Dokumentation: Weiter Debatte um Leopard-Panzer für die Ukraine – Aussagen von Scholz, Lambrecht, Regierungssprechern

Die Debatte über eine mögliche Lieferung von westlichen Kampfpanzern an die Ukraine geht weiter – vor allem in Deutschland. Zur Dokumentation und fürs Archiv die Aussagen am (heutigen) Freitag von Bundeskanzler Olaf Scholz, Verteidigungsministerin Christine Lambrecht und von Sprechern der Bundesregierung zu diesem Thema.

Der Bundeskanzler bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem irakischen Ministerpräsidenten Mohammed Schia al-Sudani

Frage: Herr Bundeskanzler, Polen und Finnland haben sich bereiterklärt, zusammen mit europäischen Partnern Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 in die Ukraine zu liefern. Deutschland nimmt bei dem Thema ja eine Schlüsselrolle ein, weil die Panzer hier in Deutschland produziert werden. Deswegen meine Frage: Ist auch Deutschland inzwischen bereit, im europäischen Verbund Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 in die Ukraine zu liefern, oder gibt es noch etwas, das Sie davon abhält? (…)

Scholz: Deutschland zählt zu den Ländern, die die Ukraine am meisten unterstützen ‑ die USA leistet sehr viel militärische Hilfe, aber dann sind es Deutschland und Großbritannien, die das Zweitmeiste tun. Das ist mittlerweile sehr umfassend, und wir werden auch diese Spitzenposition verteidigen und alles dafür tun, dass Deutschland weiter die Ukraine unterstützt. Das ist vielleicht die wichtige Ansage nicht nur an unsere Freunde in der Ukraine, die um die Integrität und Souveränität ihres Landes kämpfen, sondern auch an Russland: Wir werden das so lange tun, wie das erforderlich ist, und das ist unser ganz klares Commitment.
Unter den Waffen, die wir geliefert haben, sind sehr leistungsfähige, wirkungsvolle Waffen. Dazu zählen die Panzerhaubitzen, die einen ganz substanziellen Beitrag zur Entwicklung der Verteidigung der Ukraine leisten, und dazu zählt selbstverständlich unser Mehrfachraketenwerfer MARS, den wir nach einer Verständigung, die ich mit Großbritannien und den USA herbeigeführt habe, geliefert haben. Bisher sind wir die drei Länder, die das überhaupt tun. Das sind im Übrigen auch sehr weit reichende Waffen. Es war für mich sehr wichtig, dass die Entscheidung damals in einem Prozess getroffen wurde, in dem ich dann zusammen mit dem amerikanischen Präsidenten verkündet habe, dass wir das tun.
Wir sind bei der Luftverteidigung vornean und leisten all das an Hilfe, was notwendig ist, und haben auch die wirkungsvollsten Waffen zur Verfügung gestellt ‑ nicht nur unseren Flakpanzer Gepard, sondern eben auch IRIS-T und demnächst auch die Patriots. Das ist aber nur ein Teil des ganzen Ensembles, zu dem auch kleinere Waffen gehören, die auch hocheffizient sind ‑ etwa bei der Drohnenabwehr und anderen Dingen ‑, und haben sehr viel bestellt, was demnächst noch geliefert werden wird. Auch das ist zentral.
Jetzt sind wir so ähnlich wie seinerzeit bei den Mehrfachraketenwerfern in enger Abstimmung mit den USA und haben schon im Dezember sorgfältig vorgearbeitet und dafür gesorgt, dass es jetzt die Möglichkeiten gibt, die sich mit dem Schützenpanzer Bradley und unserem Schützenpanzer Marder verbinden, die wir einsetzen können und einsetzen werden. Wie seinerzeit bei der Entscheidung über die Mehrfachraketenwerfer ist es auch bei Bradley und Marder so gewesen, dass ich das mit dem amerikanischen Präsidenten zusammen bekanntgegeben habe.
Aus dieser Schilderung können Sie entnehmen, dass wir alles immer eng abgestimmt und koordiniert mit unseren Freunden und Verbündeten tun. Dieses Prinzip werden wir auch beibehalten. Es wird also nicht dazu kommen, dass in Deutschland aufgeregte Stellungnahmen, schnelle Äußerungen oder die Notwendigkeit, alle zehn Minuten etwas sagen zu müssen, dazu führen, dass wir über so ernste Dinge, die mit Krieg und Frieden und mit der Sicherheit unseres Landes sowie der Sicherheit Europas zusammenhängen, einfach mal so etwas aus der Hand schütteln. Es bleibt immer dabei, dass wir eng abgestimmt handeln und jeden Schritt sorgfältig wägen.
Weil sich angesichts der lauten Kommentierungswelten, die sich notwendigerweise an einem Regierungsort ergeben, manchmal der Eindruck verschiebt, will ich auch dies sagen: Die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger unterstützt die besonnene, gut abgewogene und sorgfältig Entscheidungen vorbereitende Haltung der Bundesregierung. Ich weiß, dass die von mir geführte Bundesregierung eine Unterstützung der großen Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger für ihr Vorgehen hat.

Die Aussagen der Verteidigungsministerin bei der Pressekonferenz nach einem Treffen mit der Industrie zum Thema Schützenpanzer Puma; am Ende kam erwartbar die Frage nach deutschen Leopard-Kampfpanzern auf:

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Die stellvertretende Regierungssprecherin Hoffmann, die Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums, Beate Baron, und der stellvertretende Sprecher des Verteidigungsministeriums, Oberst Arne Collatz, in der Bundespressekonferenz:

Frage: Frau Hoffmann, warum stimmt die Bundesregierung einer Lieferung von Leopard-Panzern aus Polen an die Ukraine nicht zu? Was steht dem im Wege? Man hat doch schon der Lieferung von Mardern aus Deutschland zugestimmt. Wo ist jetzt der prinzipielle Unterschied?

Hoffmann: Die Bundesregierung hat, wie Sie gesagt haben, erst vor sehr kurzer Zeit gemeinsam mit den Partnern in den USA und in Frankreich beschlossen, Schützenpanzer zu liefern, amerikanische und auch deutsche Schützenpanzer, sowie Patriot-Abwehrraketen. Über alles Weitere sind wir mit unseren Partnern im engen Austausch und im Gespräch. Diesbezüglich habe ich gegenüber dem, was wir hier in dieser Woche schon sehr ausführlich erklärt haben, keinen neuen Stand für Sie.

Zusatzfrage: Welche Rolle spielt die Angst vor möglichen atomaren Vergeltungsschlägen? Denn wenn man das russische Staatsfernsehen im Moment verfolgt, sieht man, dass man wahrscheinlich wegen einer möglichen Lieferung von Leopard-Panzern versucht, wieder die Idee zu verbreiten, man hätte das Recht, Nato-Mitgliedern Waffenlieferungen atomar zu vergelten.

Hoffmann: Wir haben natürlich immer Abwägungen zu treffen. Aber wir richten uns vor allen Dingen nach dem Prinzip der engen Abstimmung mit unseren Partnern. Für uns ist es ganz zentral, die Ukraine darin zu unterstützen, dass sie sich gegen den russischen Angriff wirksam verteidigen kann. Natürlich ist es eine Maxime, dass wir verhindern wollen, dass die Nato in diesen Konflikt hineingezogen wird. Das sind die Prinzipien der Abwägung, die wir in jedem Moment und auch mit jeder neuen Entwicklung in diesem Krieg neu treffen.

Frau Baron, Minister Habeck hat – ich glaube, es war heute Morgen – gesagt, dass sich Deutschland nicht in den Weg stellen solle, wenn andere Staaten der Ukraine in welcher Form auch immer helfen wollten. Kann man das so verstehen, dass der Minister beispielsweise Polen oder Finnland erlauben wollen würde, der Ukraine Leopard-Panzer zu liefern?

Baron: Der Minister hat sich dazu geäußert. Das bedarf, glaube ich, nicht meiner Exegese. Frau Hoffmann hat dargelegt, dass all das natürlich in Abstimmung mit den Partnern und innerhalb der Bundesregierung erfolgt, und zwar so, wie wir den Weg auch bislang beschritten haben. Der Minister hat deutlich gemacht, dass die Bundesregierung in den vergangenen Monaten und seit dem letzten Jahr einen Weg gegangen ist, was zeigt, dass die Unterstützung immer wieder angepasst wurde. Aber es gilt das, was Frau Hoffmann gesagt hat.

Frage: Ich habe ebenfalls eine Nachfrage zur Äußerung von Herrn Habeck gestern, aber an Frau Hoffmann. Wie ist das Vorpreschen des Vizekanzlers im Kanzleramt aufgenommen worden? Wurde es dort begrüßt?

Hoffmann: Ich würde mir zunächst einmal die Wortwahl des Vorpreschens gar nicht zu eigen machen wollen. Der Vizekanzler hat sich zu dem Thema geäußert. Die Bundesregierung ist so, wie wir auch international mit unseren Partnern darüber im engen Gespräch sind, auch untereinander eng im Gespräch darüber, welches Vorgehen das richtige ist. Ich sehe da keine Differenzen und eine gute Abstimmung.

Herr Collatz, können Sie uns Nichtmilitärmenschen erklären, wie sinnvoll es ist, Marder allein ins Gefecht zu schicken, und wie wichtig es ist, den Leopard-Panzer im verbundenen Kampf dort zur Seite zu stellen, wenn ich das als Nichtmilitarist richtig verstehe?

Collatz: Ich bin Militär und ebenfalls kein Militarist. – Wir gehen damit natürlich tief in die Taktik hinein. Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir immer im Gefecht der verbundenen Waffen vorgehen – so nennen wir das – und sich die einzelnen Waffensysteme gelände- und umweltabhängig und natürlich auch gegnerabhängig gegenseitig ergänzen. In einem durchschnittenen Gelände mit viel Wald hat ein Panzer nichts zu suchen. Wenn man den Marder dort einsetzt, dann hat er einen hohen Gefechtswert. Wenn man den Marder auf freier Fläche einsetzt, dann hat er natürlich einen geringen Gefechtswert und wirkt nur im Zusammenwirken mit einem Panzer. Ich hoffe, das reicht als Andeutung dessen, worum es geht.

Zusatzfrage: Wir sind ja in der Steigerung. Wir sind bei Schützenpanzern und sprechen jetzt über Kampfpanzer. Ich habe letzten Freitag nach Kampfpanzern gefragt. Deswegen frage ich diesen Freitag nach dem sinnvollen Einsatz von Kampfflugzeugen. Ist das wahrscheinlich der nächste Schritt, den wir erleben werden, weil die Ukraine danach fragen wird und das braucht, was sie ja schon getan hat?

Collatz: Das ist tief im Bereich der Spekulation. Darauf möchte ich mich hier gar nicht einlassen.

Zu den Kampfpanzern: Da ist Hensoldt-Technik verbaut.

Frage: Frau Hoffmann, Sie sagen, die Bundesregierung spreche mit ihrem Partner. Gibt es schon eine offizielle Anfrage zum Beispiel aus Polen, dass sie die Leopard-Panzer in die Ukraine liefern wollen?

Hoffmann: Nein.

Zusatzfrage: Wie kann man die Aussage von Herrn Habeck kommentieren? War es eine private Aussage von Herrn Habeck, wenn er sagte, man könne anderen Ländern nicht im Wege stehen? Wir haben hier zwei Stimmen aus der Bundesregierung.

Hoffmann: Frau Baron hat sich dazu ja dazu schon geäußert. Es ist sicherlich keine private Aussage; davon würde ich in einem solchen Zusammenhang nicht ausgehen. Aber, wie gesagt, wir stehen innerhalb der Bundesregierung darüber, wie wir die Ukraine am besten und nach all unseren Prinzipien unterstützen können, in ständigem Austausch.
Vielleicht kann ich noch einen ergänzenden Satz sagen: Ich teile eben nicht die Ansicht, dass wir hier zwei Positionen haben; denn es gibt ja gar keine festgelegte Position, sondern ein ständiges Beraten darüber, wie man weiter vorgeht. Sie haben ja selbst gefragt, ob es eine offizielle Anfrage gibt. Die gibt es ja gar nicht.

Frage: Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Michael Roth, hat heute Morgen bei uns im Deutschlandfunk gesagt, er sehe, was die Lieferung von Waffensystemen angehe, keine roten Linien. Stimmt das?

Hoffmann: Dass Herr Roth das gesagt hat?

Zusatz: Nein. Die Frage ist, ob er es richtig gesehen hat oder ob Sie rote Linien sehen.

Hoffmann: Es ist ja mit den Äußerungen aus dem parlamentarischen Raum immer so, dass wir die an dieser Stelle nicht kommentieren.

Zusatzfrage: Dann formuliere ich die Frage anders: Sehen Sie rote Linien, was die Lieferung von Waffensystemen angeht? Anders formuliert: Haben Sie die Sorge, dass genau das passiert, was wir jetzt gerade gehört haben – heute Marder, morgen Leopard und übermorgen dann Kampfflugzeuge?

Hoffmann: Nein, ich habe da keine Sorge, und ich glaube auch nicht, dass die Bundesregierung da Sorge hat; denn was wir in den vergangenen Monaten und eigentlich seit Beginn des Krieges getan haben, ist, dass wir ja immer wieder aufgrund der aktuell sich entwickelnden Kriegslage abgewogen haben, was das Richtige zu tun ist. Damit hat sich unsere Entscheidung darüber, was geliefert wird, was nötig ist, was angemessen ist, in Abstimmung mit unseren Partnern jeweils angepasst und verändert. Ich gehe davon aus, dass das auch weiterhin so sein wird. Auch die Entscheidung, die wir in der vergangenen Woche getroffen haben, ist genau nach diesen Prinzipien und genau unter diesen Gesichtspunkten getroffen worden. Das ist aber nichts, das Anlass zur Sorge gibt, sondern das ist die richtige Politik.

Frage: Frau Hoffmann, Sie sagten, man bewerte die Lage immer wieder neu, und trotz aller Indizien, die dagegensprechen, gibt es auch Indizien, die für das Aufmachen einer zweiten Front in Belarus sprechen könnten. Es gibt die günstigen Wetterbedingungen oder zum Beispiel die Tatsache, dass einer der Stellvertreter Gerassimows gestern direkt nach seiner Ernennung nach Belarus gereist ist. Wäre das zum Beispiel ein Faktor, der Deutschland zu einem schnelleren Ja zur Lieferung von Leopard-Panzern bewegen würde?

Hoffmann: Ich will das hier jetzt nicht so wenn-dann-mäßig abhandeln, aber es ist natürlich so, dass das Geschehen dieses Angriffskriegs in der Ukraine bei den Abwägungen, die wir zu treffen haben, eine zentrale Rolle spielt.

Frage: Ich habe noch einmal eine Frage an Herrn Collatz. Es blicken ja alle schon so ein bisschen gespannt auf dieses Treffen in Ramstein in der nächsten Woche. Ich kann mich erinnern, dass das erste Mal, als man sich dort getroffen hatte, die Ministerin ja sozusagen auch etwas im Gepäck hatte, nachdem die Amerikaner ja damals auch neue Lieferungen an die Ukraine angekündigt hatten. Wird das denn diesmal auch der Fall sein? Kann man so ein bisschen auch davon ausgehen oder könnte es sein, dass sie da auch etwas zu den ganzen Forderungen nach Leopard-Panzern sagen könnte?

Collatz: Letzteres kann ich gerne aufnehmen, und das haben wir hier ja schon häufig gehört: Das ist eine regierungsübergreifende Aussage, die dort getätigt werden müsste. Was Ramstein angeht, freuen wir uns natürlich darauf, an dem Tag, an dem der Gipfel stattfindet, Sie darüber zu informieren, was dort als Paket mitgenommen wird.

Zusatzfrage : Es gibt also ein Paket?

Collatz: Ob, was und wie, werden wir dann am 20. – – –

Zusatz : Weihnachten ist ja schon vorbei!

Frage: Herr Collatz, die Verteidigungsministerin hat ja gestern noch einmal deutlich gemacht, dass die genaue Stückelung der Marder-Lieferung an die Ukraine noch nicht feststehe. Können Sie einen Zeitpunkt nennen, bis wann die Suche, wenn ich es einmal so nennen darf, abgeschlossen sein wird? Steht inzwischen fest, dass auf jeden Fall auch eine Tranche aus dem ursprünglich für Griechenland geplanten Ringtausch kommen wird?

Collatz: Danke für die Frage. – Bei uns ist heute Tag der Gipfel. Den Puma-Gipfel haben wir ja angekündigt. Der findet heute und heute Nachmittag statt und wird dann auch entsprechend mit einer presseöffentlichen Äußerung beendet werden. Gleichzeitig findet, während wir hier sitzen, dort auch eine – ich würde jetzt nicht „Marder-Gipfel“ sagen – Besprechung des Sonderstabs Ukraine statt, bei der es genau um diese Frage geht, woher die Marder im Einzelnen kommen. Wichtig ist, aber das habe ich letztes Mal auch schon betont, dass wir auf jeden Fall – egal, wie die Stückelung sein wird – zum Ende dieses Quartals in der Lage sein werden, der Ukraine einen Marder-Verband in Bataillonsstärke zur Verfügung zu stellen, und zwar inklusive des ausgebildeten Personals. Die Ausbildung wird auch noch in diesem Monat beginnen; das kann ich Ihnen auch schon sozusagen. Ein genaues Datum kenne ich noch nicht, aber es geht auf jeden Fall um diesen Monat. Deswegen bitte ich noch um Geduld, weil wir den heutigen Tag noch brauchen, um die genaue Zusammensetzung dieses Marder-Pakets dann definieren zu können.

Zusatzfrage: Herr Hebestreit hatte ja hier in ähnlicher Runde gesagt, bis Dienstschluss werde es die Information geben. Ist das heute so?

Collatz: Gibt es nähere Informationen? – Nein, da wage ich mich nicht so weit auf die Lichtung hinaus.

Frage: Polen wurde ja jetzt schon genannt. Gibt es aber nach heutigem Stand Anfragen aus Finnland oder anderen Partnerländern für die Auslieferungsgenehmigung der Leopard-Panzer?

Hoffmann: Nein.

Frage: Frau Hoffmann, Sie reden über Gespräche mit Partnern. Diese Partner sind Polen und andere Länder wie Litauen. Die wollen Leopard-Panzer in der Ukraine haben. Mit welchen Partnern müssen Sie noch reden, bis irgendwelche Entscheidungen in Berlin fallen werden, mit den USA oder anderen?

Hoffmann: Wir reden prinzipiell mit allen Partnern. Wir stehen ständig in sehr engem Austausch, vor allen Dingen mit den USA, Frankreich, Großbritannien, aber auch mit Polen oder mit Spanien. Ich kann jetzt gar nicht alle Nato-Partner aufzählen.
Wenn die Frage ist, ob wir auch mit Polen im Gespräch stehen: Ja, auf jeden Fall.

Zusatzfrage: Aber verstehe ich es richtig, dass die Bundesregierung heute Nein zur Lieferung von Leopard-Panzern sagt, oder gibt es dafür einen anderen Begriff?

Hoffmann: Aber es gibt gar keine Anfrage! Es gibt keine Frage, auf die wir Nein sagen müssten, sondern wir sagen im Moment, dass wir uns in einem ständigen Austausch darüber befinden, was zu diesem Zeitpunkt das Richtige ist und wie wir die Ukraine unterstützen.

Frage: Frau Hoffmann, erwarten Sie eine Anfrage aus Polen? Die haben ja angekündigt, die Leopard-Panzer zu schicken.

Hoffmann: Das ist jetzt eine sehr hypothetische Frage. Dazu würde ich mich nicht äußern.

Zusatzfrage: Was ist, wenn Polen ohne Anfrage und ohne Zustimmung Deutschlands die Leopard-Panzer an die Ukraine liefert?

Hoffmann: Das wäre ja rechtswidrig. Es braucht ja die Zustimmung der Bundesregierung dazu. Das sind die Regeln. Ich befürchte das auch nicht. Das ist nichts, das uns umtreibt oder das wir befürchten. Ich halte das nicht für eine realistische Annahme.

Frage: Meine Frage ist technischer Natur. Können Sie noch einmal erklären, welche Regeln es eigentlich für diese Anfragen und welche weitere Lieferregeln es gibt? Herr Hebestreit ist am Mittwoch auch gefragt worden und sagte, er wisse gar nicht, ob das per Mail oder per Fax ablaufe. Vielleicht können Sie das einfach einmal technisch erklären, möglicherweise auch Frau Baron.

Hoffmann: Auf welchem Kommunikationsweg eine solche Anfrage …

Zusatz: Nein, ich glaube, das ist ja nicht das Entscheidende. Reicht da sozusagen ein Telefonat mit dem Kanzler, oder gibt es da Regeln, die besagen, welche Art von Beschlüssen und Genehmigungen da erteilt werden müssen?

Hoffmann: Meines Wissens gibt es da klare Regeln, aber das weiß Frau Baron besser.

Baron: Die Rechtslage ist an dieser Stelle eindeutig geregelt. Es braucht sogenannte Reexportgenehmigungen, die zu erteilen sind, und diese Genehmigungen sind eben nach den Vorgaben des Kriegswaffenkontrollgesetzes und des Außenwirtschaftsgesetzes zu erteilen. Es gibt dann einige Unterschiede, je nachdem, ob davon Bundeswehrbestände oder Industriebestände berührt sind. Aber die Genehmigung braucht es. Die Bundesregierung muss die Entscheidung treffen, dass sie erteilt wird, und dann wird sie eben formal, behördlich erteilt.

Zusatzfrage: Wenn das Industrielieferungen sind, dann ist in dem privatwirtschaftlichen Vertrag mit Rheinmetall oder wem auch immer geregelt „Wenn ihr weiterverkaufen wollt, bedarf es einer Genehmigung der Bundesregierung“?

Baron: Das ist gesetzlich vorgegeben.

Zusatzfrage: Das ist sozusagen privatrechtlich und gesetzlich abgefedert?

Baron: Es ist definitiv gesetzlich vorgegeben. Was in den Verträgen steht, weiß ich nicht, aber das ist dann sozusagen auch nicht ganz so relevant, da das Gesetz die Reexportgenehmigung ja schon vorschreibt. Das gilt also gesetzlich.

Frage: Ich habe noch einmal eine grundsätzliche Frage an Frau Hoffmann. Wenn es immer heißt, dass Deutschland bei Waffenlieferungen im Verbund mit Verbündeten agiere, heißt das eigentlich mit, sagen wir jetzt einmal, Blick auf die USA, die dabei ja wahrscheinlich die ganz Maßgeblichen sind, dass, wenn die USA jetzt sagen würden „Deutschland, bitte liefere doch Leopard-Panzer“, das dann sozusagen nach der Definition von Scholz schon eine Verbundentscheidung wäre, oder müssten die USA sagen „Wir liefern Abrams, und dann könnt ihr ja auch Leopard liefern“? Ist die Abrams-Lieferung also sozusagen eine Voraussetzung, oder muss es sozusagen nur den Wunsch aus Washington geben, und das wäre dann schon eine Verbundentscheidung?

Hoffmann: Ich verstehe die Frage. Sie ist natürlich wieder hypothetisch. Ich verstehe aber auch, dass dahinter der Wunsch steht, ein Prinzip zu verstehen. Ich würde sagen: Nach dem Einblick, den ich in diese Art von Gesprächen habe, verlaufen die anders. Das sind einfach Gespräche unter Partnern, in denen man gemeinsam überlegt, was das Richtige ist, und nicht einer dem anderen „Jetzt mach doch einmal das!“ sagt. Es gibt auch nicht ein sozusagen so formales Regelwerk nach dem Motto „Wenn der dies sagt, dann muss das geschehen“, sondern das läuft von der Temperatur her anders ab. Das ist wirklich eine gemeinsame Suche nach dem, was das Richtige und Angemessene ist.

Zusatz : Dann kann man ja davon ausgehen, dass die USA bislang gegenüber dem Bundeskanzler auf jeden Fall noch nicht den Wunsch geäußert haben, dass Deutschland doch einmal Leopard-Panzer liefern könnte.

Hoffmann: So präzise kann ich jetzt aus den vertraulichen Gesprächen nichts sagen.