Verteidigungsministerium überarbeitet Internetauftritt: Neues Layout, neue Technik
Nach zwölf Jahren – in der Internet-Branche: gefühlt nach mehreren Ewigkeiten – hat das Bundesministerium der Verteidigung seinen Internetauftritt überarbeitet. Das bedeutet nicht nur ein komplett anderes Layout (siehe Screenshot oben), sondern vor allem auch eine andere Software, die dahinter steht. Der neue Auftritt ist seit dem (heutigen) Montagnachmittag freigeschaltet.
Zum Vergleich die bisherige Optik, seit 2005:
Das neue Layout entspricht den Erwartungen, die die Nutzer (egal ob am PC, Laptop oder zunehmend am Smartphone) an eine zeitgenössische Internetseite stellen. Auch wenn sie sich ein wenig umgewöhnen müssen: Jetzt nimmt ein aktuelles Thema die Startseite optisch komplet ein – derzeit Friedenssicherung, weil der UN-Einsatz in Mali und damit auch die Berichte rund um den Absturz des Tiger-Kampfhubschraubers bei Gao vergangene Woche diesem Komplex zugeordnet werden und damit den Schwerpunkt bilden.
Bei der neuen Gestaltung hat sich die Redaktion der Bundeswehr an den Vorgaben orientiert, die für alle Webseiten der Bundesregierung gelten (die optische Nähe zu bundesregierung.de ist offensichtlich). Dabei mussten auch bestimmte Vorgaben eingehalten werden, mit denen diese Regierungs-Webseiten möglichst barrierefrei gehalten werden, also auch zugänglich für Seh- und Hörbehinderte. Das zeigt sich unter anderem bei den Videos, die nach Bundeswehrangaben deswegen auf der eigenen Seite bleiben (und nicht extern zum Beipiel von Youtube eingebunden werden), damit die nötige Untertitelung oder der Wechsel auf eine Textseite, die wiederum vom Computer vorgelesen werden kann, problemlos möglich ist.
Ein wichtiger Bestandteil der neuen Webseite ist, so das Versprechen, eine Findemaschine, die gesuchte Inhalte schneller zutage fördert (und wer die alte Suchmaschine kennt, die sämtliche Webseiten von bmvg.de über bundeswehr.de bis zu den Seiten der einzelnen Teilstreitkräfte und Organisationsbereiche umfasst, der weiß, dass das ein großes Versprechen ist).
Damit verbunden ist allerdings auch ein Problem, das noch einige Zeit anhalten wird: Zunächst stellt nur das Verteidigungsministerium seine Webseite um, die – deutlich größere – Seite bundeswehr.de und die damit verknüpften Seiten von Heer, Luftwaffe, Marine, Streitkräftebasis und so weiter bleiben vorerst auf dem alten Stand. Zunächst soll mit dem neuen Content Management System, BluePrint der Firma CoreMedia, genügend Erfahrung für die Ausweitung gesammelt werden. Denn verglichen mit bundeswehr.de hat bmvg.de etwa ein Viertel der Besucher.
Das neue (Redaktions)System eröffnet auch gestalterische Freiheiten – die es bislang, ich wollte das nicht recht glauben, gar nicht gab: Auf den alten Webseiten sind keine Links im Text möglich, die konnten nur in einen Kasten an den Rand gestellt werden. Ganz abgesehen von den Freiheiten bei der Gestaltung von Überschriften oder der Platzierung von Fotos.
Die Umstellung auf die neue bmvg.de-Seite ist ein weiterer Zwischenschritt; einen ersten Test hatte die Redaktion bereits im April mit ihrer Schwerpunkt-Seite zum Thema Afrika gemacht.
Das neue Layout und das neue System führen aber auch zu einer Schwierigkeit, die in erster Linie die Leser von Augen geradeaus! betrifft: Die Links zu den bisherigen Webseiten werden dann nicht mehr funktionieren, sind also tot. Die gute Nachricht: An die Stelle der kryptischen Links aus endlosen Zahlen- und Zeichenketten treten so genannte Permalinks mit verständlichen Informationen, und diese Links werden sich im Gegensatz zu den bisherigen nicht später ändern. Also gibt’s die Hoffnung, dass man Texte auf der Ministeriums-Webseite (und irgendwann auch von bundeswehr.de) hier anständig verlinken kann. Hinzu kommt das Versprechen, dass in etwa zwei Wochen auch ein funktionierender RSS-Feed zur Verfügung stehen soll.
Und was ist mit den Informationen auf den alten Seiten? Das Material dieser Legislaturperiode, also seit Ende 2013, soll komplett in den neuen Webauftritt übernommen werden, sagt die Bundeswehr. Die früheren Informationen werden zwar archiviert – aber erst mal nur intern, also ohne Möglichkeit des Zugriffs von außen. Ob sich das noch ändert, bleibt vorerst unklar. (Ich frage mich allerdings, ob nicht irgendwelche Bestimmungen für die Archivierung von Veröffentlichungen staatlicher Stellen gelten, die diesen Zugriff möglich machen müssten? Oder gelten die nicht für Auftritte im Internet? Echte Wissenslücke…)
Die Umstellung auf das neue Waffensystem, pardon, die neue Technik (die zunächst aber nach den Beschaffungsregeln wie für ein Waffensystem hätte laufen sollen und so vermutlich erst im nächsten Jahrzehnt gekommen wäre) kostet das Verteidigungsministerium einen hohen einstelligen Millionenbetrag. Allerdings ist ein Teil davon schon die Vor-Investition in technische Infrastruktur, die langfristig für die geplante Umstellung von bundeswehr.de und den anderen Seiten genutzt werden soll.
Mit der Zeit zu gehen und auch beim Layout etwas moderner zu werden ist sicherlich eine gute Idee. Wichtiger ist jedoch, dass es sich hierbei nicht nur um alten Wein in neuen Schlaeuchen handelt.
Mehr als das Layout beschaeftigt mich die inhaltliche Leere der Webside. Mit „Olli bei der Panzertruppe“ oder die neue “ Einschlafgeschichte“ ist bestimmt eine nette Idee, muss das aber auf der ersten Seite sein?
Darueber hinaus stellt sich mir noch die Frage, wie es mit der Intranet-Seite aussieht. Auch hier ist dringender Handlungsbedarf aber eben auch eher inhaltlich. Mal ehrlich, welcher aktive Soldat geht den wirklich auf die Intranetseite, wenn er etwas Hintergrundwissen haben moechte. Da zeigt sich schnell, dass zwischen Inter und Intra inhaltlich nicht unterschieden wird.
Eine grundsaetzliche Ueberarbeitung der innerbetrieblichen Kommunikation waere aus meiner Sicht das Wichtigste, dass hier angegangen warden muessste. Dies wuerde aber auch eine Neudefinition der Aufgabe des PrInfoStabes bedeuten. Aggiert dieser doch fast ausschliesslich als PrSStab (PresseSchutzStab).
Das mit den Links im Text ging beim alten cms schon, man musste es nur wollen.
Das Arbeiten mit dem alten CMS ist wirklich eine Krux, wie ich aus leidvoller Erfahrung berichten kann.
Da sind die Links in den Texten noch das kleinste Problem. Große Pop-Up-Bilder sind ein Riesenaufwand, andere Formate als die vorgegebene praktisch unmöglich. Drag-and-drop ist ein Fremdwort. Und Scrollen ist eine ganz tolle Erfindung, die man erst zu schätzen lernt, wenn es nicht geht. Ist halt ein System aus „vergangenen“ Zeiten.
Dafür liefert die Bundeswehr aber auf der ein oder anderen Seite doch ein ziemlich gutes Bild ab. Da steckt viel Herzblut von einigen drin.
Schön, wenn es jetzt neu und up-to-date wird. Auch wenn man über Geschmack ja immer streiten kann …
Mir gefällt der neue Auftritt des BMVg richtig gut! Schade ist aber, dass dies noch nicht für die Seiten der Bundeswehr an sich und der einzelnen TSK und MilOrgBer gilt.
Ich frage mich, wieviel Zeit die „geplante Umstellung von bundeswehr.de und den anderen Seiten“ brauchen wird. „Langfristig“ ist da ja eine ziemlich schwammige Aussage…
Da ich zivilberuflich aus der Online-Kommunikationsbranche komme, ein kurzes Bravo-Zulu für die Gestaltung des neuen Auftritts. Aaaaaaber:
Eine unglaublich lange Ladezeit. Das geht besser!!
Siehe der Test mit „test my site with google“: http://up.picr.de/29951353zj.pdf
@ T. Wiegold: Eventuell könnte das Informationsfreiheitsgesetz zur Verpflichtung auf öffentlichen Zugang zu diesen Informationen herangezogen werden.
@Nick von Stra:
Auch im Intranet ist die Einschlafgeschichte stets mein erster Klick, ich würde sie noch weiter oben platzieren, am liebsten direkt als Pop-Up!
Ernsthaft: Das Layout gefällt mir, die Links sollten endgültig mal den Schritt aus den 1980ern raus schaffen und die „untergeordneten Seiten“ möglichst bald auch umschwenken.
Sonst kommt spätestens beim weiterverlinkten Inhalt die kalte Dusche und die Ankunft in der Realität.
@Horst Detlev | 31. Juli 2017 – 16:33
„Eventuell könnte das Informationsfreiheitsgesetz zur Verpflichtung auf öffentlichen Zugang zu diesen Informationen herangezogen werden.“
Das halte ich für abwegig. Einen durch das IFG besteht zwar ein Zugang zu gespeicherten Daten, aber m.W.n. kein Anrecht auf gesonderte Bereitstellung eines öffentlichen Zugang per Internet.
@Koffer: Gem. § 11 IFG existieren folgende Veröffentlichungspflichten
(1) Die Behörden sollen Verzeichnisse führen, aus denen sich die vorhandenen Informationssammlungen und -zwecke erkennen lassen.
(2) Organisations- und Aktenpläne ohne Angabe personenbezogener Daten sind nach Maßgabe dieses Gesetzes allgemein zugänglich zu machen.
(3) Die Behörden sollen die in den Absätzen 1 und 2 genannten Pläne und Verzeichnisse sowie weitere geeignete Informationen in elektronischer Form allgemein zugänglich machen.
Leider sind dies nur Sollvorschriften und kein Muss. Aber zumindest ist eine elektronische Form vorgesehen. Ob hier das Bundes-/Militärarchiv eine weitere Informationsquelle darstellen könnte entzieht sich meiner Kenntnis.
@Horst Detlev | 31. Juli 2017 – 20:05
„@Koffer: Gem. § 11 IFG existieren folgende Veröffentlichungspflichten“
Ja, aber das war nicht die Frage. Die Frage war, ob es eine Pflicht gibt einen Internetzugang zu einem archivierten (ehemaligen) Internetauftritt bereit zu stellen.
Und diese Frage lässt sich (zumindest mit Blick auf das IGF m.E.n. eindeutig mit NEIN beantworten.
Die Archivierungspflichten der Bundesverwaltung (und damit des BMVg) stehen im Bundesarchivgesetz. Danach sind Unterlagen dem Bundes-/Militärarchiv anzubieten.
Für den alten Webauftritt gilt §5 (3) BArchG – wenn die Voraussetzungen für eine Archivierung vorliegen.
Allerdings gibt das Gesetz bis zu 30 Jahre Zeit, bis die Unterlagen an das BA abgegeben werden müssen.
@Pilgrym | 01. August 2017 – 8:33
Sorry, aber auch das war nicht die Frage!
Abgesehen davon, dass ich es als eher zweifelhaft ansehe, dass der öffentliche (PR bzw. Info)-Internetauftritt als „Unterlagen“ im Sinne des BArchG einzustufen ist, war die Frage ob eine Pflicht zur Einrichtung eines dauerhaften und öffentlichen Internetzugangs zu einem solchen Webarchiv besteht.
Und auch hier muss m.E.n. die Antwort sein: Auf das BArchG kann sich eine solche Pflicht genauso wenig stützen wie auf das IFG.
Ach, Leute. Können wir diesen OT bzgl IFG und Archivierung und so einstellen? Es scheint in der Kernfrage, nämlich: müsste/muss das BMVG die bisherigen Internet-Veröffentlichtungen als Archiv öffentlich zugänglich vorhalten? nicht wirklich weiter zu führen.
@ T. W.:
„Ich frage mich allerdings, ob nicht irgendwelche Bestimmungen für die Archivierung von Veröffentlichungen staatlicher Stellen gelten, die diesen Zugriff möglich machen müssten? Oder gelten die nicht für Auftritte im Internet?“
Wie Pilgrym schon schrieb, ist in diesem Fall das Bundesarchivgesetz (BArchG)* einschlägig. Und das sagt in § 1 Abs. 9 ganz klar, dass aufzubewahrende Unterlagen „Aufzeichnungen jeder Art, unabhängig von der Art ihrer Speicherung“ sind.
„müsste/muss das BMVG die bisherigen Internet-Veröffentlichtungen als Archiv öffentlich zugänglich vorhalten?“
Meiner Meinung nach nicht. § 5 Abs. 1 BArchG verpflichtet das Ministerium zwar, seine Unterlagen vorzuhalten, bis sie dem Bundesarchiv angeboten werden – also längstens 30 Jahre -, aber von der Zugänglichmachung für die Öffentlichkeit ist da nirgends die Rede.
(* https://www.bundesarchiv.de/bundesarchiv/rechtsgrundlagen/bundesarchivgesetz/index.html.de)
Nachtrag: Ich verweise in diesem Zusammenhang auch mal auf den DLF-Artikel „Wer archiviert die Bundeskanzlerin?“ vom 03.11.2016.
@Bürger, aber auch andere
Wir reden aneinander vorbei. Es geht nicht um Aufzeichnungen eines Ministeriums, sondern um Veröffentlichungen eines Ministeriums, also für die Öffentlichkeit bestimmte Aufzeichnungen. Da helfen dann die sehr grundsätzlichen Bestimmungen für Aufzeichnungen aller Art nicht weiter.
Erst das Ministerium, dann die Truppe – was bei der „Trendwende Personal“ recht ist, muss ja beim Internetauftritt billig sein ;-).
T.Wiegold:
Aber der Blick über den Gartenzaun vielleicht:
Großbritannien Verteidigungsministerium (weil ich das gestern gerade ausprobiert habe): Suche nach einem alten Video aus einer Rekrutierungs-Kampagne von 2011 bringt keinen direkten Treffer auf der MOD-Seite, aber einen vorkonfigurierten Link zum Nationalarchiv. Dort findet sich die archivierte Kampagnen-Webseite mit dem Video.
Großbritannien Nationalarchiv: Hat eine eigenes öffentlich zugängliches Archiv für Webseiten, die durch Regierung und Verwaltung produziert wurden. Hier die alphabetische Liste: http://www.nationalarchives.gov.uk/webarchive/atoz/
USA Nationalarchiv: Archiviert ähnlich wie die Briten Webseiten von Regierungsstellen, diese sind aber nicht zentral zugänglich, sondern nur über Rubriken (z.B. Dokumente des Weißen Hauses, nach Präsidentschaft geordnet, dazu gehört auch der Internetauftritt, in regelmäßigen Abständen archiviert).
Die Deutschen liegen auf diesem Gebiet konzeptionell (und technisch?) wohl Jahre zurück. Beim Bundesarchiv finde ich keinen Hinweis auf ein Webseiten-Archiv. Da hilft der Bundeswehr ein Archivkonzept auch nicht, weil sie die Daten nicht loswerden ans Bundesarchiv.
Die Diskussion um die Archivierung des Internetauftritts scheint interessanter zu sein, als eine (mögliche) Diskussion um Gestaltung (Layout, Design), Inhalte und Technik der überarbeiteten Seite.
Schade!
@ Anna Nym | 01. August 2017 – 16:39:
„Beim Bundesarchiv finde ich keinen Hinweis auf ein Webseiten-Archiv.“
Weil es keines gibt. ;) Ich plaudere hier wohl nicht aus dem Nahkästchen, wenn ich Ihnen sage, dass die deutsche Archivlandschaft – also nicht nur das BArch – in Sachen digitaler Archivierung noch ganz am Anfang steht, während Amerikaner und Briten damit schon vor Jahren begonnen haben. Bei der dringend notwendigen Digitalisierung von Unterlagen sieht es angesichts immer größerer Einsparungen ähnlich mau aus. Kulturnation Deutschland halt.
(Und damit beende ich diesen OT auch mal.)
Über die deutsche Nationalbibliothek scheinen Inhalte der Webseite bundeswehr.de (und andere) seit dem Jahr 2013 archiviert zu sein (Vgl. http://d-nb.info/1048135586). Für deutschsprachige Webseiten, aka elektronische Ressourcen, gelten die Sammlungsrichtlinien der DNB. Theoretisch müsste auch dieser Blog dort gesammelt werden.
(OT: Leider fehlen mir die notwendigen Kenntnisse des Archivwesens um die digitale Sammlung der DNB von der eines Archivs unterscheiden zu können.)
InfoNerd | 02. August 2017 – 11:49
Danke für die Fundsache :-). Hat eine gewisse Logik, wenn man Webseiten als Erweiterung des Druckwesens betrachtet (und die DNB sammelt alles, was seit 1913 publiziert wurde).
Aber auch hier wieder der Ausschluss der Allgemeinheit: „Webarchiv öffnen (nur im Lesesaal möglich)“ Warum, um Himmels willen *haarerauf*?!