Deutsche Rüstungsexporte 2022: Ukraine größtes Empfängerland

Die Bundesregierung hat 2022, dem ersten Regierungsjahr der Ampel-Koalition, den Export von Rüstungsgütern im Wert von 8,4 Milliarden Euro genehmigt. Der höchste Anteil daran betraf die Ukraine mit Genehmigungen im Wert von gut 2,2 Milliarden Euro. Die Erlaubnis zum Export sagt noch nichts darüber aus, was bereits geliefert wurde.

Die am (heutigen) Dienstag vom Bundeswirtschaftsministerium veröffentlichten vorläufigen Zahlen der Rüstungsexportgenehmigungen im vergangenen Jahr liegen zwar unter dem Rekordwert von 2021. In jenem Jahr hatte die damalige große Koalition Einzelgenehmigungen für die Ausfuhr von Rüstungsgütern in Höhe von knapp 9,4 Milliarden Euro erteilt, der historisch höchste jährliche Genehmigungswert. Allerdings war die Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP mit dem Ziel einer restriktiveren Exportpolitik angetreten.

Die beiden größten Empfängerländer der genehmigten Rüstungsexporte im vergangenen Jahr zeigen jedoch exemplarisch, wie der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine die Genehmigungspraxis beeinflusste: Zum einen mit den Erlaubnissen für die Ausfuhr in die Ukraine, die unter anderem das noch nicht einmal in der Bundeswehr eingeführte Luftverteidigungssystem Iris-T SLM (Foto oben) erhielt und sowohl insgesamt als auch als so genanntes Drittland außerhalb von NATO und EU die höchste Genehmigungssumme erhielt.

Zum anderen stehen die Niederlande mit einem Wert an Einzelgenehmigungen von gut 1,8 Milliarden Euro an zweiter Stelle. Das Königreich hatte, auch unter dem Eindruck des Kriegs gegen die Ukraine, in großem Umfang vor allem Artilleriemunition bei deutschen Unternehmen bestellt (Randbemerkung: während das Verteidigungsministerium für die Bundeswehr bislang keine Munition über das bereits vor dem Krieg geplante Volumen hinaus orderte).

Aus der Mitteilung des Wirtschaftsministeriums:

Im Jahr 2022 wurden nach vorläufigen Zahlen Einzelgenehmigungen für die Ausfuhr von Rüstungsgütern im Wert von 8,36 Mrd. € erteilt (anteilig: 3,96 Mrd. € Kriegswaffen und 4,4 Mrd. € sonstige Rüstungsgüter). Im Jahr 2021 betrug der Gesamtwert 9,35 Mrd. €.
Der weit überwiegende Teil dieses Gesamtwertes (7,54 Mrd. € von 8,36 Mrd. €) ist dabei auf Genehmigungen für enge Partnerländer sowie zur Unterstützung der Ukraine bei ihrer Selbstverteidigung gegen den völkerrechtswidrigen russischen Angriffskriegs zurückzuführen. Über ein Viertel aller Genehmigungen (ca. 2,24 Mrd. €) entfiel auf die Ukraine. Damit ist die Ukraine in der Länderzuordnung das Land mit dem höchsten Genehmigungswert im Jahr 2022.
Auf Genehmigungen für Lieferungen in EU-, NATO- und NATO-gleichgestellte Länder entfielen rund 5,1 Mrd. € (anteilig 2,64 Mrd. € Kriegswaffen und 2,48 Mrd. € sonstige Rüstungsgüter). Die Genehmigungen für EU-, NATO- und NATO-gleichgestellte Länder und die Republik Korea sowie die Ukraine machen damit zusammen 90 % des Gesamtwerts aller erteilten Einzelgenehmigungen aus. Jenseits der Ukraine und der Republik Korea entfielen lediglich 825 Mio. € (9,9%) auf weitere Drittländer.

Interessant ist der Berechnungsmodus, in dem nicht nur die Mitgliedsstaaten von NATO und EU sowie die Schweiz, Japan, Australien und Neuseeland als gleichgestellte Länder in die Kategorie der unproblematischen Empfänger eingestuft werden. Neben der Ukraine, durch den aktuellen Krieg bedingt, rechnet die Bundesregierung auch den Wertepartner Südkorea in diese Kategorie.

Die Liste der Länder mit dem größten Genehmigungsvolumen:

Land

Wert in Euro

Ukraine

2.245.303.401

Niederlande

1.826.290.433

Vereinigte Staaten

864.457.288

Vereinigtes Königreich

453.135.427

Ungarn

249.209.023

Australien

196.077.532

Tschechien

176.368.525

Singapur

175.093.070

Slowakei

171.854.284

Republik Korea

166.518.205

Die Zahlen enthalten allerdings auch eine statistische Unschärfe: Der so genannte Ringtausch zugunsten der Ukraine ist darin nicht gesondert ausgewiesen. Die Exporte von deutschen Kriegswaffen an Länder wie Tschechien oder die Slowakei, die im Gegenzug ihre Waffen aus früheren Ostblockbeständen an die Ukraine weitergeben, ist zwar Teil der Genehmigungen für diese Länder – aber statistisch nicht zu trennen von den Genehmigungen für normale Exporte. Unter dem Strich müsste das eigentlich der deutschen Unterstützung für die Ukraine zugerechnet werden.

Die tatsächlichen Lieferungen an die Ukraine – und eben nicht nur die Genehmigungen – listet die Bundesregierung unabhängig von der Statistik des Wirtschaftsministerium auf einer unregelmäßig aktualisierten Internetseite auf (seit dem 20. Dezember vergangenen Jahres wurde diese Übersicht nicht verändert).

(Archivbild: Flugabwehrsystem Iris-T SLM auf der ILA Berlin 2022)