Deutsche Rüstungsexportgenehmigungen 2023: Ungarn und Ukraine an der Spitze
Bei den Exportgenehmigungen von Kriegswaffen und Rüstungsgütern aus Deutschland waren in den ersten drei Monaten dieses Jahres das NATO-Mitglied Ungarn sowie die Ukraine die beiden größten Empfängerländer. Nach der vom Bundeswirtschaftsministerium veröffentlichten vorläufigen Statistik für das erste Quartal entfiel auf die beiden Staaten gut die Hälfte der im ersten Quartal genehmigten Ausfuhren in Höhe von rund 2,4 Milliarden Euro.
Laut der Übersicht des Ministeriums vom (heutigen) Montag wurden in den ersten drei Monaten Ausfuhren von Kriegswaffen im Wert von 1,25 Milliarden Euro und von sonstigen Rüstungsgütern im Wert von 1,19 Milliarden Euro genehmigt. 90 Prozent der Exporterlaubnisse seien für Staaten in NATO und EU sowie gleichgestellte Staaten (Japan, Schweiz, Australien, Neuseeland), die Ukraine und Südkorea erteilt worden. Im ersten Quartal des vergangenen Jahres hatte der Gesamtwert der Ausfuhrgenehmigungen bei 2,88 Milliarden Euro gelegen; damals waren keine Exporte für die Ukraine dabei.
Für das größte Empfängerland Ungarn wurden bei einem Genehmigungsvolumen vor allem Munitionslieferungen für die Streitkräfte erfasst. Nach der Ukraine als zweitgrößtem Empfängerland folgen unter den zehn Staaten mit dem größten Umfang an Exportgenehmigungen Großbritannien, die USA, Frankreich, Südkorea, Österreich, Polen, Niger und die Vereinigten Arabischen Emirate. Für das Sahel-Land Niger, in dem die Bundeswehr künftig im Rahmen einer EU-Mission weiter Ausbildungshilfe leisten soll, wurden nach Angaben des Ministeriums vor allem Grenzüberwachungsflugzeuge genehmigt.
Bereits im vergangenen Jahr war auf die Ukraine mit Exportgenehmigungen im Umfang von 2,24 Milliarden Euro ein Viertel aller Ausfuhrerlaubnisse entfallen; das Land stand damit 2022 an der Spitze der Empfängerländer. Dieser Trend setzt sich offensichtlich fort, allerdings sagen die Ausfuhrgenehmigungen noch nichts über den tatsächlichen Stand der Exporte.
In der vergangenen Woche hatte die Ukraine die zugesagten Kampf- und Schützenpanzer aus Deutschland erhalten; Verteidigungsminister Oleksii Resnikow ließ sich demonstrativ bei der Fahrt in einem Marder-Schützenpanzer filmen:
Marder is an excellent example of German quality. I’ve tried it myself.
Look forward to taming Leopards soon. I love the way they roar!
Would be happy if @AnkaFeldhusen can join me. Let’s do it together!
Thank you to @Bundeskanzler, Boris Pistorius & the 🇩🇪 people! 🇺🇦🤝🇩🇪 pic.twitter.com/uTE8hwewpV— Oleksii Reznikov (@oleksiireznikov) March 29, 2023
(Foto: Aus Deutschland gelieferter Marder-Schützenpanzer in der Ukraine – Screenshot aus dem Twitter-Video des ukrainischen Verteidigungsministers)
Zitat:“In der vergangenen Woche hatte die Ukraine die zugesagten Kampf- und Schützenpanzer aus Deutschland erhalten.“
Bin gespannt darauf, zu erfahren, wie die sich gegen einen echten Gegner schlagen.
@Schlammstapfer Es ist alles ne Frage der Ausbildung. Wenn die tatsächlich sauber funktionieren und genug mun da ist muss es nicht schlecht sein. Zumal die Russenpanzer die Jack in the Box Fehlkonstruktion haben.
Ungarn ist wirklich interessant.
Der Spiegel informiert aktuell recht ausführlich über Ungarns mafiöse Vetternwirtschaft und Korruption.
Dass es Rheinmetall gar nicht stört, dass einige deutsche Unternehmen (Heidelberg Zement, ALDI, LIDL, aber auch viele Mittelständler) in Ungarn massivst weggemobbt werden, damit sie an Orbans Günstlinge unter Marktwert verkaufen.
Finde ich befremdlich wenn ein großer deutscher Rüstungskonzern bei den Verhältnissen in Ungarn, dort so stark verstrickt ist. Aber kennt man ja schon von MB, Audi, BMW und Bosch. fehlende Rechtsstaatlichkeit wird immer erst ein Problem wenns einen selbst betrifft, (lieben Gruß an Wintershall), aber meist selbst Schuld, Risikoanalysten sind wohl nicht gefragt.
Bei Rheinmetalls Rüstungsprojekten in Ungarn finde ich aber, dass die schlicht ein Sicherheitsrisiko darstellen und wundere mich über fie Stille der Bundesregierung. Gut öffentlich Radau ist nicht zielführend, aber hoffentlich hat man das im Blick.
[Bei den Erwägungen, ein NATO-Mitglied als problematisch für Rüstungsexporte einzustufen, rate ich ein wenig zur Zurückhaltung. Die Frage kann man natürlich auch bei anderen Mitgliedern der Allianz stellen, aber das ist eine Grundsatzfrage, die nicht an dieser Stelle geklärt werden kann. T.W.]
@T.W.
Ungarn ist nicht das einzige Problemmitglied der NATO. Waffenlieferungen an Staaten, die damit Kriegsverbrechen begehen, sind immer problematisch. Egal ob diese Staaten nun in der NATO sind (z.B. Türkei) oder nicht. Die NATO hat den Anspruch, auch ein Bündnis von Staaten mit gemeinsamen Werten zu sein. Wenn dann die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit zu groß wird, dann leidet darunter die Glaubwürdigkeit aller Mitgieder, einschließlich der Bundeswehr. Auch das muss man ansprechen dürfen.
@TW:
Die halbe (wenn nicht die ganze) NATO betrachtet wohl die Türkei als problematisch oder nicht?
Ist die NATO Mitgliedschaft ein Blanko Schein?
Es ging mir eben um den zweitgrößten „Kunden“ der deutschen Rüstungsindustrie aktuell – nicht umsonst sind gerade EU Milliarden eingefroren.
@Dominik Bezüglich Ungarn wäre ich ein wenig vorsichtig. Mein Arbeitgeber und unsere größten Kunden (Automotive) haben dort seit Jahren große Werke mit durchweg guten Erfahrungen. Einziges Problem war in den letzten Jahren die Inflation, aber die haben wir hier nun ja auch.
@Thomas Becker:
ich finde immer gut, wenn Unternehmen kurzfristig denken. Das ist wirklich schön für die großen deutschen Unternehmen, dass es diese noch nicht betrifft, nur sind Aldi und LIDL auch nicht gerade klein und werden trotzdem mit zweifelhaften Methoden aus dem Markt gedrängt.
Was meinen Sie warum ich „Aber kennt man ja schon von MB, Audi, BMW und Bosch. fehlende Rechtsstaatlichkeit wird immer erst ein Problem wenns einen selbst betrifft,“ schrieb?
Manchmal lohnt der Blick in andere Branchen um rechtzeitig zu erkennen was einem auch blühen könnte. Meist macht es sogar Sinn, eventuell gemeinsam gegen die Methoden der ungarischen Regierung vorzugehen. Aber wenn der kurzfristige Profit und billige Löhne locken, dann klappts auch mit dem Jahresboni, wen interessieren da Probleme mit der Rechtsstaatlichkeit, die Abschreibungen von Milliardenverlusten darf der Nachfolger machen.
[Dringende Bitte: Der OT „wie Ungarn mit ausländischen Unternehmen umgeht“ ist damit denke ich abgehandelt. T.W.]