Dokumentation: Ex-Diplomaten und -Generale rufen zu „Neuanfang im Verhältnis zu Russland“ auf
In diesen Tagen der Unklarheit über ein mögliches Vorgehen Russlands gegen die Ukraine und der angespannten Situation zwischen Russland und der NATO ein Merkposten: Unter anderem mehrere frühere deutsche Diplomaten und Generale haben zu einem Neuanfang im Verhältnis zu Russland aufgerufen. Aus dem Papier, das am (heutigen) Sonntag vom Politikwissenschafter Johannes Varwick, einem der Unterzeichner, veröffentlicht wurde:
Mit allergrößter Sorge beobachten wir die sich abermals verstärkende Eskalation im Verhältnis zu Russland. Wir drohen in eine Lage zu geraten, in der ein Krieg in den Bereich des Möglichen rückt. Von dieser Lage kann niemand profitieren, und dies liegt weder in unserem noch im russischen Interesse. Es gilt deshalb jetzt alles zu tun, um die Eskalationsspirale zu durchbrechen. Ziel muss es sein, Russland und auch die NATO wieder aus einem konfrontativen Kurs herauszuführen. Es bedarf einer glaubwürdigen Russlandpolitik der NATO und der EU, die nicht gutgläubig-naiv oder beschwichtigend, sondern interessengeleitet und konsequent ist. Jetzt ist nüchterne Realpolitik
gefragt.
Fest steht: Die Drohgebärden Russlands gegenüber der Ukraine und das Imponiergehabe gegenüber NATO-Staaten in Übungen und insbesondere durch Aktivitäten der nuklearen Kräfte sind inakzeptabel. Dennoch führen Empörung und formelhafte Verurteilungen nicht weiter. Eine einseitig auf Konfrontation und Abschreckung setzende Politik ist nicht erfolgreich; wirtschaftlicher Druck und die Verschärfung von Sanktionen haben – dies zeigt die Erfahrung der vergangenen Jahre – Russland nicht zur Umkehr bewegen können. Vielmehr sieht sich Russland aufgrund der westlichen Politik herausgefordert und sucht durch aggressives Auftreten die Anerkennung als Großmacht auf Augenhöhe mit den USA sowie die Wahrung seines Einflussbereiches im postsowjetischen Raum. Damit steigen die Gefahren für die russische
Wirtschaft (Ausschluss aus dem SWIFT-System) und einer Destabilisierung der Sicherheitslage besonders in Europa deutlich.
All dies darf seitens des Westens nicht als Entschuldigung für tatenloses Zusehen oder für die Akzeptanz der Eskalationsverstärkung verstanden werden. Die NATO sollte aktiv auf Russland zugehen und auf eine Deeskalation der Situation hinwirken. Hierzu sollte auch ein Treffen ohne Vorbedingungen auf höchster Ebene nicht ausgeschlossen werden.
Die Unterzeichner, unter ihnen der ehemalige Vorsitzende des NATO-Militärausschusses, General a.D. Klaus Naumann, und der frühere deutsche NATO-Botschafter Ulrich Brandenburg, schlagen dafür vier Punkte vor: Eine Konferenz zur Revitalisierung der europäischen Sicherheitsarchiktektur; vorerst ein Verzicht auf Stationierungen und Errichtung von Infrastruktur auf beiden Seiten der Grenze der Russischen Föderation zu ihren westlichen Nachbarn; eine Wiederbelebung des politischen wie militärischen Dialogs zwischen der NATO und Russland sowie weitergehende Angebote des Westens zur ökonomischen Zusammenarbeit.
Das mag für viele nicht einfach sein und auch nicht der reinen Lehre entsprechen. Aber jede Alternative ist deutlich schlechter. Deutschland kommt hier eine Schlüsselrolle zu. Deutschland sollte alles unterlassen, was seine feste Verankerung im transatlantischen Verbund schwächen
könnte, sollte auf De-Eskalation hinwirken und auf Vereinbarungen dringen, die den Einsatz militärischer Mittel in Europa jenseits der Bündnisverteidigung ausschließen. Dies sollte nicht als Einladung an Russland zur Veränderung des territorialen Status quo in Europa missverstanden werden, aber es gibt für die Ukraine-Krise keine militärische Lösung, die nicht zu einer unkontrollierbaren Eskalation führt.
Die Autoren werden genau das Gegenteil von dem bewirken, was sie mutmaßlich wollen. Auf russischer Seite wird diese Erklärung als Signal interpretiert werden, dass in den außen- und sicherheitspolitischen Eliten Deutschlands maßgebliche Kräfte voraussichtlich passiv auf die militärische Schaffung von Fakten in der Ukraine reagieren werden. Diese Geste der Schwäche trägt daher eher zu einer Eskalation bei als zu deren Abwendung.
Dieser Vorschlag ist extrem wichtig und hätte schön viel eher gemacht werden müssen. Aber egal, noch ist es nicht zu spät!
Die Naivität der Autoren ist erschreckend. Das russische Vorgehen hat nichts mit verletzten Gefühlen zu tun, sondern ist eine unmittelbare Folge der von den USA und ihren europäischen Verbündeten in den vergangenen Monaten gezeigten Schwäche. Die russische Regierung hält die Biden-Administration spätestens nach deren Versagen in Afghanistan für schwach. Europas politischen Willen hat man kürzlich an der Ostgrenze Polens getestet und dürfte angesichts der weitgehenden Verweigerung der Solidarität mit Polen durch den Rest der EU zu dem Ergebnis gekommen sein, dass man von dieser Seite im Fall einer Aggression nichts zu befürchten hat. Die russische Seite sieht jetzt die Gelegenheit gekommen, ihre Einflusssphäre in Osteuropa zu erweitern. Natürlich ist diese Situation gefährlich, aber anstatt Öl ins Feuer zu gießen indem man die russische Annahme, dass Europa schwach sei, weiter stärkt, sollte man jetzt über Abschreckungsoptionen diskutieren. Es gibt viele unterhalb der militärischen Schwelle, Stichwort Nord Stream 2.
Fände ich spannend wenn sie das generelle Thema mal im Podcast etwas ausführlicher unter die Lupe nehmen. Mal provokant vormuliert: Sind das Ex-NVA Generäle?
Die Nato ist nicht näher an Osteuropa gerückt. Sondern Osteuropa an die Nato. Es sind demokratische Staaten und es gilt/ bzw. sollte das Selbstbestimmungsrecht der Völker gelten. Wenn sich osteuropäische Staaten dem gesellschaftlichen Modell Westeuropas annähern hat Russland das zu respektieren, bzw. sollte sich, wenn da immer noch ein (so scheint es) Geltungs-Komplex vorhanden ist mal fragen wieso das so ist. Das gilt zivil & militärisch.
Insofern haben die Generäle aber auch Recht. Gerne Realpolitik. Hätte Russland ja machen können. Wenn die Mehrheit der Bewohner der Krim in Russland wohnen möchte. Bitte. Dann gerne eine Volksabstimmung unter internationaler Aufsicht. Dann akzeptiert auch jeder das Ergebnis.
So ist das russische Verhalten halt aktuell eher „Wehrmachts-Style“ in Österreich. Cool, das ihr für uns gestimmt habt als wir bereits einmarschiert sind.
Und es ist zu befürchten, dass es weiter geht. Ich lasse mich aber gerne etwas besseren belehren.
[Schon klar, dass Sie provozieren wollen, aber lesen können Sie doch? Oder was ist an dem Hinweis auf den ehemaligen Vorsitzenden des NATO-Militärausschusses missverständlich? T.W.]
Überzeugend und vernünftig.
„Jetzt ist nüchterne Realpolitik gefragt“.
Letztmalig mit Egon Bahr, U.S. seitig mit Ronald Reagan.
Läuft gerade ansatzweise eine Parabel große europäischer Diplomatie ab?
Frau Baerbock hört bitte genau zu.
Ich fürchte, dass dieser Aufruf als Angst und Schwäche ausgelegt wird.
Statt geschlossen diese Drohgebärden zu verurteilen, und selbst zu rüsten, um aus einer Position der Stärke zu verhandeln, sendet man falsche Signale.
@T.W
Ja, sicher. Und da haben sie auch Recht.
Es ist/ war eine bewusste Polemik, um darauf aufmerksam zu machen wie absurd (zumindestens mMn) die Forderung einer Deeskalation seitens der Europäer ist. Was steht („einsatzfähig“) an der russischen Grenze?
5000+ VJTF vs. 150000+ russisches Militär (Wenn auch verschiedene Schauplätze). Na dann GL & HF.
Daher die Polemik, weil die Formulierung „Die NATO sollte aktiv auf Russland zugehen und auf eine Deeskalation der Situation hinwirken.“ in der Erklärung einfach anlässlich der Situation absurd klingt.
Ist jetzt wieder polemisch, aber ich würde gerne mal die internationalen Reaktion sehen wenn die Nato-Staaten mal so 150000 Mann dauerhaft an die „Grenze“ bzw. „Front“ der Ukraine verlegen… So zur Absicherung versteht sich… diplomatisch :)
Ja ist denn schon wieder Weihnachten? 1914?
Ich würde auch gerne noch unterzeichnen, aber das mit dem Link ist eine Falle @ T.W.!
Spezieller Gruß geht raus an @ Uwe Vogt und @KPK.
Und RB, das steht doch sicherlich für Regulus Black, oder?
Dieser Nebensatz „Ausschluss aus dem SWIFT-System“ zeigt dass die Verfasser sehr wohl wissen wovon sie reden. Denn genau das ist das zweitschärfste wirtschaftliche Wirkmittel was dem Westen zu Verfügung steht welches gleichzeitig sehr viel einfacher zu aktivieren ist als das schärfste Wirkmittel. Zur Info, SWIFT ist praktisch das einzige international anerkannte bargeldlose Zahlungssystem mit Verwaltugnssitz in Belgien und dem Hauptrechenzentren in Deutschland. Schaltet man SWIFT für einen Kunden ab – was wirklich kaum mehr als eine einzeilige Änderung in einer Datenbank ist – kann der praktisch nur noch durch Bargeld und Gold in Koffern zahlen.
Und damit meine ich im Fall Rußlands nicht nur ausserrussische Geschäfte sondern auch innerrussische Geschäfte. Selbst russische Banken wären zumindestens anfangs gezwungen untereinander mit Bargeld zu operieren. Löhne müßten mit Bargeld bezahlt werden, der Onlinehandel käme praktisch über Nacht zum Erliegen. Dafür gibt es garnicht genügend Bargeld in Rußland, also würde man mit Fremdwährungen zahlen müssen. Was aber gleichzeitig die russische Währung hochgradig inflationär unter Druck setzen würde – zusätzlich zu den Druck den ein SWIFT-Ausschluß ohnehin mit sich bringen würde.
Auch wer den restlichen Text genau liest sieht dass hier konkrete und strenge Forderungen an Rußland gerichtet sind, lediglich die formale Verpackung ist aalglatt. Natürlich ist von „Zugehen“ die Rede aber anhanden des restlichen Schreibens kann man problemlos reininterpretieren dass damit gemeint ist dass man auf Rußland zugeht, ihnen knallharte Forderungen überreicht, die Wirkmittel bei Nichteinhaltung darlegt. Von Konzessionen seitens der freien Welt ist hier nicht die Rede, sondern vom Vermelden einer neuen Doktrin.
Gut so.
@Security matters:
Wenn Sie schon mit Zahlenvergleichen um sich werfen, warum unterschlagen Sie dann die (in mehr oder weniger Abstand) an der Grenze zu Russland befindlichen eigenständigen Truppen der NATO-Mitgliedsländer:
Polen (ca. 110.000 aktive Soldaten),
Litauen (ca. 15.700 aktive Soldaten),
Lettland (ca. 6.000 aktive Soldaten),
Estland (ca. 6.500 aktive Soldaten) …
gern auch noch Rumänien (ca. 69.000 aktive Soldaten) an der derzeit sehr gut „besuchten/ beübten“ Südostflanke …
Mit etwas Ambivalenz auch gern noch in der Region die Türkei (435.000), ebenfalls noch immer NATO-Mitglied….
Und natürlich nicht zu vergessen, die Streitkräfte des Nicht-NATO-Landes Ukraine selbst (derzeit ca 250.000 Soldaten).
Plus VJTF, plus Air Policing Baltikum und Südost, plus Ausklärungsflüge und Marinebesuche im Schwarzen Meer, plus Großübung Defender Europe u.ä , plus plus plus….
Plus das Gezänk um Nord Stream 2 u.sw.
Ja, ich bin durchaus der Meinung, das Deeskalation seitens der Europäer und der NATO sowie nüchterne Realpolitik langsam an der Zeit wären.
Könnten Sie bitte den Link noch ergänzen?! Hinter/unter „hier“ kommt leider nix…
(Der komplette Aufruf und die Liste der Unterzeichner hier.)
Ja, ich kann auch Google bemühen, komme aber gerade nicht ans Ziel. Wobei es durchaus ganz interessant ist wenn man diesen Text („Neuanfang im Verhältnis zu Russland“) markiert und „mit Google suchen“ auswählt.
Danke.
@all
Mit der Bitte um Nachsicht – da hatte technisch was gehakt. Link jetzt oben ergänzt.
Das erinnert etwas an die „Krieg-in-Sicht“ Krise:
https://de.wikipedia.org/wiki/Krieg-in-Sicht-Krise
Wie gut, daß sich Geschichte nicht wiederholt! Oder „die Geschichte wiederholt sich immer zweimal – das erste Mal als Tragödie, das zweite Mal als Farce.“ (letzteres ist von Karl Marx)
@Wait&C
Rußland hat bereits vorgebaut:
https://en.wikipedia.org/wiki/SPFS
Ich bin sicher, daß das auch auf andere Staaten erweitert wird, vielleicht sogar auf die Mitglieder der SCO.
Ich gehe davon aus, daß, sollte RUS tatsächlich abgekoppelt werden, es massive Malware-Attacken auf westliche Banken, Börsen u.a. geben wird. Auch wir würden da nicht nur mit einem blauen Auge davon kommen, wobei RUS ja schon die Abkoppelung vom Internet vorbereitet und geübt hat (RUNET).
China wird dies interessiert beobachten 😎
Zu empfehlen ist denen, die sich um den deutsch-russischen Dialog sorgen, ein gewisser Grad Gelassenheit gepaart mit Sachkenntnis.
Die Nato und Russland haben ihre diplomatischen Verbindungen gekappt. Der Krisenreaktionsmechanismus in der NATO für militärische Kontakte mit Russland ist grundlegend zerstört.
Angesichts der weltweiten Krisen müssten der Westen und Russland jedoch ihre Kommunikation dringend verbessern.
Doch es gibt ja nicht mal mehr punktuelle Zusammenarbeit in Feldern gemeinsamer Interessen, beispielsweise bei Klima und Nachhaltigkeit, Energie oder bei der Bekämpfung von Pandemien.
Unsere Russlandpolitik müsste deshalb viel stärker einen ganzheitlichen Ansatz haben, halt einer echten Strategie folgen. (Die grundsätzliche Frage nach Strategie deutscher Außen- und Sicherheitspolitik stelle ich hier mal zurück, denn es gibt keine)
Russlandpolitik war bisher alternativlos, gedankenlos, planlos, aktionistisch und nun wird sie auch unter einem grünen AA wahrscheinlich über Gebühr moralisierend. Man gefällt sich in eher emotional ausgerichteter Russlandpolitik. Emotionen ersetzen bei verantwortlichen Politikern Sachkenntnis, leider auch im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik.
Die Strategielosigkeit deutscher Außenpolitik besorgt grundsätzlich, mit Blick auf Russland ist das gefährlich. Strategielose Russland-Politik könnte die NATO in neues Militärabenteuer stürzen.
Wenn wir jedoch ehrlich auf militärische Aspekte schauen sehen wir verpasste Chancen, eine nachhaltige Verteidigungsstrategie zu entwickeln, welche wirklich abschreckt. DEU aber auch europäische NATO gleichermaßen mit aufallenden Defiziten. Das eigene Militärpotenzial soll eigentlich den Gegner überzeugen, dass die Kosten eines Angriffs größer sind als sein Nutzen: Der Einsatz von Militär führt nicht zum gewünschten Ergebnis und lohnt sich deshalb nicht.
Einsatzbereitschaft und Verteidigungsfähigkeit DEU sind auf nahezu erbärmlichen Niveau.
Der Zustand der Bundeswehr ist weit weg davon, einen substantiellen Beitrag dafür leisten zu können.
Glaubwürdig sein – das überlassen wir dann doch lieber den anderen. Dazu ist dann die USA gut genug.
Wenn also das Defizit zur Abschreckung nicht schon schlimm genug wäre.
Auch die Fähigkeit zum Dialog scheint vergessen. Das war eine in vergangenen Jahren eine herausragende Fähigkeit DEU.
Was unternimmt DEU, um endlich wieder Vertrauen aufzubauen und Vernunft als Überlebenskraft zu stärken? Wo bleiben die seit Jahren mehrfach versprochenen Gesprächsinitiativen? Dazu ist nichts Sinnhaftes mehr zu hören gewesen. Bei allen Unterscheiden AA und BMVg – beide gleichermaßen sprachlos.
So wird das Verhältnis zu Russland wird nur mit politischen Initiativen wie diesen zu verbessern sein. Hilfreich wäre es dafür allerdings auch, wenn sich die Verantwortlichen in den Hauptstädten der Nato-Staaten aber auch in DEU selbst endlich auf eine Linie in der Russland-Politik einigen könnten. Doch sowohl die US Regierung wie auch die europäischen Bündnispartner (vor allem FR) senden permanent widersprüchliche Signale. Das wird Putin und die Seinen nicht beeindrucken.
Mein Reden seit Jahren in diesem Forum.
Statt weiterer Konfrontation und Machtdemonstration durch die NATO wäre der Punkt erreicht, einseitig die Waffen niederzulegen, um den ersten Schritt zu gehen.
Russland ist bis auf Belarus im europäischen Raum völlig isoliert, was die Partner angeht. Sie beißen um sich, wie in die Ecke gedrängte Hunde…
Wir Europäer brauchen Russland und Russland braucht uns.
Auch wenn das Viele nicht gerne sehen.
Bei einer weiteren Konfrontation gibt es nur Verlierer.
Direkt vorab, ich kenne die allermeisten Unterzeichner des Schreibens nicht und möchte daher niemanden in Misskredit bringen. Aber bin ich der Einzige der bei der Artikelüberschrift direkt an – Generale für den Frieden – denkt?
Nachtrag: selbst Deutschland sieht den amerikanischen Einfluß auf SWIFT kritisch und befürwortet ein europäisches Zahlungssystem:
https://www.dw.com/en/germany-urges-swift-end-to-us-payments-dominance/a-45242528
Es gibt auch noch das TIPANET der Volks- und Raiffeisenbanken. In jedem Fall ist auch für uns robuste Resilienz angesagt.
Was mir noch nie jemand erklären konnte, bzw. was ich noch nie verstanden habe: Inwiefern ist die NATO eine Bedrohung für Russland? Was konkret befürchtet Russland, sollte z. B. die Ukraine der NATO beitreten? Meine Hypothese ist, dass Russland (bzw. die herrschende Nomenklatura) demokratische Strukturen soweit wie möglich von seinen Grenzen weghalten möchte. Disclaimer: dafür würde ich massive wirtschaftliche Unterstützung für die Ukraine bei gleichzeitiger Schaffung eines Rechtsstaates dort als deutlich sinnvoller erachten als einen NATO-Beitritt des Landes. Dieser Aspekt würde mir in dem o. g. Papier dann auch fehlen.
Die Grundfrage ist doch: Wie will und kann ich mit meinem Nachbarn zusammen leben?! Gorbatschow hat mal von einem europäischen Haus gesprochen — wo Russland auch ein Zimmer bewohnt (ein ziemlich grosses). Haben wir unserem Nachbarn in den letzten 30 Jahren ernsthaft diese Nachbarschaft gegeben?
Das Konzept der gegenseitigen Abschreckung ist aus dem kalten Krieg. Warum sollte sich Russland durch das Säbelrasseln einiger US- und Nato-Vertreter NICHT bedroht fühlen?! (Ich lese mit Erschröcken einige/viele Kommentare hier…).
Dass wir Streitkräfte zur Verteidigung brauchen ist davon nicht betroffen — genau so, wie man eine Feuerwehr braucht…
@ Andreas Meinheit
Legen Sie einmal zwei Karten nebeneinander. Die eine zeigt die NATO zur Zeit des Warschauer Paktes, die andere zeigt die NATO heute.
Fast alle Staaten des Warschauer Paktes sind mittlerweile NATO-Länder. Die UDSSR gibt es auch nicht mehr.
Russland ist also isoliert. Und in dieser Lage fühlt es sich bedroht. Das ist normal.
Darum muss diese Bedrohung aufhören und eine neue Art der Partnerschaft entstehen.
Wir alle haben aktuell andere Sorgen, als das Säbelrasseln zweier Großmächte wie im kalten Krieg.
@ Gepard65
Ist es nicht schade, was aus seiner Idee geworden ist?
@Gepard65
„Haben wir unserem Nachbarn in den letzten 30 Jahren ernsthaft diese Nachbarschaft gegeben?“
Nicht die NATO hat die Ukraine 2014 militärisch angegriffen und Teile von ihr besetzt, sondern Russland. Aktuell ist es ebenfalls nicht die NATO, die in großem Maßstab Kräfte an der Grenze der Ukraine zusammenzieht, sondern Russland, das gleichzeitig zusammen mit Belarus asymmetrisch gegen die Ostflanke der EU vorgeht und außerdem Cyber-Angriffe gegen kritische Infrastrukturen in Europa (auch in Deutschland) fährt. Dass man das alles in Staaten wie Deutschland nicht zur Kenntnis nehmen will und Mitglieder der außen- und sicherheitspolitischen Eliten des Landes statt dessen öffentlich erklären, dem russischen Druck nachgeben zu wollen, muss der russischen Seite wie eine günstige Gelegenheit dazu vorkommen, in der Ukraine Fakten zu schaffen.
„massive wirtschaftliche Unterstützung für die Ukraine bei gleichzeitiger Schaffung eines Rechtsstaates“
Das zweite ist aber dort von vielen nicht gewollt. Das sind sehr viele mächtige Personen so korrupt, die sträuben sich vor einem funktionierendem Rechtsstaat ähnlich wie bei einem Mitgliedsland in der EU.
Ich sehe diesen Brief auch positiv.
2014 bis 2021 und die permanenten Drohgebärden und Sanktionen haben doch nichts gebracht.
Ja, Ukrainekonflikt ist zu verurteilen – aber Russland lässt sich nicht einschüchtern.
Haben viele erwartet oder gehofft, aber hat sich nicht bewahrheitet.
Nun muss man einen anderen Weg gehen und der heißt Neuanfang.
@ RB
Ehrlich gesagt, interessiert es Russland in keinster Weise, was unsere Politiker dazu denken.
Russland ist eine Atommacht und hört mit Sicherheit nicht auf uns…
Wer behauptet dass der westliche Druck auf Rußland keine Wirkung gezeigt hat trägt Scheuklappen.
Die russische Industrie, gerade Luftfahrt und Raumfahrt, sind praktisch niedergegangen. Das einzige was dankbar Abnehmer findet ist russisches Erdgas. Der Lebensstandard der russischen Bevölkerung sinkt durch die Isolation dramatisch. Natürlich konnte Putin durch autoritäre Maßnahmen seine Macht erhalten aber wo Putin einst ein sanfter Sitzriese war so ist er heute ein Golem auf tönernen Füssen, gesteuert vom Machterhalt.
Ich gehe sogar noch weiter, Putins aktuelle Maßnahmen zum eigenen Machterhalt führen in einer selbstverstärkenden Abwärtsspirale zu immer weiterer Isolation. Sicher, er mag seine Macht eine Weile mit Betrug, Gewalt und Verbrechen erhalten aber das was anschiessend von Rußland übrig sein wird, davor muß keiner mehr Angst haben. Eher darum weinen.
Ich bleibe dabei, solange man Rußland deutliche Grenzen aufzeigt die beim Selbstbestimmungsrecht seiner Nachbarn beginnen solange müssen wir uns nicht schämen und uns nichts vorwerfen.
@Der Realist
„Ehrlich gesagt, interessiert es Russland in keinster Weise, was unsere Politiker dazu denken.“
Wenn die Russen sich nicht dafür interessieren würden, dann hätten sie nicht u. a. den Bundestag gehackt. Russische Stellen interessieren sich sogar in besonderem Maße für Deutschland und machen ihr Vorgehen u.a. davon abhängig, wie Politik und Öffentlichkeit darauf reagieren. Man unternimmt auch einige Anstrengungen, auf die öffentliche Meinung einzuwirken. Deutschland galt schon zu Putins KGB-Zeit als schwaches Glied in der Kette der NATO-Staaten. Schon damals reagierten die Russen nur auf harte Abschreckungs- und Machtpolitik mit Mäßigung, während sie durch jede Schwäche dazu provoziert wurden, aggressiver vorzugehen. Man vergleiche etwa das russische Agieren unter Carter und unter Reagan. Das wiederholt sich gerade dank einer schwachen Biden-Administration, eines schwachen Westens und naiver deutscher Ex-Generale und -Diplomaten gerade wieder. Man testet gerade unsere Stärke. Wenn man keine findet, wird man eskalieren und schauen, wie weit man kommt.
„Der Lebensstandard der russischen Bevölkerung sinkt durch die Isolation dramatisch.“
Aha und ihr Wissen haben sie woher?
Mit Sicherheit nicht vor Ort gesammelt, denn dann würden sie das anders sehen.
Allein schon „die russische Bevölkerung“ gibt es nicht, es gibt eklatante Unterschiede zwischen Moskau/St.Petersburg und dem Rest und auch große Unterschiede zwischen Jakutsk und Orenburg und zwischen einem Dorf im Ural und einem Dorf an der chinesischen Grenze.
Der Lebensstandard ist insgesamt nicht gesunken und nicht groß gestiegen.
Viele Maßnahmen haben nur eine kurze Wirkung gehabt und Russland als Land und die russische Wirtschaft und die Bevölkerung (die es tangiert) haben sich mittlerweile darauf eingestellt und kommen gut damit klar.
Natürlich wären keine Sanktionen besser – das ist logisch.
Die Russiche Raumfahrt steht genauso gut oder schlecht da (Interpretationssache) wie vorher und die Luftfahrt war schon vor 2014 so schlecht wie jetzt.
Der durchschnittliche Russe träumt von einer festen Arbeit, einen „vollen“ Supermarkt (voll im Sinne von „Sowjetunion voll“ und „Russland voll“ und nicht „Deutschland voll“), einem jährlichen Urlaub in einem All-Inclusive-Hotel in der Türkei oder in Sochi, einem Sommer auf seiner Datcha mit eigenen Gemüse und Obst und alle paar Jahre ein Besuch in der Hauptstadt oder einer andere großen russischen Stadt.
Das klappt alles die letzten Jahre – Corona mal ausgenommen, betrifft ja alle Staaten.
Mir erscheint die Analyse der Situation in dem Papier zutreffend zu sein, die daraus geforderten Handlungen jedoch über die deutschen Einflußmöglichkeiten hinauszugehen. Aber wenn diese Handlungen nicht versucht werden – wer hat eine bessere Idee? Den Verfassern vorzuwerfen, sie hätten sich von Moskau die Unterwanderstiefel ausgeben lassen und man müsse Härte, Härte, Härte zeigen, ist doch selbst nur Träumerei.
@edox
„Härte zeigen, ist doch selbst nur Träumerei.“
Das hängt vom politischen Willen ab. Von den außen- und sicherheitspolitischen Eliten Deutschlands darf man in dieser Hinsicht nicht zu viel erwarten, aber in Osteuropa stößt man in vergleichbaren Funktionen durchaus auf Persönlichkeiten die nicht vergessen haben, mit wem sie es auf russischer Seite zu tun haben und welche Sprache dort verstanden wird. Hätten diese Staaten den Rückhalt des Westens, dann würde man auf russischer Seite die Risiken militärischer Invasionen nahezu sicher als zu hoch bewerten. Mittel- bis langfristig wird den Russen ohnehin wirtschaftlich und demographisch die Luft ausgehen, und sie werden zu einer kooperativeren Politik gezwungen sein.
@ RB
Sie scheinen eher konservativ geprägt zu sein. „Man testet unsere Stärke“ schreiben Sie beispielsweise.
Ich fürchte, dass uns genau dieses Denken in einen zweiten kalten Krieg bringen wird.
Russland versucht natürlich, Länder im Westen zu finden, die sie nicht komplett abschotten und isolieren wollen.
Würden wir das nicht tun?
Das Schlimmste, was dem Westen passieren kann, wäre eine tiefere Zusammenarbeit Russlands mit China. Militärisch und wirtschaftlich. Die Anfänge dafür sind gemacht.
Wenn wir das nicht wollen, müssen wir Russland entgegenkommen.
Immer dran denken: Es ist eine Atommacht. Nach Putin könnte durch weitere Provokationen jemand viel radikaleres an die Macht kommen.
Und dann?
Wer glaubt denn tatsächlich, daß die Russen an ihren Westgrenzen mit 150.000 Mann voll einsatzbereit mit allem Schisslaweng üben und den Rest der Streitkräfte einsatzbereit in der Hinterhand haben? Doch niemand ernsthaft.
Natürlich sollten wir miteinander sprechen. Ich bin auch der Überzeugung, von der kulturellen Prägung und Eindstellung sind uns die Russen näher sind als wir denken.
Was mich mal wieder stört ist, daß sich deutsche Ex-Generale zu Wort melden, die in ihrer aktiven Zeit die Klappe gehalten haben um ihre Karriere nicht zu gefährden. Mal wieder typisch.
@Der Realist
Das ist nun einmal das Wesen von Politik. Staaten haben Interessen und verfolgen diese, soweit ihre Machtmittel und die Schwächen ihrer Gegner dies zulassen.
Im konkrete Fall geht es nicht um Versuche der einen oder der anderen Seite, den jeweiligen Gegner mit Panzerarmeen zu überrollen, sondern um die Neugestaltung der geopolitischen Verhältnisse in Osteuropa, die durch die Schwäche Russlands möglich geworden ist. Wenn Belarus und die Ukraine geopolitisch Teil des Westens werden oder zumindest nicht mehr Teil der russischen Einflusssphäre sind, wäre das auch im deutschen Interesse. Dieser in greifbare Nähe gerückte geopolitische Erfolg wird durch die von den Verfassern des zitierten Dokuments propagierte Politik unterlaufen, die hier nicht im Sinne deutscher Interesse agieren, obwohl man dies von ihnen als ehemaligen Generalen und Diplomaten erwarten sollte. Um die Interessen Russland kümmern sich die Russen selbst und brauchen dabei keine Hilfe deutscher Pensionäre.
@ RB
Ich sehe keine Schwäche Russlands. Die Atomwaffen werden modernisiert und reichen, um die kompletten NATO-Staaten in 30min in Schutt und Asche zu legen. Es wird massiv in U-Boote, autonome Atomtorpedos und Hyperschallwaffen investiert.
Und wenn eine Schwäche da wäre, müsste man sie nicht ausnutzen. Das ist genau das alte Spiel, was uns heute nicht mehr weiterbringt.
Vielleicht möchte manch Einer das Land aufgrund seiner Bodenschätze und Energiereserven gerne am Boden sehen, um es auszunutzen. Aber da ist Russland nicht.
Und zusammen mit China entstünde bei weiterer Einengung ein mächtiger Gegner, der dem Westen konventionell und nuklear mindestens ebenbürtig ist.
Sollte das unser Ziel sein?
@Der Realist
„Ich sehe keine Schwäche Russlands.“
Die russische Wirtschaftsleistung geht seit einigen Jahren zurück, und auch die Bevölkerung (zumindest die staatstragenden Gruppen) schrumpft. Die inneren Probleme Russlands dürften bald deutlich zunehmen, und mit Sanktionen sowie der Verweigerung außenpolitischer Erfolge kann man diesen Prozess ggf. beschleunigen. Für die Strukturen aus KGB-Resten und Organisierter Kriminalität, die derzeit das Land regieren, könnte die Luft dann ebenso dünn werden wie für ihre sowjetischen Vorgänger in den 80ern. Da helfen dann auch keine modernen Atomwaffen mehr.
„Und wenn eine Schwäche da wäre, müsste man sie nicht ausnutzen. Das ist genau das alte Spiel, was uns heute nicht mehr weiterbringt.“
Die Russen bringt dieses Spiel sehr wohl weiter, wie die verschüchterte Reaktion der Autoren des zitierten Dokuments auf die aktuelle russische Machtdemonstration zeigt. Weder Russen noch Chinesen noch irgendwer anders wird im Übrigen damit aufhören, dieses Spiel zu spielen. Deutschland wird es sich nicht ewig leisten können, dies zu leugnen.
@ Realist 12.29 Uhr
„Fast alle Staaten des Warschauer Paktes sind mittlerweile NATO-Länder. Die UDSSR gibt es auch nicht mehr. Russland ist also isoliert. Und in dieser Lage fühlt es sich bedroht. Das ist normal. Darum muss diese Bedrohung aufhören und eine neue Art der Partnerschaft entstehen. “
Diese Sätze haben bei mir schon für Erheiterung gesorgt. Impliziert es doch, daß die ehemaligen UdSSR- und Warschauer Pakt-Staaten daran schuld sind, daß Rußland jetzt isoliert und damit (vermeintlich) bedroht ist. Das viele Sowjetrepupliken der UdSSR „beigetreten wurden“, die baltischen Staaten sowie das Moldau-Gebiet annektiert wurden und Polen für die Vergrößerung des belarussischen und ukrainischen Staatsgebietes herhalten mußte, scheint Ihnen entgangen zu sein. Und das sich die ehemaligen Warschauer Pakt-Staaten auch von der UdSSR abgeseilt haben, dürfte einen Realisten bei entsprechender Geschichtskenntnis nicht verwundern.
Schließlich waren die Russen den DDR-Bürgern nicht Freunde, sondern Brüder. Warum? Freunde kann man sich aussuchen.
Putin manövriert sich in eine gefährliche Situation?
Er hält seine Truppen an den Grenzen zur UKR und auf Übungsplätzen im südlichen Militärbezirk zwischen Don und Wolga in Bereitschaft, weitgehend nicht in festen Unterkünften, sondern in Feldlagern, die DEU Begriffen dafür nicht entsprechen.
Der RUS Winter ist für die Truppe zwar nicht unbekannt, kaum aber über Monate durch den Winter ohne Gefahr von Substanzverlust.
Folge, eine solche Truppe überschreitet irgendwann den Kulminationspunkt, sie büßt ihren ursprünglichen Gefechtswert ein, in Teilen auch die Kampfkraft.
Maßnahme, die Truppe einsetzen, oder sie zurückziehen!
Damit kann Putin vor zweitem Gefahrenteil stehen. Die RUS Bevölkerung ist infolge von Dauerpropaganda aufgeputscht, ihr muss ein positives Resultat des fordernden Aufmarsches geboten werden. Wie also kommt er gesichtswahrend aus der Angelegenheit raus und kann wenigstens einen politischen Erfolg präsentieren.
Chancen dazu bieten sich beim morgigen VTC-tête à tête mit Joe Biden. Aber auch dort wartet die Falle der Gesichtswahrung. Dazu wird Biden ihm ein Anbebot machen müssen.
@ Tim K.
Schön, dass Sie so etwas erheitert. Dann verstehen Sie es leider nicht.
Zum Thema Geschichte: Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass sich diese von Ihnen genannten Annektionen wenig davon unterscheiden, wie die USA entstanden sind? Aber das ist vermutlich in Ordnung…Oder einfach nur vergessen?
Und ein „kleiner“ Teil der Grenzverschiebungen in Europa ist wohl auch der Tatsache des glücklicherweise gescheiterten Dritten Reiches geschuldet, oder nicht…?
Und zu Ihrem Beispiel der DDR:
Welchem Land haben wir es zu verdanken, dass wir wieder ein Land sind?
@RB
„Wenn Belarus und die Ukraine geopolitisch Teil des Westens werden oder zumindest nicht mehr Teil der russischen Einflusssphäre sind, wäre das auch im deutschen Interesse.“
Nein, eben nicht!
Eine westliche Einflusssphäre direkt an Russland grenzend und das ohne Billigung Russlands ist nur ein weiterer Schritt in einen Krieg in Europa.
Natürlich nicht morgen oder übermorgen, aber genau das sind die Zutaten für zwischenstaatliche Konflikte. Es hat schon jemand geschrieben, dass Putin irgendwann weg ist.
Dann gnade uns Europäern Gott, dass nicht das Volk, angestachelt durch Parolen und Propaganda, nicht die Ultrarechten dort wählt. Die gibt es nämlich da auch im Parlament und die Kommunisten wollen auch gerne eine Sowjetunion zurück haben. Das haben die ganz offen im Parlament ausgesprochen (oder zumindest bei einer offiziellen Präsidenten-Fragestunde) und Putin hat es dort ganz direkt abgelehnt mit den Worten „die Vergangenheit ist nun mal geschehen, auch wenn sie für Russland nachteilig war, aber Vergangenes kann man nicht mehr ändern“. (oder so ähnlich)
Einfach mal überlegen wie „toll“ die USA das finden würden, wenn Mexiko demnächst mit Russland eine Allianz bilden will. Egal wie frei ein Land ist, es ist nie ganz frei in seinen Entscheidungen und muss immer auf der Spielwiese der Außenpolitik mit Gegenwehr rechnen (und die Spielwiese beinhaltet alle Maßnahmen).
„Um die Interessen Russland kümmern sich die Russen selbst“
Im schlimmsten Fall, ja!
„Für die Strukturen aus KGB-Resten und Organisierter Kriminalität, die derzeit das Land regieren, könnte die Luft dann ebenso dünn werden“
Sie haben Russland nicht verstanden.
Es gibt keine „KGB-Reste“.
In Russland kann man 3 Machtstrukturen unterscheiden.
(Nr. 1) – Personengruppen, die nur aus Eigeninteresse das Land ausnutzen wollen und die eine zweite USA gerne etablieren wollen. (also Staatsbesitz privatisieren, Land komplett öffnen)
Viele davon leben auch mittlerweile im Exil, weil Personengruppe (Nr. 2) ein Gegner ist und an der legitimen Macht ist.
(Nr. 2) – Personengruppen, die den Staat Russland/Sowjetrussland so wie er ist erhalten wollen – hier und da mit der Zeit gehen (Kapitalismus) oder auch nicht mit der Zeit gehen (Schwulenehe) und keinen „Ausverkauf“ von Russlands Schätzen (Firmen, Bodenschätze, Technologie) wollen, weil sie glauben, dass dadurch die Identität der Russen gefährdet ist und das nicht gut für „ihr Land“ ist. (momentan an der Macht)
(Nr. 3) – Personengruppen, die der Organisierten Kriminalität angehören (Mafia gab es zur Sowjetzeit auch schon). Diese Personengruppe hat es so an sich, dass sie um ihr Interesse durchzusetzen mit jedem zusammenarbeiten. Momentan mit Personengruppe (Nr. 2) mal mehr oder weniger. Aber OK ist nicht gleich Putin – das darf man nicht verwechseln. Beide haben völlig unterschiedliche Interessen, nur manchmal bedienen sie sich gegenseitig.
Die Bevölkerung, sofern nicht in Gruppe 1-3, ist Personengruppe (Nr. 4) und hat wirklich nichts zu melden. Das sind Machtstrukturen, die nicht erst seit Putin so sind, sondern schon seit Jahrzehnten bestehen. Wenn sie aufsteigen wollen, müssen sie sich irgendwann zu einer Gruppe bekennen. Der Mittelständler mit 500 Mitarbeitern will vielleicht zu (Nr. 1) aufsteigen, aber (Nr. 2) macht ihm dann das Leben schwer. Manchmal auch mit Hilfe von (Nr. 3).
Also unterstützt er zumindest offiziell (Nr. 2). Oder geht den harten Weg und der endet dann manchmal auf sehr hart.
Wenn die Vergangenheit gezeigt hat, für wen die Luft dünn wurde, dann für Personengruppe (Nr. 1). Kann man jetzt bewerten wie man will, aber es bleibt ein Fakt.
Mehrere im Exil lebende Oligarchen sind umgebracht worden oder mussten wie Chodorkowski ins Gefängnis und leben entweder jetzt im Exil oder ordnen sich offiziell (Nr. 2) unter.
Auch ein Nawalny zeigt doch, dass Personengruppe (Nr. 2) null Macht eingebüßt hat.
Zu den KGB-Resten:
Putin kommt zwar aus dem KGB, aber das bedeutet nicht, dass alle Führungspersonen (russlandweit sind das ja hunderte bis tausende) nun KGB-Agenten waren. Klar viele, weil er ihnen vertraut, aber insgesamt gesehen nur wenige.
Sie vereint aber eben das gleiche Ziel:
– Kein Ausverkauf Russlands
– Russland bleibt strategische Macht in der Welt (Regionalmacht waren sie nie)
– Russland den Russen (und damit ist die russische Kultur gemeint – und auch Muslime gehören zur Russland, Tschetschenien ist nämlich ein reiner Unabhängigkeitskonflikt und kein konfessioneller Konflikt)
– Ohne Russland können globale Ambitionen nicht umgesetzt werden (muss also immer am Tisch sein)
Deshalb ähneln sich die Kommunisten, die Ultrarechten, und die Putinpartei auch so sehr. Alle 3 haben ein ähnliches Ziel.
Nur Putin ist noch der gemäßigte in dieser Reihe. So hart das auch klingen mag.
@KPK
Ich weiß nicht ob ich den Artikel verlinken darf, aber es gibt eine interessante deutschsprachige russische Journalismusseite.
dekoder.org
Suchen nach:
Gefährlicher Bluff
In dem Artikel geht es um die Art und Weise der Kriegführung Russlands.
Seit Jahren führt Russland nur hybride Kriege und will keinen richtigen Krieg führen, weil sie es politisch nicht können. Denn dafür müsste man auch eine Niederlage riskieren.
Bei einem hybriden Krieg kann man aber immer gewinnen.
In unserem Beispiel wird Putin dann später behaupten, dass es die ganze Zeit nur ein Manöver war und die ausländische Presse die Angelegenheit falsch interpretiert hat.
Gleichzeitig sind aber die Addressaten (USA/NATO und Anrainerstaaten Ukraine, Georgien etc.) aufgeschreckt und gewarnt worden (Ziel erreicht – Botschaft angekommen).
@KPK
„Die RUS Bevölkerung ist infolge von Dauerpropaganda aufgeputscht, ihr muss ein positives Resultat des fordernden Aufmarsches geboten werden.“
Woher wissen Sie das? Ist das eine Vermutung oder eine Nachricht, Erkenntnis? Hat das ZOpKom eine Presseauswertung RUS bzw. Umfragen hierzu gemacht oder ausgewertet?
Ich kann mir nicht vorstellen, daß die Bevölkerung einen weiteren Waffengang goutiert. Putin wird nach dem Gespräch mit Biden die Truppen in ihre Standorte zurückbeordern – Übungsziele erreicht, Zeichen der Entspannung, und die USA werden ggf. ihre Präsenz im Schwarzen Meer b.a.w. reduzieren.
Natürlich sollte man miteinander sprechen, ich bin unbedingt dafür.
Dass das schwierig ist, wenn RUS einfach so die Krim annektiert und hybride Kriege in der Ostukraine schürt, dürfte jedem klar sein.
Das größte Problem ist doch für die russische Nomenklatura, das die UKR als Demokratie mit westlichen Strukturen und den engen Verbindungen der Bevölkerung nach RUS eine Gefahr für das jetzige System darstellt. Einfacher hat man es da mit seinen Nachbarn, in denen eine Diktatur mit demokratischen Feigenblatt herrscht, z.B. Belarus. Alle anderen Begründungen sind nachrangig.
Von daher wird das Gespräch Biden-Putin kein nennenswertes Ergebnis haben können, es wird nur den Status Quo weiter zementieren.
@ Realist
„Zum Thema Geschichte: Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass sich diese von Ihnen genannten Annektionen wenig davon unterscheiden, wie die USA entstanden sind? Aber das ist vermutlich in Ordnung…Oder einfach nur vergessen?“
Ich bin kein Spezialist für amerikanische Geschichte, aber da gibt es schon wesentliche Unterschiede. Und komisch nur, daß aus der USA bisher noch kein Staat ausgetreten ist, jedenfalls nicht, daß ich wüßte.
Und ein „kleiner“ Teil der Grenzverschiebungen in Europa ist wohl auch der Tatsache des glücklicherweise gescheiterten Dritten Reiches geschuldet, oder nicht…?
Ihnen ist bekannt, daß die Gebietsverschiebungen zulasten Polens aufgrund des geheimen Zusatzprotokolls zum Hitler-Stalin-Pakt erfolgten? Dieses Protokoll als „glücklichen Umstand“ zu bezeichnen, halte ich mindestens für Geschichtsklitterung, und es läßt tief blicken. Diese Gebietsnahme wäre nämlich auch erfolgt, wenn sich Hitler seinerzeit auf die Annexion Polens beschränkt hätte.
„Und zu Ihrem Beispiel der DDR:
Welchem Land haben wir es zu verdanken, dass wir wieder ein Land sind?“
Ganz klar der DDR. Wenn deren Bürger nicht den Boppes aus dem Sessel geschwungen und unter Inkaufnahme von Repressalien demonstriert hätten, während sich die Bundesbürger die Tagesschau angesehen haben, hätte es der Zustimmung der VIER Mächte mangels Vertrages nicht bedurft.
Pio-Fritz meint: … Das größte Problem ist doch für die russische Nomenklatura, das die UKR als Demokratie mit westlichen Strukturen und den engen Verbindungen der Bevölkerung nach RUS eine Gefahr für das jetzige System darstellt. Einfacher hat man es da mit seinen Nachbarn, in denen eine Diktatur mit demokratischen Feigenblatt herrscht, z.B. Belarus…
Irrtum:
Die Ukraine ist alles andere als „demokratisch“. Die Regierung führt Krieg gegen die östlichen Regionen, anstatt mit ihnen über den Status zu verhandeln, wie vom Minsker Abkommen vorgesehen.
Und: Der Lebensstandard in Belarus ist erheblich höher als der in der Ukraine. Das gilt erst recht im Verhältnis Ukraine-Russland. Hunderttausende Ukrainer arbeiten in Russland. Ca. 36 Prozent der Ukrainer sprechen im Privatleben russisch. (Quelle: Deutsche Welle)