Sammler: Bundeswehr-Hilfe für Beirut
Nach der verheerenden Explosionskatastrophe in der libanesischen Hauptstadt Beirut am vergangenen Dienstag hat die weltweite Hilfe eingesetzt. Deutschland schickte unter anderem Bergungsexperten des Technischen Hilfswerks (THW), und auch die Bundeswehr bereitet sich auf Unterstützung in Beirut vor. Ein erster Überblick dazu:
• Ein Fact Finding Team vor allem mit medizinischen Experten startete am (heutigen) Donnerstagvormittag von Köln nach Beirut (Foto oben). Das Team sollte am Nachmittag in der libanesischen Hauptstadt landen und in Abstimmung mit dem Verteidigungsattaché der deutschen Botschaft, bereits aktiven deutschen Hilfsorganisationen wie dem THW und den libanesischen Behörden die möglichen Unterstützungsleistungen klären
• Die Korvette Ludwigshafen am Rhein, die sich im UNIFIL-Einsatz in der Region befindet, lief am Donnerstagmorgen von Limassol auf Zypern aus und sollte ebenfalls am Nachmittag vor Beirut eintreffen. Wie die Korvette mit ihrem Schiffsarzt konkret vor Ort helfen kann, muss noch geklärt werden.
Eine Entsendung des Einsatzgruppenversorgers Berlin, der im Rahmen der Ägäis-Mission an der Seegrenze zwischen Griechenland und der Türkei im Einsatz ist, scheint zunächst wenig sinnvoll. Die Berlin führt die Mission als Flaggschiff; vor allem aber: auf diesem Einsatzgruppenversorger ist derzeit kein Marine-Einsatzrettungszentrum (MERZ) eingerüstet, auch sind keine zusätzlichen Ärzte an Bord.
• Die Bereitschaft zur medizinischen Evakuierung per Flugzeug, die die Bundeswehr ohnehin für die Auslandseinsätze in Köln vorhält, wurde für eine mögliche Hilfe in höhere Alarmbereitschaft versetzt. Eingesetzt wurde diese Fähigkeit noch nicht.
• Ein Luftlanderettungszentrum des Sanitätsdienstes steht ebenfalls in Bereitschaft und könnte nach Alarmierung innerhalb von vier bis fünf Tagen den Betrieb im Libanon aufnehmen. Ob diese Role 1 plus-Fähigkeit tatsächlich genutzt wird, hängt von den Absprachen in Beirut ab.
Unterdessen teilte Außenminister Heiko Maas mit, dass auch eine Mitarbeiterin der deutschen Botschaft in Beirut unter den Opfern der Explosion ist.
(Weiter nach Entwicklung)
(Foto: Start des medizinischen Erkundungsteams der Bundeswehr am Flughafen Köln/Bonn – Luftwaffe)
Schlimm was da passiert ist. Und das in einem Land, dessen Wirtschaft kollabiert ist, eine unfassbare Flüchtlingskrise zu bewältigen und mit der Corona-Pandemie zu kämpfen hat.
An alle: Bitte schaut beim DRK oder anderen Organisationen rein, dort sind Spendenkonten eingerichtet. Und denkt an die Soldaten und THW Mitarbeiter, die dort im Einsatz sind/sein werden.
Wiviele von diesen Rettungszentren giebt es eigendlich?
Ich denke, dass jetzt einige Strategen in der Sicherheitspolitik und die Auswertetrupps von Nuklearkatastrophen das Auswerten anfangen werden.
Das war eine 2,75 KiloTonnen Explosion. Von der Explosionskraft vergleichbar mit den Schäden einer sehr kleinen taktischen Nuklearwaffe, insbesondere mit den in den 80er Jahren diskutieren Neutronenbomben, soweit es die Zerstörungskraft aufgrund der Explosionswirkung, hier insbesondere der Druckwelle und nicht die Zerstörungskraft der Neutronenstrahlung betrifft.
Mein Mitgefühl gilt den Opfern und den Bewohnern der zerstörten Stadt. Trotzdem werde ich das Gefühl nicht los, dass in Israel in einigen Hinterzimmern an dem Explosionsabend, die Sektkorken geknallt haben …
PS: Die Frage warum ein Land, das kaum landwirtschaftliche Flächen hat, 2750 Tonnen Kunstdünger braucht wäre auch noch zu klären. Ein Land, das sich 15 Jahre im Bürgerkrieg befand, danach mit Israel einen Krieg führte, in dem fremde, iranische Militärs in der offiziellen Regierung sitzen und mitbestimmen gibt hier schon eher einen Hinweis auf die Zweckbestimmung von 2750 Tonnen Ammoniumnitrat und vor der Küste gibt es seit 2006 die Mission „UNIFIL“, die versucht den Waffenschmuggel in den Libanon zu verhindern ….
Ich weiß noch, wie 2011 in Koblenz über 40.000 Anwohner ihre Häuser verlassen mussten, damit eine im Rhein gefundene britische Luftmine vom Typ HC 4000 entschärft werden konnte. Die hatte eine Wirkladung von 1,5 Tonnen Sprengstoff. Was eine Explosion von 2800 Tonnen im Stadtgebiet angerichtet hat, kann ich mir kaum vorstellen.
@Georg
Neutronenwaffen töten „nur“ Personen lassen aber Infrastruktur und Gerät im wesentlichen intakt, so zumindest die Idee.
Das Ammoniumnitrat (Schiffsladung) wurde seinerzeit behördlicherseits eingezogen und war für Mosambik bestimmt. Hierzu finden sich viele Fundstellen im Netz.
@Georg:
Wikipedia liefert dafür eine plausible Antwort, zusammengefasst aus brauchbaren Quellen. Die Ladung war (ursprünglich einmal, bevor sie für Jahre eingelagert wurde) für einen afrikanischen Sprengstoffhersteller bestimmt und der Zielhafen war nicht Beirut.
Vorher lesen hätte gereicht, da braucht’s nicht die x-te Verschwörungstheorie.
Statt Ärzten brauchen die Libanesen eher einige Frachter voll Getreide (denn die nationale Reserve ist in die Luft geflogen/kontaminiert) sowie Logistikunterstützung zum Löschen der Ladung (denn der Hafen als Hauptumschlagsplatz ist nicht mehr nutzbar). Sonst droht dort eine Hungerkatastrophe mit deutlich mehr Toten als durch die Explosion. Da kann das THW hoffentlich was aufbauen!
@ Georg, wenn sich diese Frage für Sie noch am 06.08. stellt, haben Sie sich nicht gut informiert.
@georg Dass war nie für den libanon gedacht. Das wurde nur schlampig zwischengelagert. Und irgendwann verdrängt weil der Eigentümer pleite gegangen ist und sich keiner drumm kümmern wollte.
Ich würde ja jetzt bei einem LLRZ ehr ab der Fähigkeit ROLE 2- ausgehen.
Also zumindest mit der Fähigkeit OP.
@dante die Rgt sollten welche haben und auch im Heer dürfte es das ein oder andere noch geben (FJg).
@Georg:
Taktische Atomwaffen…. dazu ein Paar gedanken.
Ammoniumnitrat hat ein TNT-Äquivalent von 0,5 in bester Zusammensetzung. Rechnen wir mal mit dem Wert weiter. Dann sind wir bei 1375kg. Davon hat mit Sicherheit nicht alle umgesetzt. Bei 50% sind das 687.5kg.
Bedenken wir weitere Faktoren:
Zersetzung der Bestandteile über Zeit
Wie viel % des 1375kg „Produkt“ sind tatsächlich Ammoniumnitrat?
Selbstverständlich war es eine sehr große Explosion. Daran gibt es nichts zu deuten. Die Fachleute werden sich das Sicher angucken.
Ansonsten stimme ich den anderen Schreiben zu. Verschwörungsvermutungen am besten unterlassen und gucken was die Zeit für Informationen bereithält.
@Andre sagt: 06.08.2020 um 17:32 Uhr
„Ich würde ja jetzt bei einem LLRZ ehr ab der Fähigkeit ROLE 2- ausgehen.
Also zumindest mit der Fähigkeit OP.“
Deswegen ja 1+
LLRZ kann nach meinem Kenntnisstand auch mit 2 ausgebracht werden, aber das ist ja eine Frage von Zeit und Aufwand und Bedarf.
„@dante die Rgt sollten welche haben und auch im Heer dürfte es das ein oder andere noch geben (FJg).“
Nein. Die „normalen“ Regimenter haben so etwas nicht. Dafür gibt es das KdoSES.
Und die beiden LLSanKp in den FschJgRgt (FschJg NICHT FJg).
Für weitere Infos mal „Die luftverlegbare Sanitätseinrichtung (LSE) im Wandel der Zeit“ googeln, es gibt einen detaillierten Artikel in der Wehrmedizin und Wehrpharmazie 2/2018.
@schmidt wir sind bei 2000 to nicht kg die da gelagert wurden.
2750 to, bei 0.5 Äquivalent zu tnt sind ca. 1,37 kto tnt, macht ca. 10% der Hiroshima-Bombe.
Die Korvette dürfte inzwischen angekommen sein und eruieren, ob und wie die Bundeswehr helfen kann. Die Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden ist für eine effektive Hilfe immens wichtig, nur muss man sehen, was dort überhaupt noch arbeitsfähig ist. Für die direkte Katastrophenhilfe ist das THW Ja sehr gut ausgerüstet, aber mal eben tausende von Verletzten zu Versorgen ist extrem schwer. Mit Sicherheit ist man auch im Gespräch mit Frankreich, die ja aus der Kolonialzeit noch gute Verbindungen haben und ihrerseits schon Hilfe angekündigt haben.
Eine Frage ist auch wass die Korvette da leisten kann. Ich denke an humanitäre Hilfe. Essen ausgeben. Sanitäreinrichtungen zur Verfügung stellen. Ist beides wichtig. Es sollte auch eine Meerwasserentsaltungsanlage an Bord sein zur Trinkwassererzeugung.
Viel kann die Korvette nicht machen, die ist nicht dafür ausgerüstet. Aber sie können mit der deutschen Botschaft zusammen die weiteren Schritte planen, etwa macht es Sinn, Schwerverletzte auszufliegen, wenn ja, wen konkret und wie bekommt man denjenigen zum Flughafen, was nicht gerade trivial sein dürfte. Wenn Bundeswehrkräfte in nennenswertem Umfang vor Ort tätig sein sollen, muss das dort genehmigt werden, die müssen untergebracht werden etc.; die Mannschaft der Korvette wird viel zu tun haben.
Ich bin aktiver Soldat mit libanesischen Wurzeln. Ich habe bereits über den Dienstweg eine freiwilligen Meldung gestellt. Ich hoffe jedoch nebenbei auch auf diesem Weg hilfreiche Infos zu bekommen. Wie und wo man sich noch zivil als freiwilliger melden kann. Natürlich ist das eine Herzensangelegenheit, aber auch bei anderen Katastrophen schon freiwillig gemeldet. Möge Gott euch beistehen!
Als Übersetzer vielleicht für die Kameraden vor Ort. Oder wo eben jemand gebraucht wird.
@Dante:
Absolut richtig. Ich war verwirrt. Ändert aber nichts an meinem Post.
1921 Ludwigshafen: 600 Tote bei der BASF wg Ammoniumnitrat; D sollte allerdings helfen , auch Medevac etc !
Für die Diskussion, wie viel Tonnen-TNT-Äquivalent es waren, hier die Auswertung der Messungen:
https://www.bgr.bund.de/DE/Gemeinsames/Nachrichten/Aktuelles/2020/2020-08-06_pm_staerke-der-explosion-in-beirut.html;jsessionid=E6548A14F89D7B3DEDFED944D7943660.1_cid321?nn=1542388
@wanderer Sie haben die Bilder gesehen. Ich glaube dass ist den Leuten erstmal egal ob da 2000 oder 1000 oder „nur“ 200 tonnen von dem Zeug umgesetzt haben.
Luftlanderettungzentrum entspricht Role 2 Basic (z.B. kein CT, verminderte (Intensiv-) Pflegekapazität), gibt es im KDO SES und im Sanlehrregiment jeweils 1x. In den LL-Sankompanien sind Luftlanderettungsstationen (also Role 1 (kein OP, keine Pflegekapazität) ausgebracht.
Es kommt zunehmend zu Ausschreitungen und Protesten gegen die Regierung. Die wirtschaftliche und soziale Lage mit einem Libanon der schon vor Corona am Boden lag, verschärft sich zunehmend.
https://lebanon.liveuamap.com/
Daher Hilfe wo ansetzen?
@Dante: Sie haben natürlich vollkommen recht. Mit dem Beitrag sollte die Diskussion weiter oben dazu einfach eingeordnet werden. Und zwar ohne weiterer Spekulation, sondern auf Grundlage der Auswertung der BGR.
@AoR sagt: 07.08.2020 um 10:47 Uhr
„Daher Hilfe wo ansetzen?“
Erst mal den humanitären Notstand in Beirut beseitigen. Alles andere kann erstmal warten und benötigt zudem längerfristige Prozesse.
Die Berechnung der benötigten Schutzabstände ist hier möglich:
https://www.un.org/disarmament/un-saferguard/quantity-distance-calculator
Formeln basieren auf Modellen der NATO.
Besonders schützenswerte Objekte wie Krankenhäuser hätten ca 5.000 Meter Schutzabstand benötigt, damit gravierende Schäden verhindert werden. (Faktor 44.4)
Wohngebäude mindestens die Hälfte davon.
@Pio-Fritz: Klar, das läuft unter Selbstverständlichkeiten. Die frage ist nur, welche Kreise versuchen nun die bestehenden Strukturen der Macht des Libanon in Frage zu stellen.
Kurzer Einblick: Mit Ende der französischen Kolonialherrschaft über den Libanon wurde eine Verfassung verabschiedet, welche verschiedenen Volksgruppen Ministerien zuweist. Bedeutet, dass die jeweiligen Minister gleichzeitig Vorsteher der jeweiligen Sekte/Ethnie sind. Diese Warlords – das muss man in manchen Fällen fast sagen, ich denke auf die Shiiten, welche durch die Hezbollah representiert werden trifft dies zu – haben ein inherentes Interesse daran gerade bei Ressourcenknappheit Felder des Einkommens bei anderen Warlords abzuknipsen (Drogenhandel, Waffenschmuggel, Steuergelder, Baugenehmigungen).
Nie waren seit dem Bürgerkrieg die Ressourcen so knapp wie heute und noch nie die Lager derart angespannt wie jetzt. Und dann kommt noch die Detonation hinzu. Was passiert wenn der erste Schreck sich legt und die Masse der Menschen die „Regierung“ für unfähig hält. Wie populistisch reagieren die Warlords?
@Georg und Thomas Melber: zur Frage wer das Zeug geordert hat, (Mozambique sagte schon Nein), lassen wir mal die Fakten sprechen:
„Hezbollah war es nicht.“
„Hezbollah war es nicht.“
„Hezbollah war es nicht.“
(https://13news.co.il/item/news/abroad/the-middle-east/beirut-explosion-1106699/)
@ REDteam
Ich habe gestern in den Nachrichten auch die offizielle Stellungnahme der iranischen Regierung gesehen. Wie glaubwürdig ist denn diese Aussage ?
Meiner Meinung nach ungefähr so glaubwürdig als wenn Präsident Trump erklärt, er habe keine Problem mit schwarzen Bürgern in den USA …
Abseits dieser Meldung hieß es auch (siehe auch Beitrag von @AoR), der Hafen von Beirut sei der Einflussbereich der Hezbollah gewesen (Schmiergeldzahlung, Korrruption usw.). Wenn also der Hafen faktisch unter Hezbollah-Regie geführt wurde, wer hat dann die Kontrolle, den Vorteil, den Nutzen von 2750 to beschlagnahmten Ammoniumnitrat. Das sind rein rechnerisch 2750 Selbstmordattentate mit IED-LKWs. Die würden wohl nicht von der regulären libanesischen Armee verübt werden, oder ?
Der libanesische Präsident Aoun lehnt eine internationale / unabhängige Untersuchung der Explosion ab.
AFP news agency auf Twitter: „#BREAKING Lebanese president Aoun rejects calls for international probe into blast https://t.co/ML2c5ftATL“ / Twitter
Ist dies im Sinne der anderen Führer des Libanon. Hat Hezbollah, denen Waffenlagerung am Ort der Explosion vorgeworfen wird ein Interesse daran?
@REDTeam: Mein hebräisch ist nicht so gut. @KPK: Würden sie evtl. helfen?
Sky News: Tränengas wird auf Demonstranten abgefeuert
إطلاق غاز المسيل للدموع لتفريق المتظاهرين في بيروت
https://twitter.com/SkyNewsArabia_B/status/1292084259214172160?s=20
Die Bilder im Video spielen sich vor dem Parlamentsgebäude in Beirut ab. Was ich erkennen kann ist ein demographischer Schnitt durch die libanesische Gesellschaft mit tendenziell sunnitisch arabischem Hintergrund und/oder Christen.
Ob sich irgendeine Gruppierung die Proteste zu eigen macht ist nicht zu erkennen.
[Sorry, aber für eine Debatte über die Gesamt-Lage im Libanon und die politische Entwicklung dort ist hier schlicht der falsche Ort. Bitte nicht mehr. T.W.]
@T.W: Jawohl. Hoffe, dass nicht nacher unsere Role 2, welche wir allein aus VJTF 2018/19 excellent vorhalten, in einem Bürgerkrieg zum Morgenapell antritt.