schwächer, weil die Nachfolgegenerationen zunehmend apolitisch sind.
3) Karlo und Frank haben es bereits angesprochen: Personalmangel dürfte bei einer Aufrüstung massiv ausfallen. Mal in Zahlen: Die Bevölkerung Japans wird bis 2050 laut Prognosen von 120 Millionen auf 80 Millionen schrumpfen. Japan ist kein Einwanderungsland und die Selbstverteidigungsstreitkräfte sind als Arbeitsgeber nicht wirklich attraktiv, wie man hört. Ob man alles durch Technik kompensieren kann… ich habe da so meine Zweifel.
Gute Sendung.
Wie ist denn der Titelbegriff „Tāningupointo“ zu verstehen?
Ist das ein feststehender japanischer Begriff? Oder eine Verballhornung der japanischen Aussprache englischer Worte? Weil bei letzterem würde ich ggf. überdenken, ob das nicht von dem Ein oder Anderen als „rassistisch“ aufgefasst werden könnte. A la „Ching Chang Chong“.
@ D.F.
Ja, darum hat Deutschland ja auch so ein blendendes, herzliches Verhältnis bspw. zu Polen. Und zu Russland erst! (Wenn wir mal die beiden Länder, in denen wir im zweiten Weltkrieg die größten Verbrechen begangen haben, hernehmen.)
Oder mal ohne Witz: Dass Japans „Schuld im 2.WK“ in China und Südkorea ein beliebtes öffentliches Thema ist, hat mit den politischen Befindlichkeiten dieser Länder zu tun und mit wenig anderem. In Vietnam, Taiwan, Indonesien, den Philippinen, Singapur… alles Ländern, die unter der japanischen Besatzung länger und/oder mehr gelitten haben, ist das kaum relevant. In China war es das bis in die 80er auch nicht.
Ist bei Deutschland genau so. Die antideutsche Grundhaltung z.B, der polnischen Eliten wird sich auch durch noch so ausgeklügelte Vergangenheitsbewältigungsgesten nicht ändern. Was nicht heißen soll, dass man die Vergangenheitsbewältigung bleiben lassen sollte. Mit der eigenen Geschichte ehrlich zu sein, ist wichtig. Aber das Ablaßhandelmodell, demzufolge man damit politische Rehabilitation erreicht, kann man vergessen.
@ Tāningupointo
Nein. Das ist einfach ein englischer Begriff, der mit japanischen Schriftzeichen (Katakana halt) geschrieben wurde. Wenn man nun den Begriff wieder zurücktranskribiert, entsteht dieser unnötig exotisierende Eindruck. Ehrlicherweise sollte man „turning point“ schreiben. Man redet ja auch nicht von „poddokyasuto“,
Das ist die romanisierte Schreibweise von „turning point“ oder auf Japanisch ターニングポイント. Die Japaner nutzen viele Anglizismen.
@TobyR
Ein paar Gedanken zu Ihrer Replik und dem Verhältnis zur eigenen, jüngeren Geschichte im Vergleich zwischen Japan und Deutschland. Ich versuche mich kurz zu halten, weil sonst wahrscheinlich zu OT.
Auch wenn Deutschlands Verhältnis zu Polen momentan als belastet gelten kann, ist das eher eine Entwicklung der jüngeren Zeit und hängt stark mit der nationalkonservativen PiS zusammen. Wir sind mit den Polen gemeinsam in der EU und der NATO. Deutschland hat sich immer wieder zu seiner Schuld offen bekannt, Reparationszahlungen geleistet und Demut gezeigt. Das ist Staatsräson.
In Japan gibt es solch ein Schuldbewusstsein meiner Beobachtung nach nicht. Ohne zu weit auszuholen, hat es vermutlich mit der unterlassenen Aufarbeitung der Kriegsschuld direkt nach dem 2.WK in Japan zu tun. Die Amerikaner haben bei den Tokioter Prozessen Kaiser Hirohito verschont, obwohl dieser nachweislich involviert und informiert war bei der Errichtung der großostasiatischen Prosperitätssphäre mit der „Yamato-Rasse“ als natürliches „Führervolk“. Das (göttliche) Symbol des Kaisers sollte nicht zerstört werden. Im Gegensatz zu den Nürnberger Prozessen blieb die Frage der ultimativen Verantwortung somit ungeklärt. Der Mythos, Japan sei Opfer im 2. WK und habe lediglich versucht, Ostasien vom westlichen Kolonialismus zu befreien, hält sich hartnäckig.
Das Verhältnis zu Südkorea ist unter anderem zerrüttet, weil es immer wieder Zweifel an Japans Aufrichtigkeit bei den Themen „Trostfrauen“, Zwangsarbeit und Kolonisierung/Ausbeutung gab. Auch wenn japanische Regierungsvertreter sich mehrfach entschuldigten und Reparationszahlungen geleistet wurden, kam es wiederholt dazu, dass die gleichen Regierungsvertreter diese Schuld zu relativieren versuchten (Es habe sich nicht um Zwangsprostitution gehandelt; es sei notwendig gewesen, um die Moral der Soldaten aufrechtzuerhalten etc.). Das Thema mag beiderseits innenpolitisch missbraucht werden, hat aber in letzter Konsequenz außenpolitische Implikationen.
Dass nicht alles sauber ist in der Selbstwahrnehmung, zeigen auch die ständigen Besuche und Kranzniederlegungen im Yasukuni-Schrein, in dem auch Kriegsverbrecher geehrt werden. Man stelle sich vor, Göbbels und Himmler würden in Nürnberg auf einem Soldatenfriedhof geehrt. Dass das ein massiver Affront für die Opfer des japanischen Imperialismus ist, steht außer Frage.
Auch der Umgang mit dem Schulmaterial für den Geschichtsunterricht, das durch nationalkonservative Hardliner immer wieder gezielt verwässert wird, kann als Zeichen gewertet werden, dass man in Japan dann doch in gewissen Kreisen ein anderes Geschichtsbewusstsein hat. So kam es in Okinawa wiederholt zu Protesten, als man versuchte, die Greul der Kaiserlichen Japanischen Armee aus den Geschichtsbüchern zu tilgen. Diese hatten zum Beispiel vor der Schlacht um Okinawa Handgranaten an Frauen und Kinder verteilt. Sie sollten sich selbst in die Luft sprengen, um nicht den amerikanischen Dämonen in die Hände zu fallen. Man muss dazu wissen, dass Schulen keine freie Wahl beim Schulmaterial haben. Das wird von Tokio vorgegeben.
Wie brutal die Japaner in China vorgegangen sind, wird auch am Massaker von Nanjing deutlich. Auch wenn die Opferzahlen je nach Erzählung stark variieren, ist die Barbarei, die dort entfesselt wurde, unbestritten. Massenenthauptungen als Sportereignis für besonders eifrige Offiziere, Massenvergewaltigungen unvorstellbarer Brutalität. Dass den Chinesen der Kamm schwillt, wenn in Japan wieder irgendein Regierungsmitglied versucht, diese Verbrechen zu relativieren, ist selbstredend.
Mein subjektiver Eindruck ist, dass der Nationalismus in Japan nach wie vor stark ausgeprägt ist. Das wiederum ist ein außenpolitischer Hemmschuh für die Kooperation mit wichtigen Akteuren in der Region. Wir bekommen davon nur eher wenig mit und tendieren dazu, die Japaner als brave Exoten zu verklären. Ich möchte an der Stelle jedoch einwerfen, dass Nazi-Deutschland freilich mit dem Holocaust ungleich größere Schuld auf sich geladen hat, als das imperialistische Japan. Aber deshalb sollten wir es nicht zu leicht aus seiner Verantwortung entlassen.
Fand die Runde und Diskussionen höchst informativ.
Einige interessante Fakten bezüglich der Kelleratommächte und angestrebte Angriffsfähigkeiten.
Was mich zutiefst schockiert hat waren die Zahlen bezüglich Aukus. 336 Mrd australische Doller bis Mitte der 2050iger, also etwa 30/35 Jahre. Auch wenn natürlich sehr viel Wertschöpfung in Down-Under entstehen soll, ist dieser Wert (bei dem es ja vermutlich wie bei allen Projekten nicht bleiben wird) astronomisch. Für 8 U-Boote? Wahnsinn!
Auch im Hinblick auf das bisherige Budget der australischen Streitkräfte.
Ein solches Projekt könnte in Deutschland gesellschaftlich niemals umgesetzt werden.
Gruß Stefan
@ D.F.
Nichts davon ist mir unbekannt. Und nichts davon ändert meine Aussage: Für gute Gegenwartsbeziehungen ist das völlig irrelevant.
Japanische Kriegsverbrechen in China sind dort ins öffentliche Bewußtsein gerückt, seit die chinesische Führung das Thema Nationalismus für sich wieder entdeckt hat – und seitdem die Systemrivalität zu den USA die politische Hauptlinie geworden ist.
Vom deutschen Verhältnis zu Russland, das hier noch als bestes Äquivalent anzusprechen wäre (wenngleich allein das schon eine Relativierung des nationalsozialistischen Vernichtungskriegs darstellt), wollen wir zur Zeit wohl eher schweigen.
Desgleichen dienen die japanischen Kolonialverbrechen in Korea dort als ständiger politischer nützlicher Topos wie die (btw. um Größenordnungen brutaleren) Besatzungsverbrechen Deutschlands in Polen. Genau so wenig wie in dem einen Fall wird das durch den Bündnisstatus (unter der gemeinsamen Führung der USA) oder durch intensive nachbarschaftliche Handelsbeziehungen verändert. Und genau so wenig wird das durch Beschwichtigungsgesten jemals enden.
Sie dürfen ja gerne stolz darauf sein, wie gut Deutschland seine Schuld aufarbeitet und wie schlecht Japan das macht. Aber der Glaube, dass das politisch irgend einen großen Unterschied macht, ist irrational.
P.S.: Nur eine Sache noch, weil ich keine Lust habe, Ihr Posting en detail auseinanderzunehmen:
„Man muss dazu wissen, dass Schulen keine freie Wahl beim Schulmaterial haben. Das wird von Tokio vorgegeben.“
Das stimmt nicht. Die Schulbücher werden ganz im Gegenteil sehr wohl von den lokalen Schulbehörden ausgesucht. Sie müssen allerdings vorher vom Bildungsministerium genehmigt worden sein – wie das in Deutschland auf der Ebene der Bundesländer auch der Fall ist.
@TobyR
Schade, Sie haben offensichtlich meinen Punkt missverstanden. Es ging mir nicht um Lobhudelei deutscher Vergangenhheitsbewältigung oder Bashing Japans. Es ging darum, den Haltungsunterschied aufzuzeigen, den ich persönlich beobachte.
Sie sind der Meinung, das alles habe keinen Einfluss auf die Beziehungen zu seinen Nachbarn, benennen aber gleichzeitig richtigerweise, dass diese Themen innenpolitisch „ausgeschlachtet“ werden. Innenpolitik hat aber immer auch Einfluss auf die Außenpolitik. Wie groß dieser ist, da kann man sich ja durchaus streiten.
Schulbuchdiskussion: Okay, die Schulen haben freie Auswahl, aber die Wahl muss vom Ministerium abgenickt werden.
Im Übrigen müssen Sie meine Posts nicht auseinandernehmen. Ich freue mich aber durchaus über eine respektvolle Diskussion. :)
Apropos: Sie scheinen ja durchaus ein Kenner Japans zu sein. Da es hier ohnehin zu OT würde, warum führen wir das nicht z.B. per E-Mail fort? Vielleicht sind wir ja näher beieinander, als es den Anschein hat. Ich hätte keine Einwände, wenn Herr Wiegold Ihnen meine E-Mail-Adresse weiterreichen würde. D.h. nur wenn Sie Zeit und Interesse hätten.
@ D.F.
„Schulbuchdiskussion: Okay, die Schulen haben freie Auswahl, aber die Wahl muss vom Ministerium abgenickt werden.“
Wiederum nein. Das Ministerium genehmigt (wie in Deutschland, halt auf Länderebene) Schulbücher, die (wie in Deutschland) von privaten Verlagen produziert werden, und aus denen wählen (wie in Deutschland) die lokalen Behörden dann aus.
Der größte Skandal, den man konstruieren kann, ist: Das Bildungsministerium hat revisionistisch aufgestellte Schulbücher genehmigt. Die benutzt allerdings praktisch keine Schule. Der umgekehrte Fall, dass das Bildungsministerium angeblich revisionistische Darstellungen verlangt hätte, beruht auf einer Zeitungsente.
„Im Übrigen müssen Sie meine Posts nicht auseinandernehmen.“
Das ist glücklicherweise korrekt. Der deutsche Wissensstand re:Japan, mit dem man sich auseinanderzusetzen hat, ist im Regelfall der der USA minus 30 Jahre. Kann man drauf verzichten.
D.F:
Yasukuni
Wäre es Ihnen lieber gewesen, der Schrein wäre 1945 zerstört worden?
Es ist sehr schwierig, japanische Jenseitsvorstellungen jemand mit christlich-abendländischen Glaubensvorstellungen Geprägten nahezubringen.
Auch wir haben ja „Probleme“ mit dem dem Totengedenken.
Das zeigt beispielsweise der Fall des Kameraden Augustyniak, aber auch der Umgang mit den Gedenkmärschen zum Karfreitagsgefecht, wie der Schreiber dieser Zeilen vor fünf Jahren selber erfahren durfte.
Im Yasukuni Schrein wird den Seelen der japanischen Kriegstoten seit 1868 gedacht, aber seit 1965 auch der Seelen aller gefallenen Soldaten des zweiten Weltkrieges, nämlich im angegliederten Chinreisha Schrein.
Also auch meiner gefallenen Vorfahren…
Diese kleine, aber wichtige Detail wird in unseren Medien, besonders bei Besuchen von japanischen Regierungsmitgliedern im Yasukuni Schrein, nicht erwähnt – diese Besuche finden übrigens seit mehreren Jahren wohl nicht mehr statt.
Dafür steht in Berlin ein Trostfrauen-Denkmal, was ja schon zu diplomatischen Verwichklungen geführt hat. Zu Recht!
Wir haben hier in Deutschland seit geraumer Zeit Probleme mit der Erinnerung an die Toten, sieht hierzu beispielsweise die Umbennenung von Straßen und Plätzen.
Dazu ein Zitat:
„Was Menschen Übles tun, das überlebt sie,
Das Gute wird mit ihnen oft begraben.
So sei es auch mit Cäsar…“
Shakespeare, Julius Cäsar
@TobyR
Sie behaupten also, dass in Japan kein Geschichtsrevisionismus in den Schulbüchern und der Politik stattfindet. Alles ein alter Hut. Na, dann muss ich wohl die ganze Sache mit dem 自虐史観, (geschichtliche Selbstgeißelung), die gerne von LDP-Kohorten moniert wird, komplett missverstanden, und die Geschichten in den aktuellen 道徳 (Moralkunde) Lehrbüchern meiner Tochter, die eine ausgesprochene Opferperspektive auf den 2.WK haben, komplett eingebildet haben. Alles klar! Gibt auch keine Fachartikel von Anno 2021 bekannter deutscher Japanologen, die genau das fein herausarbeiten. Sicher Fake News. Konzentrieren wir uns lieber auf das schöne Japan (美しい国) und reden nicht über alte Kamellen. Ich muss jetzt ohnehin weg und das Kimigayo (Nationalhymne) mit den Kids üben, ist so mit dem 教育基本法 (Gesetz zur fundamentalen Bildung) von 2006 festgelegt. Yoroshiku.
Der Podcast war topp, auch wenn der Gast manchmal etwas überfahren wurde oder vor lauter Fragen fast nicht zu Wort kam.
Die Kommentare hier sind unterirdisch. Die Japaner bewältigen ihre Vergangenheit auf ihre Art, so wie wir Deutschen auf unsere Art. Ende des Vergleichs.
Da braucht man sich als Kommentator weder in Selbstmitleid wälzen noch arrogant auf Japan herabschauen. Oder auf andere Kommentatoren, weil man meint, man habe die Weisheit mit Löffeln gefressen.
@AlterOLt
Ich möchte den Japanern gewiss nicht das Betrauern ihrer Kriegstoten absprechen.
Gerade weil mir das Land sehr am Herzen liegt, habe ich diese offiziellen Besuche immer als bedauerlich wahrgenommen, weil sie eben in einem bestimmten Ansinnen durchgeführt wurden, die meist eher eine nationistische Motivation zu haben schienen. Dass man nun mit dem „Brauch“ gebrochen hat (es steht ja weiterhin allen Politikern frei, ihn als Privatperson zu besuchen) wird den Beziehungen zu den asiatischen Nachbarn vermutlich eher guttun.
Und ich stimme Ihnen gerne zu, dass wir auch ein gestörtes Verhältnis zu unserer Geschichte in Deutschland zu haben scheinen. Da ist auch nicht alles gut. Eine Anekdote:
Ich bin vor Kurzem in Berlin mit dem Bus gefahren und musste feststellen, dass an einer Haltestelle Kaiser Willhelm Richard von Weizäcker weichen musste. Das hat mich auch nachdenklich gestimmt.
Auch ein schönes Zitat von Shakespeare, in dem viel Wahres liegt.
Ich hätte auch noch eines:
„Those who cannot remember the past are condemned to repeat it.“
George de Santayana
Was ist denn jetzt an Beschaffungen konkret geplant (außer Mittelstreckenraketen und Beteiligung an Tempest)? Rike hat das zwar 2 mal gefragt aber so ganz wurde das mMn nicht beantwortet.
Meine Einlassungen sind offenbar missverständlich und vermitteln den Eindruck von Arroganz und Besserwissertum. Das tut mir leid, denn es war gewiss nicht meine Intention, Japan und die Japaner insgesamt herabzusetzen oder ihnen vorzuschreiben, was sie zu tun und zu lassen haben. Man mag es nicht glauben, aber das Land liegt mir aus ganz persönlichen Gründen sehr, sehr am Herzen, weshalb ich vielleicht auch mal etwas angefasst reagiere. Ich verabschiede mich nun aus dieser Diskussion, bedanke mich noch einmal recht herzlich für den spannenden Podcast und wünsche allen Mitlesern einen angenehmen Tag.
@D.F.:
Was bringt Ihnen denn eine Haltestelle für einen der deutschen Kaiser. k. A. ob der I. oder II. gemeint ist.
Aus der Geschichte zu lernen ist Aufgabe der politischen Bildung und nicht von Straßennamen und Plätzen oder sonstigen Orten. Für nicht wenige geschichtlich relevante Personen ist dass schlicht zu viel der Ehre.
wow Sohn vom König/Kaiser, ein paar Aufstände blutig niedergeschlagen (der I.) bzw. einen verheerenden WK mit ausgelöst (der II.)….
@Dominik
Aus der Geschichte lernen um die Gegenwart zu verstehen und die Zukunft anders gestalten zu können.. Das ist schon alles – besonders dann – wenn sich die Geschichte mitunter auch mal wiederholt.Das setzt natürlich die Akzeptanz der eigenen Geschichte im entsprechenden Kontext voraus.
Deutschland unterstützt die Sahelregion im Norden Afrikas seit Jahren.
Motto: Entwicklungspolitik als Zukunfts- und Friedenspolitik
Kennzeichen: Despoten, verfehlte Politik, gescheiterte militärische Missionen, Misswirtschaft….
Die EU und vor allem Frankreich und Deutschland intervenierten immer stärker im Sahel, u.a. um islamistische Terrorgruppen zu bekämpfen. Deutschland störte sich an französischen Alleingängen in Libyen und ordnete sich in Mali ohne große Überzeugung der französischen Strategie unter. Der Bundeswehreinsatz erfolgt aus Solidarität mit Frankreich. Dabei spielt die Ex-Kolonialmacht in Westafrika eine zweifelhafte Rolle.
Ein Resultat war der unfreiwillige militärische Abzug aus Mali im August 2022, der eine historische Zäsur und Überraschung Deutschland blieb! Putzt dann mal aus.
Verfehlte Entwicklungspolitik und eine wenig verantwortungsvolle Wirtschaftsaktivität der westlichen Welt wird jetzt wieder durch einen militärisches Engagement begleitet?
Doch nicht der langsame Abschied aus der Krisenregion?
Raus aus Mali, rein in den Niger: Erneut die bisher unbeantwortete Frage; Wie wohl die Bundeswehr im EU Konzert die Sahelzone stabilisieren will?
Deutschland sollte erst einmal einen intensivierten entwicklungspolitischen Ansatz im Sahel anstreben, mit politischer und wirtschaftlicher Stärke, Klugheit und Ehrlichkeit überzeugen, nicht wieder Truppen.
Bitte nicht die Kurzform für politisch Naive: Mali hat halt nicht geklappt, neue Drehscheibe Niger. (trial & error)
Hallo, Bundestag?
@ D.F.
„Sie behaupten also, dass in Japan kein Geschichtsrevisionismus in den Schulbüchern und der Politik stattfindet.“
Äh, nein?
P.S.: Und ja, ich kann das lesen, aber Kanji-Dropping, also nur um anzugeben, sehe ich trotzdem als schlechten Stil.