Dokumentation: Lambrecht für Ende deutscher „Sonderregeln“ beim Rüstungsexport
Verteidigungsministerin Christine Lambrecht hat sich dafür ausgesprochen, bei Rüstungsexportregeln auf europäischer Ebene eine gemeinsame Linie zu finden und dafür auch deutsche, wie sie es nannte, Sonderregeln aufzugeben. Damit werde die Rüstungskooperation innerhalb der EU einfacher und günstiger, argumentierte die Ministerin.
Die Aussage machte Lambrecht bei einer Grundsatzrede zur geplanten ersten deutschen Nationalen Sicherheitsstrategie am (heutigen) Montag vor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP). Die Passage im Wortlaut:
Unser Ziel in der EU ist es, 35 Prozent unserer Investitionen in Rüstung gemeinsam zu beschaffen. Gegenwärtig sind es gerade einmal acht Prozent. Da ist noch richtig viel Luft nach oben.
Ich weiß, multilaterale Projekte sind nicht immer leicht zu wuppen. Und doch geht es nicht anders,
• wenn wir mehr bekommen wollen für unser Geld.
• Wenn wir inter-operabel sein wollen.
• Wenn wir uns teure Dubletten und Parallel-Strukturen
ersparen möchten.
Wir Deutschen sind da in einer Bringschuld: bis heute machen wir solche Zusammenarbeit dadurch kompliziert, dass wir auf Sonderregeln beim Export von Rüstungsgütern beharren.
Aber welcher Partner soll mit uns in Projekte investieren, wenn er immer fürchten muss, dass wir den Export verhindern und damit die Refinanzierung kaputtmachen?
Mit unserem Wertevorbehalt stellen wir uns über unsere europäischen Partner. Aber was bedeuten europäische Werte überhaupt, wenn wir unseren demokratischen Partnern sagen: eure Moral reicht uns nicht?
Es geht ja nicht darum, an Schurkenstaaten zu liefern. Wenn Frankreich, Italien, Italien und Spanien sagen, das ist vertretbar, können wir uns dann rausnehmen? Ich glaube nein.
Hier nimmt uns der europäische Gedanke, den wir aus gutem Grund gerne bemühen, doch auch ganz unmittelbar in die Pflicht.
Wir müssen also an die deutschen Export-Regeln ran, um der Kooperation bei wehrtechnischen Gütern einen mächtigen europapolitischen Schub zu verleihen.
Dafür werde ich mich einsetzen, und das muss die Nationale Sicherheitsstrategie auch tun.
und zum Nachhören:
Interessant wird, wie Teile der SPD, also aus Lambrechts eigener Partei, und andere Koalitionspartner wie die Grünen auf diesen Vorstoß reagieren. Die Federführung für die geplanten neuen Regelungen zum Rüstungsexport liegt im grün geführten Bundeswirtschaftsministerium.
Die künftige Nationale Sicherheitsstrategie soll die bisherige Reihe der Weißbücher zur Bundeswehr und zur Sicherheitspolitik ablösen. Während die Weißbücher im Verteidigungsministerium erstellt wurden, ist für die Sicherheitsstrategie das Auswärtige Amt zuständig, unter Mitarbeit der anderen Ressorts.
Lambrechts komplette Rede, einschließlich der anschließenden Diskussion, ebenfalls zum Nachhören:
Lambrecht und Habeck agieren in entgegengesetzte Richtungen.Ob das was wird ?
„Robert Habeck (Grüne) stemmt sich gegen Forderungen, die Ausfuhren von Wehrtechnik künftig weniger restriktiv zu handhaben. „Statt laxere Regeln für Rüstungsexporte zu fordern, werden wir strenger werden“
Süddeutsche 12.9. , Koalition streitet über Rüstungsexporte.
Man möchte Doppelentwicklungen vermeiden…?
Genau das passiert doch aktuell bei FCAS und Tempest, zwei Kampfhubschraubern und diversen Parallelentwicklungen von Fregatten…
Oder nicht…?
Die Weigerung der Schweizer keine Gepard Munition zu liefern, ist doch das Paradebeispiel dafür, wie man auf gut Deutsch gesagt „Auf die Schnauze fliegen kann“, wenn man die falsche Entscheidung trifft.
Frau Lambrecht hat doch absolut recht. Man muss Partnern, die die gleiche Werte teilen, auch freie Hand lassen wie sie mit diesem Werten umgehen. Auch bei Rüstungsexporten von gemeinsam getragenen Projekten. Will man das nicht, muss man halt ordentlich viel Geld in die Hand nehmen und alles selbst entwickeln,
Können wir das? Ich glaube nein.
Man ist schon ein wenig überrascht, eine ellenlange Rede zum Thema Militär von Frau Lamprecht zur Kenntnis zu nehmen, vielleicht nutzt sie aber nur die Gunst der Stunde, in der Nachrichten über Panzer und Krieg die Schlagzeilen der Medien füllen.
Interessant ist jetzt in der Tat die Reaktion der Grünen, die vor Kurzen noch Rüstungsexporte einschränken wollten, aber einen aktuellen Stand über deren Einschätzung habe ich nicht.
Bei gemeinsamen militärischen Entwicklungen in Europa sehe ich eher zusätzliche Hürden im Weg, als eine multilaterale Zusammenarbeit auf hohem Niveau, um die Entwicklungskosten zu senken, und die Stückpreise zu reduzieren.
So haben sich zum Beispiel Tschechien und die Slowakei trotz der intensiven Bemühungen von Rheinmetall für ein schwedisches Produkt bei den Schützenpanzern entschieden. Polen verzichtet bei seiner scheinbar enormen Neuausrichtung gänzlich auf europäische Anbieter.
Ich glaube auch nicht, dass es politisch sonderlich wünschenswert wäre, wenn Deutschland eine militärische Führungsposition über die Rolle des Geldgebers hinaus übernehmen würde, vor allem in den neuen NATO- Staaten gibt es sicherlich je Menge Bedenken.
Zweifel habe ich auch hinsichtlich einer Lockerung der Exportmöglichkeiten bei der jetzigen Regierung, KMW hat sich voraussichtlich nicht umsonst mit Nexter zusammengetan, um den Restriktionen zumindest partiell zu entkommen.
Was Deutschland mit dem ganzen Geld für die BW macht, wird man in den kommenden Jahren sehen, ich denke wir werden erhebliche Mittel für die Stützung der Wirtschaft, der Bürger, der Bildung und der Infrastruktur aufwenden müssen, je nachdem wie sich die aktuellen Krisen weiter entwickeln.
Warum sich auf Nationaler Ebene nicht rausnehmen. Gemeinschaftsprojekte zukünftig konsequent über die OCCAR laufen lassen. Einmalig eine Rahmenexportgenehmigung für Komponenten in dem spezifischen System erteilen und danach wird der Export an Drittstaaten ausschließlich in Brüssel entschieden.
Der Markt wird’s richten….
Wenn wir weiterhin meinen in einer Moralin-Blase leben zu können und teure Sonderwege gehen zu wollen, dann wird über kurz oder lang – eher über kurz – eine weitere Branche Deutschland verlassen (müssen), weil die Produktionskosten (sei es Energie oder mittelbar durch Restriktionen beim Verkauf) nicht mehr wettbewerbsfähig sind.
Bei der Chemiebranche fängt es an (Ammoniak wird nicht mehr in Deutschland hergestellt, weil die Energiekosten 10mal höher sind, als in den USA und 15mal höher, als in Indien), die Wehrtechnik wird folgen.
Produktionen, die aus Deutschland verschwinden, kommen nie wieder.
Da bisher alle anderen NATO-Staaten bereits Bestellungen platziert haben – außer Deutschland -, wird wohl auch die heimische Industrie nur sehr moderat Kapazitäten wieder aufbauen, denn von Ankündigungen können KMW, Rheinmetall & Co. schlecht leben. Da braucht es schon richtige Bestellungen.
In Polen hat man ggf. einen umsatzfreudigeren Markt (auch wenn es gerade mit dem K2 einen deutlichen Rückschlag gab) und die Arbeitskräfte sind auch näher am Kunden.
Schade eigentlich, aber die vernünftige (!) Harmonisierung derExport-Regeln wird wohl (mal wieder) auf dem Altar der parteipolitischen Befindlichkeiten geopfert.
Grundsätzlich hat Frau Lambrecht recht. Gemeinsame Rüstungsprojekte mit DEU sind für andere Nationen schwierig. Die Begründung hat sie ja dazu geliefert. Dadurch wird es für DEU eben teurer. Einer muss es ja ausgleichen, nämlich der, der auf der Export-Bremse steht.
Andererseits sollte man weiterhin darauf achten, wem man was verkauft. Z.B. nicht in Konfliktgebiete oder an Schurkenstaaten. Wobei das auch in der Vergangenheit in DEU flexibel gehandhabt wurde (z.Bsp. KSA).
Könnte Lambrecht mal genauer definieren, für welche Länder Sie Frankreich einen Blankocheck für Waffenausfuhren geben möchte?
Algerien. Marokko, VAE und andere „befreundete Staaten. Mali vielleicht noch?
Aber der Ukraine nix liefern wollen….(ja nix ist übertrieben, aber am Anfang des Krieges war es so und es dauerte ja ewig bis zaghaft umgedacht wurde)
„Lambrecht für Ende deutscher „Sonderregeln“ beim Rüstungsexport“
Sie hätte auch einfach sagen können, dass mit dem verschämten Verstecken von Lieferungen in Unrechtsstaaten und Krisengebiete Schluß sein soll. In Zukunft werden dann Waffen aus Deutschland wieder an der Schuld für die Krisen und das Elend in der Welt ihren angemessenen Anteil tragen. Bin gespannt wie die SPD Basis darauf reagiert.
Ich frage mich auch, wie das zu der „Werte basierten Aussenpolitik“ der Frau Baerbock passen soll. In der grünen Basis rumort es, wegen der Waffenlieferungen an die Ukraine, ja auch schon heftig.
Das wäre in der Tat mal ein vernünftiger und mutiger Schritt hin zu einem schlagkräftigen Europa inkl.. zielgerichteter Ressourcennutzung. Große Zustimmung!
Aus heutigen franzosichen Standpunkt wird Deutschland immer weniger ein Kooperationspartner bleiben.
Wieviel Milliarden von den 100 werdenuberden Atlantik fliegen.
Kein Seeaufklaerer flugzeug MPAS mehr.
Kein Tiger mk 3 fur DEU.
Nur Verzögerungen bei FCAS und MGCS.
Was wird bleiben?
In Frankreich sind wir nicht optimistich ueber eine weitere Kooperation mit DEU .
Es bleibt nur Errinerungen, Transal, Alphajet, Milan,…
@Schlammstapfer sagt: 12.09.2022 um 18:29 Uhr
„In der grünen Basis rumort es, wegen der Waffenlieferungen an die Ukraine, ja auch schon heftig.“
Und gleichzeitig fordert die Parteiführung der Grünen, Frau Lang und Herr Nouripur, der Ukraine jetzt – sozusagen schnellstmöglich – schwere Waffen in Form von KPz und SPz zu liefern.
Das passt dann irgendwie nicht zusammen. Oder bin ich der einzige, für den die Aussagen von Baerbock und Habeck nicht zu denen von Lang und Nouripur passen?
Ich kann nicht erkennen, dass unsere Verteidigungsministerin etwas grundsätzlich falsches gesagt hat. Mäkeln wir doch nicht an jedem „Komma“, sondern wünschen ihr viel Erfolg.
Die Skepsis mancher in Bezug auf die Grünen teile ich nicht. Herr Habeck lernt gerade ganz pragmatisch Wirtschaftspolitik, die Grünen schlechthin und natürlich Frau Baerbock sind Realpolitiker genug, dass sich so mancher da noch die Augen reiben wird.
Wer soll die Ministerin noch verstehen? Redet von der Führungsrolle Deutschlands, auch militärisch, weigert sich aber, Kampfpanzer an die Ukraine zu liefern (weil „das hat noch kein Land gemacht“). Also doch erst einmal abwarten, bis ein anderes NATO-Mitglied vorprescht? Stellt sie sich so eine Führungsrolle vor?
Wiederholt gewinnt man den Eindruck, dass sie vom BMVg absichtlich falsch beraten wird. Gleich zu Beginn des Krieges in der Unkraine hat man sie ja vor die Kameras gestellt und sie sagen lassen, dass 5000 Helme „ein substantieller Beitrag“ für die ukrainische Armee wären. Fassungslosigkeit in der Truppe, Entsetzen bei den Ukrainern.
Will das BMVg diese Ministerin schnell loswerden?
Na endlich!
Für die nationale Sicherheitsstrategie ist der BK verantwortlich.
FF liegt beim AA.
War schon immer falsch, das sich das BMVg mit dem Weissbuch den eigenen Auftrag gegeben hat.
Grundlegende Frage ist, was wollen wir DEU auf dieser Welt erreichen?
Und was sind wir bereit dafür zu geben?
Wird spannend diese Diskussion!!!
Denn weder auf AFG hatten wir dazu eine Antwort, noch haben wir für MLI eine Antwort dazu!!!!
Definition of thr Endstate!
Mit Verlaub, aber da halten sich meine Tränen arg in Grenzen – die oben angeführten Projekte basieren auf Wunschträumen und führen mittelfristig sicher nicht zu einer signifikanten Leistungssteigerung unserer Streitkräfte, im Gegenteil: Zu spät, zu wenig, zu teuer. Dieses, mit Verlaub, pampern hinsichtlich des üblichen Haus- und Hofunternehmens muss endlich aufhören.
Wen meint sie denn mit „Schurkenstaaten“?
Zu spät dank Rheinmetal und dank Airbus, ja
Zu wenig, wer kann das schoon sagen,
Zu teuer, wann wird sehen in ein paar Jahren was die einigen F35 kosten.
@Gerold Schelm sagt: 12.09.2022 um 20:42 Uhr
„Wer soll die Ministerin noch verstehen? Redet von der Führungsrolle Deutschlands, auch militärisch, weigert sich aber, Kampfpanzer an die Ukraine zu liefern “
Na, Sie offensichtlich nicht. Sie haben der Ministerin nicht bis zum Ende zugehört.
Die Linie wurde doch von ihr ganz klar kommuniziert.
Kein deutscher Alleingang, nur in Abstimmung mit den Partnern.
Offenbar bestehen bei anderen westlichen Partnern noch größere Vorbehalte gegen die Lieferung von KPz und SPz als in DEU.
Die strengen Regeln der Schweiz sind ein Kompromiss, weil es durchaus Forderungen nach noch strengeren Regeln gab. In der Vergangenheit wurden wohl Waffen aus der Schweiz in Bürgerkriegen oder von Ländern mit fragwürdiger Menschenrechtssituation eingesetzt.
Interessanterweise waren die Kreise, welche sich für strengere Regeln eingesetzt haben, dann plötzlich etwas betroffen, dass die Schweiz nicht nur nichts an die Ukraine liefern konnte (Das verbietet das internationale Recht einem neutralen Staat sowieso), sondern auch eine Weitergabe von in der Schweiz hergestellten Waffen durch Drittstaaten bestehend auf eben diesen strengen Gesetzten nicht gestatten durfte.
Schlussendlich lief es dann darauf hinaus, dass die Schweiz Deutschland erlaubte, frei über zurück verkaufte tailabgerüstete Leopard 2 (unter anderem keine Bewaffnung mehr vorhanden, und sie wurden auch nicht ursprünglich in der Schweiz hergestellt) zu verfügen, und bei bestellten NLAW einem späteren Liefertermin zu Gunsten Grossbritanien zustimmte.
Mich hat die Veranstaltung nicht überzeugt. Insbesondere das Panel zeigte auf, wo das BMVg keine oder kaum Antworten hat. Oder soll ich sagen, worüber man noch gar nicht nachgedacht hat? Selbst General Zorn wirkte abgenutzt, vermutlich wollte er lediglich der BMin helfend zur Seite springen. In Die WELT habe ich dazu gerade eine Einordnung und einen Kommentar gelesen, welche meine Gedankenwelt dazu widerspiegelt. Zum Thema Rüstungsexport: gemessen wird Frau Lambrecht nicht am medialen Aufschlag, sondern daran, was sich verändert oder was sich in der NSS dazu wiederfinden lässt. Bleiben wir optimistisch.
@Aufklärer 19
„War schon immer falsch, das sich das BMVg mit dem Weissbuch den eigenen Auftrag gegeben hat.“
Das Weißbuch wird durch das Bundeskabinett verabschiedet, vulgo: freigegeben.
@Gerold Schelm
Zur Kommunikationsmalaise hat heute der Business Insider einen Artikel gebracht:
„Inside-Report: Warum für Pannen-Ministerin Christine Lambrecht ihr Kommunikationschef immer mehr zur Belastung wird“
‚müßte frei verfügbar sein. Pfad:
HOME POLITIK DEUTSCHLAND WARUM FÜR PANNEN-MINISTERIN LAMBRECHT IHR PR-CHEF ZUR BELASTUNG WIRD
@Pio-Fritz: Seltsam nur, das Jens Stoltenberg quasi schon grünes Licht dafür gegeben hat, der Ukraine mehr schwere Waffen zu liefern, auch wenn dies die Bündnisfähigkeit der einzelnen Mitgliedsstaaten einschränken würde. Mit einem „go“ von der obersten NATO-Führung sollte sich Ministerin Lamprecht doch bitte nicht länger zieren, die von ihr selbst propagierte deutsche „Führungsrolle“ endlich anzupacken und mit der Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine zu beginnen:
„Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat Zweifel an den deutschen Argumenten gegen die Lieferung großer Mengen Bundeswehr-Waffen an die Ukraine geweckt. Auf die Frage, ob Alliierte im Zweifelsfall eher Fähigkeitsziele des Bündnisses erfüllen sollten, als der Ukraine noch mehr Ausrüstung zu liefern, machte der Norweger am Freitag deutlich, dass er eine Niederlage der Ukraine für gefährlicher hält als unter Plan gefüllte Waffenlager in Nato-Staaten“ Quelle: RND, 09.09.2022
[Nachdem ich dieser Tage Stoltenbergs Aussage im Original hier zitiert habe, habe ich nicht so ganz verstanden, worin der Sinn der Wiedergabe seiner Aussage in einer deutschen Zeitung liegt, wenn’s sich doch auf die selbe Aussage bezieht? T.W.]
Ich hätte nie geglaubt, dass ich dieser Ministerin einmal die Daumen drücke, dass sie sich mit ihrer Position durchsetzt. Leider hält sich meine Erwartungshaltung dazu allerdings in engen Grenzen. Wir haben bei unseren Nachbarn und bei weiteren potentiellen Rüstungskunden in den letzten Jahren derart viel Vertrauen verspielt, dass die Zeit dieses Vertrauen wieder aufzubauen nicht ausreichen wird, den Niedergang unserer Rüstungsindustrie noch zu verhindern. Da reichen die 100 Mrd. für die Bundeswehr (die ja mangels Fähigkeiten nicht komplett nach DEU fließen werden) bei weitem nicht aus.
Aber sehen wir es einmal positiv. Wir haben einen eklatanten Fachkräftemangel in den MINT-Berufen. Wenn wir unsere Rüstungsindustrie behandeln wie in den letzten Jahren, werden da doch Reserven gehoben.
Und unser Rüstungsmaterial kaufen wir dann im Ausland. Dann können wir auf deren Rüstungsindustrie schimpfen, wenn Forderungen nicht erfüllt werden, Finanzlinien und Zeitpläne gerissen werden. Hat doch jede Menge Vorteile. Nur leider keine für die Bundeswehr.
@ Jean Keller 20.13 Uhr:
„Kein Tiger mk 3 fur DEU“ – für mich wäre das ein echtes Zeichen der Hoffnung!!! Das Kapitel „PAH-2 / Tiger“ kommt in meinen Augen gleich nach dem HS 30 Schützenpanzer. Noch so eine Nummer braucht Deutschland NICHT mehr. Weder Mk. 3 noch Mk. 4 – und auch die heute vorhandenen „Tiger“ sind bekanntlich keine Aushängeschilder. Australien hat da die bereits Reißleine gezogen! Wie gelegentlich zu lesen ist, soll auch die Bw diesen Hubschrauber nicht mehr auf der Prio-1-Liste haben.
Und ja, die C 160 Transall! Die war sicher die rühmliche Ausnahme. Wobei die Frage offen bleibt, ob es da die C 130 Hercules nicht auch getan hätte – zumindest, wenn man die Frage nach der Industrieförderung (VFW, MBB) nicht stellt.
Mehr Pragmatismus in dieser Frage wäre toll, aber das sehe ich in dieser Regierung einfach nicht. Die Koalitionäre sind in sicherheitspolitischen Fragen derart uneins, dass man sagen muss: Wäre Sicherheitspolitik für irgendeine der drei Parteien eine Herzenssache, wäre diese Regierung angesichts der gigantischen Fliehkräfte längst zerbrochen.
@ Voodoo
Da kann ich Ihnen nur Recht geben. Zumal wir die ersten P-8 schon in 25 Monaten bekommen und dringend benötigen. Wenn man es in Frankreich ernsthaft gewollt hätte, hätten das von der ersten Idee bis jetzt auch schon A320 sein können.
Dassault hat in der Zwischenzeit ein Angebot auf Basis der Falcon 10x an die französischen Streitkräfte abgegeben. Damit hat sich der Haus-und Hof-Lieferant Frankreichs mal wieder durchgesetzt.
Wenn wir jetzt noch beim Tempest einsteigen, bin ich schon sehr zufrieden.
@Schlammstapfer: „In Zukunft werden dann Waffen aus Deutschland wieder an der Schuld für die Krisen und das Elend in der Welt ihren angemessenen Anteil tragen.“
Man sollte schon etwas differenzieren bei Waffenexporten. Laut dem Magazin „Produktion“ (Technik und Wirtschaft für die deutsche Industrie) aktualisiert am 06.07.2022, sind 95% der Rüstungsexporte auf den maritimen Bereich und die Luftverteidigung zurückzuführen. Ohne große Recherche kann ich behaupten, dass der Anteil den deutsche U-Boote, Patroullienboote und Flugabwehrrakten an Angriffskriegen haben, gegen Null gehen dürfte. Vergleichen Sie das mit Kleinwaffen aus russischer Produktion.
Deutschland machte 2021 laut Sipri 5,5% der weltweiten Rüstungsverkäufe aus. Die drei wichtigsten Drittländer (Nicht-EU, Nicht-Nato) seit 2011 sind dabei Südkorea, Ägypten und Israel. Grundsätzlich gilt, Verkäufe schaffen Abhängigkeiten und Einfluss, da Ersatzteile, Wartung und Munition meist weiterhin deutsche Unterstützung benötigt. Rüstungsexporte sind immer Teil von Sicherheitsstrategien. Dazu kommt die Thematik sinkender eigener Kosten durch steigende Stückzahlen.
Wenn unser BK und unsere BMVg eifrig über Nationale und Europäische Sicherheitsstrategien, Deutschland mit neuer Rolle als Führungsmacht und insgesamt eine Neuausrichtung der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik referieren, sollte einem bewusst sein, dass Rüstungsexporte eine wichtige Rolle dabei spielen.
@Gerold Schelm sagt: 12.09.2022 um 22:49 Uhr
„Seltsam nur, das Jens Stoltenberg quasi schon grünes Licht dafür gegeben hat, der Ukraine mehr schwere Waffen zu liefern, auch wenn dies die Bündnisfähigkeit der einzelnen Mitgliedsstaaten einschränken würde. Mit einem „go“ von der obersten NATO-Führung sollte sich Ministerin Lamprecht doch bitte nicht länger zieren, …“
Stoltenberg ist der Generalsekretär, und mitnichten die oberste NATO-Führung. Er kann ja gerne seine Meinung haben, aber ausschlaggebend ist die nicht. Und die Anmerkung von ihm hat er allgemein und nicht mit Bezug auf explizit Deutschland abgegeben. Was unsere Medien wieder daraus machen ist einfach – Schafsch… .
Es fehlt da einfach der Konsens unter den Mitgliedern des Rammstein-Formats. Ohne den wird es keine Lieferungen geben.
Hallo zusammen,
Wenn Deutschland wirklich der Meinung ist, dass seine Rüstungsexportregeln für seine europäischen Partner unattraktiv sind, könnte es sie einfach lockern. Eine Regelung der Waffenausfuhren auf europäischer Ebene macht daher keinen Sinn. Zumal nicht alle deutschen Partner europäisch sind…
Die Tatsache, dass Frau Lambrecht auch auf europäische Sammelkäufe in Höhe von 35% hinarbeiten möchte, ist ebenso kontraproduktiv.
Ich stelle zunächst fest, dass diese Sammelbestellung nicht auf „Made in EU“-Material beschränkt ist.
Außerdem würde dies zunächst einmal voraussetzen, dass die europäischen Länder einen ähnlichen Bedarf haben, was bei weitem nicht der Fall ist. Es genügt, die verschiedenen Versionen des A400M oder des NH90 aufzuzählen, die von jedem Land gewünscht werden, um sich davon zu überzeugen.
Darüber hinaus müssten die betroffenen Länder auch gleichzeitig eine Bestellung aufgeben. Mit einer solchen Maßnahme hätte die Bestellung der deutschen F-35 schon vor mehr als fünf Jahren gemeinsam mit den anderen europäischen Ländern erfolgen müssen. Ich bin mir nicht sicher, ob das deutsch-französische FCAS-Programm unter diesen Bedingungen hätte entstehen können.
Die Argumente von Frau Lambrecht für eine solche Maßnahme sind meiner Meinung nach ebenso utopisch:
„wenn wir mehr bekommen wollen für unser Geld.“ Dies ist eher die Ausnahme als die Regel.
“Wenn wir inter-operabel sein wollen.“ Es klingt fast als, ob wir es momentan überhaupt nicht sind…
„Wenn wir uns teure Dubletten und Parallel-Strukturen“ Dies könnte eventuell richtig sein, wenn wir 100% unserer militärischen Einkäufe zusammenlegen würden. Mit einem Ziel von 35% erreichen wir jedoch nicht die von Frau Lambrecht angepriesenen Synergieeffekte, so dass wir der deutschen Bürokratie noch mehr europäische Bürokratie hinzufügen werden…
Das Problem der Bundeswehr liegt nicht darin, dass es nicht genügend Integration und Koordination auf europäischer Ebene gibt, sondern darin, dass sie von alle Regierungen der letzte 20 Jahren vernachlässigt wurde. Die Suche nach einer europäischen Lösung für ein nationales politisches Problem wird nichts lösen. Nur ein starker politischer Wille wird die Dinge ändern. Das beste Beispiel dafür ist Polen, das uns allen zeigt, wozu ein europäisches Land in der Lage ist, wenn seine Politikerinnen und Politiker ihre Verantwortung nicht abschieben.
Ich finde es allerdings sehr lobenswert, dass man der deutscher „Sonderregeln“ beim Rüstungsexport in Fragen stellt. Aber wie gesagt, eine europäische Lösung auf dieses Problem ist nicht der richtigen Weg.
Der einzige mögliche Vorteil einer europäischen Lösung, den ich sehe, wäre vielleicht, dass die Akzeptanz der deutschen Bevölkerung für eine Abkehr von einer restriktiven Exportpolitik erleichtert würde, denn ich bin mir nicht sicher, ob die deutsche Bevölkerung bereit wären sich direkt an dem italienischen oder französischen Export Modell auszurichten. Wenn man das Ganze jedoch als europäische Initiative darstellt, dürfte die Zurückhaltung geringer sein…
@ Eskadron
5,5 Prozent klingen wenig.
Tatsächlich liegen wir damit aber weltweit auf dem 4. Platz noch vor China.
Das ist mir persönlich zu viel. Und sehr vielen anderen Bundesbürgern auch.
„Oder bin ich der einzige, für den die Aussagen von Baerbock und Habeck nicht zu denen von Lang und Nouripur passen?“
Was passt da denn nicht zusammen? Haben Sie Habeck oder Baerbock jemals betonen gehört, dass DE keine SPZ oder KPZ liefern darf? Man ist allerdings Regierungsmitglied als Minister und sollte daher nicht direkt gegen die Linie des BK sprechen, der hat in sowas nun einmal die Richtlinienkompetenz. Man weicht dann eben aus….
Nach Umfragen sind Grünenwähler ja auch diejenigen die am meisten für die Unterstützung der Ukraine sind. Generell ist wohl auch eine knappe Mehrheit für die Lieferung von SPZ und KPZ.
Die Bundesrepublik Deutschland hat eine gute und lange Tradition, möglichst nicht Waffen in Spannungsgebiete zu liefern — egal welche Partei(en) gerade die Regierung stellen… Und da sollten wir nicht einfach das Kind mit dem Bade ausschütten, gell?! Dass wir die Ukraine aktuell aktiv unterstützen, sich selbst zu verteidigen — klar! Da ist Krieg, kein Spannungsgebiet…
Aber ich würde z.B. momentan weder Griechenland noch Türkei mit Waffen beliefern — Uppps?! DAS ist ein Spannungsgebiet…
Several shades of grey?
VG, NG.
Hallo zusammen,
Wer hat schon was vom Schmidt-Debré-Abkommen gehört?
Dieser Abkommen regelt seit 1972 die Ausfuhr von gemeinsam entwickelten und/oder gefertigten Kriegswaffen und sonstigem Rüstungsmaterial zwischen Deutschland und Frankreich. Keine der beiden Regierungen wird somit die andere Regierung daran hindern, Rüstungsgüter, die aus kooperativer Entwicklung oder Produktion stammen, in Drittländer auszuführen oder ausführen zu lassen. Das Schmidt-Debré-Abkommen gilt weiterhin. Zumindest in der Theorie.
Der Spiegel bezeichnete diesen Abkommen damals als „Peinlicher Pakt“. Damals konnte man lesen: „Helmut Schmidt, so der Ex-Oberhefehlshaber heute, hat die Lieferverpflichtung »nicht sehr gerne« unterzeichnet; »aber das war unausweichlich, sonst hätten wir die Kooperation auf Null schreiben können«.“
Interessant ist auch, dass danke diesen Abkommen wurde Deutschland in den 1970er Jahren von einem unbedeutenden zu einem der fünf wichtigsten Waffenexporteure. Dennoch gab es im laufend der Jahren Fälle wo Deutschland sich gegen den Export geäußert hat. Deutsches Infoblatt hier:
https://www.bundestag.de/resource/blob/577298/d2913e58459b6705fe3c2cffaa8623a0/wd-2-132-18-pdf-data.pdf
Bericht Assemblée Nationale (n° 2334 du 25 avril 2000):
https://www.assemblee-nationale.fr/rap-info/i2334.asp
„„Schließlich wird die zwischenstaatliche Zusammenarbeit durch bilaterale Abkommen geregelt (z. B. das Debré-Schmidt-Abkommen von 1971 und 1972). Diese überlassen die Verantwortung für den Verkauf jedoch in der Regel dem Land, das den Vertrag abgeschlossen hat. Deutschland war somit in der Lage, von bestimmten Verkäufen zu profitieren, ohne diese genehmigen zu müssen.
Wie im zweiten Teil dieses Berichts dargelegt wird, zeigen die politischen Konflikte um den Export des Tiger-Hubschraubers oder des Leopard-Panzers in die Türkei, dass sich die frühere deutsche Haltung, die sowohl von großer moralischer Strenge als auch von Gleichgültigkeit geprägt war, wenn der Export eines Kooperationsguts nicht von Deutschland beschlossen wurde, deutlich verändert.
2 a) Das Debré-Schmidt-Abkommen zwischen Frankreich und Deutschland:
Ablehnungen sind möglich. Sie müssen jedoch die Ausnahme bleiben. Dies ist der Sinn von Artikel 2 Absatz 3: „Von der Möglichkeit, die Genehmigung zur Ausfuhr von Bestandteilen eines gemeinsamen Projekts zu verweigern, darf nur ausnahmsweise Gebrauch gemacht werden.“
In diesem Fall, so heißt es in Artikel 4, „wird dem Industriellen des Ausfuhrlandes gestattet, für einen Teil oder für die Gesamtheit der betreffenden Lieferungen die Mitwirkung anderer Unterauftragnehmer zu suchen“.
Mit anderen Worten: Bei Kooperationsprogrammen kann jedes der Herstellerländer alle Exportgeschäfte nach seinen eigenen Gesetzen und den Entscheidungen seiner eigenen politischen Behörden selbstständig durchführen, es sei denn, das andere Land legt ein Veto ein und weigert sich, die für den Vertrag erforderlichen Komponenten zu exportieren. Im Falle eines Vetos muss das ablehnende Land jedoch zustimmen, dem annehmenden Partner zu erlauben, die Komponenten, die Gegenstand der Ablehnung sind, selbst herzustellen, so dass er die von ihm souverän beschlossenen Ausfuhren durchführen kann.
Das Debré-Schmidt-Abkommen hat seine Funktion perfekt erfüllt: Der Exportpartner konnte immer exportieren, ohne dass der andere ein Veto einlegte. Der Zwang, im Falle eines Vetos die Produktionslinien an den Exportpartner zu übertragen, musste jedoch nie zum Tragen kommen. Als sich die Möglichkeit seiner Umsetzung abzeichnete, weigerte sich Deutschland, das die Ausfuhr von Raketenkomponenten in ein mächtiges Land auf dem indischen Subkontinent verweigern wollte, den Franzosen zu gestatten, in Frankreich Fabriken zu bauen, um die Komponenten herzustellen, die es nicht mehr liefern wollte. Deutschland verwässerte die Genehmigungen einfach zeitlich. Diese Politik wurde später auch für Verkäufe in andere Länder übernommen.““
b) Die unmögliche Verallgemeinerung der Debré-Schmidt-Vereinbarung
(…) „In Wirklichkeit war das Debré-Schmidt-Abkommen für Deutschland, ebenso wie die Erstellung der kurzen Listen kontrollierten Materials, ein Element einer Politik, die es ermöglichte, eine Rüstungsexportpolitik zu haben ohne dafür die Verantwortung zu übernehmen.
Tatsächlich begann die Praxis des Debré-Schmidt-Abkommens auf Schwierigkeiten zu stoßen, als die Deutschen begannen, sich Sorgen über die tatsächlichen Exporte der von ihrem Land hergestellten Ausrüstung zu machen. Dies war der Fall, als das Unternehmen Eurocopter erwog, den Tiger-Hubschrauber, der aus einem ausschließlich deutsch-französischen Programm hervorgegangen war, in die Türkei zu exportieren. Die Bundesregierung verweigerte unter dem Druck ihrer Stellungnahme eine Ausfuhrgenehmigung zu Demonstrationszwecken.“
(…) „In Wahrheit war das Debré-Schmidt-Abkommen nur als zwischenstaatliches Abkommen anwendbar. (…) Da Deutschland seine Politik geändert hat, ist das Debré-Schmidt-Abkommen null und nichtig.
Also wurde ein anderer Ansatz gewählt.“
Am 22.01.2019 wurde deshalb den Vertrag von Aachen (Traité d’Aix la Chapelle) unterschrieben.
Kommt jetzt ein Scholtz-Macron-Abkommen?
@Jean-Pierre sagt: 14.09.2022 um 17:00 Uhr
„Kommt jetzt ein Scholtz-Macron-Abkommen?“
Wofür? Was möchte FRA gerne exportieren, was DEU nicht möchte?