Breuers erster Tagesbefehl: „Die Richtung stimmt, die Geschwindigkeit noch nicht“

Nachgetragen fürs Archiv: Wenige Tage nach seinem Amtsantritt am 17. März hat der neue Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, seinen ersten Tagesbefehl im Amt an die Streitkräfte gerichtet. Zur Dokumentation im Wortlaut:Berlin, 20. März 2023

Tagesbefehl des Generalinspekteurs der Bundeswehr

Soldatinnen und Soldaten, Reservistinnen und Reservisten,
zivile Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter!

Am vergangenen Freitag habe ich die Verantwortung als Generalinspekteur der Bundeswehr übernommen. Im Namen aller Angehörigen der Bundeswehr und ganz persönlich danke ich meinem Vorgänger, General Eberhard Zorn, für seinen jahrelangen Einsatz für unsere Streitkräfte. Es ist mir eine Ehre, ihm im Amt nachzufolgen.
Eine in jeder Hinsicht einsatzbereite Bundeswehr ist für unsere Auftragserfüllung in der Zeitenwende von entscheidender Bedeutung. Hier liegt mein Schwerpunkt. Ich bin zuversichtlich und dankbar, mit Ihnen – den engagierten, leistungsstarken und kreativen Menschen in der Bundeswehr – gemeinsam die Herausforderungen unserer Zeit anzugehen. Die Richtung stimmt, die Geschwindigkeit noch nicht.
Die Verteidigungspläne der NATO, die voraussichtlich bereits im Juli auf dem Gipfel in Litauen angenommen werden, sind keine theoretischen Konstrukte, sondern Herausforderung und Auftrag zugleich. Wir werden gemeinsam Verantwortung für den Beitrag der Bundeswehr übernehmen und unsere Bündnisverpflichtungen weiterhin verlässlich und in hoher Qualität erfüllen. Gerade hier kommt der Landesverteidigung eine neue, eine entscheidende Bedeutung zu. Gleichzeitig werden wir unsere Auslandseinsätze fortführen, wo immer notwendig Amtshilfe leisten und Kräfte für die nationale Krisenvorsorge bereithalten. Die Bundeswehr war und ist da, wenn sie gebraucht wird.
In enger Abstimmung mit unseren internationalen Partnern werden wir weiterhin die ukrainischen Streitkräfte umfangreich mit Material, Ausbildung und logistischer Folgeversorgung unterstützen. Viele von Ihnen spüren bereits jetzt die Auswirkungen auf unsere eigene Einsatzbereitschaft und den Grundbetrieb. Sie merken, dass unsere Unterstützung Ausbildung und Übung beeinflusst. Hier kann es kein kategorisches Entweder- oder geben. Wir werden dies immer wieder und mit wachem Auge bewerten müssen. Ohne Kompromisse wird es nicht gehen. Entschlossenheit, Flexibilität und Kreativität sind das Gebot der Stunde. Wir können das.
Im Summenzug heißt das für uns: zeitiger umsetzen, wendiger agieren. Im Team Bundeswehr wird jede und jeder gebraucht – auf allen Ebenen, in allen Bereichen. Es kann und wird für uns keine Plätze auf den Zuschauerrängen mehr geben. Wir müssen unverzüglich dort Änderungen herbeiführen, wo wir noch zu langsam sind, uns häufig selbst im Wege stehen oder in eine Sackgasse geraten sind. Ich erwarte, dass entsprechende Sachverhalte konstruktiv angegangen, beherzt abgestellt oder aber gemeldet werden, wo Ihnen dies nicht möglich ist.
Das Denken in Zuständigkeiten passt nicht zur Zeitenwende. Die momentan noch allzu gegenwärtige Prozessorientierung muss einem an den neuen Realitäten ausgerichteten Strategiedenken und einer klaren Einsatzorientierung weichen. Es gilt vielmehr für jede und jeden von uns, Verantwortung zu übernehmen und diese durch alle Vorgesetzten in der Führung von vorn auch zu leben. Ich bin mehr als bereit dazu. Begleiten Sie mich auf diesem Weg, lassen Sie uns nach vorn drängen. Lassen Sie uns die Erwartung erfüllen, die die Gesellschaft in Deutschland zu Recht an uns stellt: Streitkräfte, die das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes verteidigen können und wollen.
Ich gehe meine neuen Aufgaben mit großem Tatendrang an, aber auch mit gebührendem Respekt und Demut. Für unsere Zusammenarbeit verspreche ich Ihnen von meiner Seite klare Kante, Offenheit, Transparenz und Vertrauen und erwarte das gleiche auch von Ihnen.
Ich zähle auf jede Einzelne und jeden Einzelnen von Ihnen, auf Ihre Impulse und Ideen, mit denen wir die Zeitenwende für die Bundeswehr gestalten und gemeinsam meistern werden.
Ich freue mich auf die Aufgabe, die ich nur gemeinsam mit Ihnen schultern kann.
Packen wir es an.

Carsten Breuer
General

(Foto: Breuer bei Amtsantritt am 17.3.2023 vor dem Bendlerblock in Berlin – Thomas Imo/photothek.de)