Deutsche Waffen für die Ukraine: ‚Matador‘ angekommen, schweres Gerät noch in Lieferung (Nachtrag: Spanische Leopard?)
Die Ukraine hat in den vergangenen zehn Tagen aus Deutschland knapp 8.000 Panzerabwehrwaffen als militärische Unterstützungsleistung erhalten. Weitere Panzerhaubitzen, die vorgesehenen Mehrfach-Raketenwerfer und auch die Flugabwehrpanzer Gepard sind dagegen noch nicht geliefert. Das geht aus der aktuellen übersicht der Bundesregierung hervor.
Die Übersicht wird von der Bundesregierung unter dem immer gleichen Link veröffentlicht, so dass dort kein direkter Vergleich möglich ist. Die Archiv-Speicherung der Liste vom 12. Juli mit der vom (heutigen) 21. Juli zeigt geringfügige Veränderungen:
• Als geliefert angegeben werden 7.944 Panzerabwehrhandwaffen RGW90, internationaler Handelsname MATADOR, der deutschen Firma Dynamit Nobel Defence. (Das Unternehmen gehört dem israelischen Staats-Rüstungskonzern Rafael; diese Waffe ist aber offensichtlich nicht von dem Lieferverbot anderer Waffen israelischer Unternehmen wie z.B. dem leichten Lenkflugkörper Spike betroffen.)
Die Lieferung weiterer 5.032 Panzerabwehrhandwaffen wird vorbereitet; dabei ist allerdings nicht angegeben, ob es sich ebenfalls um RGW90 oder um andere Systeme wie z.B. die Panzerfaust 3 handelt. Da bei dieser Angabe kein Hinweis auf eine Industrielieferung vorhanden ist, dürfte es sich um eine Lieferung aus Beständen der Bundeswehr handeln.
• Ebenfalls im Zeitraum seit der letzten Auflistung geliefert wurden 80 Pickup-Fahrzeuge. Fabrikat und Ausstattung sind nicht spezifiert. Allerdings wurden die Fahrzeuge nicht in die Kategorie LKW, Kleinbusse, Geländewagen aufgenommen, so dass es sich vermutlich um Fahrzeuge mit Sonderausstattung handeln dürfte.
• Weiterhin in Vorbereitung/Durchführung sind verschiedene schwere Waffensysteme:
– (weitere) drei Panzerhaubitzen 2000
– drei Mehrfachraketenwerfer MARS (gemeint vermutlich: MARS II) mit Munition
– 30 Flakpanzer Gepard mit 59.000 Schuss Munition
• Aus Industrielieferungen, also nicht aus Beständen der Bundeswehr, sind unter anderem ebenfalls in Vorbereitung
– das Luftverteidigungssystem IRIS-T SLM
– Artillerieortungsradar Cobra (keine Zahl angegeben)
– drei Bergepanzer
Nachtrag: Wie bereits in den Kommentaren erwähnt, meldet die Fachpublikation Europäische Sicherheit und Technik, dass die Bundesregierung einer Lieferung von Leopard2-Kampfpanzern aus spanischen Beständen an die Ukraine zugestimmt habe:
Das seit Anfang Juni bekannte Angebot Spaniens, Kampfpanzer Leopard 2 A4 aus Depotbeständen an die Ukraine abzugeben, konkretisiert sich zunehmend. (…) Nachdem Deutschland für die Leopard 2 und die USA für die M113 der Abgabe an die Ukraine zugestimmt haben, hat die Ukraine signalisiert, die Schenkung der Fahrzeuge anzunehmen und die Kosten für die notwendige Instandsetzung und notwendige Modernisierung zu übernehmen.
Das wäre in der Tat ein grundlegender Kurswechsel der Bundesregierung: Die hat, wie auch die Regierungen anderer westlicher Staaten, bislang der Lieferung von Kampfpanzern aus westlicher Produktion nicht zugestimmt.
Allerdings ist dafür derzeit keine Bestätigung zu bekommen. Aus dem für die Umsetzung einer solchen Genehmigung zuständigen Bundeswirtschaftsministerium hieß es lediglich, die Lieferungen an die Ukraine, an denen Deutschland beteiligt sei, würden auf der – hier oben verlinkten – Webseite aufgeführt.
Nachtrag 2: Der Artikel von ESuT scheint gelöscht. (Oben der Link zur Archivversion)
(Foto: Ausriss aus der Produktdarstellung von Dynamit Nobel Defence)
Sollte es sich bei der geplanten Lieferung von 5.032 weiteren Panzerabwehrhandwaffen wirklich um Waffen aus Bundeswehrbeständen handeln, kann es ja eigentlich nur um die Panzerfaust 3 gehen. Von den RGW 60/90 Matador und Wirkmittel 90 hat die Bundeswehr noch nicht viel bekommen, die wenigen abzugeben wäre unverantwortlich. MELLS mit Spike ist geblockt soweit ich weiß. Dazu passt auch die Meldung von Anfang dieser Woche, daß die Bundeswehr weitere 3.500 Patronen für die Panzerfaust 3IT geordert hat, wohl zur Auffüllung der Bestände.
Da frage ich mich, wie die Bundeswehr ihre eigenen Bestände auffülllen will, wenn alles was neu kommt weiter indirekt in die Ukraine geliefert wird. Die Bundeswehr wird somit weiter geschwächt, von Auffüllung der Bestände keine Spur, aber scheint politisch gewollt zu sein.
@Memoria: Ich habe damit nichts zu tun. ;-)
Es bleibt die Frage, warum die BW so langsam liefert? Inkompetenz oder absichtliche Verschleppung??
Die Amerikaner haben bereits Mehrfachraketenwerfer geliefert, warum hat die BW dies noch nicht hinbekommen?
RGW 90 ist mit Sicherheit eine gute Waffe, aber es wäre besser gewesen, Teillieferungen schon vor Wochen zu leisten, statt jetzt wohl alle auf einmal, aber eben erst so spät.
Die Geparden hätte die Ukraine schon längst für die Front im Donbas benötigt.
Drei Bergepanzer und Cobr hätte die BW längst aus eigenem Bestand liefern können und die Systeme durch Nachlieferungen der Industrie ersetzen können, weil dies schneller für die Ukraine wäre.
Statt IRIS-T für die Ukraine hätte die BW besser Patriot Batterien längst liefern sollen und die IRIS-T als Ersatz für die BW nehmen sollen bzw. Patriot in den USA nachbestellen, da mit nur 12 Batterien Deutschland sowieso gar nicht geschützt werden kann(frührer hatte die BW 36 Batterien).
Die Lieferung von 5.032 Panzerabwehrwaffen muss von der Industrie kommen, soviele Systeme hat die BW doch gar nicht von der Panzerfaust 3 oder wäre dadurch völlig blank.
Bin grade über eine Artikel bei ESUT gestoplert das Leo 2 A4 von Spanien geliefert werden können…Dauert allerdings ein Weile.
„Zehn Leopard 2 A4 und 20 M113 aus Spanien für die Ukraine“ ( Link wenn ok https://esut.de/2022/07/meldungen/35548/zehn-leopard-2-a4-und-20-m113-aus-spanien-fuer-die-ukraine/)
Angeblich hat Deutschland zugestimmt. Wenn das stimmt könnte das der Beginn einer Trendwende bei der Lieferung westlicher Systeme werden ?
[Hm. Die schreiben das ohne Quellenangabe, oder auch nur Hinweis. Hätte ich natürlich gerne. T.W.]
Der Weg für Leopard 2 aus Spanien ist wohl frei.
vgl. ESUT 21.07.
[Hm. Die schreiben das ohne Quellenangabe, oder auch nur Hinweis. Hätte ich natürlich gerne. T.W.]
Es wurde alles zusammengekratzt, was noch im Lager war. Jetzt ist aber alles weg.
Und woher kommen denn diese 7000 RGW90 ?
Laut Wikipedia hat D „2012 mal 1000 Stück für Sofortbedarf Afgh. bekommen“…mehr steht da konkret auch nicht…
Damit sollten aber bei so enormer Zahl ALLE für die Bundeswehr jemals hergestellten RGW90 nun in der Ukraine gelandet sein ???
Und womit verteidigen wir uns dann gegen Panzer ?
Hat die Bundeswehr jetzt überhaupt noch manntragbare Anti-Tank Waffensysteme, mit denen wir uns in 2024 oder so gegen die uns in Mitteleuropa entgegestehenden 20-30.000 gepanzerte russische Kräfte der Kategorie 1 (in der Ukraine kämpft nur Kategorie 3) wehren sollen ?
Kann ein „Bestandszahlen“-Wissender bitte hier mal Aufklärung betreiben ?
Hier findet offensichtlich an mancher Stelle ein Ausverkauf unserer eigenen Verteidigungsfähigkeit zugunsten einer hoffnungslos unterlegenen und militärisch eh zum Scheitern verurteilten Nicht-NATO Nation statt.
Bedenklich !
[Wie mehrfach hier erwähnt: Diese RGW90 kommen vom Hersteller. T.W.]
In diesem Zusammenhang wäre sicherlich auch das Ramstein-Format noch erwähnenswert. Auch wenn es jetzt zu Großgerät keine weiteren Neuigkeiten gibt, werden zwei wichtige Punkte angesprochen (Zusammenfassung aus ukrainischer Sicht):
https://www.kmu.gov.ua/en/news/u-formati-ramshtainu-zrobleno-cherhovyi-krok-dlia-zmitsnennia-oborony-ukrainy-zvernennia-oleksiia-reznikova-za-pidsumkamy-ramshtain-4
Ich sehe da zwei elementare Felder auf denen Deutschland sich einbringen kann, ohne an den selbstauferlegten Ketten rütteln zu müssen. Wie man hört läuft u.a. die Ausbildung in Idar-Oberstein (PzH 2000) sehr gut. Da gibt es sicherlich noch weitere Kapazitäten an anderer Stelle.
[Ich schlage vor, auch den gestrigen Ukraine-Sammler zu lesen, wo ich das Statement des US-Verteidigungsministers zum Treffen im Ramstein-Format verlinkt und auszugsweise zitiert habe… T.W.]
Bezüglich der Panzerabwehrhandwaffen RGW90…
Die menge verdunstet aber auch sehr schnell in der Masse der Fronteinheiten.
Wenn man mit 3 Zügen pro Kompanie und 4 Gruppen pro Zug rechnet, 1 Panzerfaust Schütze pro Gruppe mit einer Reserve Patrone….. macht das 24 Patronen pro Kompanie….
Bei einem Battalion mit 3 Kampfkompanien… 72 Stück.
Da kann man schnell hochrechnen was man als Nachschub braucht wenn man einen intensiven Kampftag erlebt.
Da ist die Lieferung auf einmal wieder fast bescheiden
Es tut sich was mit Großgerät?
„Nachdem Deutschland für die Leopard 2 und die USA für die M113 der Abgabe an die Ukraine zugestimmt haben, hat die Ukraine signalisiert, die Schenkung der Fahrzeuge anzunehmen und die Kosten für die notwendige Instandsetzung und notwendige Modernisierung zu übernehmen“.
Wenn es denn tatsächlich ESP Leo 2 A4 sein sollen, gibt’s noch Hinderungsgründe jenseits diversifizierter Log für Leo 1A5 von FFG?
https://esut.de/2022/07/meldungen/35548/zehn-leopard-2-a4-und-20-m113-aus-spanien-fuer-die-ukraine/
[Hm. Die schreiben das mit der deutschen Zustimmung ohne Quellenangabe, oder auch nur Hinweis. Hätte ich natürlich gerne. T.W.]
Auf der Liste der geplanten Lieferungen finden sich auch Autonome Überwasserdrohnen*. Mir ist nicht bekannt, dass solche in der Bw genutzt würden. Dazu passt auch der Vermerk * es handele sich um Lieferungen aus der Industrie.
Jetzt frage ich mich allerdings um welche Systeme es sich dabei handeln könnte..
Weiß jemand genaueres?
@TW: Leider habe ich es verpasst in den vorangegangenen Topics zur Liste diese Frage zu stellen. Der Aktualität wegen hier im neuesten Beitrag – halbwegs zum Thema „Liste“
@T.W.
Ich konnte dazu in der Tat lediglich als letzten relevanten Hinweis einen Artikel des Business Insiders vom 08.07. finden mit dem Wortlaut:
„Seit Montag inspizieren ukrainische Militärangehörige in Spanien mehrere Leopard-Panzer, die die Regierung in Madrid der Ukraine vor Wochen angeboten hat.“
Die Inspektion hatte den Sinn zu prüfen, ob die Kp für die Ukraine geeignet sind. Erst danach wollte die spanische Regierung wieder in D anklopfen. Also ist die Meldung entweder Spekulation, oder man hat nicht genannte Quellen.
“ Ebenfalls im Zeitraum seit der letzten Auflistung geliefert wurden 80 Pickup-Fahrzeuge. Fabrikat und Ausstattung sind nicht spezifiert. Allerdings wurden die Fahrzeuge nicht in die Kategorie LKW, Kleinbusse, Geländewagen aufgenommen, so dass es sich vermutlich um Fahrzeuge mit Sonderausstattung handeln dürfte.“
Einige Infos dazu gibt’s bei einem der Twitter-Accounts des AA: https://twitter.com/AA_stabilisiert/status/1546858060731277313
[Danke für den Hinweis. Irritierend: der Tweet des AA ist vom 12. Juli; in der damaligen Übersicht der Bundesregierung sind diese Fahrzeuge jedoch nicht aufgeführt, sondern erst in der Liste vom 21. Juli. Da scheint einiges durcheinander zu gehen. T.W.]
@all
Danke für die Hinweise auf die ESuT-Meldung zur angeblichen deutschen Zustimmung zur Lieferung von Leopard aus spanischen Beständen an die Ukraine. Eine Bestätigung dafür habe ich bislang nicht bekommen können, im Gegenteil – und inzwischen scheint die Meldung gelöscht. (s. die Nachträge oben)
@ Küstengang01 Bei der NVA waren laut Vorschrift fünf Patronen für die RPG7 vorgesehen. Und unter vier werden es in der Ukraine, vorhandenes Material vorausgesetzt, vermutlich auch nicht sein. Und von dem Gedanken an STAN-Ausstattung sollten wir mal wegkommen. Ich habe Reportagen aus der Ukraine gesehen, da hatte jeder zweite Soldat im Zug eine Panzerabwehrwaffe auf dem Rücken oder in der Hand. Das war ein schönes Sammelsurium an Panzerabwehrwaffen aus Ost und West. Wenn die Ukrainer allerdings mit Panzerfäusten, NLAW etc. auf LKW und andere ungepanzerte Fahrzeuge schießen, brauchen wir uns über den hohen Verbrauch nicht wundern.
@all
„Kann ein „Bestandszahlen“-Wissender bitte hier mal Aufklärung betreiben ?“
sowie
„Jetzt frage ich mich allerdings um welche Systeme es sich dabei handeln könnte..
Weiß jemand genaueres?“
Zahlen und Systeme, die nicht von offiziellen Stellen publik gemacht wurden, gehören nicht in einen Blog, der von jedermann gelesen werden kann. Vor allem dann nicht, wenn diese Informationen als Verschlusssache eingestuft sind!
Ich kann nur hoffen, das vieles was in den nächsten ein, zwei Jahren an Waffen und Munition mittels Sondervermögen finanziert und möglich gemacht wird, nicht direkt in die Ukraine geliefert wird wie z. B. Nachtsichtgeräte, von denen gerade 20.000 Stück nachgeordert wurden. Dann wäre das Sondervermögen, mit Ausnahme des zu beschaffenden Großgeräts, eher ein Sondervermögen für die Ukraine. Ich weiss ich überspitze hier etwas, vielleicht provoziere ich auch in mancher Augen, aber ich habe ernste Befürchtungen in diese Richtung. Mich beschleicht das Gefühl, das die Truppe entgegen aller Bekundungen der Politik mehr und mehr in Sachen Material & Munition ausblutet.
@Dirk Wege
Welche Wirkmittel kann man denn sonst auf eine Distanz von 500 m – 800 m (+) sinnvoll „mobil“ einsetzen? Eine GraMaWa fällt da schon einmal aus, GraPi bis max. 400 m, und da muß man dann auch treffen. OK, sMG / ca. .50 sofern verfügbar und mit Optik.
Davon ab ist das „Sammelsurium“ egal sofern der Schütze sich mit seiner Waffe auskennt.
@Dirk Wege sagt:
21.07.2022 um 16:25 Uhr
Mir ging’s auch ehr darum Mal aufzuzeigen das das die Menge als Zahl alleine betrachtet, relativ klein wird wenn man sie auf die Frontkräfte aufteilt….
Allein das reguläre ukrainische Heer unterhält 29 Infanteriebrigaden, dazu kommen noch diverse Brigaden der…
-Marineinfanterie
-Luftsturm
-Territorialverteidigung
-Nationalgarde
-Grenztruppen
-nationalen Polizei
ect. PP.
alle sind die mehr oder weniger infanteristisch unterwegs und benötigen Panzerabwehrhandwaffen. Da werden 13.000 Schuss hat klein wenn die auf 700.000 Soldaten verteilt werden müssen.
@Herr Wege:
eine alte RPG7 für einen LKW etc. klingt doch sinnvoll. Eine NLAW oder Javelin wird hoffentlich nur auf wirklich hochwertige stark gepanzerte Ziele abgeschossen. Wie andere schon schrieben, liegen oft ein ganzes Sammelsurium an verschiedensten Waffen herum. Da kann man die „minderwertigeren“ auch für die „weicheren“ Ziele nehmen.
@Picard: Sie wollten auch einfach mal wieder was raushauen oder? Neben ihrem RGW90 Schnitzer würde mich folgendes interessieren:
„20-30.000 gepanzerte russische Kräfte der Kategorie 1 (in der Ukraine kämpft nur Kategorie 3)“
Woher haben Sie diese Zahlen und „Kategorien“? Es gibt genügend Beweise für extrem hohe Verluste unter den besten Einheiten die Russland zu bieten hat. Alles westliche (Feind)Propaganda?
@Labacco
Das sehe ich mittlerweile, ganz ganau, auch so. Im Gegensatz zu Deutschland, haben z.B. die Niederlande neulich, für 1,5 Mrd Euro, bei Rheinmetall neue Panzer-und Artilleriemunition bestellt. Auch der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Eberhard Zorn, hatte vor Wochen im Video-Podcast der Bundeswehr gesagt, dass man sich bis zum Jahr 2032 !!! Zeit lassen will, um die Munitionsbestände aufzufüllen, ganz so, als würde es die Bedrohung der baltischen Staaten durch Russland überhaupt nicht geben. Würde die russische Armee in fünf Jahren in Litauen einmarschieren, könnte es sein, dass der Inspekteur des Heeres Generalleutnant Alfons Mais wieder sagen müsste: „Die Bundeswehr, das Heer, das ich führen darf, steht mehr oder weniger blank da. Die Optionen, die wir der Politik zur Unterstützung des Bündnisses anbieten können, sind extrem limitiert.“ Mir drängt sich mittlerweile der Eindruck auf, dass die politische und militärische Führung in Deutschland mehr oder weniger blank sein will. Denn wer blank ist, muss im Ernstfall auch nicht kämpfen. Auch der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr, General Klaus Naumann, schrieb Mitte Juni in einem Artikel der Zeit: „Es fehlt der Wille, notfalls auch zu kämpfen“. In Polen sollen 500 HIMARS-Raketenwerfer in Kooperation mit Lockheed Martin produziert werden. Zu den 249 Leopard 2 werden noch 366 M1A2 Abrams beschafft. Dort reagiert man auf die neue Bedrohungslage. Die Bundeswehr müsste wohl im Ernstfall bei den Amerikanern und Polen um Munition betteln. Oder man würde sagen: Macht ihr mal, wir haben fast nichts. In Deutschland hat man den Knall in der Ukraine immer noch nicht gehört. Man will ihn nicht hören, weil dies nicht mit dem Motto der linksliberalen Regierung: „Nie wieder Krieg“, zusammen passt.
@Dominik: „Woher haben Sie diese Zahlen und „Kategorien“?“
Offenkundig bezieht er sich auf die russische Kategorisierung in der Mobilisierung nach Alter (vgl. englisches Wiki: Russian Armed Forces – Reserve Components). Warum ist mir jedoch auch nicht klar. Die Reserve spielt momentan wohl noch eine nachgeordnete Rolle, da sich die RAF derzeit überwiegend aus Berufssoldaten, zwangsrekrutierten Volksmilizionären des Donbas sowie „Freiwilligen“ aus Tschetschenien und der Wagner Gruppe zusammensetzt. Wehrpflichtige wurden bis Mitte März per Rückruf zumindest aus dem Kampfgebiet, evtl. aus der kompletten Ukraine entfernt. Eine allgemeine Mobilisierung ist bisher nicht erfolgt.
@Der_Picard
> Und woher kommen denn diese 7000 RGW90 ?
In eine Kurzmeldung sollte man nicht zu viel interpretieren. Im speziellem Fall ist ohnehin klar dass sie vom Hersteller selbst kommen und diese Mengen halte ich für realistisch. Bald herrscht ein halbes Jahr Krieg in der Ukraine, die Industrie sollte inzwischen die Produktion erhöht haben. Was hoffentlich auch durch Massenproduktion die Preise senkt.
Auch sollte man aus der Meldung nicht schließen dass „mal eben so am letzten Donnerstag“ ein LKW mit 7000 RGW90 in Lwiw angekommen ist. Das kann schon seit Wochen in kleinen Lieferungen erfolgt sein oder es stehen noch weitere Lieferungen aus. Oder es ganz anders weil Feind liest mit.
Es ist eine Meldung, beinahe eine Schlagzeile. Details würden den Rahmen sprengen.
@Panzerpionier Kai
Wie es mir scheint, sind die Prioritäten in der Bundesregierung bezüglich Sondervermögen auch anders gesetzt. Es geht in erster Linie darum Großprojekte umzusetzen. Großprojekte, die teilweise schon via Parlament auf den Weg gebracht wurden und deren Finanzierung bisher nicht gesichert waren (z. B. Fregatte 126) und Projekte, die man schon seit Jahren umsetzen wollte, aber nicht konnte mangels finanzieller Mittel (wie z. B. der CH-47 Chinook). Hinsichtlich der Aufstockung der Munitionsbestände scheint man nach wie vor tiefenentspannt zu sein, warum sonst will man die Aufstockung der Munitionsvorräte über den Einzelplan 14 finanzieren. Parallel dazu wird weiterhin aus Beständen der Bundeswehr an die Ukraine geliefert und wohl bald auch per Ringtausch an Verbündete. Letzteres aber wohl überwiegend über die Industrie.
Würde man die Munition über das Sondervermögen beschaffen, hätte man noch vor der Sommerpause zig 25 Mio -Vorlagen durch das Parlament bringen können. Für fast alle Munitionsarten (120mm, 155mm, MELLS, RGW 60/90, Wirkmittel 1800, etc.) bestehen Rahmenverträge, von denen man sofort Lose hätte abrufen können. Aber es ist halt politisch nicht gewollt. Wobei man auch berücksichtigen sollte, das die Produktionskapazitäten z. B. bei Dynamit Nobel ziemlich gebunden sind (z. B. RGW für die Ukraine).
Aber Sie sprachen es an, vor allem in den osteuropäischen Ländern (Polen, Baltikum) gibt es auch ein ganz anderes Bewußtsein hinsichtlich der Bedrohungslage. Daher werden auch schnell Aufträge für Waffen und Munition vergeben, die man auch wirklich braucht (ABRAMS, HIMARS, Muniton, Mörser, etc.), sollte das Worst-Case-Szenario eintreten. In diesen Ländern rechnet man mit dem Schlimmsten.
Ganz anders als in Deutschland, man hofft einfach nur das es nicht passiert, ohne sich vorzubereiten. Hoffen und Bangen, so läuft das in Deutschland…. das beste Beispiel ist das Drama um die Gaslieferungen, eine Revision und Wartung einer Anlage, in diesem Fall die Turbine für Nordstream 1, wird schon mindestens im Jahr zuvor geplant. Wie in einem großen Chemieunternehmen, das Wartungen, Reparaturen und TÜV der Anlagen schon im Jahr 2022 für das Jahr 2023 plant. Somit war am 24. Feb der Regierung auch klar das die Pipeline im Juli revisionstechnisch abgestellt wird und es zu Engpässen kommen bzw. politischer Druck ausgeübt werden kann. Man hätte spätestens Anfang März mit der Planung von z. B. der Reaktivierung von Kohlekraftwerken, und andere Maßnahmen beginnen müssen.
Hat man aber nicht, wie gesagt Hoffen und Bangen… so ist es auch mit unserer Bundeswehr.
Na ja, Deutschland liefert ja nicht alleine. Inzwischen ist man 83.000 Panzerabwaffenwaffen, inklusive der jetzt angekündigten 5.000. Und das ist Minimum, da viele Länder ihre Lieferungen nicht konkretisieren.
https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_foreign_aid_to_Ukraine_during_the_Russo-Ukrainian_War
@Stubenviech:
Mit was genau?
@labacco:
Ich kann nicht erkennen, dass im Sondervermögen sehr viel für Munition ausgegeben wird.
Die Ministerin äußerte sich entsprechend heute in einem Interview mit der Schwäbischen Zeitung. Wobei dabei auch nur der Bedarf von 20 Mrd. erläutert würde, aber eben nicht, dass dies im Sondervermögen nicht so enthalten ist (schawaebische.de, „Lambrecht zur Ukraine: „Einsatzbereitschaft der Bundeswehr nicht gefährden““).
Das passt alles nicht wirklich zusammen.
@Memoria
Ich verstehe Ihren Einwand nicht.
Habe ich gesagt, dass im Sondervermögen viel für Munition bereitgestellt wird?
Bei „European Security & Defense“ ist der Artikel über die spanischen Leoparde noch verfügbar (auf Englisch): https://euro-sd.com/2022/07/articles/exclusive/26879/spain-3/
Kriegsführung und Zuführung von Waffensystemen in ein Kriegsgebiet nach Veröffentlichungen in der Bildzeitung und Regierungspressemitteilungen .. naja .. hätten wir in den letzten 25 Jahren nichts gelernt, dürfte die Bundeswehr mit den Profis nicht mitspielen.
Letzte Woche sind etliche israelische C130 in Bukarest gelandet (Wiki: „.. the Matador was developed by Germany, Israel and Singapore .. the Matador saw its first combat deployment in January 2009 by Israel Defence Forces) .. gestern sind 2 südkoreanische C130 irgendwo in Südeuropa angekommen (Wiki: .. MLRS/Mars: Israel – 48/Südkorea – 58) .. könnte natürlich auch Babynahrung und Decken befördert worden sein, wir wissen es nicht .. aber mit ausreichend Kreativität, Disziplin, Motivation und Können, wird Putin eine nachhaltige Lektion erteilt.
[Ich habe mir angewöhnt, auf ein Mindestmaß an Verlässlichkeit meiner Quellen zu achten. Insofern halte ich die Liste der Bundesregierung in Bezug auf geliefertes Material für eine akzeptable Quelle. Zu den anderen von Ihnen angeführten Quellen sage ich nichts. T.W.]
@Thomas Melber
„Welche Wirkmittel kann man denn sonst auf eine Distanz von 500 m – 800 m (+) sinnvoll „mobil“ einsetzen?“
Die ukrainische Armee hat dafür eine lokal produzierte Lösung, vor allem für noch größere Entfernungen,
https://en.wikipedia.org/wiki/Snipex_Alligator
aber wie von allem, viel zu wenig davon.
Wo vorhanden, wird dieses Gerät genau dafür verwendet, Munitionsbestände teurerer Waffen zu schonen. „Mobil“ ist sie je nach Definition von mobil…
@Memoria: Ich hatte mit mehreren Jahren Abstand gepostet, dass die RGW 90 an die Kurden geliefert werden sollte. Sie hatten sich das über diesen Zeitraum gemerkt und mich darauf aufmerksam gemacht, dass ich auch mal etwas Anderes schreiben solle. ;-)
Für mich als Laien sind einige Aussagen hier schwer begreiflich.
Warum sollte Ru in der Ukr sinnlos unerfahrene Amateure verheizen und die massenhaft vorhandenen Elitetruppen nicht einsetzen (Ru will doch was erobern oder?) Will Putin so nur die Arbeitslosenquote im fernen Osten aktiv senken und seine Bevölkerung quälen? Haben am Anfang nicht gerade die Luftlandtruppen stark gelitten und sind das normal nicht eher Profis?
Vom Material her schaut es auch nach einem Mix von alt bis neu aus (sorry aber für mich sehen die meisten RU Fzge. nach wildem Bastelwerk von 5jährigen aus)
Wo versteckt sich die riesige Highend Armee die nach 1-2 Jahren Blitzkrieg gegen die Ukr dann quer durch Eur bis zum Atlantik marschiert? Die Truppen die in die Ukr eingefallen sind sind ja auch nicht plötzlich aufgepoppt.
Zur BW:
Klar jeder wäre gerne Highend vollausgestattet und da dürfte es doch ein wenig hapern aber ist nicht gerade das Material in der Ukraine ein kurzfristig besserer Schutz für Europa als in einer Nato-Garage. Je mehr sich die Ru jetzt abnutzen desto weniger bleibt am Ende (egal wie es ausgeht) übrig. Und was dann noch bleibt damit kann wahrscheinlich sogar Polen (+ Nato Luftunterstützung) mit dem neuen Zeug dann allein fertig werden.
Gegen irgendwann 500 Himars und über 300 M1 sieht Ru wahrscheinlich nicht besser als gegen die Ukr aus. Und in der Luft siehts bei Ru ja wohl auch eher bescheiden aus weil Luftherrschaft dürften sie ja nicht wirklich haben selbst bei den sehr beschränkten Mittel der Ukr.
Ich persönlich glaube RU kann gegen Eur nur mit Gas und Öl „kämpfen“ und Nuklear drohen.
@Alpennachbar
Was sind „vorhandene Elitetruppen“?
Sicher gehören die GRU SpezNas mit vermutet Brigadegröße dazu, auch die FSB Spezialeinheiten ALFA und Wympel sowie die Luftlandeverbände mit hier https://de.m.wikipedia.org/wiki/Luftlandetruppen_(Russland) angenommener Stärke von 45.000.
Das Besondere an Elitetruppen ist, sie bringen Fähigkeiten mit, die Linienverbände (der Infanterie) nicht darstellen. Und ja, sie können in ihren Zweckbindungen als Profis eingestuft werden. Dass sie „am Anfang (nicht) gerade die Luftlandtruppen stark gelitten“ hätten, ist nicht bekannt. Der Einsatz in Kiew/Hostomel in der ersten Kriegswoche scheiterte zwar, dies lag aber nicht an der Truppe selbst, sondern an unzureichender operativer Vorbereitung hinsichtlich Aufklärung und Interdiction der UKR Verteidiger.
Folge ist, Elite wird eben gerade nicht (!) mit Standardaufträgen konfrontiert, dazu sind sie wortwörtlich zu wertvoll. Abgesehen von den Kämpfen in z.B. Mariupol und anderen Städten sehen wir ausschließlich Kämpfe, die von Kampftruppe, Kampfunterstützungstruppe üblicherweise geleistet werden kann und muss.
Die in kritischen Lagen bei den Urban Operations eingesetzten Tschetschenen ordne ich weder der Linie, noch der Elite. Sie entsprechen eher Landsknechten in Mörderpose.
Das mit der „Arbeitslosenquote“ meinen Sie nicht wirklich ernst!
@KPK: Es hat mehrfach Hinweise gegeben, dass die russische Armee bevorzugt Einheiten aus „ethnischen Randregionen“ einsetzt und versucht die Truppenkörper zu schonen, die stärker ethnisch russisch besetzt sind. Wie plausibel diese Hinweise sind ist wohl kaum nachvollziehbar wenn man die Einzelzusammensetzungen der Einheiten nicht kennt. Ich persönlich glaube, dass da schon was dran ist. Dann aber weniger aus der Perspektive „Arbeitslosenquote senken“ sondern eher aus der ethnischen Perspektive.
Russland hat sein vielen Jahren ein Problem mit einer Überalterung der Gesellschaft und gerade an den südlichen Rändern auch eine Herausforderung mit starken, wachsenden muslimischen Minderheiten. Die Kombination führt zu eine schrumpfenden Präsenz von ethnischen Russen. Ein bevorzugter Einsatz von Einheiten mit starker Herkunft aus diesen Regionen kann aus zentraler Perspektive durchaus zu dem Meinungsbild führen, dass man potentielle Unruhestifer (= üblicherweise junge Männer) für einen sinnvollen Zweck einsetzt (= hier Eroberung der Ukraine) und gleichzeitig die Anzahl selbiger längerfristig reduziert und keinen Unruheherd Tschetschenien 2.0 bzw. weiteren Zerfall von Russland zu erwarten hat.
Schwer verifiziertbar, ich halte es aber zumindest für plausibel und einen aus Moskauer Sicht positiv gesehenen Nebenaspekt. Ob das immer so eintritt ist natürlich fraglich.
[Die Lust an der Debatte egal worauf egal in welchem Thread scheint derzeit wieder groß. In diesem Thread ist jetzt Ende dieser Diskussion. T.W.]
@Labacco:
I“ch kann nur hoffen, das vieles was in den nächsten ein, zwei Jahren an Waffen und Munition mittels Sondervermögen finanziert und möglich gemacht wird, nicht direkt in die Ukraine geliefert wird“
Darauf hatte ich mich bezogen.
Aber wir sind uns ja einig dabei, dass dieses wichtige Thema bisher schlichtweg keine Priorität hat.
@Stubenviech:
Verstehe. War ja nicht böse gemeint.
Mich würde bei Gelegenheit (ggf. beim nächsten Sicherheitshalber) mal Thomas, Ulrikes, Carlos und Franks Meinung zu dieser These von Edward Luttwak, dass Deutschlands strategische Fehler der Vergangenheit den Ukraine-Krieg verursacht bzw. vergünstigt haben; das Interview ist wohl in der Welt erschienen, aber hinter einer Paywall, aber hier spieltheoretisch diskutiert vom Herrn Rieck https://www.youtube.com/watch?v=xByZY_SWdtg
Solche Rückschau hilft sicher in der aktuellen Situation nur mäßig weiter – aber sollten und können (bzw. wie werden) solche Überlegungen in tatsächliche Außen- und Sicherheitspolitik einfließen?
[Danke für den Hinweis. Bitte aber in diesem Thread nicht diese Debatte führen. T.W.]