Sicherheitshalber der Podcast Folge 50: Japans sicherheitspolitische Fähigkeiten und Ambitionen
Sicherheitshalber ist der Podcast zur sicherheitspolitischen Lage in Deutschland, Europa und der Welt. In Folge 50 sprechen Ulrike Franke, Frank Sauer, Carlo Masala und ich mit Katja Freistein über Japan. Wir beleuchten die historischen Hintergründe des japanischen Pazifismus und der besonderen Verfassung des Landes. Achtung, Schmankerl für PolitikwissenschaftlerInnen in diesem Zusammenhang: Carlo bringt das Konzept der “Zivilmacht” ins Spiel.
Ein kurzer Blick auf die Verteidigungsausgaben (lustig: japanische Ein-Prozent-Grenze vs. deutsches Zwei-Prozent-Ziel) zeigt darüber hinaus, dass Japan und Deutschland ungefähr gleich viel aufwenden – aber lässt sich darauf aufbauend auch ein sinnvoller Vergleich der Streitkräfte ziehen? Hier stehen unter anderem Japans besondere geostrategische Lage, seine verteidigungspolitische Ausrichtung, seine enge Allianz mit den USA und die Bedrohungsperzeptionen in der Region – Stichwort China – im Fokus des Gesprächs.
Abschließend wie immer der “Sicherheitshinweis”, der kurze Fingerzeig auf aktuelle, sicherheitspolitisch einschlägige Themen und Entwicklungen – diesmal mit einem offenen Brief in Sachen Autonomie in Waffensystemen, russischen “Sorgen” um den Konflikt in der Ostukraine, sozialdemokratischen Überlegungen zur nuklearen Teilhabe und chinesischen orbitalen Bombardierungssystemen, die keinen Sputnik-Moment markieren.
Japan: 00:04:12
Sicherheitshinweise: 00:49:05
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Erwähnte und weiterführende Interviews, Literatur und Dokumente:
Thema – Japan
Unsere Gesprächspartnerin: Dr. Katja Freistein
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Web: https://www.gcr21.org/de/das-kolleg/team-gcr21/mitglieder/dr-katja-freistein
Katja Freistein: Institutioneller Wandel im (Kon)Text. Sicherheitsgemeinschaft und Charta im Diskurs der ASEAN, 2012, Nomos Verlag.
Hanns W Maull: Germany and Japan: The New Civilian Powers, in: Foreign Affairs Winter 1990/91,
https://www.foreignaffairs.com/articles/asia/1990-12-01/germany-and-japan-new-civilian-powers
Christopher Hemmer/Peter J Katzenstein: Why is there no NATO in Asia? Collective Identity, Regionalism, and the Origins of Multilateralism, in: International Organization 56: 3, Summer 2002, 575-607,
https://www.cambridge.org/core/services/aop-cambridge-core/content/view/B8BE13AF44D732DD9E749E7AE9A861EB/S002081830244180Xa.pdf/why_is_there_no_nato_in_asia_collective_identity_regionalism_and_the_origins_of_multilateralism.pdf
Mike Jeo: Japan suspends Aegis Ashore deployment, pointing to cost and technical issues, DefenseNews, 15.06.2020,
https://www.defensenews.com/global/asia-pacific/2020/06/15/japan-suspends-aegis-ashore-deployment-pointing-to-cost-and-technical-issues/
Jonathan Snyder: Boeing delivers first of four Pegasus aerial refuelers to Japan, Stars&Stripes, 3.11.2021,
https://www.stripes.com/theaters/asia_pacific/2021-11-03/boeing-japan-kc-46a-pegasus-aerial-refuelers-3477865.html
Fregatte ‘Bayern’ auf dem Weg nach Japan
https://twitter.com/FregatteBayern/status/1455793046281408520
Dan Carlin’s Hardcore History Podcast: Supernova in the East I-VI (nur für Menschen, die wirklich sehr viel Zeit haben), https://www.dancarlin.com/product/hardcore-history-62-supernova-in-the-east-i/
Sicherheitshinweise
Rike: Offener Brief von KI-Forschern zu Autonomie in Waffensystemen
https://autonomewaffen.de/
Carlo: Lage im Donbass
https://www.politico.com/news/2021/11/01/satellite-russia-ukraine-military-518337
Thomas: SPD-Fraktionschef Mützenich stellt für Entscheidung über nukleare Teilhabe “fünf Jahre Ruhe” in Aussicht
https://web.archive.org/web/20211031170936/https://www.deutschlandfunk.de/spd-parteivorsitz-spd-fraktionschef-muetzenich-zeigt-sich.868.de.html?dram%3Aarticle_id=504948
Frank: Chinas FOOOOOOOOOoooooBS
https://apln.network/analysis/policy-briefs/chinese-fractional-orbital-bombardment
Ein kleiner Hinweis: die Reichskriegsflagge ist in Deutschland nach wie vor nicht verboten, lediglich das Zeigen der Flagge in Kombination mit verschiedenen anderen Symbolen, Sprüchen etc. kann eine Ordnungswidrigkeit darstellen.
Explizit verboten ist lediglich die Variante der Reichskriegsflagge mit Hakenkreuz.
Wie Thomas es im Hinblick auf das maritime Überwachungsflugzeug bereits gesagt hat, verfügen die Japaner insgesamt über eine erstaunlich große Hightech Rüstungsindustrie, die in vielen Bereichen geradezu autark ist. Das trifft insbesondere für die Marine mit ihren de facto Flugzeugträgern und Hightech U-Booten zu, aber auch die Luftwaffe bietet hochwertige Radarsysteme und Raketen und entwickelt mit der Mitsubishi F-X sogar einen Tarnjäger, was nur sehr wenige Länder sonst auf die Beine stellen können. Schließlich wird der Großteil des Materials der Armee von japanischen Firmen produziert, was sonst auch nur sehr wenige Nationen überhaupt können.
@jk das Zeigen von Hakenkreuzen ist inzwischen nicht mehr grundsätzlich verboten, z.B. dürfen derartige Symbole in einem historisch korrektem Kontext fast unbegrenzt verwendet werden – vor ein paar Jahren wurden z.B. Hakenkreuze n Computerspielen und Popkultur tatsächlich noch zensiert, inzwischen interessiert das nicht mehr.
Das Führen dieser Symbole im Rahmen aktueller politischer Bewegungen ist allerdings in der Tat verboten.
Btw, das Mitsubishi F-X Projekt sollte man nicht überbewerten. Umfassende Tarneigenschaften sollte man nicht erwarten. Im Prinzip ist das ein generalüberholter Gen4-Rumpf mit ein paar günstigen Winkeln in der Aussenhaut und radarabsorbierender Tarnfarbe. Wenn das mal in Serie produziert wird wird es ein sehr solides Gen4.5-Flugzeug sein, mehr nicht. Ein Eurofighter ist kaum schlechter „getarnt“. Beachtlich ist es trotzdem dasss Japan mal eben so ein Flugzeug baut das sich hinter einem Eurofighter nicht verstecken muss.
Die Frage der japanischen Träger wurde mir im Podcast viel zu schnell und als Kuriosität abgetan. Dabei ist das m.E. Kernstück und bester Ausdruck der beschriebenen Frage Verteidigung oder Offensive.
Die vier Träger, die die Japaner momentan haben, werden international oft Hubschrauberzerstörer (helicopter destroyer) bezeichnet. Das ist aber eine falsche Übersetzung, das japanische Original geht in Richtung Helikoptergeleitschiff – also eher escort carrier. In ihrer ursprünglichen Form konnten sie vor allem zwei Dinge: Katastrophenhilfe und U-Boot-Abwehr, und das sehr, sehr gut. Das Offensivpotential war extrem gering, weil sie keine amphibischen Kapazitäten haben und bestenfalls V-22 Ospreys starten können.
Jetzt werden die beiden Izumos umgebaut und für F-35 klar gemacht. Das verändert ihre komplette Rolle. Erstens macht es aus technischen Gründen absolut keinen Sinn, diese relativ kleinen Schiffe „halb und halb“ zu bestücken – entweder Helikopter oder Jets. Wenn die F-35 kommt, verlieren die Träger also auf einen Schlag ihre alten Fähigkeiten in der Defensive gegen U-Boote. Zweitens ist die F-35, so wie sie zum Beispiel vom USMC eingesetzt wird und auch von den Briten angedacht ist, praktisch ein Jagdbomber.
Der Umbau macht also aus assets, die (ganz wirklich und ohne Täuschung) zu 95 Prozent defensive gehandhabt werden, zwei schlagkräftige Offensivträger für Luftangriffe gegen Landziele (die im Übrigen dann aber auch wirklich nicht viel anderes als genau diese Offensivfähigkeit besitzen).
Im Nachgang (auch Schlagwort AUKUS): HMS QE hat auf ihrem Pazifiktörn in allein drei Wochen mit drei der vier japanischen Trägern gemeinsam geübt. (Im gleichen Zeitraum von weniger als 20 Tagen haben die Japaner auch einen Träger zu gemeinsamen Übungen mit den Indern(!) bis ins Arabische Meer geschickt, mit zwei US-Trägern geübt und die ersten F-35 landen und starten lassen. Dieses krasse Muskelspiel hat in Deutschland mal wieder kaum jemand bemerkt …) Die Briten haben außerdem angekündigt, dass BAE ihre Erfahrungen beim Bau der QE-Träger mit den Japanern teilen möchte! Das muss man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen! Wenn daraus wirklich eine Kooperation erwächst, wäre der australische U-Boot-Deal dagegen ein Hühnerschiss. Es kann nicht anders gedeutet werden, als dass die Japaner noch in dieser Dekade mit dem Bau eines echten, großen Flottenträgers mindestens auf dem Niveau der chinesischen Schiffe beginnen wollen.
Vor ein paar Jahren hätte ich Flugzeugträger als teure, relativ unflexible Schiffe gesehen, die man vielleicht gar nicht mehr braucht.
Das sehe ich mittlerweile völlig anders.
Gerade die kompakten Träger mit F-35B sind hochinteressant und sprießen gerade wie Pilze aus dem Boden durch Umbauten und Neubauten.
DAS wäre der Weg für eine gemeinsame Flotte von einer Handvoll Flugzeugträger für die europäischen Staaten, die keine eigenen Träger haben, oder denen der Betrieb der eigenen Träger langsam zu teuer wird.
Täuscht mich das oder machen auch die Japaner bei einem vergleichbaren Militärhaushalt mehr aus ihrem Geld als Deutschland? Deren Ausrüstung ist ja auch nicht vom Grabbeltisch.
[ProTipp: Vor dem Kommentieren nicht nur die Shownotes oben lesen, sondern auch den Podcast selbst anhören… T.W.]
@ RafiB
Die Briten haben IHREN Flugzeugträger schön vermarktet auf der großen Asientour…(eigentlich ist der Träger ein französisches Design, aber das wird in UK gerne vergessen…)
Korea baut mit Hilfe der Briten auch ihre nächsten Träger.
Das aber die Japaner einen größeren Träger, als die Chinesen bauen, bezweifle ich. Der neue chinesische Träger, der aktuell gebaut wird, ist so groß wie die Nimitz-Klasse…
@Der Realist:
Natürlich, das war ein bisschen unklar ausgedrückt von mir. Ich meinte, dass die Japaner vermutlich auf ein Schiff abzielen, dass den chinesischen Typ 002 (Shandong) mindestens übertreffen kann, also im Bereich 60000 bis 70000t, ca. 275 bis 300m, mit einer air group von 40 bis 50 Flugzeugen. Das entspricht so in etwa ja auch den britischen QE-Trägern. Das Schiff wäre bei dieser Bemessung dem, was die Chinesen aktuell (!) haben, vermutlich immer noch weit überlegen, muss vielleicht nicht einmal ganz so groß werden, um gut mithalten zu können.
Das wäre aber natürlich lange nicht in Schlagweite des Typs 003! Dafür verlassen sich die Japaner bestimmt weiter auf die amerikanischen Verbündeten.
Die Alternative wäre, statt in die Größe in die Quantität zu gehen. Izumo ist ein ziemlich fähiges Design. Eine mit britischem Know how verbesserte Nachfolgeklasse, die von Anfang an auf Jets optimiert ist, wäre nach außen weniger aggressiv (Rückbindung zum Podcast-Thema), sie könnten sich dann aber noch bis vielleicht 2040 eine Flotte von vier dieser STOVL hinstellen. (Von der ersten Bekanntgabe der Planung bis zur Indienststellung der Izumo hat es nur sechs Jahre gedauert.)
@ RafiB
Ich weiss nicht, ob man zum Betrieb relativ leistungsschwacher F-35B wirklich so große Träger bauen sollte.
Allerdings könnte natürlich auch die F-35C in Zukunft in Frage kommen, wenn sie konventionell über die Rampe des Trägers startet, so wie aktuell die F-18 für Indien getestet wird.
Dann macht ein großer Träger Sinn.
Für Japan spricht geographisch eher die Beschaffung kleinerer Träger in größerer Stückzahl.
So wie auch für europäische Staaten. Siehe Italien, Spanien, Türkei.
Wait&C sagt:
05.11.2021 um 5:16 Uhr
„Wenn das mal in Serie produziert wird wird es ein sehr solides Gen4.5-Flugzeug sein, mehr nicht.“
Ich wusste ja bis eben nichts über die Mitsubishi F-X, allerdings ist die Zielsetzung des Designs eher Gen6, wenn Wikipedia nicht falsch liegt. Vielleicht bezieht Ihre Aussage sich nur auf das Stealth-Design, allerdings scheint man mir auch dort über den EF hinauszugehen, was die Verwendung von Stealth-Technologie angeht.
https://en.wikipedia.org/wiki/Mitsubishi_F-X
Spannend wäre für mich, ob generell in der Gen 6 die Stealth-Optimierung weiter so im Vordergrund der Optimierung steht – ggf. zu Lasten von anderen avionischen Fähigkeiten – wie bei typischen Vertretern der Gen5 wie dem F35.
Ich habe mir mal die Wikipedia-Artikel zu den Typ-10 und Typ-90-Panzern angesehen. Also altes Zeug sieht für mich anders aus. Es gibt europäische Staaten, deren Modelle halten da wohl nicht mit. Und welcher potentielle Gegner der Japaner in dieser Weltecke hat was besseres? Die Chinesen haben mehr Panzer. Aber besser? Ich denke, die Japaner sind auf einem guten Stand. Aber ich lasse mich da gerne eines Besseren belehren. Kann jemand was über den Ausbildungsstand der Japaner sagen?
Der neue JPN MinPres Kishida scheint hier einen anderen, sprich eigenen Kurs steuern zu wollen – und er ist m.E. gut beraten darin, einen gewissen „Schlingerkurs“ sprich eine quasi JPN Neutralität zu steuern, nachdem POTUS sich zu einem „commitment TWN mil. zu helfen“ hat hinreissen lassen. Jüngste war games der USN haben mehrfach ergeben, dass das nicht zu machen ist. Kishida weiss das. M.S. (ps: Es sei denn man eskaliert schnell nuklear – aber da ist Kishida dann doch zu schlau, um auch noch physisch unterzugehen zu wollen, nach den Plaza Accords von 1985)
@ McB
So wie es aktuell aussieht, wird es keine F-X geben, sondern Japan wird sich dem Tempest-Programm der Briten anschließen.
Erst einmal vielen Dank für diese Folge, ganz spannendes Thema.
Es kam die Frage auf, warum Deutschland heute scheinbar besser mit seinen direkten Nachbarn zurechtkommt, als Japan. Meines Erachtens liegt das sehr stark an der unterschiedlichen Selbstwahrnehmung der beiden Nationen insbesondee auch auf den Umgang mit der eigenen Geschichte und den Schlüssen, die man daraus zieht. Während Deutschland sehr aktiv eine Aufarbeitung der eigenen Geschichte betrieben hat und sich auch offen und immer wieder zu seiner Schuld bekennt, läuft die Sache in Japan ganz anders. Dort wird das Kapitel japanischer Kolonialismus und die Verbrechen der Kaiserlichen Japanischen Armee zwar in den Schulbüchern aufgegriffen, ist aber eher eine Randnotiz. Das Wissen über diese Zeit ist in Japan erschreckend dünn gesät in der Bevöökerung. In den vergangenen Jahren war da eine deutliche Tendenz zur Vertuschung zu sehen. Siehe „Schulbuchproblem“. Das Problem ist also mitnichten nur auf die Schreinbesuche beschränkt, die japanischen Nationalisten agieren aktiv auch und vor allem in lokalen Netzwerken, um ihre Deutung des Verlaufs des Pazifikkriegs (Ursachen und Schuld) durchzudrücken. Der Umgang mit Okinawa ist in diesem Zusammenhang schlicht skandalös. Abe muss man hier auch ganz klar als „Rechtsaußen“ benennen, was das politische Spektrum anbelangt. Aber zurück zur Selbstwahrnehmung. In Deutschland ist und war Nationalstolz lange Zeit (zum Glück) eher ein Randthema für nun ja, Nationalisten. Ich glaube, die deutsche Öffentlichkeit hat die Gefahren des Nationalismus erkannt und ist einer der wenigen Staaten, die sich deren Fallstricke nur allzu bewusst ist und aktiv versucht, daraus Lehren zu ziehen. Und daraus ergibt sich dann eine Politik des Multilateralismus, der Aussöhnung und der Annäherung an alte Feinde. Sehr erfolgreich. Japan (oder zumindest Teile des politischen Establishments, die keineswegs nur eine Randerscheinung sind) hat nie diese Lehren gezogen, beschäftigt sich eben nicht aktiv mit seiner eigenen Geschichte, versucht diese ganz im Gegenteil eher umzudeuten. Es findet kein Schuldeingeständnis statt (Nanking Massaker, Trostfrauen, Kriegsverbrecherkult etc.). Im Ergebnis sind die Japaner durchaus ein Volk, das ein starkes Nationalbewusstsein hat, wenig Selbstreflektion in diesem Bereich betreibt und dementsprechen immer wieder mit seinen Nachbarn aneckt und nie eine freundschaftliche Beziehung herstellen konnte, obwohl man mit Südkorea zum Bespiel unglaublich viele kulturelle Berührungspunkte hat. Japan leidet hier ein wenig an der Inselmentalität, dem japanischen „Exceptionalism“. Zum Glück sind die Japaner aber auch im überwiegenden Teil Pazifisten und halten an dem Artikel 9 der Verfassung fest. Wehe der Welt, wenn der mal fallen sollte. Bitte das nicht als Japan-Bashing verstehen. Ich bin absolut japanophil. Deshalb schmerzt es.
Aegis Ashore ist gescheitert, weil man keine Gemeinde in Japan gefunden hat, wo man eine Versuchsanlage hätte aufbauen können, neben den massiven Kostensteigerungen gab es auf lokaler Ebene große Widerstände. Man hatte Angst vor herabfallenden Raketenteilen. Könnte aber auch eine bequeme Ausrede gewesen sein, das Projekt zu begraben. Ich glaube, sattdessen wollte man versuchen, noch mehr Aegis-Zerstörer anzuschaffen. Hier ist aber das Problem des Aufwuchses der SDF. Man findet einfach nicht genug Leute, um noch mehr Schiffe zu betreiben mit dem gegenwärtigen Budget und Personal. Die SDF ist auch als Arbeitgeber nicht unbedingt beliebt, weil es dort jede Menge Probleme mit archaischen Strukturen, Machtmissbrauch und Mobbing gibt.
Im Übrigen besteht ein großer Unterschied zum Umgang mit der Führungsriege des NS-Apparates in Deutschland: Der japanische Kaiser Hirohito (Showa Tenno), der nachweißlich in wichtige Kriegsentscheidungen involviert war und in dessen Namen letztlich die Große asiatische Prosperitätssphäre errichtet werden sollte, wurde nach dem Krieg NICHT zur Rechenschaft gezogen. Die Amerikaner sahen davon ab und nur einer Reihe von Generalen wurde der Prozess gemacht. Das hatte m. E. auch Einfluss darauf, wie die Schuldfrage später gesellschaftlich verarbeitet wurde.
Wobei man auch festhalten muss, dass Deutschland weitaus größere Schuld aufsich geladen hat. Auch wenn Japan seine asiatischen Nachbarn überfallen, besetzt und ausgebeutet hat, Verbrechen im Maßstab des Holocaust hat es nicht zu verantworten.
@ Der Realist
„So wie es aktuell aussieht, wird es keine F-X geben, sondern Japan wird sich dem Tempest-Programm der Briten anschließen.“
Wie kommen Sie darauf?
@ TobyR
Weil es unzählige Artikel darüber im Internet gibt, dass Japan überlegt, dem Projekt beizutreten.
Unter anderem diesen hier:
https://www.defensenews.com/digital-show-dailies/dsei/2021/09/15/japan-could-become-partner-nation-on-uk-led-future-fighter-effort-says-program-director/
@ Der Realist
Es lohnt sich, auch bei solchen unzähligen Artikeln mehr als die Schlagzeile zu lesen. Es geht um eine gemeinsame Triebwerksentwicklung mit Rolls-Royce, für die schon vor einiger Zeit die Weichen gestellt wurden. Im Raum stehen auch weitere Kooperationen bzgl. Elektronik, die aber in oben verlinktem Artikel korrekt als “very much at a minor stage at this point”.
Nichts davon bedeutet natürlich im Geringsten, dass Japan sich von dem F-X-Projekt verabschiedet, was a.) definitiv nicht im Artikel steht, sondern das Gegenteil und b.) auch überhaupt keinen Sinn ergeben würde, nachdem man gerade erst nach jahrelangem Hin- und Herüberlegen die Entscheidung getroffen hat, diese Entwicklung durchzuziehen und MHI für bereits jetzt nicht unerhebliche Mittel den Auftrag dazu gegeben hat.
@TobyR
Ich empfehle Ihnen, sich etwas in die Materie einzuarbeiten.
Japan sucht einen internationalen großen Flugzeughersteller, der sie beim eigenen neuen Kampfflugzeug unterstützt.
Die Suche gestaltet sich bisher schwierig, da man sich weder mit Lockheed noch Airbus, noch den Koreanern einigen konnte.
Die Teilnahme am Tempest-Programm könnte also die Rettung für Japan sein, da man so ohne das Gesicht zu verlieren, mit einem Partner oder mehreren das Flugzeug entwickelt.
Es wird vielleicht in Japan anders heißen, als in Europa, aber das gibts beim Eurofighter/Typhoon ja auch schon. Am Ende wird es ein Tempest sein. Dafür ist die Entwicklung schon zu weit fortgeschritten.
Ohne internationale Partner bekommen die Japaner das nicht hin. Oder es wird am Ende nur ein halber Stealth-Flieger, wie in Korea, der keine internen Waffenschächte hat und somit nur unbewaffnet stealthy ist…
Ich bin gespannt, wo die Reise hingeht.
@ Der Realist
Äh, die Empfehlung würde ich gerne zurückgeben. Lockheed ist als Partner schon im Boot – und einen F-22/F-35-Hybridentwurf als Gesamtlösung hatte die Firma auch im Angebot. Das wurde aber mit Bedacht zugunsten der eigenen Entwicklung abgelehnt. (Dass der Entwicklungsstand von „Tempest“ weiter sei als der von F-X ist im Übrigen auch so ein aus der Luft gegriffenes Argument. Japan hat immerhin schon einen Demonstrator ausgiebig getestet, was man von BAE nicht behaupten kann.)
Dass bei einem solchen Projekt bei bestimmten Komponenten auf Partnerschaften gesetzt wird, ist völlig normal. Aber die Systemführerschaft hat Japan in diesem Fall nach den Erfahrungen mit der F-2 bewußt durch den Auftrag an MHI im Land behalten.
@ TobyR
Die Erfahrungen mit der F2 und aktuell mit dem gescheiterten Regionaljet haben Japan klar gemacht, wo ihre Grenzen in der Luftfahrt liegen.
Zu LM:
Japan wird technologisch von LM unterstützt, genau wie in Korea, aber eine gemeinsame Entwicklung gibt es nicht.
Diese Unterstützung war die Bedingung Japans weitere F-35 zu kaufen. Korea hat es genauso gemacht.
Japan sucht einen Partner, mit dem sie gemeinsam ein neues Kampfflugzeug entwickeln können.
Tempest bietet sich an. Wir, respektive das gesamte FCAS-Team, ist dazu anscheinend nicht in der Lage.
@ Der Realist
„Japan sucht einen Partner, mit dem sie gemeinsam ein neues Kampfflugzeug entwickeln können.“
Sie wiederholen jetzt einfach nur noch Behauptungen wie die oben genannte, welche durch die offen verfügbaren Quellen einschließlich der von Ihnen selber zitierten nicht nur nicht be- sondern vielmehr widerlegt werden. Auf dieser Basis haben selbst Spekulationen keinen Sinn.
Belegbare Informationen sind:
Nach einer längeren Entscheidungsfindungsphase, die auf die Auswertung der Erfahrungen mit dem X-2-Demonstrator folgte, hat sich die japanische Regierung im Oktober 2020 dazu entschlossen, MHI als Systemführer mit der Entwicklung des F-X zu beauftragen und das Verteidigungsministerium hat einen entsprechenden Vertrag mit der Firma abgeschlossen.
Seither sind durch MHI zum einen diverse andere japanische Firmen (von denen man das auch erwarten konnte, wie IHI) zum Designteam hinzugezogen worden und zum anderen einige ausländische Firmen (u.a. Lockheed und Rolls-Royce) mit Billigung des Ministeriums als Partner in Betracht gezogen worden. Auch das in den erwartbaren (IHI und Rolls-Royce kooperieren bei zivilen Triebwerken schließlich schon länger) Bahnen.
Wie man daraus ‚Japan gibt den F-X auf und baut Tempest‘ machen kann, dazu fehlt mir ehrlich gesagt die Fantasie. Genau so gut könnte man aus dem Kooperationsersuchen an Lockheed ‚Japan gibt den F-X auf und baut NGAD‘ machen…
@ TobyR
Vielleicht suchen Sie einmal nicht Artikel von 2020, sondern von diesem Jahr.
Dann werden Sie feststellen, dass die Überlegungen sehr konkret sind.
Zumal Tempest eine Art von Open Architecture bietet, bei der zwar die Systeme gleich sind, aber das Flugzeug individuell adaptiert werden kann.
Also eine optimale Lösung für beide Seiten.
Aber lassen wir diese Diskussion hier.
@ Der Realist
„Vielleicht suchen Sie einmal nicht Artikel von 2020, sondern von diesem Jahr.“
Ähm… auch in Artikeln von diesem Jahr werden Dinge beschrieben, die schon 2020 entschieden wurden. Aber werden Sie doch mal konkret und verlinken Sie ein paar der Artikel aus der japanischen Presse, die Sie meinen. Ich finde da nämlich nichts über ein angebliches Ende des F-X (oder vielmehr 次期戦闘機)-Programms zugunsten eines Einstiegs in das britische Programm. Sondern nur über a.) die besagte Kooperation IHI-Rolls-Royce bei den Triebwerken sowie b.) weitere, bisher eher vage Ideen, Know-how nicht nur bei Lockheed-Martin zu erwerben, sondern sich auch mit BAE auszutauschen.
Also genau das, was auch der oben verlinkte Artikel jenseits des Clickbait aussagt.
@ TobyR
Wenn man die Begriffe „Tempest Japan“ googelt, kommen sofort 5 Artikel…
Einer zur Auswahl:
https://www.eurasiantimes.com/tempest-uks-sixth-gen-fighter-jet-program-japan-partners/
Und NEIN, es steht nicht explizit darin, dass Japan sich schon entschieden hat.
Aber zwischen den Zeilen kann man es lesen.
Aber dort lesen Sie vermutlich etwas anderes, als ich…
Für UK ist das Tempest Programm extrem wichtig, aber kaum bezahlbar. Da kommt ein Partner wie Japan genau richtig.
Und beide wollen sich nicht zu sehr auf die F-35 festlegen.