Bundeswehr schaut genauer in die Vorschrift: Erbsensuppe für Flensburger Weihnachtsmarkt gerettet
Auf dem Flensburger Weihnachtsmarkt (und wohl auch bei anderen öffentlichen Veranstaltungen) darf die Bundeswehr auch künftig Erbsensuppe aus der Feldküche verkaufen. Das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr (BAIUDBw) hat mal genauer in die Vorschriftenlage geschaut und festgestellt, dass solche traditionellen Auftritte der Truppe, einschließlich dieser Art Imbissbetrieb, im Interesse der Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr sehr wohl erlaubt sind. Damit dürfte sich die Stimmung in Flensburg wieder bessern, wo bislang ein Verbot der traditionsreichen Veranstaltung befürchtet wurde, wie die Stadt noch vergangene Woche mitgeteilt hatte:
Die Erbsensuppe der Bundeswehr, welche mittlerweile seit mehreren Jahrzehnten während des Flensburger Weihnachtsmarktes durch Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr verkauft wird, fand auch beim vergangenen Weihnachtsmarkt erneut große Zustimmung. (…)
Die Unterstützung durch die Bundeswehr hat Tradition. Seit dem Jahre 1985 erhielt die Stadt Flensburg nun insgesamt rund 338.400 Euro und konnte 297 Antragsteller bei der Durchführung sozialer Projekte unterstützen.
Dieser Tradition droht aktuell leider aufgrund der Bestrebungen des Bundesministeriums der Verteidigung das Ende.Die Verpflegung der Truppenküche außerhalb von Bundeswehrliegenschaften soll eingestellt werden und das hätte Folgen für den alljährlichen Weihnachtsmarkt und die Beteiligung der Bundeswehr.
Die Aufgabe des Verkaufs der Erbsensuppe auf dem alljährlichen Weihnachtsmarkt hätte nicht nur erhebliche Auswirkungen auf soziale Institutionen und das bürgerschaftliche Engagement in unserer Stadt, denn das Engagement der Soldatinnen und Soldaten beim Weihnachtsmarkt ist ein herausragender Teil unseres Weihnachtsmarktes und wird in der Öffentlichkeit zu Recht so wahrgenommen. Dies fördert das Ansehen der Bundeswehr. Viele Flensburgerinnen und Flensburger, aber auch viele Besucher aus dem Flensburger Umland, nehmen bewusst die Möglichkeit wahr, sich etwas Gutes zu tun und gleichzeitig einen konkreten Beitrag für die Gesellschaft zu leisten.
Flensburg hofft also auf den Erhalt der Teilnahme der Bundeswehr am Weihnachtsmarkt und an der Fortführung der Tradition.
Das Verbot ist offensichtlich vom Tisch. Wie das zuständige Bundesamt auf Anfrage von Augen geradeaus! am (heutigen) Montag mitteilte, sehen die Regelungen zwar Verpflegungen der Truppenküche außerhalb von Bundeswehr-Liegenschaften nicht vor. In diesem Fall gelte aber die Vorschrift für Arbeiten auf militärischem wirtschaftlichem Gebiet im Ausbildungsinteresse der Truppe und im Interesse der Öffentlichkeitsarbeit – und die erlaube sehr wohl, dass die Bundeswehr Mahlzeiten außerhalb ihrer Kasernen zubereite und auch verkaufe. Voraussetzung sei unter anderem eine Unbedenklichkeitsbescheinigung der örtlichen Industrie- und Handelskammer, die bestätige, dass es keine nachteiligen Auswirkungen zum Beispiel für die Gastronomie habe.
In Flensburg, sagt das Bundesamt, habe es bislang noch keinen Antrag für den nächsten Weihnachtsmarkt gegeben – die Meldungen über ein bevorstehendes Verbot wurden möglicherweise durch einen Hinweis des Verpflegungsamtes ausgelöst, dass Leistungen der Truppenküche auf dem Weihnachtsmarkt nicht vorgesehen seien. Aber wenn die Bundeswehr die Feldküche anwirft, ist das eben was anderes, als wenn das Verpflegungsamt die Truppenküche öffnet. An der Förde geht’s aber künftig noch einen Schritt weiter: Das zuständige Verpflegungsamt, sagt das BAIUDBw, sei angehalten, auch mit der Truppenküche zu unterstützen. Das klingt sehr nach Erbsensuppe auf dem Flensburger Weihnachtsmarkt auch in den nächsten Jahren.
(Fehler bzgl. der Vorschrift oben korrigiert)
(Archivbild Oktober 2014: Feldküche bei der Übung United Endeavour in Stetteten a.k.M – Bundeswehr/Martin Stollberg)
„…….eine Unbedenklichkeitsbescheinigung der örtlichen Industrie- und Handelskammer, die bestätige, dass es keine nachteiligen Auswirkungen zum Beispiel für die Gastronomie habe.“
Schlachter J. wird das wohl „richten“…….dieser lokale Monopolist wird bestimmt seine Füße nicht still halten.
Hab ich was verpasst? Wer hat denn diese Verbots“Ente“ in die Welt gesetzt? Im konkreten Fall ist m.W. selbst die genannte Unbedenklichkeitserklärung nicht erforderlich. Und ich meine auch zu erinnern, dass es sich da nicht um eine (Dienst-)vorschrift, sondern einen Erlass handelt. Letzteres ist vielleicht Haarspalterei, aber damit hatte ich im Kosovo als G9 einer MNB auch mal zu tun.
Hans Schommer
Da soll mal einer sagen das sich nichts tut!
Fast wäre die Bundeswehr gerettet worden aber nein, die Erbsensuppe geht vor.
Manchmal fragt man sich echt was in diesen Ämtern los ist.
Würde man mal so genau bei den Fluggeräten auf Vorschriften achten…..
Wie gut das dieses Amt keine anderen Sorgen hat. Bei sowas könnte man mit dem Bürokratieabbau anfangen.
Das ganze kam dem Vernehmen nach im Rahmen der Überführung in das sog. Regelungsmanagement ans Tageslicht. Vermutlich gab es diesen Passus schon zuvor, aber keiner kannte ihn oder wollte ihn kennen ;-)
Darf ich das Thema „shanghaien“ und fragen, ob jemanden zu Ohren gekommen ist, ob und wenn ja, warum, die Bw derzeit keine Liegenschaften für Veranstaltungen industrienaher Gruppierungen (hier: DWT) zur Verfügung stellt?
[Nö, dürfen Sie nicht – die Frage wurde im Bällebad schon gestellt, und ich kann nicht erkennen, warum das gerade in diesem Thread noch mal nötig ist. Sie können ja im Bällebad fragen; diesen Kommentar entferne ich nachher. T.W.]
Öffentlichkeitsarbeit ist eine Kunst. Von der Bundeswehr lernen heißt, aus Fehlern lernen. Die Blamage war vermeidbar.
Vielleicht sollte man künftig erst genauer in die Vorschriften schauen, dabei das Gehirn einschalten und ein wenig Nachdenken, Folgen der Entscheidung und das drohende Echo abschätzen bevor man sich zu einem Thema äußert. Rückwärtsrudern sollte man nur mit einem Boot.
Kleiner Trost: Jetzt weiß jeder, welche Suppe wir auf dem Weihnachtsmarkt zum Auslöffeln kochen. Bekömmlicher als andere Suppen ist sie auf jeden Fall.
Das gilt übrigens auch für Zelte u.a. Gerät. Es war doch bekannt, daß das eigentlich nicht statthaft ist. Der Verkauf (oder die Gratis-Abgabe) von Mahlzeiten auf einem Weihnachtsmarkt sehe ich kritisch, da macht man nämlich der (ambulanten) Gastronomie durchaus Konkurrenz.
Erst keine Erbsensuppe, dann die erwartet hämische Reaktion all derer, die schon immer gewusst haben, dass die Bundeswehr überwiegend Unfähige beschäftigt, nun die Kehrtwende mitsamt der Erkenntnis, dass es doch geht, aber das ist jetzt auch wieder nicht richtig. Was wollen Sie eigentlich, die Sie.dieses Thema in der Weise kommentieren?
Dies könnte der erste Thread werden, bei dem das Niveau der Kommentare auf Facebook das derjenigen auf der Website übertrifft.
Für mich ist das ein klarer von „Vor Betätigen des Mundwerkes (der Tastatur oder was auch immer) das Gehirn einschalten.“ Völlig egal was zu einem bestimmten Zeitpunkt Vorschriften sagen, in einem solchen Fall muss zunächst die Situation analysiert werden. Stelle ich fest, dass eine Aktion der Bundeswehr nutzt (und das ist hier zweifelsohne der Fall) und möglicherweise nicht vollständig von Vorschriften gedeckt ist, ist es unzweckmäßig wenn der erste Reflex (der BMVg Juristen) ist die Aktion zu verbieten. In einem solchen Fall sind zuvorderst Regelungen zu kreieren, die das Zweckmäßige legitimieren. Ich habe jedoch die Hoffnung verloren, dass die uns beherrschenden Juristen irgendwann an gesundem Menschenverstand „erkranken“.
Es haben sich ja auch einige MdBs deshalb bei Frau vdL beschwert. Gut, nun gut es wieder Erbsensuppe und alle sind zufrieden. Der Zustand der Bw ist den MdBs dagegen egal. Hauptsache Erbsensuppe :-/
Man hätte nur mal einen erfahrenen RefüFw fragen müssen. Der kennt nämlich meist den Erlass i.V.m. der Vorschrift und hätte das sagen können… ;-)
Nachdem ich in diesem Artikel ca 5 mal von leckerer Erbsensuppe gelesen habe weiß ich wass ich mir zum Abendbrot mach. Danke TW.
@Thomas Melber
„Der Verkauf (oder die Gratis-Abgabe) von Mahlzeiten auf einem Weihnachtsmarkt sehe ich kritisch, da macht man nämlich der (ambulanten) Gastronomie durchaus Konkurrenz“
Deshalb übernehmen dies an einigen Standorten Vereine von Bw-Angehörigen (DBwV, BSW, VdRdBw, Offz-/Uffz-Gesellschaften) welche ihren Gewinn spenden.
Um das Ansehen der Bw in der Öffentlichkeit zu steigern, gäbe es weitaus mehr Möglichkeiten seitens der „Feldköche“ als Erbsensuppe. Die Jungs können wirklich kochen und Erbsensuppe ist nun echt kein Schaubild für die Leistungsfähigkeit. Viel sinnvoller wäre es, wenn man die Köche für presse- und öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen verwenden würde wie z.B. regionale Empfänge, wo sich Politiker, Sportler und andere Repräsentanten zeigen. Wenn sich die Männer öfter mit ihrem Können (z.B. Buffets) präsentieren dürften, würde das m.E. ein weitaus größeres Echo hervorrufen, als Erbsensuppe auf einem Weihnachtsmarkt. Der Effekt/ Hingucker gerade bei der Zielgruppe in der Nachwuchswerbung wäre wesentlich besser und medienwirksamer. Meine Tochter (21) verzieht beim Anblick von Erbsensuppe eher das Gesicht…..
Jawoll, dazu ergänzen wir GG Art 87a Satz 1 wie folgt:
Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung und Verköstigung auf. Ihre zahlenmässige Stärke und die Grundzüge ihrer Organisation müssen sich aus dem Haushaltsplan und dem Repräsentationsbedürfnis von Politikern, Sportlern und anderen Repräsentanten ergeben.
Die Grundlage, auf der wir sogar im Ausland so ziemlich alles möglich machen konnten, findet sich hier:
https://www.ihk-wiesbaden.de//blob/wiihk24/standort/downloads/1252854/60b9c76b7ecf0e417670219279f1668b/Arbeiten_auf_wirtschaftlichem_Gebiet_im_Ausbildungsinteresse_de-data.pdf
Damit geht auch Erbsebsuppe auf dem Weihnachtsmarkt.
Kleine Episode in diesem Zusammenhang:
Kosovo, 2008 (oder 2007). Die neu gegründigte kosovarische Firma X hat in DEU eine komplette Ziegelei aufgekauft, zerlegt, mit 70 Lkw-Ladungen ins Kosovo verfrachtet und dort wieder aufgebaut. Bis auf den riesigen Schornstein aus Stahl. Da gab es im ganzen Land keinen geeigneten Kran. Wir hatten aber im LogBtl einen Fahrzeugkran, der geeignet war. Der Firmenchef trat über unsere CIMIC an’s Kontingent heran. Also fix die Richtlinie einschl. Vetrag in’s albanische übersetzt und den förmlichen Antrag an die DEU Kontingentführung gestellt. Alle waren sich einig – da muss geholfen werden. Natürlich gegen Kostenerstattung. Da war man sich schnell gem. Vorschriftenlage kosteneinig. Doch dann der Schreck: Im Kosovo gab es keine „Industrie- und Handelskammer und / oder Handwerkskammer“! Nix vergleichbares – und somit auch keinen „Unbedenklichkeitszettel“. Damit war dem Leiter der Wehrverwaltung klar: Hier geht garnix – basta. Der beriet den DEU Kontingentführer – einen Brigadegeneral – entsprechend. Doch dann die zündende Idee: Meldung an die Führung in DEU. Und nach eingehender Rechtsberatung auf ministerieller Ebene dann die erlösende Nachricht: Vertrag abschließen, angeheftet aber die vom G9 eingeholte Erklärung, dass in ganz Kosovo kein gewerbliches Hebegerät verfügbar sei.
Es ging also – und heute werden da unten top Ziegel gebrannt.
Hans Schommer