Ein Jahr Angriffskrieg gegen die Ukraine: Tagesbefehl von Pistorius, Video-Ansprache von Scholz

Zum Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine am 24. Februar 2022 hat sich Verteidigungsminister Boris Pistorius am (heutigen) Freitag an die Bundeswehr und die zivilen Mitarbeiter gewandt; Bundeskanzler Olaf Scholz zog seine wöchentliche Videoansprache vor. Zur Dokumentation und fürs Archiv die Texte:

Der Tagesbefehl des Verteidigungsministers:

Soldatinnen und Soldaten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Reservistinnen und Reservisten!
Heute jährt sich Russlands Überfall auf die Ukraine. Russland führt einen menschenverachtenden, skrupellosen und brutalen Krieg. Er ist zuerst ein Angriff auf die Ukraine. Aber er ist  auch ein Angriff auf unseren Frieden und die Sicherheit in Europa und er ist ein Angriff auf  die gesamte internationale Ordnung. Deshalb ist es so wichtig, dass wir gemeinsam mit unseren Partnern die Ukrainerinnen und Ukrainer in ihrem mutigen Kampf unterstützen.
Die aktuelle Lage fordert von der Bundeswehr, von Ihnen, ganz unterschiedliche Antworten:
• Abschreckung und Verteidigungsfähigkeit bleiben der Kernauftrag der Bundeswehr. Zusammen mit unseren Alliierten werden und können wir unser Bündnisgebiet gegen jegliche Aggression verteidigen. Dazu brauchen wir kampfstarke und voll einsatzbereite Streitkräfte. Mit dem Sondervermögen bekennen wir uns klar zu diesem Ziel, aber es kann nur
der erste Schritt sein: Wir müssen die Bundeswehr substantiell und nachhaltig finanzieren!
• Die Abgabe von Material an die Ukraine ist ein entscheidender Pfeiler unserer Unterstützung, auch wenn jede Abgabe schmerzt. Wie wichtig und erfolgreich unsere Unterstützung ist, habe ich bei meiner Reise in die Ukraine selbst gesehen. Jetzt gilt es, die entstandenen Lücken zu schließen. Hier müssen wir schneller werden!
• Mit der Ausbildung ukrainischer Kameradinnen und Kameraden helfen Sie ganz konkret. Nur mit der richtigen Ausbildung können die von uns gelieferten Waffensysteme erfolgreich eingesetzt werden. Die Ukraine braucht Sie, um in ihrem Kampf bestehen zu können!
Unser Land und vor allem die Bundeswehr befinden sich inmitten einer Zeitenwende. Jede und jeder Einzelne von Ihnen zeigt tagtäglich eindrucksvoll, dass Sie bereitstehen, Ihren Teil dazu beizutragen. Was auch immer von Ihnen noch gefordert sein wird, auf dem Übungsplatz, im Einsatz, bei der Ausbildung oder auch in den Büros: Sie sind die Zeitenwenderinnen und Zeitenwender! Darauf können Sie stolz sein und dafür danke ich Ihnen.
Ich weiß, dass ich auf Sie zählen kann. 
Ihr
Boris Pistorius

Die Videoansprache Kanzler kompakt von Scholz zum Ansehen hier, der Text:

Die Welt nach dem 24. Februar 2022 ist nicht mehr dieselbe wie die Welt davor. Wir erleben eine Zeitenwende. So meine Worte vor einem Jahr.
Russland führt einen unerbittlichen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Tausende unschuldige Tote hat die Ukraine zu beklagen – Frauen, Männer, Kinder.
Was uns alle sehr beeindruckt – das sind die Entschlossenheit und der Mut der Ukrainerinnen und Ukrainer, wie sie ihre Freiheit verteidigen. Deutschland unterstützt sie dabei – so stark und solange wie nötig.
Wer auf das vergangene Jahr zurückblickt, erkennt: Der russische Präsident ist gescheitert. Wladimir Putin hat auf Spaltung gesetzt, und das Gegenteil bewirkt: Die Ukraine ist geeinter denn je. Die Europäische Union steht geschlossen zusammen.
Bei all den Herausforderungen, die sich durch den Krieg in der Ukraine und auch in Deutschland ergeben – haben wir vieles ziemlich gut hingekriegt: Innerhalb weniger Monate haben wir uns von russischer Energieunabhängig gemacht. Wir haben genug Gas und Öl. Die Wirtschaft steckt nicht in einer tiefen Rezession. Und wir haben mehr als eine Million ukrainische Flüchtlinge aufgenommen, dank großer Hilfsbereitschaft überall im Land. Dafür möchte ich mich bei allen bedanken, die das möglich gemacht haben.
Unsere Hilfen für die Ukraine summieren sich auf mehr als 14 Milliarden Euro. Wir unterstützen finanziell, humanitär und: mit Waffen.
Ich verstehe, wenn das einigen Sorgen macht, wenn manche unserer Entscheidungen hinterfragt werden. Deshalb ist es so wichtig, das Prinzip beizubehalten das uns von Beginn an leitet: Alles was wir tun, geschieht in enger Abstimmung und im Gleichklang mit unseren Partnern und Verbündeten. Und wir werden alles dafür tun, dass es nicht zu einer Eskalation des Krieges zwischen Russland und der NATO kommt.
Deutschland steht fest an der Seite der Ukraine – heute und in Zukunft. Denn: Es sind eben nicht unsere Waffenlieferungen, die den Krieg verlängern. Das Gegenteil ist richtig: Je früher Russlands Präsident einsieht, dass er sein imperialistisches Ziel nicht erreichen wird, desto größer ist die Chance auf ein baldiges Kriegsende. Putin hat es in der Hand. Er kann diesen Krieg beenden.