Breuers erster Tagesbefehl: „Die Richtung stimmt, die Geschwindigkeit noch nicht“
Nachgetragen fürs Archiv: Wenige Tage nach seinem Amtsantritt am 17. März hat der neue Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, seinen ersten Tagesbefehl im Amt an die Streitkräfte gerichtet. Zur Dokumentation im Wortlaut:Berlin, 20. März 2023
Tagesbefehl des Generalinspekteurs der Bundeswehr
Soldatinnen und Soldaten, Reservistinnen und Reservisten,
zivile Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter!
Am vergangenen Freitag habe ich die Verantwortung als Generalinspekteur der Bundeswehr übernommen. Im Namen aller Angehörigen der Bundeswehr und ganz persönlich danke ich meinem Vorgänger, General Eberhard Zorn, für seinen jahrelangen Einsatz für unsere Streitkräfte. Es ist mir eine Ehre, ihm im Amt nachzufolgen.
Eine in jeder Hinsicht einsatzbereite Bundeswehr ist für unsere Auftragserfüllung in der Zeitenwende von entscheidender Bedeutung. Hier liegt mein Schwerpunkt. Ich bin zuversichtlich und dankbar, mit Ihnen – den engagierten, leistungsstarken und kreativen Menschen in der Bundeswehr – gemeinsam die Herausforderungen unserer Zeit anzugehen. Die Richtung stimmt, die Geschwindigkeit noch nicht.
Die Verteidigungspläne der NATO, die voraussichtlich bereits im Juli auf dem Gipfel in Litauen angenommen werden, sind keine theoretischen Konstrukte, sondern Herausforderung und Auftrag zugleich. Wir werden gemeinsam Verantwortung für den Beitrag der Bundeswehr übernehmen und unsere Bündnisverpflichtungen weiterhin verlässlich und in hoher Qualität erfüllen. Gerade hier kommt der Landesverteidigung eine neue, eine entscheidende Bedeutung zu. Gleichzeitig werden wir unsere Auslandseinsätze fortführen, wo immer notwendig Amtshilfe leisten und Kräfte für die nationale Krisenvorsorge bereithalten. Die Bundeswehr war und ist da, wenn sie gebraucht wird.
In enger Abstimmung mit unseren internationalen Partnern werden wir weiterhin die ukrainischen Streitkräfte umfangreich mit Material, Ausbildung und logistischer Folgeversorgung unterstützen. Viele von Ihnen spüren bereits jetzt die Auswirkungen auf unsere eigene Einsatzbereitschaft und den Grundbetrieb. Sie merken, dass unsere Unterstützung Ausbildung und Übung beeinflusst. Hier kann es kein kategorisches Entweder- oder geben. Wir werden dies immer wieder und mit wachem Auge bewerten müssen. Ohne Kompromisse wird es nicht gehen. Entschlossenheit, Flexibilität und Kreativität sind das Gebot der Stunde. Wir können das.
Im Summenzug heißt das für uns: zeitiger umsetzen, wendiger agieren. Im Team Bundeswehr wird jede und jeder gebraucht – auf allen Ebenen, in allen Bereichen. Es kann und wird für uns keine Plätze auf den Zuschauerrängen mehr geben. Wir müssen unverzüglich dort Änderungen herbeiführen, wo wir noch zu langsam sind, uns häufig selbst im Wege stehen oder in eine Sackgasse geraten sind. Ich erwarte, dass entsprechende Sachverhalte konstruktiv angegangen, beherzt abgestellt oder aber gemeldet werden, wo Ihnen dies nicht möglich ist.
Das Denken in Zuständigkeiten passt nicht zur Zeitenwende. Die momentan noch allzu gegenwärtige Prozessorientierung muss einem an den neuen Realitäten ausgerichteten Strategiedenken und einer klaren Einsatzorientierung weichen. Es gilt vielmehr für jede und jeden von uns, Verantwortung zu übernehmen und diese durch alle Vorgesetzten in der Führung von vorn auch zu leben. Ich bin mehr als bereit dazu. Begleiten Sie mich auf diesem Weg, lassen Sie uns nach vorn drängen. Lassen Sie uns die Erwartung erfüllen, die die Gesellschaft in Deutschland zu Recht an uns stellt: Streitkräfte, die das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes verteidigen können und wollen.
Ich gehe meine neuen Aufgaben mit großem Tatendrang an, aber auch mit gebührendem Respekt und Demut. Für unsere Zusammenarbeit verspreche ich Ihnen von meiner Seite klare Kante, Offenheit, Transparenz und Vertrauen und erwarte das gleiche auch von Ihnen.
Ich zähle auf jede Einzelne und jeden Einzelnen von Ihnen, auf Ihre Impulse und Ideen, mit denen wir die Zeitenwende für die Bundeswehr gestalten und gemeinsam meistern werden.
Ich freue mich auf die Aufgabe, die ich nur gemeinsam mit Ihnen schultern kann.
Packen wir es an.
Carsten Breuer
General
(Foto: Breuer bei Amtsantritt am 17.3.2023 vor dem Bendlerblock in Berlin – Thomas Imo/photothek.de)
Herrn General viel Erfolg und Fortune bei dieser Aufgabe – vielleicht könnte ihm endlich jemand das alte, löchrige Barett tauschen. Wenn der Generalinspekteur schon so rumläuft, macht es ihm die Truppe bald nach.
[Oh weh. Wir fangen an dieser Stelle bitte nicht die Anzugdiskussion an. T.W.]
Klare schnörkellose Sprache, ich bin beeindruckt.
Ein guter Einstand, wie schon bei Boris Pistorius im Januar.
„Über Wasser gehen“ werden beide nicht können, aber ich bin zuversichtlich dass die notwendigen Veränderungen, auch im Mindset, angegangen werden.
Tagesbefehl liest sich ja ganz gut – die Frage ist ja immer die nach der Umsetzung.
Besonders dieser Punkt:
„[…]Das Denken in Zuständigkeiten passt nicht zur Zeitenwende. Die momentan noch allzu gegenwärtige Prozessorientierung muss einem an den neuen Realitäten ausgerichteten Strategiedenken und einer klaren Einsatzorientierung weichen. Es gilt vielmehr für jede und jeden von uns, Verantwortung zu übernehmen und diese durch alle Vorgesetzten in der Führung von vorn auch zu leben. Ich bin mehr als bereit dazu. Begleiten Sie mich auf diesem Weg, lassen Sie uns nach vorn drängen[…]“
Wie naiv bin ich wenn ich hoffe, dass damit eine Restrukturierung und ein Abbau von Parallelstrukturen, Ämtern, gehobenen Kommandostellen etc.pp. eingeleitet wird?
Also eine Verschlankung der Gesamtstruktur?
Denn, da sollte man sich glaube ich nichts vormachen, wenn nicht an der Struktur gearbeitet wird ist alles andere wenig erfolgversprechend.
Das Problem ist allerdings, dass hierzu die Leute die von der Struktur profitieren (durch Sterne auf der Schulter, schicke Dienstgebäude und persönliche Wichtigkeit) sich selbst wegrationalisieren müssten…
Als Mathematiker würde ich sagen, ein Vektor mit Geschwindigkeit Null hat keine Richtung. Insofern lässt mich die Botschaft, dass die Richtung stimmt, nur die Geschwindigkeit noch nicht, etwas ratlos zurück.
Die Aussage, dass das Denken in Zuständigkeiten nicht zur Zeitenwende passt, halte ich ebenfalls für fragwürdig. Ziel kann ja nicht sein, dass jeder außerhalb seiner Zuständigkeiten nun Entscheidungen trifft. Ohne klare Zuständigkeiten funktioniert keine Armee dieser Welt. Wir haben mit den zahlreichen Umstrukturierungen (mit Zerstückelung der Bw in – wenn ich richtig zähle – 11 Org-Bereiche) der vergangenen Jahrzehnte untaugliche Strukturen geschaffen, dabei Betroffenheit (Truppe), Expertise, Ressourcen (u. a. Haushaltsmittel und Vertragswesen) und nominale Verantwortung möglichst weit voneinander entfernt. Ohne eine Änderung der Strukturen lässt sich eine Zeitenwende, die diesen Namen auch verdient, m. E. nicht realisieren. Ziel müssten klare Verantwortlichkeiten in funktionsfähigen und verschlankten Strukturen sein, nicht die Abschaffung von Zuständigkeiten.
In einem anderen Faden ist noch die Beantwortung einer von Christoph gestellten Frage offen:
„Eine Frage zur Uniform von General Breuer: Warum trägt er eigentlich noch das Barett der Heeresflugabwehrtruppe, obwohl diese längst aufgelöst wurde? Gibt es noch weitere Soldaten in der Bundeswehr mit Barett und/oder Litze/Kragenspiegel der Heeresflugabwehrtruppe?“
Deren Beantwortung liegt mir sehr am Herzen – ich hoffe, der Chef erlaubt dies:
General Breuer und hunderte weiter Soldaten der HFlaTr – Aktive wie Reservisten – tragen sofern sie im Rahmen der Auflösung nicht anderen TSK/TrG zugeordnet wurden weiterhin ihr Barett, ihre Waffenfarbe und somit auch ihren Waffenstolz. Warum? Weil InspH und GI uns das im Zuge der Auflösungsentscheidung ehrenwörtlich zugesagt haben.
Es ist wie in der freien Wirtschaft – die Führung zieht sich unter dem Stichwort „Empowerment“ aus der Verantwortung, sinnvolle, effiziente und effektive Organisationsstrukturen und die Ressourcen zu schaffen, innerhalb derer die Aufgaben erledigt werden können. Stattdessen wird der einzelne verantwortlich gemacht, am besten begleitet von einem Framing, dass das auch noch die Selbständigkeit und Kreativität des einzelnen fördert. Anstatt dass das gesamte System verbessert wird, ist es Glückssache, einen Sachbearbeiter zu haben, der noch nicht ausgebrannt ist und das nötige Engagement mitbringt. Ich hatte das für eine fatale Entwicklung.
@Gunner who: Ohne eine Anzugsdiskussion führen zu wollen, würde ich doch vermuten, daß General Breuer nur deshalb sein (altes) Barett der Heeresflugabwehrtruppe trägt, weil diese vor 11 Jahren aufgelöst worden ist und neue Barette der Heeresflugabwehrtruppe nicht mehr neu beschafft werden können und er Stolz auf seine alte Truppengattung ist.
PS: Bin mal gespannt, wie der GI auf den Zuschauerrängen aufräumen will.
„Die momentan noch allzu gegenwärtige Prozessorientierung muss einem an den neuen Realitäten ausgerichteten Strategiedenken und einer klaren Einsatzorientierung weichen“ => war die Prozessorientierung nicht eben noch das Allheilmittel? Ich werde über Ostern freiwillig noch zusätzliche Vaterunser beten, wenn man dieses Prozessgedöns endlich auf dem Müllhaufen der Geschichte entsorgt, und endlich wieder geführt wird, anstelle des Abschliessens von Zielvereinbarungen.
Allein für diese Aufgabe braucht der neue GI viel Kraft. Sehr viel. Ich wünsche sie ihm, ebenso wie der hoffentlich bald neuen Führungscrew.
Fragwürdig sind diejenigen, die jeden aber auch jeden Neubeginn zu kritisieren haben. Zumeist ohne eigene Verantwortung zu haben.
Schuld am Zustand der Bundeswehr ist die Politik der letzten Jahre und die Generalität dieser Zeit. Keiner hat versucht den Unsinn „Vom Einsatz her denken“ zu stoppen. Dies hat ja zum radikalen Niedergang der Einsatzbereitschaft der Bw im Sinne der Landesverteidigung geführt.Vielmehr wurden damalige Kritiker verhöhnt.
@all
Geht ja gut los an meinem ersten Tag nach dem Urlaub: Die Trottel melden sich zurück und wollen mit aller Macht den neuen GI diskreditieren, weil er ein altes Barett trägt.
Den Blödsinn lassen wir jetzt mal sein; etliche entsprechende Kommentare habe ich schon gestoppt.
Danke an TW für den Kommentar von 16.09h.
Gen Breuer hat bereits bewiesen, dass er das Zeug zum Soldatenführer und nicht nur zum Hobby-Politiker und Sternejäger hat, wie leider viele seiner G-Kameraden.
Die „arbeitende“ Truppe wartet schon lange auf einen Beißer, der die Kameraden aller Dienstgrade aufzuwecken imstande ist. Insofern regt sich bei dem Duo Pistorius/Breuer große Hoffnung- und die stirbt bekanntlich zuletzt!
Spieß
Also ich finde den Tagesbefehl gelungen. Kritisieren kann man natürlich immer. Aber wie wäre es dann auch mit konkreten Verbesserungsvorschlägen für die Formulierung um sich selber Kritik auszusetzen?
Konkretes Beispiel von Giordano Bruno: Vektor mit Geschwindigkeit Null hat keine Richtung. General Breuer schrieb wörtlich: „Die Richtung stimmt, Die Geschwindigkeit noch nicht.“ Von Geschwindigkeit Null war nie die Rede. Also ja – die Richtung des Vektors ist korrekt – nur die Länge noch nicht. Ich persönlich habe mal in einem Projektkontext formuliert: „Wir kriechen in die richtige Richtung“. Insofern finde ich die Formulierung von General Breuer absolut in Ordnung und korrekt.
Ich mochte den Hausherren ja schon immer – aber dass er jetzt endlich mal expressis verbis diese quer-schwurbelnden Wut-Soldaten „Trottel“ nennt, macht ihn mir noch sympathischer :-)
Danke für die klare Kante, die definitiv sicher im Sinne des neuen GI ist!
Eigentlich sinnlos die ein oder andere Entgleisung hier zu kommentieren – don’t feed the Troll.
Lediglich „der Kaeptn“ geht mir sowas von gegen den Strich, das ich ihm in jedem Punkt definitiv widerspreche (ohne Lust auf einen Dialog mit ihm)!
Gerade Empowerment brauchen wir noch viel mehr – wir nennen das übrigens Auftragstaktik.
Leider sind immer noch manche stolz, wenn Sie durch sklavische Interpretation von längst überholten Vorschriften etwas verhindern können. „Ich habe Recht“ scheint manchen immer noch mehr Befriedigung zu geben als „Ich hab’s möglich gemacht“. Wir brauchen definitiv eine geistige Zeitenwende: MacherInnen, die Dinge unkonventionell ans Laufen bringen. Weniger hausgemachte und unnötige Bürokratie und Absicherungsdenken durch überflüssigen Papierkram nach dem Motto „wo steht das“?: klare Befehle wieder verstärkt auch mündlich geben. Persönlich Verantwortung übernehmen und entscheiden, im Sinne der übergeordneten Führung „machen“, improvisieren können, niemals aufgeben – das sind essenzielle soldatische Prinzipien. In unklaren Situationen mit Risiken umzugehen ist zeitloser Kern des Soldatenberufes.
[Oh weh, eigentlich versuche ich verbale Eskalation zu vermeiden. Auch wenn es mir an dieser Stelle Lob einbringt: es wäre schön, wenn das nicht stilprägend würde. Und ich lasse es dann auch; es war dem Ärger geschuldet, und ich werde das einfach lassen. T.W.]
@Giordano Bruno: Ich halte Ihre Polemik im ersten Absatz für unangemessen und nicht angebracht. Es geht hier um die Sicherheit dieses Landes und seiner Bündnispartner.
Als Führungskraft macht General Breuer aus meiner Sicht das Richtige, und er trifft sowohl im Ton als auch beim Inhalt.. Veränderung beginnt bei jedem Einzelnen, unabhängig von der Hierarchie. Dazu gehören die Übernahme von Verantwortung, ein konstruktiver Gemeinsinn und ein klares Ziel.
Gut, es sind nur Worte. Ich bin gespannt auf die Taten.
@POO @ 17:40:
Danke für die Worte, die mir aus dem Herzen sprechen. Genauso!
Ich habe es soo satt, dass Kameraden sich, an entscheidenen Stellen sitzend, manisch an Mitzeichnungen, politische Überlegungen und vollkommen verdrehten Auslegungen von Vorschriften klammern, um ja nie etwas zu entscheiden.
Ich komme aus der Fliegerei und da wurde dir eingebleut: „Making a decision is always better as to making no decision at all, even if it proves to be wrong.“
Ich wäre ja schon happy wenn wir endlich mal anfangen würden Vorschriften nicht immer wie folgt zu interpretieren:
„Was nicht explizit erlaubt ist, ist verboten!“ und anstelle eher wie folgt denken:
„Was nicht explizit verboten ist, ist erlaubt!“
Das würde uns schon mal direkt weiterbringen ohne groß was ändern zu müssen.
Generalinspekteur Breuer sagt: „Das Denken in Zuständigkeiten passt nicht zur Zeitenwende. Die momentan noch allzu gegenwärtige Prozessorientierung muss einem an den neuen Realitäten ausgerichteten Strategiedenken und einer klaren Einsatzorientierung weichen.“
Heißt das: „Wenn einer was braucht, versucht nicht, euch für unzuständig zu erklären, und wenn es keinen schriftlich geregelten Prozess gibt, nichts zu tun. Das wichtigste ist das Ergebnis: Einsatzbereitschaft. Seht zu, dass den Leuten geholfen wird. Findet den Zuständigen, helft den Leuten unbürokratisch weiter.“
Das könnte es heißen. Oder auch nicht. Wenn nicht, was will der GI damit sagen?
@POO
„Gerade Empowerment brauchen wir noch viel mehr – wir nennen das übrigens Auftragstaktik.“
Sagen Sie das der Dienstaufsicht. Wenn ‚was daneben geht verweist man immer wieder auf die Vorschriftenlage, und wehe, man weicht von dieser ab, auch wenn es dafür gute Gründe gibt.
@ Nachhaltig: Die Bewertung, dass die beabsichtigten Verbesserungen der Zeitenwende gerade null Geschwindigkeit haben, habe ich mir erlaubt. Ich diene seit gut 40 Jahren in dieser Armee. Vor gut einem Jahr wurde die Zeitenwende ausgerufen. In der Truppe ist bislang maximal eine Uhrenumstellung angekommen. Sie mögen das als Polemik empfinden, für mich ist es der Ausdruck des Schmerzes, den ich beim Zustand der Streitkräfte und in meinem Dienstalltag seit geraumer Zeit empfinde.
Mir ist klar, dass eine Zeitenwende Zeit benötigt. Aber im Grunde ähneln sich die Tagesbefehle und Grundsatzreden der Leitungsebene der letzten 15 Jahren allesamt: Der Zustand der Streitkräfte ist schlecht, das wurde erkannt und nun geht es bergauf. Dafür müssen nur noch alle die Ärmel hochkrempeln.
Sorry, aber ich befinde mich seit über 40 Jahren auf dem Spielfeld. Auf diesem Spielfeld kann man soviel rackern wie man will, man kommt kaum voran, wenn überhaupt. Nach meiner Bewertung bedarf es dafür wesentlicher Änderungen in Organsiation, Zuständigkeiten und Regelungen. Die Idee, dass die Zeitenwende mit bestehenden Strukturen realisiert werden kann, sofern nur alle ordentlich anpacken, halte ich persönlich für eine Illusion.
Dass ein neuer Verteidigungsminister eine gewisse Zeit benötigt, das zu erkennen, verstehe ich. Aber von einem Vier-Sterne-General, der dazu ausgewählt wurde, der erste militärische Berater des Verteidigungsministers zu sein, und der seit mehreren Jahrzehnten „dabei ist“, würde ich erwarten, dass er Ursachen grundsätzlich versteht. Aus dem Tagesbefehl vermag ich das nicht zu erkennen. Daher meine leichte Enttäuschung.
Der Minister und sein GenInsp trauen sich zu, den hinhaltenden Widerstand des Apparats BMVg zu überwinden, z.B. endlich die Dysfunktionalität und die Misere bei der Rüstungsbeschaffung abzustellen.
Ich glaube nicht daran, wir erleben jeden Tag im unveränderten BMVg, wie sich in mancher Besprechung Alphamännchen/-frauen aufplustern und die Welt erklären. (und wir fragen uns, ob sie denn neben der Selbstbeweihräucherung auch zu “Management” fähig sind).
„Die vielfach beklagte Dysfunktionalität von Strukturen, die Unklarheit von Zuständigkeiten in Prozessen, Verfahren und Abläufen sowie die Unschärfe in Schnittstellen ist zu überwinden” Das hört man seit Jahren. Wer soll sie denn überwinden? Der Apparat BMVg, seine Spitze?
Der Weg, die Bundeswehr wieder zu einem funktionierenden Mittel im außen- und sicherheitspolitischen Instrumentenkasten Deutschlands werden zu lassen, war durch die einschlägigen Dokumente (Weißbuch, Konzeption der Bundeswehr, Fähigkeitsprofil) grundsätzlich vorgezeichnet. Wer war der Projektbeauftragte für das Weißbuch? General Breuer, na dann! Die Leistungsbilianz ist noch ungenügend. Schauen wir aufmerksam hin!
Auch der neue GI ist seit Jahrzehnten Soldat. Man muss sicherlich nicht erst GI werden um festzustellen, dass es tatsächlich schlecht aussieht und das die Bundeswehr, gerade in vielen politischen Köpfen nicht vorkommt und überhaupt kein Interesse besteht, daran was zu ändern.
Ich gehe mal davon aus sowohl der GI als auch der BM die strukturellen Probleme im Geschäftsbereich BMVg sehr bald in Angriff nehmen. Die Schwächen sind jetzt hoffentlich umfassend erkannt, denn Untersuchungen hatten wir ja zur Genüge unter verschiedenen Ministern. Die Frage wie man jetzt bessere und funktionale Strukturen aufbaut wird wohl in den Wochen nach Ostern im Ministerium startend angegangen. Ich erwarte da grundsätzliche Änderungen die auch die neue Weltlage widerspiegeln. Dazu nimmt der Minister auch seine Mitarbeiter im BMVg wie bisher kommunikativ mit ins Boot. Das macht er wie ich finde richtig gut! Bin mal gespannt was es neben dem neuen Planungs- und Führungsstab (siehe Business Insider) so alles an Umstrukturierungen geben wird. Als Frosch im Teich werde ich jedenfalls bei der Verkündung des neuen Wasserpegels und der angepassten Teichgröße gespannt lauschen.
Zitat GI: „Es gilt vielmehr für jede und jeden von uns, Verantwortung zu übernehmen und diese durch alle Vorgesetzten in der Führung von vorn auch zu leben.“
Ich denke, dass die Bereitschaft, Führungsverantwortung zu übernehmen und ggf. auch unpopuläre und nicht dreimal nach „oben“, links und rechts abgesicherte Entscheidungen zu treffen, weitgehend abhanden gekommen ist. Dazu gibt es einfach zu viele Parallelstrukturen und Mitzeichnende: Zu viele Häuptlinge, zu wenige „Indianer“! Eine Strukturreform, die die Kopflastigkeit der Bw aufgrund von aufgeblähten Abteilungen im BMVg, Ämtern, Organisations- und Befehlsbereichen beseitigt, ist m.E. eine zentrale Aufgabe der neuen Führung von Minister und GI.
Donnerwetter
@AN_Defense
Demain, à partir de 9h, la @AN_Defense auditionne le @BundeswehrGI, General-inspekteur de la #Bundeswehr.
📺 À suivre en #DirectAN 👉 assnat.fr/APN8Dy.
#Défense #DirectAN
Befragung DEU GI vor FRA Parlament. Franzosen machen vor was geht.
„@AN_Defense
Demain, à partir de 9h, la @AN_Defense auditionne le @BundeswehrGI, General-inspekteur de la #Bundeswehr.
📺 À suivre en #DirectAN 👉 assnat.fr/APN8Dy.
#Défense #DirectAN
Befragung DEU GI vor FRA Parlament. Franzosen machen vor was geht.“
Vor wenigen Wochen hatte General Zorn noch sein „Vorsprechen“ (oder vorsingen – ich liebe Übersetzungsprogramme :-)) vor der französischen Nationalversammlung. Die Idee finde ich gut. Wie wäre es denn mal im Bundestag mit einer Befragung?
Vielleicht hilft es ja schon, wenn so mancher/manche endlich aufhören würde, den ganzen lieben langen Tag Mikado zu spielen.?!
@ Pumpe: Danke – es gibt also noch Mitstreiter :-) – keep on going!
@ Thomas Melber – Das ist genau der Punkt: nicht immer nur vorwurfsvoll „nach oben schauen“, sondern im EIGENEN Verantwortungsbereich (egal ob Trupp oder Korps) was zum positiven ändern! Zum Glück bin ich (als OF5 /B3 d.R. zumindest zeitweise) selbst „die Dienstaufsicht“ für knapp 1.000 Menschen – und da handle ich exact so – selbst wenn manch frustrierter nachgeordneter StOffz dann die Stirn in Falten legt und überlegt, ob er sich vielleicht über mich beschweren könnte – denn dann hat ER (die „Sie“s sind in dieser Armee übrigens mental deutlich weiter :-) ja vielleicht wieder RECHT… zumindest absorbiert er durch eine Beschwerde wieder Energie.
Ich bin diese jammernde „Opfer-Mentalität“ so satt – damit wäre wirklich kein Blumentopf zu gewinnen … in keinem Dienstgrad (wobei aus meiner Erfahrung die Mannschaften und Uffz o.P. sowie Offz alle Mumm haben, die Uffz m.P. nur zum geringsten Teil hoffnungslos frustriert sind, und durchaus motiviert werden können: problematisch sind insbesondere einige ältere StOffz.
Vielleicht wären Mittel aus dem Sondervermögen für Frühpensionierungen auf dieser Ebene gut angelegtes Geld um Dinge zu beschleunigen ;-)
Waren diese Typen eigentlich schon immer so (und sind nur nicht aufgefallen) – oder wodurch sind die so geworden?
Ich bleibe Optimist :-)
Ich verstehe die Angaben auf der Seite der franzöische Nationalversammlung folgendermaßen:
„Anhörung des Generalinspekteurs beim Verteidigungsausschuß“
Commission de la défense nationale et des forces armées – Audition du général Carsten Breuer, Generalinspekteur de la Bundeswehr.
Die Formulierung „Befragung“ halte ich für nicht zielführend. Ich halte den Verteidigungsausschuss des Parlamentes für eine gute Bühne um sich vorzustellen.
[Gibt einen neuen Thread zur Antrittstour des GI; andererseits sind das auch sehr feine Übersetzungsfragen… T.W.]
@ all:
Wie wäre es denn, wenn wir Gen. Breuer erstmal unvoreingenommen gegenüber stehen würden, ihm das Beste wünschen und seine Taten für ihn sprechen lassen würden?
Ich finde den Tagesbefehl, der naturgemäß eher abstrakt daher kommt und eher eine grobe Richtung vorgibt durchaus gelungen. Er lässt Bewegung in die richtige Richtung erhoffen. (Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt)
Im Übrigen sollten wir als Kommentierende vielleicht auch die frustgeborene Polemik etwas zurückfahren, um den Hausherrn ein Stück weit von Moderationsaufgaben zu entlasten, damit ihm mehr Zeit für die immer lesenswerten Artikel bleibt.
Man mag manches an diesem Tagesbefehl kritisieren, aber sine ira et studio: Tagesbefehle sind natürlich zu aller erst politische Texte. Aus meiner Sicht unterscheidet sich dieser Tagesbefehl drastisch vom bisherigen, austauschbaren „alles wird noch besser wenn ihr kämpft statt zu klagen“. Er geht da in mindestens zwei Formulierungen sehr viel weiter – einerseits im kritischen Aufgreifen unserer Interpretation von Prozessorientierung, die in Hyperadministration und Unbeweglichkeit führt, andererseits und, vielleicht wichtiger, in der Ansprache der Personen an die er sich wendet. Und das sind die engagierten, leistungsstarken, kreativen Menschen nicht “der Bw” sondern “in der Bw”. Alle Anderen werden hier bewusst ausgelassen. Ich persönlich war positiv überrascht.
Eine Einladung an alle mitzuhelfen das Ruder rum zureissen und eine Warnung an die Bremser und Verhinderer, dass es für sie keinen Platz mehr gibt. Insofern ist für mich dieser Tagesbefehl stimmig. Ich denke er zieht durch.
Verwundert habe ich mir die Augen gerieben, als ich den Tagesbefehl gelesen habe. Zweifellos sind viele Passagen richtig und müssen umgesetzt werden, andererseits werden aber meiner Meinung nach Widersprüche konstruiert, die gar keine sind.
Wie bereits von z.B. @Giordano Bruno und @Auslandsdiener angesprochen, möchte ich auf den Absatz eingehen „Das Denken in Zuständigkeiten passt nicht zur Zeitenwende. Die momentan noch allzu gegenwärtige Prozessorientierung muss einem an den neuen Realitäten ausgerichteten Strategiedenken und einer klaren Einsatzorientierung weichen.“
Zum ersten Satz: „Das Denken in Zuständigkeiten passt nicht zur Zeitenwende.“
Wenn jeder in seinen Zuständigkeiten denkt, handelt er richtig. Wer zuständig ist, sollte Kompetenz durch entsprechende Ausbildung und Erfahrung (Stichwort Verwendungsaufbau) haben. Wer inkompetent ist, ist fehl am Platz. Das entbindet den Zuständigen aber keineswegs, auf Mitdenkende und Beratende (auch Mitzeichnende gehören dazu) zu hören und deren Ratschläge zu berücksichtigen. Schlimmer als das Denken in Zuständigkeiten ist die Anmaßung von Zuständigkeit (qua Amt oder Dienstgrad) und der Zuständigkeits-Wirrwarr. Wer zuständig ist, ist auch verantwortlich. Teil-Zuständigkeiten bei komplexen Vorgängen sind zu berücksichtigen, möglicherweise hierdurch entstehende Zielkonflikte sind im Sinne des Auftrages auszuräumen.
Forderung: Mitdenken und beraten statt reinreden und Besserwissen. Zuständigkeiten klar regeln, Redundanzen vermeiden, ebenengerechte Entscheidungskompetenzen erteilen. Letzteres vermeidet auch, dass zu oft von oben nach unten eingegriffen wird bzw. in der Hierarchie Entscheidungsbedarfe verpuffen. Kleine Anmerkung hierzu: Die oft postulierte Fehlerkultur i.S. von Rückendeckung sollte endlich umgesetzt werden.
In dem Zusammenhang möchte ich betonen, dass Vorschriften (bzw. Regelungen) zu befolgen sind. Wird die Sinnhaftigkeit einer Regelung angezweifelt, ist die Regelung zu ändern, aber nicht gegen sie zu verstoßen (auch wenn es manchmal weh tut). Vorschriften selbst sind so zu erstellen, dass Handlungsspielraum einerseits und Null-Toleranz andererseits klar ersichtlich sind.
Zum zweiten Satz:
„Die momentan noch allzu gegenwärtige Prozessorientierung muss einem an den neuen Realitäten ausgerichteten Strategiedenken und einer klaren Einsatzorientierung weichen.“
„Prozessorientierung“ ist nicht falsch, sondern genauso wichtig wie „Vom Einsatz her denken“. Was unterscheidet richtig betriebene Prozessorientierung von (…) Strategiedenken?
Prozessorientierung kann und muss sich an strategischen Zielen ausrichten und in der Bundeswehr einsatzorientiert sein. Leider wurden Prozessanalysen in der Vergangenheit häufig untergraben oder unterbunden, weil sie zu möglicherweise unbequemen Ergebnissen geführt hätten. Hier teilte das entsprechende Personal sein Schicksal mit den Prüfern der SollOrg. Dies auszuführen, würde allerdings den Rahmen meines Kommentars sprengen. Nur eine Anmerkung hierzu: Prozessoptimierungen sparen Ressourcen (Personal, Material, Infrastruktur und Zeit) und führen zu einer besseren Zielerreichung, die weiteren Handlungsspielraum schafft. Dies gilt im Kleinen wie im Großen, mittel- und langfristig. Der Aufwand im bzw. für das Prozessmanagement ist selbst so zu gestalten, dass er angemessen ist. Dann ist Prozessorientierung auch nicht mehr „allzu gegenwärtig“.
Auch der Blick über den Tellerrand ist häufig sinnvoll (Stichwort „Best-practice“).
Ich empfinde den Befehl als so klar und deutlich wie dieser auf der Ebene halt sein kann.
„Das Denken in Zuständigkeiten passt nicht zur Zeitenwende.“
Ich übersetze das mir mit: erst sich fragen, kann ich helfen, darf ich helfen, kenne ich jemanden, der helfen kann den Auftrag zu erfüllen- zielorientiertes Denken im Systemverständnis – sich klar darüber sein, was der jeweilige Interessen- und was der Aufgabenbereich ist.
Denn natürlich braucht ein „Riesenladen“ wie die Bundeswehr auch klare Zuständigkeitsregelungen.
Zuständigkeitsregelungen, die aber andererseits natürlich keine Verstecke für Entscheidungsschwache und -unwillige haben sollen.
„Die momentan noch allzu gegenwärtige Prozessorientierung muss einem an den neuen Realitäten ausgerichteten Strategiedenken und einer klaren Einsatzorientierung weichen.“
Die Stärke der Uniformierten sollte mMn sein zielorientiert zu denken und zu handeln, die der Nichtuniformierten sollte sein zu unterstützen, dass diese Ziele rechtsicher erreicht werden, von mir aus: „auf den Prozess aufpassen“. Beide müssen sich aber eben vom Auftrag leiten lassen und dem Willen, dass dieser ausgeführt wird oder in der Lage sein bei Undurchführbarkeit ihn anpassen zu lassen.
Ich war nie ein Freund davon, Uniformträger und Nichtuniformträger gegeneinander auszuspielen. Beide Seiten, wenn man es überhaupt so ausdrücken sollte, haben Stärken und Schwächen.
Aber flapsig ausgedrückt: Sachverstand vor der Entscheidung einholen – okay. Entscheidung nicht treffen unter Zuhilfenahme von Ausreden- nicht okay.
Und mal ehrlich: Wer möchte denn auf die Mithilfe, Mitprüfung und Mitzeichnung z. B. einer Wehrtechnischen Dienststelle und z. B. eines Vertragsjuristen verzichten im Rahmen einer großen Rüstungsbeschaffung? Unabhängig davon, dass man effizienter und schneller werden möchte.
Zu den Antritten des Ministers und des GI’s dürften auch gehört haben, auszuwerten wie insbesondere das letzte Jahr lief. Insofern ist davon auszugehen ist, daß dieser Tagesbefehl der letzte „Weckruf“ war. Hoffen wir das Beste.
Zwei Punkte des Tagesbefehls sollte man nicht außer Acht lassen:
„Gleichzeitig werden wir unsere Auslandseinsätze fortführen…“
Die Truppe bleibt also bis Mai 2024 in Mali.
„… werden wir weiterhin die ukrainischen Streitkräfte umfangreich mit Material, Ausbildung und logistischer Folgeversorgung unterstützen. Viele von Ihnen spüren bereits jetzt die Auswirkungen auf unsere eigene Einsatzbereitschaft und den Grundbetrieb. Sie merken, dass unsere Unterstützung Ausbildung und Übung beeinflusst.“
Ein Alarmsignal…
Sehr geehrter Hausherr!
Es geht hier NICHT um die tatsächlich „leidige Anzugdiskussion“, wenn von Teilen der Leserschaft der mehr als berechtigte Hinweis auf einen, nicht nur dem Amte des GI, „(un-)würdigen“ Anzug gegeben wird!
Will der GI damit von höchster, uniformierter Stelle lediglich auf den Zustand „seiner Truppe“ hinweisen oder ist das etwa schon Realsatire!?
Btw: Ich halte es für einigermaßen „verwunderlich“, daß ein InspH, der „schon“ vor einem Jahr, nach der Eröffnung der „SonderOp“ und damals bereits gut 10 Jahren Dienst als B-Besoldeter „plötzlich“ feststellte, „sein Heer“ stehe „blank“ da! Entweder aus „Karrieregründen“ hübsch die Augen zugemacht oder wirklich nichts gemerkt!?
Beides KEINE Gründe für 3*, aber selbst dafür „droht“ maximal die ungekürzte Pension.