Grüne Bundeswehr: CO2-Ausstoß seit 2005 knapp halbiert (die Truppe aber auch)

Der Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2) durch militärisches Gerät ist in der Bundeswehr seit 2005 um knapp die Hälfte gesunken. Allerdings ist seit jenem Jahr auch die Personalstärke der Bundeswehr und auch ihr Gerät ebenfalls um etwa die Hälfte geschrumpft.

Nachdem Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer am (gestrigen) Montag in einem Interview den Klimawandel als Herausforderung auch für die Streitkräfte bezeichnet hatte, gab es in der Bundespressekonferenz Nachfragen dazu – die das Ministerium am (heutigen) Dienstag zu beantworten versuchte:

Das Bundesministerium der Verteidigung und die Bundeswehr leisten einen erheblichen Beitrag zum Erreichen der umweltpolitischen Ziele der Bundesregierung. Wir bauen den Anteil an Verbesserungen im Umweltschutz, Naturschutz und in der Nachhaltigkeit weiter aktiv aus und werden dies auch in Zukunft kontinuierlich weiterverfolgen. Zugleich sehen wir eine „Win-Win-Situation“: Wenn wir an der richtigen Stelle investieren – wie in den sparsamen Betrieb oder in nachhaltige, klimaneutrale Energiesysteme – spart das Haushaltsmittel und macht uns mit eigenerzeugter Energie durchhaltefähiger in Krisensituationen.
Der CO2-Ausstoß der Bundeswehr konnte in den letzten Jahren in allen Sektoren deutlich reduziert werden: Im Vergleich zum Jahr 2015 (1,78 Mio. t CO2) nahm die CO2-Gesamtemission (Infrastruktur und militärische Mobilität) der Bundeswehr für das Jahr 2019 (1,45 Mio. t CO2) trotz vermehrter Aktivitäten unter anderem in der Bündnisverteidigung um etwa 19 Prozent ab. Allein im Bereich der „grünen Mobilität“, das heißt der durch die Bundeswehr genutzten militärspezifischen Mobilitätssysteme (Land. Luft, See), nahmen von 2005, dem ersten Jahr der standardisierten Erhebung der Kraftstoffverbräuche, bis 2019 die jährlichen CO2-Emissionen von 1,18 Mio. t CO2 auf 0,63 Mio. t CO2 um 46,6 Prozent ab. Damit waren die Anstrengungen in der „grünen Mobilität“ der Bundeswehr, die CO2-Gesamtverkehrsemissionen zu reduzieren, im Vergleich zu den entsprechenden nationalen Werten rein rechnerisch um 48,5 Prozent erfolgreicher. 

Die beiden letzten Sätze sind, so deutlich muss man das wohl sagen, so genanntes Greenwashing: Wenn der CO2-Ausstoß durch militärspezifische Mobilitätssysteme in den vergangenen 15 Jahren um 46,6 Prozent abgenommen hat, gehört dazu auch ein Blick auf die Entwicklung der Bundeswehr in dieser Zeit. Die militärische Personalstärke hat sich seitdem in etwa halbiert, und die Zahl der kraftstoffhungrigen militärspezifischen Mobilitätssysteme ist ebenso geschrumpft. Weniger Kampfpanzer, weniger Flugzeuge, weniger Hubschrauber, und beklagt nicht die Deutsche Marine, ihr Bestand an schwimmenden Einheiten sei die kleinste deutsche Marine aller Zeiten?

Interessanter und aussagekräftiger ist da schon der Blick auf die Entwicklung der vergangenen fünf Jahre. Knapp zwanzig Prozent weniger CO2-Ausstoß trotz zunehmender Einsatz- und vor allem Übungsaktivität ist ja durchaus eine positive Entwicklung. Allerdings zeigt ein genauerer Blick: Da hatten offensichtlich Energiesparmaßnahmen bei der Infrastruktur einen entscheidenden Anteil – denn bei den mobilen Systemen der Bundeswehr ging der Kohlendioxid-Ausstoß von 2015 bis 2018 nicht um etwa 19, sondern um 10,6 Prozent zurück.

Diese letztgenannte Zahl steht in der Bundestagsdrucksache 19/15249, die noch weitere Detailangaben enthält. Allerdings antwortet das Verteidigungsministerium auf die darin enthaltene Frage der Linken, ob eine klimaneutrale Nutzung zumindest der Hauptwaffensysteme in den nächsten zehn Jahren möglich sei, recht zurückhaltend:

Die Möglichkeiten und Rahmenbedingungen einer künftigen klimaneutralen Nutzung mobiler Systeme der Bundeswehr wurden auf wissenschaftlicher Basis untersucht. Demnach werden trotz angestrebter maximaler Erhöhung des Hybridisierungsgrades durch Elektromotoren aufgrund der gravimetrischen und volumetrischen Eigenschaften von Energieträgern sowohl im Flugbetrieb als auch in der militärischen Landmobilität bei entsprechend hohen Fähigkeitsanforderungen an Masse und Leistung auch langfristig Verbrennungsmotoren und Turbinen eingesetzt werden müssen. Um die Kraftstoffresilienz – auch die der Bundeswehr – nach Peak Oil zu sichern, müssten künftig klimaneutrale synthetische Kraftstoffe für Verbrennungsmotoren unter Verwendung von erneuerbarem Strom nach dem „Power-to-Liquid“-Verfahren großtechnisch hergestellt, zugelassen und somit verfügbar werden. Die Zeitfenster für die künftige Nutzung zugelassener klimaneutraler synthetischer Kraftstoffe in mobilen Systemen der Bundeswehr sind daher abhängig von der Marktverfügbarkeit entsprechender Betriebsstoffe.

Der Kampfpanzer als E-Auto wird also so schnell nicht kommen.

(Es gibt noch zwei weitere Anfragen der Linken dazu, mit teilweise sehr detaillierten Einzelfragen zum Kraftstoffverbrauch einzelner Fahrzeugtypen oder einzelner Übungen; allerdings dann weniger detaillierte Antworten: die Bundestagsdrucksachen 19/16169 und 19/16217.)

(Archivbild April 2020: Soldaten trainieren mit dem Kampfpanzer Leopard 2A6 das taktische Verhalten im Rahmen der Einsatzvorbereitung des Panzerbataillons 104 im Gefechtsübungszentrum des Heeres in der Letzlinger Heide – Marco Dorow/Bundeswehr)