Sicherheitshalber der Podcast Folge 48: Nicht-tödliche Waffen: Eine gute Idee? | Merde! Crikey! Der U-Boot-Streit und was er bedeutet
Sicherheitshalber ist der Podcast zur sicherheitspolitischen Lage in Deutschland, Europa und der Welt. In Folge 48 sprechen Ulrike Franke, Frank Sauer, Carlo Masala und ich zuerst mit Elisabeth Hoffberger-Pippan über nicht-tödliche Waffen. Die Expertin von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin erklärt, was es genau mit diesen Waffen auf sich hat, welche neuen – teils kuriosen (Kotzstrahler und Klebeschaum!?) – Entwicklungen sich in dem Feld beobachten lassen und wo die Fallstricke lauern. Im zweiten Teil wenden wir uns dem geplatzten U-Boot-Deal zwischen Frankreich und Australien und der neuen indopazifischen Sicherheitsallianz “AUKUS” zu. Was sind die geopolitischen Implikationen, und was bedeutet diese ganze Aufregung für das transatlantische Verhältnis? Abschließend wie immer der “Sicherheitshinweis”, der kurze Fingerzeig auf aktuelle, sicherheitspolitisch einschlägige Themen und Entwicklungen – diesmal mit allerlei U-Boot-Parkplätzen, Raketen-Wettläufen, russischen Söldnern in Mali und der Frage, ob wir vor einem hybriden Energiekrieg stehen.
Nicht-tödliche Waffen: 00:02:44
U-Boot-Streit: 00:42:07
Fazit: 01:22:35
Sicherheitshinweise: 01:24:02
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Erwähnte und weiterführende Interviews, Literatur und Dokumente:
Thema 1 – Nicht-tödliche Waffen
mit Elisabeth Hoffberger-Pippan, SWP, Twitter: @EHoffbergerP
Neil Davison, ‘Non-Lethal’ Weapons, Palgrave Macmillan, 2009.
Eva Massingham, Conflict without casualties … a note of caution: non-lethal weapons and international humanitarian law, International Review of the Red Cross, 94 (886), 2012,
https://international-review.icrc.org/articles/conflict-without-casualties-note-caution-non-lethal-weapons-and-international-humanitarian
Michael Crowley and Malcolm Dando, The incapacitating chemical agents loophole, The Bulletin of Atomic Scientists, 22.10.2014, https://thebulletin.org/2014/10/the-incapacitating-chemical-agents-loophole/
Elisabeth Hoffberger-Pippan, Less-Lethal Weapons under International Law: A Three-Dimensional Perspective, Cambridge University Press, 2021.
Thema 2 – U-Boot-Streit
Max Bergman, The Biden Administration needs to act fast to reset the relations with France, War on the Rocks, 21.09.2021, https://warontherocks.com/2021/09/the-biden-administration-needs-to-act-fast-to-reset-relations-with-france/
Walter Russel Mead, America Should Be Frank With France, Wall Street Journal, 20.09.2021,
https://www.wsj.com/articles/america-france-aukus-nuclear-submarines-australia-britain-ambassador-indo-pacific-11632166702?mod=opinion_lead_pos10
Australiens künftige Atom-U-Boote – und der transatlantische Graben, Augen geradeaus!, 21.09.2021 (mit Material aus der Pressekonferenz des australischen Premierministers; Aussagen des französischen Verteidigungsministeriums)
https://augengeradeaus.net/2021/09/australiens-kuenftige-atom-u-boote-und-der-transatlantische-graben/
Was steckt hinter dem U-Boot-Streit? Interview mit Jana Puglierin (ECFR), Deutschlandfunk, 18.09.2021, https://srv.deutschlandradio.de/dlf-audiothek-audio-teilen.3265.de.html?mdm:audio_id=958877
Stephen M. Walt, The AUKUS Dominoes Are Just Starting to Fall, Foreign Policy, 18.09.2021,
https://foreignpolicy.com/2021/09/18/aukus-australia-united-states-submarines-china-really-means/
Ian J. Stewart, The Australian submarine agreement: Turning nuclear cooperation upside down, Bulletin of Atomic Scientists, 17.09.2021, https://thebulletin.org/2021/09/the-australian-submarine-agreement-turning-nuclear-cooperation-upside-down/?utm_source=Newsletter&utm_medium=Email&utm_campaign=MondayNewsletter09202021&utm_content=NuclearRisk_AUKUS_09172021
Tariq Rauf, Australia’s Nuclear-Powered Submarines Will Risk Opening a Pandora’s Box of Proliferation, Atomic Reporters, 19.09.2021,
https://www.atomicreporters.com/2021/09/opinion-australias-nuclear-powered-submarines-will-risk-opening-a-pandoras-box-of-proliferation/
Rana Mitter, The Aukus pact is a sign of a new global order, Guardian, 17.09.2021, https://www.theguardian.com/commentisfree/2021/sep/17/aukus-pact-china-us-european-security-nato
Quelques heures avant la rupture du contrat des sous-marins, les Australiens envoyaient à Paris un courrier « satisfait », selon l’armée, Le Monde, 21.09.2021,
https://www.lemonde.fr/international/article/2021/09/21/sous-marins-selon-l-armee-les-australiens-s-etaient-dits-satisfaits-du-sous-marin-quelques-heures-avant-de-rompre-le-contrat_6095508_3210.html
Tara Varma, After AUKUS: The uncertain future of American and European cooperation in the Indo-Pacific, ECFR 22.9.21 https://ecfr.eu/article/after-aukus-the-uncertain-future-of-american-and-european-cooperation-in-the-indo-pacific/
Nach der Aufzeichnung des Podcasts veröffentlicht:
Joint Statement on the Phone Call between President Biden and President Macron, The White House, 22.09.2021
https://www.whitehouse.gov/briefing-room/statements-releases/2021/09/22/joint-statement-on-the-phone-call-between-president-biden-and-president-macron/
Sylvie Kauffmann, No Wonder the French Are Angry, New York Times, Sept. 22, 2021,
https://www.nytimes.com/2021/09/22/opinion/france-us-china-submarines.html
Sicherheitshinweise
Rike: Wo stationiert England seine Atom-Uboote, wenn Schottland unabhängig wird?
https://www.ft.com/content/2e73ab9d-772b-4112-871a-24207f0e982a
Frank: Koreanischer Raketen-Rüstungswettlauf
https://www.armscontrolwonk.com/archive/1213451/all-aboard-the-missile-train/
Carlo: Russische Söldner Wagner in Mali
https://twitter.com/BMVg_Bundeswehr/status/1438095871397220362?s=20
https://www.theafricareport.com/127421/mali-russia-bamako-to-sign-contract-with-wagner-group/
Thomas: Steigende Gaspreise als Zeichen eines hybriden Energie-Krieges?
Here’s What’s Behind Europe’s Surging Energy Prices, New York Times, 22.09.2022
https://www.nytimes.com/2021/09/22/business/energy-prices-europe-britain.html
Zum Thema nichttödliche Waffen. Gab es da nichtmal bei Southpark eine Episode über den „Braunen Ton“?m
Die Einschätzung, dass der Einsatz von Schlagstöcken bei Versammlungen aus Sicht des EGMR fragwürdig ist, verwundert beim Blick auf die Realität (auch in Deutschland).
Mit Blick auf NLW gibt es auch nach den Problemen bei G20 keine wirkliche Weiterentwicklung der polizeilichen Fähigkeiten in Deutschland (z.B. LRAD, Pepperball).
Eine sehr akademische Debatte.
@t.w.
Ich sekundiere hier memoria.
Der Realitätsbezug von EGMR und der akademischen Jurisprudenz ist leider in stetigem Sinkflug begriffen.
Der Debatte hätte ein Praktiker (Bepo/Feldjäger oä) gut getan.
Ich würde übrigens als generellen Denkanstoß dazu raten, mehr sicherheitspolitische Handwerker einzuladen. Die kommen in den deutschen Debatten nämlich notorisch zu kurz während think-tanker, Politikwissenschaftler und ähnliche auf abstrakter metaebene agierende Personen überrepräsentiert sind.
Wäre ein schönes Alleinstellungsmerkmal für den Sicherheitspod
Warum hat man keinen Strafrechtspraktiker gefragt? Staatsanwälte und Strafrichter wissen sehr gut, welchen Gefahren Polizeibeamte bei gewalttätigen Veranstaltungen ausgesetzt sind. Wenn man sich die ungekürzten Videos der Stuttgarter „Eckenseefälle“ zu Gemüte führen musste, fällt es schwer, den EGMR ernst zu nehmen.
@all
Natürlich kann jeder gezielt am Inhalt vorbei debattieren, für besonders sinnvoll halte ich das nicht. Es ging zwar auch, nicht primär um nicht letale Wirkmittel im Bereich von Demonstrationen, deshalb wäre es unsinnig gewesen, einen „Strafrechtspraktiker“ zu fragen – wir machen ja keinen Podcast zur Polizeiarbeit. Und der indirekte Vorschlag, dass Feldjäger bei internationalen Konflikten Völkerrecht und EGMR-Rechtsprechung missachten sollen, ist auch nicht zielführend.
@ t.w.
„Und der indirekte Vorschlag, dass Feldjäger bei internationalen Konflikten Völkerrecht und EGMR-Rechtsprechung missachten sollen, ist auch nicht zielführend.“
Einen solchen Vorschlag können hier wohl auch nur Sie entdecken aber das kennen wir ja schon.
Sehe es mittlerweile mit humor
„Steigende Gaspreise als Zeichen eines hybriden Energie-Krieges?“ ist schon ein sehr … sagen wir „sportlicher“ Anreisser für den darunter verlinkten Artikel der New York Times.
Die wenigen Russland betreffenden Inhalte des Artikels: es gibt den Verdacht, dass Moskau den Gasmarkt nutzt, um auf Europa Druck bezüglich Nord Stream 2 auszuüben; die International Energy Agency hat Russland aufgefordert, die Liefermenge zu erhöhen; Russland hat die Liefermengen erhöht, aber nicht so viel wie es nach Meinung der IEA könnte; ein Sprecher von Gazprom hat gesagt: „Unsere Aufgabe ist es, Vertragsverpflichtungen zu erfüllen, nicht Befürchtungen einen abstrakten Marktes zu reduzieren.“ Auf den anfangs genannten „Verdacht“ wird im Text nicht näher eingegangen; und nirgendwo im Text wird auch nur angedeutet, dass Russland seinen Verpflichtungen nicht nachkommt oder auf irgendeine Art gedroht hätte.
Im weitaus größten Teil des Textes geht es um gestiegenen Bedarf nach der Pandemie, um das kalte Wetter, um die struktuellen Veränderungen in der Energieerzeugung, um in den letzten Jahren in Großbritannien stillgelegte Gasspeicher, ein beschädigtes Stromimport-Kabel. Entsprechend auch die Titel des Artikels: technisch (im HTML) „Europe’s Energy Prices Soar Amid Switch to Renewable Resources“, sichtbar „Here’s What’s Behind Europe’s Surging Energy Prices“.
Woher kommt diese Andeutung eines „hybriden Energie-Krieges“, die sich aus dem Text nicht ableiten lässt?
[Der NYT-Artikel ist nur einer von mehreren aus dem angelsächsischen Raum, und andere haben etwas deutlicher die Tendenz, Russland als einen Verursacher darzustellen. Ich habe ja nicht gesagt, dass ich das teile, aber es gibt solche Ansätze. T.W.]
Insgesamt eine gute Folge. Die Kritik, die oben an der vermeintlich zu akademischen Debatte über N/LLW geäußert wurde, kann ich nicht teilen. Ich hätte mir aber gewünscht, tatsächlich mehr über neuere Entwicklungen zu hören. Eine Waffe auf Basis von EM-Wellen mit Flächenwirkung ist eben etwas vollkommen anderes als ein Schlafstock, Gummigeschosse oder Pfefferspray.
Zum Thema AUKUS empfand ich die Überlegungen zur Motivation der Amerikaner, das in dieser Form zu machen (Anreiz zu mehr Tätigkeit, der wohl leicht fehlgehen kann) sehr inspirierend, danke für die Hintergründe. Frankreich als indo-pazifische Macht hätte gerne sogar noch mehr diskutiert werden können, war ja aber vorhanden. Gefehlt haben mir einige Details zum Atomubootdeal. Zum Beispiel habe ich an verschiedenen Stellen gelesen, dass die Franzosen vor Jahren den Australiern durchaus gerne Atomboote verkauft hätten, dieses Angebot aber nach Intervention der Amerikaner (!) zurückgezogen haben. Wenn das stimmen würde, wäre es natürlich erst recht ein unglaublicher Vorgang. Hat jemand dazu verlässliche Quellen?
Zu AUKUS, die doesn‘t matter Erklärung hat es in sich. FRA ist der einzige EU Staat, welcher über Handelswege hinaus handfeste Interessen in der Region hat, das Wissen die EU Kenner der Biden Administration.
Und evtl. präsentiert man FRA die Rechnung für die Blockade eines NATO Beitritt Australiens. Danach bietet Biden Macron Stützräder für die Mali-Safari an. Es ist eine Ohrfeige: „Know your Place!“
Und Biden interpretiert Scheintodes ihm recht egal zu sein ob EU Armee oder nicht, er will dass, wie im Podcast betont, wir unsere direkte Nachbarschaft, unsere handfesten Interessen, in Griff bekommen.
Ganz ehrlich, von Marokko über Türkei bis Balearus tanzen uns ein paar Nachbarschaftsbullys auf der Nase rum.
Mehr Stützräder gefällig?
Zum Thema Nonlethal: von Kugelschreiber bis G36, je nach Bedienung und Beherrschung. Klar thematisiert man in Österreich, ich meine Rheinmetall testet/entwickelt dort doch seine Schallwaffen? Die nahöstlichen Ölstaaten sind da interessiert 🤔 /SCNR
@AUKUS: Anders als in den herkoemmlichen Debatten um Militaer-Allianzen und Ruestungsprojekte, wie sie seit den 1990er bei uns gerne entlang von Annahmen zu dahinter stehenden Wirtschafts- und Industrieinteressen einzelner Beteiligter gefuehrt werden, geht es hier um tatsaechliche operative „Bedarfe“ ALLER Beteiligten an AUKUS zum Zwecke einer glaubwuerdigen, weil mit Kraeften und Mitteln unterfuetterten Abschreckungsstrategie ggueb China. Beispiel: Mittelfristig wird Australien nicht nur seinen Beitrag durch eigene nuklear angetriebene U-Boote leisten koennen (Kurzfristig vielleicht durch lend/lease), sondern auch die Infrastruktur zur Aufnahme / Versorgung / Wartung vergleichbarer Systemtraeger leistungsfaehiger Partner vorhalten.
Also alles eher nach dem Ansatz: Was soll das scharfe Ende abbilden, und welche organisatorischen Bedingungen muessen dafuer mit wem zusammen geschaffen werden? Und nicht: Wie lastet man seine Werftindustrie aus, und welche strategischen Verrenkungen und satanischen Verhandlungskuenste sind dann noetig, um irgendwelchen armen Seelen irgendwelche schwimmenden Plattformen anzudrehen?
Auch in Australien sieht man, die EU möge vor ihrer Haustür aktiver werden, anstelle im Indopszifik:
„In any case, some have argued that too much European naval commitment to the Indo-Pacific could also be undesirable, if it comes at the expense of focusing on the increasing security challenges posed by Russia.“
Naval deployment shows Germany’s commitment to the Indo-Pacific
28 Sep 2021|Johannes Peters and Justin Burke
https://www.aspistrategist.org.au/naval-deployment-shows-germanys-commitment-to-the-indo-pacific/
Zum Gaspreis und der angeblichen hybriden Kriegsführung:
Da haben sich die großen Gasversorger (also nicht die Erzeuger/Produzenten wie Gazprom) verzockt.
Die haben nämlich letztes Jahr den Preisverfall mitbekommen (Ursache: Corona-Wirtschaftsabschwung) und gehofft, dass der Preis noch weiter fällt oder weiter unten bleibt.
Bei dieser Art der Verträge muss man sich festlegen auf Zeitpunkt, Zeitraum und Menge und MUSS diese Menge dann auch abnehmen. (das macht das kalkulieren ein bisschen langfristiger)
Für wirklich alle (selbst Experten auf dem Energiemarkt) kam die wirtschaftliche Erholung dann aber schneller und auch stark beschleunigt und die Gasversorger haben sich vorher eben nicht mit einer Menge eingedeckt wie in einem normalen Jahr und müssen diese Menge nun „nachbestellen“. Das lässt den Preis steigen. Gleichzeitig kann man auch nicht auf LNG ( Flüssiggastanker) ausweichen, weil eben andere Weltregionen auch einen wirtschaftlichen Aufschwung haben und diesen Markt leer kaufen (zu hohen Preisen).
Natürlich wollen die Gasversorger (und die Länder, in denen diese sitzen) jetzt ein höheres Angebot (mehr liefern/fördern), damit der Preis bleibt oder sogar wieder sinkt.
Aber ehrlich:
Da sind nicht die Produzenten schuld, sondern die Einkäufer bei den Gasversorgern. Man hat halt gehofft (oder war auch durch die Konkurrenz gezwungen) mehr seiner Verträge und damit sein zukünftiges Gas günstiger zu bekommen um so wettbewerbsfähiger zu sein (oder mehr Gewinn zu machen).
Ähnlich mit dem UK-Spritdesaster. Da ist nicht der Spritmarkt das Problem, sondern der Transportmarkt. Hintergründe sind ja nun durch die Medien bekannt geworden.
Aber selbstverständlich wird von einigen Presseabteilungen der steigende Gaspreis sehr gerne genommen um Russland als Bösewicht hinzustellen.