Und wieder Kundus: Neue Angriffswelle der Taliban
Charkhab, entrace gate of Khanabad side, frontline now.#kunduz fighting pic.twitter.com/RtK9PxKb46
— Ehsan (@ehsan_af) 15. April 2016
Die nordafghanische Stadt Kundus, die im vergangenen Jahr schon mal vorübergehend von den Taliban unter ihre Kontrolle gebracht wurde, steht erneut im Mittelpunkt einer Angriffswelle. Mit der jetzt begonnenen Frühjahrsoffensive zielen die Taliban wieder auf die wichtige Provinzhauptstadt:
Hundreds of Taliban insurgents have launched an offensive to seize the northern Afghan city of Kunduz, which they captured and held for several days last year, provincial officials said on Friday.
The offensive around Kunduz began only days after the Islamist group announced their annual spring offensive, vowing to launch large-scale attacks using suicide bombers and guerilla fighters to drive the Western-backed government from power.
Fighting broke out on Thursday in six districts in Kunduz province, a crucial northern stronghold close to the Tajikistan border, as well as around the provincial capital, with Afghan security forces battling militants through the night.
berichtet Reuters.
In die Auseinandersetzung, so melden afghanische Journalisten, greifen offensichtlich die USA mit Kampfflugzeugen ein, während die örtlichen Behörden zusichern, alles unter Kontrolle zu haben. Allerdings ist eine wichtige Straßenverbindung weiterhin blockiert.
#AFG Residents in Kundoz city , fighter jets were flying low over Kundoz city about 10 minutes ago. They have left now.
— Bilal Sarwary (@bsarwary) 15. April 2016
Kunduz PG and chief of police assured pple that the situation is under control. pic.twitter.com/qit0tA6kRI
— Ehsan (@ehsan_af) 15. April 2016
Kunduz-Takhar road remains blocked, most of the checkpostes fallen to Taliban.#kunduz
— Ehsan (@ehsan_af) 15. April 2016
Dazu passend die aktuelle Einschätzung der afghanischen Sicherheitskräfte (Afghan National Defence and Security Forces, ANDSF) durch das deutsche Verteidigungsministeriums für die Abgeordneten des Bundestags-Verteidigungsausschusses:
Derzeit ist kein positiver Trend in der Sicherheitslage Afghanistans zu erkennen. Die ANDSF erleiden weiterhin hohe Verluste und müssen sich zwangsläufig zunehmend auf strategisch wichtige Punkte konzentrieren (vor allem Städte, Hauptverkehrsstraßen, Energieversorgung und Staudämme). Im Gegenzug verlieren sie in anderen Räumen weiter an Kontrolle.
Zur Ergänzung: Die laufenden Auseinandersetzungen sind nicht auf die Provinz Kundus beschränkt, wie der afghanische Sender TOLONews gestern meldete.
Was trifft denn nun zu?
http://www.inherentresolve.mil/News/Article/721797/number-of-isil-fighters-in-afghanistan-drops-significantly-official-says
ANA erfolgreich in der Offensive, besonders in Distrikten Helmand und, ja, auch Kundus.
Weitere signifikante Erfolge gegen AFG al-Quaida sowie Daesh-Ableger mit Unterstützung U.S.-SOF im Partnering mit AFG SOF. Erfolge werden gemeldet in Distrikten Kunar und Nuristan sowie im südlichen Ghazni.
Schon mehr als nur merkwürdig!
Meldungen BMVg zu Erfolgen in Zusammenhang mit Bw stehen per se in der Misstrauensecke, solche in AFG und in weiteren unsicheren Ecken des Planeten, so sie „Erfolge“ von Taliban, al-Quaida oder Daesh betreffen wird unbesehen geglaubt?
Wenn der deputy chief of staff for communications bei Resolute Support der Pentagon Reporter-Gilde Fortschritte mitteilt, aus dem BMVG Gegenteiliges ertönt, – dann glaube ich, ja wem? – Sorry, BMVg: Army Brig Gen Charles H. Cleveland!
Bestätigt das BMVg nun Verluste von Checkpoints, oder den Strategie Wechseln im Bezug auf Checkpoints, welche TOLO News (via Thomas Ruttig) letztens schon geschrieben hat?
http://www.tolonews.com/en/afghanistan/24415-defense-ministry-reduces-checkpoints-in-tactical-shift-officials
Beitrag von T. Ruttig auch im Zusammenhang mit den Geistersoldaten: https://thruttig.wordpress.com/2016/04/12/helmand-taleban-fruhjahrsoffensive-reduzierung-von-ansf-kontrollposten-staubige-distrikte-orf-radio-11-4-16-taz-13-4-16/
(Wenn Links nicht ok, dann tut es mir Leid, aber der Zusammenhang ist mir gerade zu sehr zufällig)
Ob die Bundesregierung diesesmal zumindest bereit ist mit MedEvac zu unterstützen?
Die Ausrede mit dem Mandat klappt nun ja nicht mehr.
Amerikanische Spezialkräfte sind bereits vor Ort:
http://mobile.nytimes.com/2016/04/16/world/asia/taliban-revive-attack-on-kunduz-city-alarming-afghans.html
Der psychologische Effekt auf die Bevölkerung (und damit die Migrationsbereitschaft) sollten, wie bereits beim Fall von Kunduz, nicht unterschätzt werden.
@KPK:
Man sollte keiner Seite uneingeschränkt Glauben schenken.
Auch in Baghlan sind die ANDSF auf dem Rückzug:
http://www.pajhwok.com/en/2016/04/15/%E2%80%98lack-equipment-security-forces-allow-taliban-capture-dand-i-ghori%E2%80%99
Die Ortsnamen sind sicher auch einigen hier noch bekannt.
Daraus lernen wir offenbar nicht.
Nicht für AFG, nicht für Mali oder auch sonstwo.
Oder unterstützen wir die ANDSF in dieser Notlage auch sehr schnell auf taktischer Ebene (Aufklärung, San, Logistik)?
Die Tageszusammenfassung vom Freitag von AP:
Scores of Taliban dead in Kunduz attack
Deutsche Medevac war bereits nachts unterwegs und sonst wird Kdz auch regelmäßig angeflogen.
@JON:
Vielen Dank für die Rückmeldung.
Man hat also aus dem Herbst letzten Jahres gelernt.
Der NLD Telegraaf http://www.telegraaf.nl/buitenland/25615757/__Zware_gevechten_in_Kunduz__.html?utm_source=t.co&utm_medium=referral&utm_campaign=twitterfeed
meldet schwere Gefechte in und um Kundus im Laufe vergangener Nacht zwischen AFG Sicherheitskräften und Taliban.
Mit Ende der Morgendämmerung sollen die Rebellen allerdings vertrieben worden sein.
Passend zum Thema hat die Afghan Research and Evaluation Unit ein Paper zum Stand der ANA veröffentlicht:
Link zum Download: http://www.areu.org.af/EditionDetails.aspx?EditionId=896&ContentId=7&ParentId=7
@ Boots on the Ground
Das Gesamturteil ist vernichtend und widerspricht grundlegend dem offiziellen deutschen (und internationalen) Schulterklopfen, was für einen guten Job man doch gemacht hätte und welche tiefgreifenden Strukturänderungen bei der ANA / den ANSF erwirkt worden wären…
Also wieder frei nach Game of Thrones:
Bisschen update aus Kundus:
@Vodoo
Vollkommen richtig. Und die gleichen Fehler werden jetzt grade u.a. in Mali wiederholt…
@T.W.
Zumindest auf dem zweiten Video sieht das so aus, als würde es sich bei den eingesetzten Soldaten mal wieder um ANA Commandos oder Special Forces handeln, die als Frontfeuerwehr eingesetzt werden (müssen).
Das ist eine (bislang) unbestätigte Quelle – aber als wichtiger Merkposten:
Aktualisierung zur Gesamtlage bei TOLONews:
Heavy Fighting Underway In Over 10 Provinces
@T.W.:
Es fällt erneut auf wie stark die Taliban im einstmals ruhigen Norden mittlerweile sind. Welchen Anteil wir daran haben wird ja nichtmal ansatzweise diskutiert. Böhmermann und so scheinen wichtiger zu sein. Aber auch in Fachkreisen erkenne ich keinerlei Selbstreflexion. Auch nicht bei der Bundeswehr.
Die Lernunfähigkeit wird uns noch richtig auf die Füße fallen – in Mali und sonstwo.
Wie üblich – jedes Jahr, wenn diese pashtunischen Knallköppe der Hafer sticht. Ich finde auch den Begriff „Frühjahrsoffensive“ völlig daneben. Da rotten sich die Klans zusammen und hauen mal auf den Putz – und sich gegenseitig auch auf’s Maul. Ziel: Eigene Machtstrukturen zu schaffen und / oder zu festigen. Und genau das macht diesen Terrorismus aus. M.E. sollten wir Deutschen uns aus diesem Land , welches offensichtlich von ebenso dummen wie gefährlichen Schwachköpfen (männlichen Geschlechts) dominiert wird, schleunigst zurückziehen. Oder wir schlagen endlich mal wirkungsvoll und nachhaltig dazwischen.
Hans Schommer
@Hans Schommer: Gerade in Kunduz ist die Gemengenlage deutlich komplizierter als das simple Paschtunen vs. andere, das Sie hier implizieren ;)
Ganz generell fällt auf, dass die „Defensive Positions“, die die ANSF in den oben verlinkten Videos beziehen, nicht nur nicht vorbereitet, sondern praktisch alle offen sind.
Angesichts dessen, dass die vordersten feindlichen Stellungen maximal fünf Kilometer vom Stadtzentrum entfernt sind, und jederzeit mit einem Angriff gerechnet werden muss, müsste die Stadt einer Festung gleichen: mehrere Verteidigungslinien mit vorbereiteten und ausgebauten Stellungen inkl. Ausweichstellungen, Draht- und Minensperren usw. So wie es in jeder internationalen Dienstanweisung zu finden – aber stattdessen machen die ANSF nichts dergleichen. Am Geld kann es nicht liegen, denn Schaufeln, Stacheldraht und Sandsäcke kosten nichts. Also kann es sich nur um absolute Inkompetenz, Ignoranz, Arroganz, Gleichgültigkeit oder Faulheit handeln.
Die Taliban haben sich übrigens Anfang des Jahres vor der bevorstehenden Offensive der ANSF gegen Dand-e Ghori eingegraben und alle Wege nach Möglichkeit gesperrt (IEDs, Zerstörung von Culverts usw.).
Und bei der Verteidigung von Jalalabad 1989 konnte sich die prokommunistischen afghanischen Streitkräfte auf ein ausgebautes Verteidigungssystem abstützen und den Mudschaheddin über 3.000 Verluste beibringen…
@Boots on the ground:
Offenbar festigen die Taliban ihre Position in C.-D. Und Khanabad:
https://mobile.twitter.com/lolajani/status/721734250987405312
Also ein Teilerfolg mit denen die Taliban erneut Ruheräume erhalten und ausbauen können.
Das Lied ist gesungen. Wir hatten unsere letzte Chance vor 5 Jahren. Die afghanische Regierung kann weiterhin nicht aufzeigen warum man FÜR sie kämpfen soll.
So verliert man Kriege.
Da hilft dann auch ein Divisionsstab in Kunduz nichts.
Kurzer Hinweis: Zu dem Thema habe ich einen neuen Thread aufgemacht.