Bundeswehr-Verstärkung an der NATO-Ostflanke: Weitere Eurofighter, Transportflugzeug bleibt im Dienst (m. Nachtrag)

Als erste Reaktion auf den russischen Angriff auf die Ukraine und die deshalb von der NATO ausgerufene Alarmbereitschaft hat die Bundeswehr den Einsatz von Kampfjets in Rumänien aufgestockt. Außerdem wird ein auch für medizinische Evakuierung genutztes Flugzeug, das außer Dienst gestellt werden sollte, vorläufig weiter genutzt.

Die Verstärkungen für den Einsatz der Luftwaffe im so genannten Air Policing South auf einem Flugplatz am Schwarzen Meer hatte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht nach einer Sondersitzung des Bundestags-Verteidigungsausschusses am (heutigen) Donnerstag angekündigt. In dieser Mission, die ursprünglich neben der Luftraumüberwachung an der Südostflanke NATO vor allem der Zusammenarbeit mit der ebenfalls eingesetzten italienischen Luftwaffe dienen sollte, waren seit der vergangenen Woche planmäßig drei Eurofighter des Taktischen Luftwaffengeschwaders 74 aus Neuburg an der Donau beteiligt.

Inzwischen landeten drei weitere Eurofighter des Geschwaders auf der der rumänischen Luftwaffenbasis Mihail Kogalniceanu Air Base, dem militärischen Teil des Flughafens der Großstadt Konstanza. Die eigentlich auf zwei Wochen begrenzte Mission soll zudem bis in den März verlängert werden.

Verteidigungsministerium und Luftwaffe trafen zudem eine weniger spektakuläre, allerdings ebenso wichtige Entscheidung: Der letzte Airbus A310 der Luftwaffe, der in dieser Woche seine Abschiedsflüge absolvieren sollte, bleibt zumindest bis Ende Juni im Dienst und wird nicht ausgemustert.

Angekündigt, aber jetzt hinfällig: Die Abschiedstrour des letzten Airbus A310 der Luftwaffe

Die 1988 ausgelieferte Maschine wird als Truppentransporter vorgehalten, vor allem aber auch für einen möglichen Verwundetentransport, die so genannte strategische Air Medical Evakuation (StratAirMedEvac). Die Luftwaffe hatte mehrere Maschinen des alten Typs A310, die bis auf das letzte Flugzeug mit der taktischen Kennung 10+25 bereits außer Dienst gestellt wurden. Sie sollen durch neuere Airbus-Muster ersetzt werden, die aber in der Truppe noch nicht angekommen sind. Damit stehen für AirMedEvac nur die Militärmaschinen des Typs A400M zur Verfügung, so dass die – größere – A310 vorerst weiter benötigt wird.

Die Verteidigungsministerin hatte nach der Ausschussitzung zugesichert, Deutschland werde alle Anforderungen der NATO nach mehr Unterstützung für die osteuropäischen NATO-Mitglieder in der aktuellen Situation erfüllen können. Weitere Maßnahmen würden geprüft und aktiviert, wenn der militärische NATO-Oberbefehlshaber sie anfordere: Unsere Alliierten können sich zu 100 Prozent auf Deutschland verlassen.

Lambrecht nahm damit, wenn auch indirekt, Stellung zur öffentlichen Kritik von Heeresinspekteur Alfons Mais. Der Generalleutnant hatte am Donnerstagmorgen auf dem Internet-Portal LinkedIn beklagt, die Bundeswehr und vor allem das Heer hätten nach Jahren des Sparens und fehlender Rüstungsausgaben kaum noch die Möglichkeiten zu einer sinnvollen Reaktion auf das russische Vorgehen: Das Heer, das ich führen darf, steht mehr oder weniger blank da. Die Optionen, die wir der Politik zur Unterstützung des Bündnisses anbieten können sind extrem limitiert.

Das Statement Lambrechts zum nachhören:

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Nachtrag: Die Bundeswehr löste vorsorglich Alarmmaßnahmen aus, im Rahmen der vorgesehenen NATO-Reaktionspläne. Eine Entscheidung über eine mögliche Aktivierung der NATO Response Force (NRF) ist das allerdings noch nicht – wenn auch für eine Aktivierung und Verlegung dieser Truppen Vorbereitungen getroffen werden. Deutschland ist derzeit mit fast 14.000 Soldatinnen und Soldaten an der NRF beteiligt.

Aus der Mitteilung des Verteidigungsminsiteriums dazu:

Die NATO hat aufgrund der aktuellen Ereignisse die Mitgliedstaaten aufgefordert, weitere Krisenreaktionsmaßnahmen auszulösen, die sogenannten „Crisis Response Measures“, ein Maßnahmenkatalog der NATO für den Krisenfall. Deutschland steht fest an der Seite seiner Bündnispartner und hatte gemeinsam mit den Alliierten der zugrundeliegenden Vorgehensweise im NATO-Rat, dem höchsten Entscheidungsgremium der NATO, zugestimmt.
Das Bundesministerium der Verteidigung hat nunmehr, basierend auf der NATO-Entscheidung zur Auslösung der Krisenreaktionsmaßnahmen, sogenannte nationale Alarmmaßnahmen ausgelöst. Die Bundeswehr wird bis in die einzelne Dienststelle vorbereitende Maßnahmen für den Fall einer Verlegung der sogenannten NATO Response Force treffen.
Die Bundeswehr ist vorbereitet und erhöht derzeit weiter ihre Bereitschaft. Das bedeutet auch, dass die Bevölkerung gegebenenfalls in den nächsten Tagen mehr militärische Bewegungen im öffentlichen Raum wahrnehmen kann. Es kann auch zu Einschränkungen im Verkehrsbereich kommen, da Transportkapazitäten zu Lande, zu Wasser und in der Luft für militärische Zwecke vorgehalten werden müssen.

Nachtrag 2: Eine zusätzliche Einberufung von Reservisten der Bundeswehr ist derzeit nach Informationen von Augen geradeaus! nicht geplant. Ein Gespräch der Verteidigungsministerin mit dem Präsidenten des Reservistenverbandes, Patrick Sensburg, das diese Vermutungen befeuert hatte, war wohl geplant, wurde aber zunächst abgesagt.

(Foto: Ein deutscher und ein italienischer Eurofighter beim Air Policing South von Rumänien aus am 22. Februar 2022 – Foto Luftwaffe)