Vereinte Nationen beklagen alarmierende Unsicherheit in Mali
Zeit für einen weiteren Blick auf Mali: In dem westafrikanischen Land nimmt die Sicherheit in den nördlichen, aber auch den mittleren Landesteilen immer mehr ab, warnen die Vereinten Nationen. Die Gefahren durch Kriminelle, gewaltättige Extremisten und Terroristen sei weiterhin groß, heißt es nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP in einem vertraulichen Bericht von UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon an den UN-Sicherheitsrat:
Insecurity is spreading in Mali, UN Secretary-General Ban Ki-moon has warned, expressing alarm at the myriad challenges facing the UN peacekeeping force in large parts of the African country.
„The northern and central parts of Mali remain under the threat of criminal, violent extremist and terrorist groups, which take advantage of the limited presence of Malian law enforcement institutions,“ Ban said in his latest report on the country.
„The spread of insecurity in Mali and the security threat posed by actors outside of the peace process remain alarming,“ he added in the confidential report sent to the Security Council, which was seen Monday by AFP.
In Mali ist eine der größten UN-Friedensmissionen weltweit stationiert. Zu der MINUSMA-Truppe gehört seit kurzem auch ein deutsches Kontingent; derzeit ist der Bundeswehr-Anteil mit bislang 230 Soldaten noch im Aufbau. Die Deutschen sind zusammen mit den Niederländern in Gao im Nordteil des Landes stationiert. Sie sollen langfristig vor allem Aufklärungsaufgaben in dem unwegsamen Landesteil wahrnehmen.
(Archivbild Januar 2016: Schwedische UN-Soldaten bei einer Patrouille mit der UN-Polizei bei Timbuktu – MINUSMA/Harandane Dicko)
Die Sicherheitslage führt offenbar auch bei MINUSMA zu einem Umdenken:
Der COM kündigte kürzlich an MINUSMA werde künftig mehr draußen zu sein und mobiler zu sein
http://www.deutschlandfunk.de/nach-dem-angriff-auf-die-mission-in-mali-deradikalisierung.799.de.html?dram:article_id=349466
Ob das auch die Vorstellung des BMVg ist?
Mali ist ein ganz großes déja-vu
Die UN bzw. deren Einsätze sind ja nun ohnehin nicht unumstritten…
Zu soft, zu schlecht durchdacht, zu viel Geld für zu wenig Output…..
Selbst im eigentlich „sicheren“ DRC werden die UN-Hubschrauber „ungestraft“ von Rebellen beschossen….wo keine Konsequenzen, da auch kein Lerneffekt bzw. keine Verbesserung der Situation.
Die UN ist seit mehr als 40 Jahren in Afrika tätig…einen wirklichen Fortschritt sehe ich da nirgends…
@huey: Sagen Sie es doch wie es ist. Die einzige Sprache, die dort von alĺen Menschen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verstanden wird ist offenbar Kaliber.
Ich erinnere mich an einen Bericht über die Ausbildung von „Soldaten“ in Mali. Diese waren irritiert, weil Deutsche Soldaten nach deren Meinung nicht angemessen kommunizieren. Zu freundlich, sachlich und nicht ebenengerecht! Aber so wird es eben vorgegeben.
Es ist nicht alleine die Tatsache, das die UN ein „zahnloser Tiger“ ist-während meiner Zeit in Somalia hat es Al Shababb mindestens 4x geschafft, in die Mitte des schwer bewachten UN-Komplexes einzudringen; einmal haben sich Terroristen sogar 3 Tage im UN-Camp verschanzt ohne das die UN in der Lage war, dagegen etwas zu tun.
Hinzu kommt die Tatsache, das die Hauptaufgabe der UN die Eigenverwaltung ist-von knapp 2000 Mann im Camp waren lediglich 150 „Draussen“, um Konvois zu begleiten, der Rest war im Lager, und hat Verwaltung gespielt…
Es gibt wenige Institutionen bei der UN, die wirklich etwas erreichen-das WFP gehört dazu.
Allerdings haben auch diese nicht verstanden (oder wollen es nicht verstehen), das die Menschen z.B. im Sudan schon seit Jahrzehnten wissen, das sie nicht arbeiten müssen…..wenn das Essen mal knapp wird, hält man ein verhungertes Kind in die Kamera…und schon fliegt die UN weitere Vorräte ein….
Die Probleme vor Ort lassen sich so nicht lösen…….die UN müsste eigentlich für jedes Land ein einfaches Stufen-Programm haben:
1. Alle Kampfhandlungen rigoros unterdrücken, alle Parteien entwaffnen.
2. Staatsgewalt wiederherstellen (unter Anleitung der UN).
3. Hilfe zur Selbsthilfe: Krankenhäuser wiederaufbauen, Personal anlernen, Minenräumung, politische Prozesse.
4. Freie Wahlen durchführen (durchgeführt und überwacht durch die UN).
5. Überwachung des Fortschrittes (ein Prozess, der sicherlich über mindestens 25 Jahre geht).
@huey
„Es gibt wenige Institutionen bei der UN, die wirklich etwas erreichen-das WFP gehört dazu.
Allerdings haben auch diese nicht verstanden (oder wollen es nicht verstehen), das die Menschen z.B. im Sudan schon seit Jahrzehnten wissen, das sie nicht arbeiten müssen…..wenn das Essen mal knapp wird, hält man ein verhungertes Kind in die Kamera…und schon fliegt die UN weitere Vorräte ein…“
Sie sollten diesen Absatz vielleicht nochmal überdenken, zumindest den letzten Halbsatz. Ich glaube, der geht an der Realität vorbei…
„1. Alle Kampfhandlungen rigoros unterdrücken, alle Parteien entwaffnen.
2. Staatsgewalt wiederherstellen (unter Anleitung der UN).
3. Hilfe zur Selbsthilfe: Krankenhäuser wiederaufbauen, Personal anlernen, Minenräumung, politische Prozesse.
4. Freie Wahlen durchführen (durchgeführt und überwacht durch die UN).
5. Überwachung des Fortschrittes (ein Prozess, der sicherlich über mindestens 25 Jahre geht).“
Gut gemeint, aber auch hier zeigen uns die letzten Jahre/Jahrzehnte, dass Statebuilding nach dem top-down Prinzip nicht ohne Weiteres funktioniert.
Sie sollten diesen Absatz vielleicht nochmal überdenken, zumindest den letzten Halbsatz. Ich glaube, der geht an der Realität vorbei…
Das ist genau das, was ich persönlich in 6 Jahren bei der UN gelernt und gesehen habe…..etwas vereinfacht ausgedrückt, aber genau so war es im Sudan…
Natürlich lässt sich das „leicht“ sagen-aber Fakt ist nun mal, das die meisten Einsätze der UN auf dieser Welt nicht wirklich funktionieren…
Die UN lindert das Leid der Flüchtlinge-aus denen dann die Terroristen ihre Mitglieder rekrutieren….
Die UN hilft-und wird dabei selbst zum Ziel…
Die UN kostet-und das meiste Geld (wie bei vielen anderen Hilfsorganisationen) versinkt dabei im eigenen Bürokratiesumpf…
@huey: Ihren Kommentaren kann man sich nur voll anschließen. Ähnliches durfte ich bei UNPREDEP (Mazedonien 1995 – 1999), UNMIBH (Bosnien-Herzegowina 1995 – 2002), UNMOP (Prevlaka / Kroatien 1996 – 2002) und UNMIK (Kosovo 1999 – b.a.w.) in 1999/2000 und in 2002/2003 jeweils erleben für ca. 2 x 3 Wochen erleben. Diese 12 Wochen haben voll gelangt. Gott sei Dank kannte man das Land und die Mentalitäten / Ethnien schon aus friedlicheren Zeiten ziemlich gut und konnte so radebrechend Serbo-Kroatisch. Soweit als möglich stützten wir uns auf „normale Militärs“ ab, obwohl unser NGO-Job (Aerial Survey / Georeferenzierung / LIDAR in 4 Ländern von den Bergen bis zum Meer) im Auftrag der UN war.
In Ihrem fliegerischen Wirkungsbereich ist das alles wahrscheinlich nur noch viel extremer!?
Mir sind da aus dem UN Einsatz am Balkan auch Dinge zu Ohren gekommen….
Prinzip zugucken und mit dem blauen Helm schön Zielscheibe spielen.
Wenn man dann mit jemandem spricht der sich um das Problem von Frauen und Kindern ermordenden Kämpfern „gekümmert“ hat und dafür unehrenhaft entlassen worden ist, fällt einem auch nicht mehr viel dazu ein.
Selbst das Recht zur Selbstverteidigung hat man gewissen Einheiten im nachhinein wohl abgesprochen und gemeint die hatten dann einfach den Kopf weiter unten halten müssen.
Das passt nicht so ganz zu den Bildern von zerstörten Städten, niedergemetzelten Zivilisten und dann kam Srebrenica, eine Sternstunde für UN Einsätze.
Ministerin zu Besuch in Mali – Tenor lt. FAZ.net beim Besuch in Bamako:
Bundeswehr wird nicht gegen Terroristen kämpfen.
Dies sei weiter die Aufgabe von Op Barkhane.
War der deutsche MINUSMA-Einsatz nicht kurzfristig mal proklamatorisch eine Entlastung der Franzosen – nach den Attentaten in Paris?
Diese argumentative Sprunghaftigkeit belegt die Substanzlosigkeit und somit Unglaubwürdigkeit der deutschen Sicherheitspolitik.
@Memoria | 04. April 2016 – 23:48
Memoria – sie machen sich wieder unglaubwürdig mit ihren falschen Beschuldigungen.
Wo und wann hat die Bundesregierung die deutsche Teilnahme an der Op Barkhane angekündigt?
Einige „Wüstenkrieger“ hier im Forum mögen von einem deutschen Afrika-Feldzug träumen? Aber unsere Sicherheitspolitiker waren bisher so klug und haben das verhindert.
@mittgard:
Komisch. Das habe ich gar nicht behauptet (s.o.).
Ich habe lediglich festgestellt, dass seitens des BMVg kurz nach den Anschlägen von Paris so getan wurde als wäre der MINUSMA-Einsatz eine eindeutige Entlastung für Paris (http://augengeradeaus.net/2015/11/amsterdam-oder-paris-egal-hauptsache-afrika/). Mir geht es um die fortlaufend wechselnden Begründungen für MINUSMA – das ist ein Glaubwürdigkeitsthema. Nun grenzt man sich wieder von der Anti-Terror-Operation ab.
Aber wenn die Bundesregierung in ihren Augen glaubwürdig ist und ich fortlaufend falsche Behauptungen aufstelle und somit unglaubwürdig bin, dann hab ich wieder was dazu gelernt.
Von BMVg.de aus dem ersten Bericht zum aktuellen Besuch:
„Für die Ministerin ist Mali ein „Prototyp“ für eine breit aufgestellte und nachhaltige Stabilisierung eines Staates, die auf die gesamte Region ausstrahlen soll.“
https://t.co/ID9zypSHPi
Wirklich erstaunlich wie sich die Argumentationsmuster mit der Anfangsphase von ISAF gleiche:
Stabilisierung, Strikte Trennung zu Anti-Terror-Einsatz, vernetzte Sicherheit, friedliche Entwicklung, Staatsausgaben, regionaler Effekt.
Währenddessen wird die Sicherheitslage vor Ort (s.o.) erneut weitgehend ausgeblendet.
@ Memoria: Zustimmung, aber so ist nunmal Politik. Insbesondere nach den Attentaten von Paris ging es eher um Solidarität. Somit kam von heute auf morgen Syrien und die Entlastung der NDL in MLI wurde zur Entlastung der Franzosen – und der NDL. Aktuell liegt das Hauptproblem wohl darin, dass man OP BAHRKANE, MINUSMA und EUTM nirgends koordiniert zusammen bekommt. Auch wenn Deu dies will, gibt es nunmal noch einige die mitspielen müssten.
Für mich wird eher interessant, wie man sich künftig organisatorisch die Ausbildung der MLI Streitkräfte in der Flächs vorstellt. Das hat man bereits seitens der EU angekündigt. Und selbst wenn wir das bei EUTM rein mit Blick auf den Sicherheitssektor hinbekommen, müsste Entwicklung und Regierungsführung Schritt halten. An letzteres kann ich nicht glauben, denn dazu liegen vorerst noch zu viele Steine im Weg. Es geht insgesamt um Fragen des vernetzten Ansatzes und diesbezüglich gab es leider kein lessons learned :-(
@Memoria
Wir kämpfen nicht mit harten Bandagen sondern mit Wattebäuschchen, Rückenwind steht bei uns nur für heiße Luft.
Die Sicherheitspolitik im Äußeren ist bei vielen Ländern eine einzige Katastrophe.
Die USA haben bisher auch wenig substanzielles beigetragen, bis vielleicht auf die Militarisierung der Taliban…
Für einen klar denkenden Menschen ist Politik nur schwer zu verkraften.
Wenn es um menschliche Schicksale geht wird es noch schwerer. Zu Weilen habe ich das Gefühl das sich unsere Gesellschaft zu einer Bande von Soziopathen transformiert.
jeder ist sich selbst der Nächste, dann aber jammern wie gemein die anderen sind.
Wir lernen gar nichts aus den Fehlern der Auslandseinsätze der letzten 20 – 30 Jahre.
Mag wohl daran liegen das uns „keine eigenen Erkenntnisse vorliegen“.
Fluchtursachen gehen uns nichts an, sollen andere machen, der Deutsche will „sein“ Geld behalten.
Dann stehen Millionen Flüchtlinge an den EU Grenzen und verteilen sich über große Teile der Union.
Das man bei der Ursache vielleicht mal ansetzen sollte kommt wieder keinem in den Sinn.
Der Bürger ist schon zufrieden wenn er hört das irgendwie, irgendwo, irgendwann was gemacht werden soll.
Afrika liegt direkt vor unserer Tür, es gibt keinen vernünftigen Ansatz wirtschaftlich mit Afrika zusammen zu arbeiten, Infrastruktur und ein klein bisschen Wohlstand zu schaffen, mit dem Ziel kriege um die Wohlstandskrümel auszumerzen.
Auf dem Kontinent folgt eine Tragödie der anderen, zeitweise gibt es gleich ein Dutzend davon.
Entwicklungshilfe ist nie darauf ausgelegt das die Projekte nach dem Ende der Projektdauer alleine weiter geführt werden können, sei es weil das Geld fehlt oder schlichtweg das know how vor Ort.
Über die Entwicklungshilfe die wir in Afghanistan geleistet haben hört man sehr wenig, wie das bei den USA aussieht kann man wissen wenn man sich dafür interessiert. Es ist ein Desaster.
Entweder werden Probleme nur noch verwaltet oder so dermaßen halbherzig angegangen das der Effekt einfach verpufft.
Das gilt für das Äußere wie auch das Innere.
Stillstand ist oberstes Gebot.
Von der Sicherheitspolitik etwas anderes zu erwarten wäre naiv.
@SvD
Ich möchte ihr Weltbild hier ein wenig erweitern.
Bescheidener Wohlstand in Afrika führt zu mehr Migration und nicht zu weniger.
http://www.telegraph.co.uk/news/uknews/immigration/11842760/Prepare-yourselves-The-Great-Migration-will-be-with-us-for-decades.html
Können wir gern darüber diskutieren…
pi
@all
Zu Mali habe ich einen neuen Thread aufgemacht.