Nach antisemitischer Fußball-Fotomontage: Disziplinarische Ermittlungen gegen Bundeswehrsoldaten
Die Bundeswehr hat disziplinarische Ermittlungen gegen einen Soldaten eingeleitet, der nach einem Fußballspiel in der Oberliga eine antisemitische Fotomontage auf seinem Instagram-Account veröffentlicht hatte. Der Mann, der im vergangenen Jahr auch an einem Testspiel der Bundeswehr-Fußballnationalmannschaft teilnahm, hatte am Wochenende ein Foto von sich als Torhüter und dem gegnerischen Stürmer in verfremdeter Form verbreitet: Auf seinem Oberkörper war in Großbuchstaben HASS zu lesen; die Kapitänsbinde des Spielers der gegnerischen Mannschaft war mit einem Davidstern überdeckt. Der Instagram-Account ist inzwischen gelöscht.
Nach Angaben der Streitkräftebasis wurden vom Vorgesetzten des Soldaten disziplinarische Ermittlungen eingeleitet. Zu Dienstgrad und Stationierungsort machte die Bundeswehr keine Angaben; nach Informationen von Augen geradeaus! handelt es sich um einen Stabsgefreiten. Der Soldat war laut Streitkräftebasis im Juni vergangenen Jahres bei einem Freundschaftsspiel der Bundeswehr-Fußballnationalmannschaft gegen ein Team der britischen Streitkräfte dabei, im September war er zu Auswahltests an der Bundeswehr-Sportschule in Warendorf eingeladen. Dabei sei er immer einer von mehreren Torhütern gewesen, die in Betracht gezogen wurden. In die Mannschaft sei er aber nicht aufgenommen worden.
Nach Berichten regionaler Medien hat der Oberliga-Verein in Sachsen-Anhalt, bei dem der Mann als Torhüter spielte, ihn aufgrund dieses Vorfalls inzwischen ausgeschlossen. Gegenüber einem Fußball-Blog hatte der Spieler die Veröffentlichung der Fotomontage als Irrtum bezeichnet – die Instagram-Story habe er nicht selbst erstellt und versehentlich weiterverbreitet.
(Aus rechtlichen Erwägungen, aber auch, um solche Bilder nicht noch weiter zu verbreiten, verzichte ich bis auf Weiteres auf die Namensnennung und die Wiedergabe des Fotos.)
Sie haben das Bild aber doch auf Twitter geteilt?
[Ja, das ist allerdings abhängig von dem Original-Tweet. Hier stelle ich es erst mal nicht gesondert ein. T.W.]
Das ist auch eine Form von Darwinismus.
Rechte und mit ihnen sympathisierende Hohlbratzen offenbaren ihre Dummheit und entfernen sich so selber aus dem Dienstverhältnis. Das wäre zumindest das wünschenswerte Ergebnis der Ermittlungen.
Jedes Mal wenn ich denke, dass mittlerweile auch der frischeste Rekrut ausreichend sensibilisiert wurde, damit er für sich die persönlichen Folgen solcher vermeintlicher Scherze abschätzen kann, kommt der Nächste.
Aber immerhin war es ja keine Absicht, sondern nur ein Versehen…
Dem jungen Mann scheint neben einigen anderen Werten, die ich für den Dienst in der Bundeswehr unerlässlich halte, auch noch Medienkompetenz abzugehen.
Schön, dass sich wieder ein Soldat mit vermutlich radikalem Gedankengut geoutet hat und gleich selbst die entsprechenden Belege für seine Haltung geliefert hat.
Nur als Klarstellung: Schön finde ich nicht, dass es Soldaten mit solchen Ansichten gibt, aber ich bin über jeden froh der enttarnt wird.
Jetzt kann man nur noch hoffen das der SG weniger als 4 Jahre dabei ist, ansonsten wird es deutlich schwerer ihn aus dem Dienstverhältnis zu entfernen.
Doppeldumm. Zum einen wie schon beschrieben sich selbst aus dem Dienstverhältnis zu katapultieren und zum anderen nicht zu begreifen, dass die Juden nicht unser Feind, sondern das Gegenteil sind, da gehört schon was zu. Für Leute mit irrationalem Judenhass kann und darf in der Bundeswehr auch bei größter Personalknappheit kein Platz sein, keine Frage.
Ich kenne den betroffenen Torwart / Soldaten nicht. Und auch nicht seine innere und zu anderen Anlässen zur Schau gestellte Einstellung.
Aber vielleicht bestand seine „Dummheit“, und was hier noch so an grenzwertigen / justiziablen Titulierungen verwendet wurde, auch nur am unbedarften schnellen teilen des Ursprungsbeitrages.
Wenn man weiß, worauf man achten muss, sieht man am großen Monitor oder am Handy mit passend geschnittenem Foto sofort die veränderte Armbinde samt Davidstern. Ein No-Go!
Es ist aber so, dass junge Menschen nicht am Computer posten. Sondern am Smartphone. Nebenbei bei anderen Tätigkeiten. Oder in Bewegung. Gerne auch in geselliger Runde während gleichzeitiger offline-Kommunikation. Und all das nicht nur ein Mal am Tag, sondern ständig.
Auch zur modernen Medienkompetenz gehört eigentlich, dass man Beiträge nicht ungeprüft verlinkt. Da hat der Torwart / Soldat klar versagt. Wir sprechen hier aber weder von einer redigierten Wochenzeitschrift nicht von einem voll gebrieften und betreuten A-Promi. Sondern von einem normalem jungen Menschen, der professionell Fußball spielt. Muss man von ihm wirklich erwarten, dass er in jedes Meme bis zur letzten Detailstufe reinzoomt?
Das übrige(!) Meme samt „Hass!“ ist im unterklassigen Fußballzusammenhang, erst recht bei der starken lokalen Historie, mMn keinen Aufschrei wert.
Nur mal so als These im Rahmen der rechtsstaatlichen Unschuldsvermutung. Bis zum (Indizien-)Beweis des Gegenteils.
Das Löschen des Beitrags / Deaktivieren des sozialen Profils unmittelbar nach der ersten Medienanfrage taugt dazu aber wohl kaum.
Ich hoffe es braucht keinen Disclaimer, dass auch ich für den sofortigen Rausschmiss von Rechtsradikalen, Judenhasser und ähnlich Verblendeten bin. Das gilt bspw dann, wenn er den Davidstern doch zur Kenntnis genommen hatte. Aber … s.o.
@Tom: Disziplinarrecht ist nicht gleich Strafrecht/Owi-Recht. Und die Unschuldsvermutung gilt nur dort. Außerdem wird auch einfache Fahrlässigkeit disziplinarisch mitunter anders gewertet, weil von einem Soldaten in sportlich exponierter Stellung durchaus ein gesteigertes Maß an Sorgfalt aufgrund seiner Vorbildfunktion für andere Soldaten und das Bild der Bundeswehr in der Öffentlichkeit verlangt werden kann.
Das Maß ist also nicht der „A-Promi“, sondern der besonders exponierte Soldat. Was da bei anderen jungen Menschen noch als „Unbedarftheit“ verharmlost werden mag, hat definitiv in einem Mitglied der Bundeswehr-Nationalmannschaft keinen Platz.
Wer die Erwartungen an Menschen allgemein und Soldaten im Besonderen kontinuierlich tiefer hängt, wird feststellen, dass daraus eine sinkende Motivation erwächst, an sich und andere auch nur irgendeinen hohen Anspruch zu haben. Die Einschätzung, dass das Meme im „unterklassigen Fußballzusammenhang“ „keinen Aufschrei wert“ sei, bezeugt dies in erschreckend offenherziger Weise. Diese Art von Vorkommnissen als eine Art „Normalität“ zu akzeptieren, heißt, Räume zu bieten, in denen Hass, Rassismus und Menschenverachtung toleriert werden und sich Nährböden schaffen. Dazu muss man nicht teilen. Da reicht auch schon das abwiegeln und wegschauen.
@Tom | 19. März 2019 – 7:58
Naja, man kann alles relativieren. Nur eines ist klar, auch auf dem Smartphone erkenne ich das Bild. Und Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. Dummheit auch nicht.
Um bei Ihrem konstruierten Fall zu bleiben, der Soldat teilt das Bild, ohne genau hinzugucken – pure Dummheit, man teilt keine Meinungen, die man nicht selber vertritt. Variante: er fand das Bild toll und war scharf auf die damit verbundene Aufmerksamkeit (ein Anfall von Narzismus?) – rechte Hohlbratze (Steigerung von Dummheit). Schließlich ist er volljährig und für sein handeln verantwortlich. Wie es auch passiert ist, das Ergebnis bleibt das gleiche.
Egal wie man das dreht und wendet, er hat dem Ansehen der Bundeswehr geschadet, ein- zu recht- gefundenes Fressen für die Presse. Das erfordert öffentlichkeitswirksame Maßnahmen des Dienstherrn. Null Toleranz für rechtes Gedankengut in den Streitkräften.
Verharmlosung („…im unterklassigen Fußballzusammenhang…“) bedeutet gesellschaftliche Akzeptanz von Hass und Gewalt.
@Pio-Fritz | 19. März 2019 – 9:26
Sie nennen es relativieren. Was nicht meine Absicht war.
Ich nenne es Hinweis auf die Unschuldsvermutung und Aufzeigen der Möglichkeit der unbeabsichtigten Verteilmöglichkeit.
Niemand bestreitet, dass man es erkennen kann.
Oft zitiert. Häufig nicht zutreffend.
Variante: er fand das Bild toll ohne den Davidstern gesehen zu haben.
Natürlich kann er es auch absichtlich geteilt haben. Dann gehört er dafür geahndet.
Zustimmung.
Der Dienstherr hat sich der Sache bereits angenommen und dies verkündet. Und wenn die Staatsanwaltschaft einen begründeten Anfangsverdacht hat, wird sie auch agieren.
Passt doch alles. Aber ebenso wie bei anderen Skandalen und Vorkommnissen ist die Aufklärung am heimischen Schreibtisch nur bei Kenntnis der ersten Schlagzeile nicht gerichtsfest. Standrecht ist zum Glück Geschichte.
Das ausschließliche „Hass!“ muss man nicht gut finden. Aber man kann bei einem [aus Spielersicht] Derby der fünften Liga auch die Kirche im Dorf lassen. Und die gesellschaftliche Realität anerkennen. In Fußballfankreisen würde man sagen; „Fahr mal auswärts!“, muss nicht mal nach Sachsen sein.
Selbst in Bundesligastadien ertönt bisweilen „Tod und Hass dem …“; ohne das aus diesem deutlich schlimmeren Spruch ein Skandal gemacht wird. Gerne darf über Sozialarbeit und Bildung/Erziehung auf eine Änderung des gesellschaftlichen Klimas hingearbeitet werden. Aber Schelte aus einem Elfenbeinturm bringt nix.
@Metallkopf | 19. März 2019 – 9:21
Entschiedenes Veto! Auch im Disziplinarrecht gilt die Unschuldsvermutung.
Zustimmung.
@Tom: Stimmt. Sie haben Recht. Auch im Disziplinarwesen gilt die Unschuldsvermutung. Ich hab’s nachgelesen und sehe mich korrigiert! Die Schwelle zur Feststellung der Schuld liegt aber durchaus niedriger, zumal gerade Soldaten erhebliche Dienstpflichten treffen, die im „normalen“ Strafrecht teilweise nicht gleichermaßen Bedeutung erlangen. Was heißt, dass ein Soldat u.U. trotzdem disziplinarisch wegen seines Verhaltens belangt werden kann, obwohl er von konkret straf- oder ordnungsrechtlichen Vorwürfen freigesprochen worden ist.
[quote]Die Schwelle zur Feststellung der Schuld liegt aber durchaus niedriger,[/quote]
Wieder falsch, die Schwelle ist genau gleich. Aber die Tatbestände sind andere.
Wer juristisch angehauchte Argumente bringt, sollte keinen faulen Atem haben :-)
@paramedic | 20. März 2019 – 20:01
„[quote]Die Schwelle zur Feststellung der Schuld liegt aber durchaus niedriger,[/quote]
Wieder falsch, die Schwelle ist genau gleich. Aber die Tatbestände sind andere.“
Naja, im („einfachen“) Disziplinarverfahren muss der Disziplinarvorgesetzte lediglich nach pflichtgemäßen Ermessen zur Überzeugung kommen das…
Im Strafverfahren (und nahezu identisch im gerichtlichen Disziplinarverfahren) muss „ohne vernünftigen Zweifel“) nachgewiesen werden das…
Das ist schon ein Unterschied. Zumal beim Disziplinarrecht (wie sie ja vollkommen richtig anmerken) andere Tatbestände gegen sind, die schon von ihrer Konstruktion her leichter erfüllbar sind (bereits ein fahrlässiger Verstoß gegen die ja sehr „weiträumig“ gefasste Pflicht zur außerdienstlichen Wohlverhaltenspflicht ist ja z.B. bereits faktisch ein Dienstvergehen (über die angemessene Höhe der Maßnahem bei einem fahrlässigen Verstoß sei jetzt hier mal nichts gesagt).