AKK: Bundeswehr bleibt in Anti-IS-Mission im Irak
Zur Dokumentation: Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hat am späten Samstagabend eine Erklärung zur Situation im Irak und zur weiteren Beteiligung der Bundeswehr an der Anti-IS-Koalition abgegeben. Nach einer Telefonschaltkonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Ressorts Verteidigung, Auswärtiges und Inneres betonte Kramp-Karrenbauer: Wir werden gemeinsam mit unseren Partnern weiter den IS bekämpfen und Beiträge zur Stabilisierung der Region leisten.
Das Statement im Wortlaut:
Zur Lage im Irak hat heute eine Telefonschaltkonferenz der Bundeskanzlerin mit der Bundesverteidigungsministerin, dem Bundesaußenminister, dem Bundesinnenminister und dem Kanzleramtsminister stattgefunden.
Die Bundesregierung ist sich einig in ihrer Sorge um die Entwicklung der Lage im Irak, aber auch in der gesamten Region. Die Situation wird mit großer Aufmerksamkeit beobachtet, jede weitere Eskalation muss vermieden werden. Absolute Priorität hat für uns die Sicherheit unserer Soldatinnen und Soldaten in der Region.
Die Verteidigungsministerin hat den Generalinspekteur angewiesen, in ständiger Abstimmung mit dem Einsatzführungskommando die Sicherheitslage zu überwachen und größtmöglichen Schutz für unsere Soldatinnen und Soldaten sicherzustellen. Derzeit ist die Ausbildung von irakischen und kurdischen Sicherheitskräften durch die Bundeswehr ausgesetzt. Damit folgt die Bundeswehr der Entscheidung des kommandierenden Generals der Combined Joint Task Force – Operation Inherent Resolve (OIR), der am 3. Januar entschieden hat, das Schutzniveau für die im Rahmen OIR im Irak eingesetzten Kräfte aufgrund der aktuellen Sicherheitslage weiter anzuheben. Weitere Schritte, wie etwa die Entscheidung über die Wiederaufnahme der Ausbildung, werden nur in enger Abstimmung mit den Verbündeten erfolgen.
Der Iran destabilisiert mit der aktiven Unterstützung von Terrorismus und Gewalt seit langem massiv eine gesamte Region und bedroht damit auch Israel. Soleimani war einer der Hauptverantwortlichen für den Export von Terror und Gewalt mit vielen Toten. Nicht umsonst stand er auf der Terrorliste der Europäischen Union. Es liegt jetzt vor allem in den Händen der iranischen Führung, die Konflikte in der Region nicht weiter eskalieren zu lassen. Die Handlungsweise der Vereinigten Staaten erfolgte in der nationalen Verantwortung Washingtons und war nicht Teil der internationalen Koalition gegen den sogenannten Islamischen Staat. Dieser ist noch nicht besiegt.
Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer: „Der Irak darf nicht im Chaos versinken. Und schon gar nicht darf der Irak unter die Kontrolle von Extremisten geraten.“ Deshalb ist es wichtig, im Kampf gegen den IS jetzt nicht nachzulassen. Wir werden gemeinsam mit unseren Partnern weiter den IS bekämpfen und Beiträge zur Stabilisierung der Region leisten.
Über die aktuelle Entwicklung der Lage wird auch das Parlament laufend informiert.
(Der Text wurde zuerst auf Twitter und anschließend auf der BMVg-Seite veröffentlicht)
(Ggf. weiter nach Entwicklung.)
Gute Entscheidung, ziemlich spät zwar, aber nicht zu spät.
Täuscht der Eindruck, oder häufen sich ad-hoc Telefonschaltkonferenzen angesichts Golf, Sahel und auch Libyen?
Überall ist Aktion gefragt.
Mit allmählich entschlossenerer Reaktion muss Deutschland „vor die Lage kommen“, will heißen, Handelnder werden, nicht Getriebener bleiben!
Es ist war richtig, daß die BW den Kampf gegen den IS weiter führen will, aber die Vorwürfe gegen den Iran sind haarsträubend und beschämend. Nicht, weil es nicht wahr ist, sondern weil die Vorwürfe völlig einseitig sind. Wenn Israel bedroht ist, dann ist dies eine Folge des Truppenabzuges der USA aus dem Irak und vor allem aus Syrien! Wer hat den Nachschub an Kämpfern für den IS gesichert, deren Kämpfer in Krankenhäusern gesund gepflegt, Ölgeschäfte mit der IS gemacht und den Kampf der Kurden gegen den IS ständig behindert, die liebe Türkei!! Wer marschiert nach belieben in Syrien ein und unterhält dort eigene, fragwürdige Milizen, die gegen die Kurden kämpfen, statt gegen den IS, wieder die liebe Türkei!! Wo bleibt die Verurteilung wegen dieser Terrorförderung der Türkei?? Und haben nicht die Saudis und Katar fragwürdigste, islamistische Milizen im Kampf gegen Assad finanziert und bewaffnet?? Ich kann folglich keinen Unterschied erkennen zwischen der Terrorförderng der Saudis und des Iran. Beide kämpfen um die Vorherrschaft in der Region mit ähnlichen Mitteln.
Die Bundesregierung ist jetzt vor allem den USA auf den Leim gegangen und in ihren eigenen Erklärungen – gegen den Iran (ohne Beweise) gefangen. Wenn die USA in Zukunft die Aufkündigung des Atomabkommens verlangen oder Sanktionen gegen den Iran oder gar eine Beteiligung Deutschlands am Krieg gegen den Iran, kann sich die Bundesregierung dem kaum noch verweigern, weil sie die „Tötung“ des Generals nicht verurteilt haben.
Und auf einer ehrlichen Terrorliste würde Herr Trump auf Platz 1 stehen!!
Na ja, wenigstens mal bezüglich der Unterstützung des Iraks eine klare Aussage der Bundesregierung. Bei den Linken und die Grünen gilt: „Angst essen Seele auf“. DEU würde sich mehr als lächerlich machen und seine Bündnisstreue in Frage stellen, wenn es jetzt Truppen aus dem IRAK abzieht.
Die Aussagen zu Gen Soleimani sind ein Musterbeispiels des diplomatischen Eiertanzes, den H. Maas und Co vollführt. Also was gesagt wird ist, das die Tötung eigentlich irgendwie gerechtfertigt war, er stand auf der „Terrorliste“ (was immer das auch ist, „Targetlist“??). Dann wird abergleich relativiert: Wir haben nichts damit zu tun. Wie immer, keine klare Aussage.
„Die Handlungsweise der Vereinigten Staaten erfolgte in der nationalen Verantwortung Washingtons und war nicht Teil der internationalen Koalition gegen den sogenannten Islamischen Staat“.
Exakt der Ausdruck „in der nationalen Verantwortung Washingtons“ stellt eine Distanzierung von Trumps Handlungsweise dar.
Will heißen, wir waren nicht in Kenntnis der Angriffsabsicht und hätten aber auch nicht zugestimmt, da vom Anti-IS (-Daesh) Mandat (Resolution 2249) nicht gedeckt.
@Closius sagt: 05.01.2020 um 10:37 Uhr
„aber die Vorwürfe gegen den Iran sind haarsträubend und beschämend. Nicht, weil es nicht wahr ist, sondern weil die Vorwürfe völlig einseitig sind.“
Ganz ehrlich, in der aktuellen Situation ist die Schuld auch sehr einseitig verteilt.
Ob das Handeln der USA klug ist, ist eine ganz andere Frage, aber schuldig macht sich der IRN durch direkte (!) und indirekte Terrorförderung, Destabilisierung und Aggression.
Alles andere ist ein „Whataboutism“…
Inhaltlich nicht unberechtigt, aber nicht im Zusammenhang stehend und deswegen von Kern ablenkend.
„Und auf einer ehrlichen Terrorliste würde Herr Trump auf Platz 1 stehen!!“
Naja, man kann es auch mit Überspitzung übertreiben…
@Closius:
„Wenn Israel bedroht ist, dann ist dies eine Folge des Truppenabzuges der USA aus dem Irak und vor allem aus Syrien!“
Iran gehört zu den „Erzfeinden“ Israels, dass schon seit Jahren! Das hat nichts mit den USA zu tun. Der Iran erkennt Israel nicht als Staat an und hat mehrfach Vernichtungsdrohungen ausgesprochen.
Ich bin auch ein Gegner von politischer „Gleichmacherei“, also Iran=Türkei=USA usw. Hier ist rationale Außenpolitik mit klaren Zielen gefragt (In DEU eher die Ausnahme!). Die USA sind und bleiben ein wichtiger Verbündeter, auch wenn Präsident Trump nichts von Politik versteht und wild „um sich haut“. Die Bedrohung dieser Region durch den Iran ist real und vor allem durch den (irrationalen) Glauben geprägt.
„Und auf einer ehrlichen Terrorliste würde Herr Trump auf Platz 1 stehen!!“
Schlichtweg Unsinn. Trump ist unberechenbar und dilettantisch in seiner Politik. Aber er setzt militärische Fähigkeiten als Mittel der Politik ein. Davon sind wir weit entfernt!
Gegeben der aktuellen Entscheidung des Parlaments des Irak, die Kooperation mit OIR zu beenden:
– Wurden wir eben gebeten zu gehen?
– Ist das, und ggf. ab wann ist das Bindend?
Das irakische Parlament soll in einer Resolution den Abzug ausländischer Truppen gefordert haben:
https://www.nytimes.com/reuters/2020/01/05/world/middleeast/05reuters-iraq-security-parliament-resolution.html?searchResultPosition=5
https://www.reuters.com/article/us-iraq-security-parliament/iraq-parliament-to-convene-amid-calls-to-expel-us-troops-idUSKBN1Z407Z
Das irakische Parlament verabschiedete gerade eine Resolution, die die Regierung auffordert, für ein Ende der militärischen Präsenz aller ausländischen Truppen im Land zu sorgen. Zudem solle die Regierung ihr Hilfsersuchen im Rahmen der Anti-IS-Koalition widerrufen.
Mal sehen wie das ausgeht.
Bagdad Parlament stimmt für Abzug aller ausländischen Truppen, also auch IRN Hezbollah.
[Wir bleiben hier bitte bei den Fakten. Die Iran-affiliierten Milizen sind kaum „iranische Truppen“, insofern ist höchst zweifelhaft, ob die Resolution des Parlaments auf die zutrifft. Solche Spekulationen helfen hier wirklich keinem weiter. T.W.]
Da haben AKK und Herr Maas aber wohl die Rechnung ohne den „Gastgeber“ gemacht.
Wie mehrere Medien aktuell berichten, mag uns der Irak aber scheinbar nicht mehr vor Ort im Land haben.
Auszug aus n-tv:
„Das irakische Parlament hat eine Resolution beschlossen, die den Abzug aller ausländischen Truppen aus dem Land fordert. Der Einsatz der von den USA geführten Anti-IS-Koalition müsse beendet werden, heißt es in der Resolution. Die Regierung in Bagdad solle ihre Bitte um Beistand zurückziehen.“
@AoR sagt: 05.01.2020 um 15:45 Uhr
„Gegeben der aktuellen Entscheidung des Parlaments des Irak, die Kooperation mit OIR zu beenden:
– Wurden wir eben gebeten zu gehen?
– Ist das, und ggf. ab wann ist das Bindend?“
Ganz klares Ja, wir wurden gebeten zu gehen (allerdings nicht nur wir). Und zwar in dem Moment, in dem die irakische Regierung dem Kommandeur von OIR seinen Entschluss offiziell mitteilt. Da es ja keine UN-Mission (oder andere) ist, fehlt eine politische Ansprechstelle. Alles andere, Übergangsfristen für das Räumen von Lagern, verschiffen von Material etc. ist dann Verhandlungssache.
@Klaus-Peter Kaikowsky:
Zu beachten:
– Zudem verlangt die Resolution Schutz des Irak vor Iranische Einfluss nach Abzug der Truppen der OIR.
– Sie richtet sich ausschließlich gegen die USA und Verbündeten. Also auch uns Deutsche.
– Man verlangt einen sofortigen Abzug oder zumindest einen verbindlichen Zeitplan.
– Die Resolution ist nicht Bindend, beinhaltet aber im Kern, was der Premier vorab verlangte. Demnach liegt der Ball bei der Irakischen Regierung.
@Klaus-Peter Kaikowsky:
Hier eine Übersetzung aus dem Resolutionstext:
„The government commits to revoke its request for assistance from the international coalition fighting Islamic State due to the end of military operations in Iraq and the achievement of victory,“ […]
„The Iraqi government must work to end the presence of any foreign troops on Iraqi soil and prohibit them from using its land, airspace or water for any reason.“
https://www.aljazeera.com/news/2020/01/iraqi-parliament-calls-expulsion-foreign-troops-200105150709628.html
Demnach haben sie recht, auch iranische Einheiten müssen, sofern es sie offiziell gibt, gehen. Inklusive Militärberater etc…
Die Anti Is Koalition stellt alle Kampfhandlungen gegen den Is ein und beschränkt sich auf Eigenschutz laut tagesschau.de. Der Is wird jetzt durch Trump vor seiner Vernichtung bewährt und kann damit bald neue Anschläge, völlig ungestört, vorbereiten. Und der Abzug der US Truppen und der Koalition Streitkräfte wird den Irak zur iranischen Kolonie machen. Damit stehen die USA und Israel als die große n Verlierer dar.
Die irakische Resolution kann unerwünschte Weiterungen haben: auch in Saudi Arabien ist die Präsenz amerikanischer Truppen nicht bei allen willkommen; zudem zeugt ihre Anwesenheit von der Schwäche des Hauses Saud.
@ Thoms Melber sagt:
05.01.2020 um 16:08 Uhr
Hat IRK PM Mahdi auch schon verlangt. IRK hat ja nun auch UN aufgefordert, den Angriff auf Soleimani zu verurteilen. Da PM Mahdi derzeit ja nach schon erfolgter Rücktrittserklärung in Caretaker-Position übergangsweise amtiert, und im IRK Wahlen anstehen, dürfte der Prozess der Regierungsbildung einen erheblichen Spin bekommen – der wohl kaum US-freundlich sein wird.
Bei Ladbrokes würde ich jetzt drauf wetten, dass IRN nach einigen Hinterzimmer-Meetings mit CHN und RUS von scharfer Eskalation absieht und drauf hinarbeitet seinerseits gewissen moral high ground zu erarbeiten, die Chancen waren noch nie besser. Wenn IRK dann absehbar die USA rauswirft stören IRN nur noch die paar US-Kleintruppenteile im östlichen Syrien.
@T.W.
Erkannt, das aber markiert exakt die kritische Frage, wer/was in Augen des Bagdader Parlaments fällt unter „ausländische Truppen“.
Sind vom Iran gesponserte Milizen, z.B. Ableger von al-Quds, … Kataib Hizbollah etc., ggf noch von Teheran kommandiert, irakische oder ausländische Truppen.
Und: @hdevrij „… It is non-binding to the government, but Iraqi Prime Minister Adel Abdul Mahdi had earlier called on parliament to end foreign troop presence“.
Wie auch immer, für Coalition Forces muss gelten, gemeinsam rein, gemeinsam raus, jedenfalls bis Irak den Schritt bereut.
@closius sagt: 05.01.2020 um 17:01 Uhr
„Die Anti Is Koalition stellt alle Kampfhandlungen gegen den Is ein“
In IRQ!
„Der Is wird jetzt durch Trump vor seiner Vernichtung bewährt und kann damit bald neue Anschläge, völlig ungestört, vorbereiten.“
Naja, nur weil jetzt mal temporär die Operationen in IRQ eingestellt sind, heisst das noch lange nicht, dass das lange so laufen wird.
Und hier wird auch (mal wieder) unterschlagen, dass es die ständigen Anschläge von IRN Terrorgruppen waren, die die USA zu einem so dramatischen Schritt bewegt haben!
@Pio-Fritz sagt: 05.01.2020 um 16:36 Uhr
„Ganz klares Ja, wir wurden gebeten zu gehen (allerdings nicht nur wir). Und zwar in dem Moment, in dem die irakische Regierung dem Kommandeur von OIR seinen Entschluss offiziell mitteilt.“
Einen Beschluss der IRQ Regierung, den es so noch gar nicht gibt.
Also: Abwarten!
@KPK
„Despite remaining “genealogically” diverse, the PMU forces came to constitute a multilayered paramilitary body, which was in 2016 officially integrated into the Iraqi security forces through the so‑called Hashd law.“
https://icsr.info/wp-content/uploads/2019/11/ICSR-Report-The-Hashd%E2%80%99s-Popular-Gambit-Demystifying-PMU-Integration-in-Post%E2%80%91IS-Iraq.pdf
Vielleicht auch interessant: „What future for Iraq’s PMU?“
https://kfcris.com/pdf/2d22993fbed1202ea7f66abd11b865fb5bfd23adec925.pdf
@Landmatrose3000: Am Tag des ersten Atomtests?
Ist natürlich angemessen von der Irakischen Regierung, den Abzug aller US-Truppen zu verlangen, nachdem die Irakische Regierung ihrer völkerrechtlichen Pflicht aus dem Wiener Abkommen über Diplomatische Beziehungen nicht nachgekommen ist, das ihr in §22 „die besondere Pflicht, alle geeigneten Massnahmen zu treffen, um die Räumlichkeiten der Mission vor jedem Eindringen und jeder Beschädigung zu schützen und um zu verhindern, dass der Friede der Mission gestört oder ihre Würde beeinträchtigt wird.“ auferlegt. Der Irak hat das WÜD schon lange ratifiziert, auch die aktuelle Regierung ist daran gebunden. Einseitigerweise wird diese eklatante Verletzung des Völkerrechtes durch die Irakische Regierung aber in den meisten Beiträgen zum Thema völlig ignoriert (übrigens auch im Verfassungsblog, erst einer der Leser wies dann mal auf diese Weglassung eines sehr wichtigen Aspektes hin).
Wenn die Irakische Regierung nicht ihrer völkerrechtlichen Pflicht zum Schutz der US-Botschaft und der US-Diplomaten nachkommt, insbesondere vor dem Hintergrund der damaligen Geiselnahme in Teheran, dann hat die USA vermutlich das Recht zur Eigensicherung ihrer diplomatischen Mission und zur Verhinderung fortgesetzter oder weiterer Angriffe unter iranischem Kommando.