Afghanistan: Militär tötete mehr Zivilisten als die Aufständischen

In Afghanistan sind in den ersten drei Monaten dieses Jahres mehr Zivilisten durch Aktionen der westlich trainierten und unterstützen Regierungstruppen und internationaler Truppen ums Leben gekommen als durch Angriffe von Aufständischen. Zwar seien die so genannten Anti-Government Elements, in erster Linie die Taliban, für die insgesamt meisten Opfer (Verletzte und Tote) verantwortlich, heißt es in einem am (heutigen) Mittwoch veröffentlichen Bericht der UN-Mission UNAMA. Die Zahl der Toten durch militärische Aktivitäten habe aber mit 305 von Januar bis März über der Zahl von 227 durch die Aufständischen gelegen.

Zwar ging im ersten Quartal 2019 die Zahl der verletzten (1.192) und getöteten (581) Zivilisten insgesamt im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um fast ein Viertel zurück. Hauptgrund dafür war allerdings die geringere Opferzahl durch Angriffe von Aufständischen und dabei vor allem durch weniger Selbstmordattentäter. Dagegen stieg die Zahl der Verletzten und Getöteten durch Aktionen der Sicherheitskräfte um fast 40 Prozent, heißt es in dem Bericht:

Between 1 January and 31 March 2019, UNAMA attributed 608 civilian casualties (305 deaths and 303 injured) to Pro-Government Forces, representing a 39 per cent increase from the same period last year. UNAMA notes with concern that Pro-Government Forces were responsible for more civilian deaths than Anti-Government Elements during the first quarter of 2019.
UNAMA attributed 17 per cent of civilian casualties to the Afghan national security forces, 13 per cent to international military forces, two per cent to pro-Government armed groups, and two per cent to multiple Pro-Government Forces.

Den Hauptanteil an den Militäraktionen, die zivile Opfer forderten, machten sowohl Luftangriffe als auch Suchaktionen am Boden aus. Diese beiden Einsatzarzten hätten in den ersten drei Monaten dieses Jahres zu den höchsten Zahlen an Verletzten und Toten geführt, die in einem ersten Quartal seit Beginn der systematischen Dokumentation verzeichnet worden seien:

Continuing trends observed in 2018, UNAMA documented increased harm to civilians from aerial and search operations, with the highest number of civilian casualties recorded from each of these tactic types in the first quarter of any year since UNAMA began systematic documentation.
Pro-Government Forces carried out 43 aerial operations in the first quarter of 2019 that resulted in 228 civilian casualties (145 deaths, 83 injured), with international military forces responsible for 39 of these operations resulting in 219 civilian casualties (140 deaths, 79 injured). Women and children comprised half of the civilian casualties from all aerial operations. In one incident on 23 March in Kunduz city, international military forces conducted an airstrike in support of Afghan forces on the ground, killing 13 civilians including 10 children and two women and injuring three more civilians, including one child and one woman.

Allerdings bleiben Bodenkämpfe beider Seiten, sowohl der Militärs als auch der Aufständischen, die größte Gefahr für Zivilisten im Land. Mehr als ein Drittel aller Opfer, 134 Tote und 482 Verletzte, wurden durch Bodenoperationen getroffen. Allein 20 Prozent aller Opfer bei solchen Aktionen wurden bei einem Mörserangriff des ISIS-Ablegers Islamic State Khorasan Province in der Hauptstdt Kabul am 7. März getötet oder verletzt.

Der komplette Bericht zum Herunterladen hier.

(Archivbild Juli 2018: Polizeiposten in der Hochsicherheitszone in der afghanischen Hauptstadt Kabul – NATO photo by Jackie Faye)