Mängel beim G36: Keine Probleme im Gefecht
Offiziell wird es erst am (morgigen) Mittwoch mehrere Berichte der Kommissionen geben, die sich im Auftrag des Verteidigungsministeriums mit den Problemen des Sturmgewehrs G36, der Standardwaffe der Bundeswehr, beschäftigt haben. Bereits am (heutigen) Dienstag sind allerdings schon Details aus zwei Berichten durchgesickert. Eine mittlerweile wenig überraschende, dennoch interessante Erkenntnis: Die Kommission zur Untersuchung des Einsatzes des G36-Sturmgewehrs in Gefechtssituationen, geleitet von dem ehemaligen Grünen-Abgeordneten Winfried Nachtwei und dem früheren Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus, hat nach Aktenstudium und vor allem nach Befragung von Soldaten keine Hinweise darauf gefunden, dass Mängel bei der Treffgenauigkeit des Gewehrs zu Problemen in den Auslandseinsätzen der Bundeswehr geführt haben oder gar Soldaten gefährdet hätten.
Die befragten Soldaten verneinten durchgängig, Präzisionsmängel im Gefecht festgestellt zu haben, heißt es nach einer Vorabmeldung der Sächsischen Zeitung in dem Bericht der Nachtwei-Kommission, der dem Blatt nach eigenen Angaben vorliegt. Auch hätten sich keine Hinweise auf eine konkrete Gefährdung von Soldaten aufgrund des Präzisionsverhaltens des G36 ergeben. Dagegen würden positive Erfahrungen mit der Waffe von den einsatzerfahrenen Soldaten hervorgehoben: Wir haben uns mit dem G36 im Feuerkampf stets überlegen gefühlt und dies insbesondere deswegen, weil wir uns mit verhältnismäßig geringem Munitionsansatz im Ziel auswirken konnten, zitiert die Zeitung einen Zugführer, der 2009 in Afghanistan im Einsatz war. Das so genannte Hinterhalt-Szenario mit Abgabe zahlreicher Schüsse in schneller Folge werde zudem von den befragten Soldaten als unrealistisch beurteilt.
Während der G36-Hersteller Heckler&Koch diesen Bericht beruhigt zur Kenntnis nehmen dürfte, sieht das mit dem Ergebnis einer weiteren Untersuchungsrunde vermutlich anders aus. Die Prüfgruppe ‚Geschäftsbeziehungen im Geschäftsbereich BMVg mit der Firma Heckler&Koch im Zusammenhang mit dem G36‘ kommt zu der Einschätzung, dass das Bundesamt für Ausrüstung, IT und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) im Umgang mit dem Unternehmen, dessen Produkte es abnehmen und überprüfen soll, ein nicht tolerables Führungsverhalten gezeigt habe. Aus dem Bericht von tagesschau.de:
Offene Türen zu Räumen mit vertraulichen Unterlagen und weitere Ungereimtheiten: Von „intolerablen Zuständen“ in der Bundeswehr-Prüfstelle auf dem Gelände des Waffenherstellers Heckler & Koch spricht ein interner Prüfbericht des Bundesverteidigungsministeriums.
Inakzeptabel. So bezeichnet ein interner Prüfbericht des Verteidigungsministeriums das Verhältnis zwischen Mitarbeitern der Bundeswehr und dem Unternehmen Heckler & Koch. Inakzeptabel klingt jedoch noch harmlos für das, was auf dem Gelände der schwäbischen Waffenschmiede offenbar stattgefunden hat. (…)
Doch in der alltäglichen Zusammenarbeit, so erfuhr das ARD-Hauptstadtstudio aus Regierungskreisen, habe die räumliche Nähe aus Sicht der Prüfgruppe die professionelle Distanz vermissen lassen. Zwar könnten Spekulationen über Vorteilsnahme oder Bestechlichkeit nicht bestätigt werden. Allerdings erfuhr die Prüfgruppe von einem Vorfall, der die Integrität der Beteiligten extrem in Frage stellt.
An einem Tag im Mai 2015 soll die Eingangstür zu den Räumlichkeiten der auf dem Firmengelände befindlichen Güteprüfstelle offen gestanden haben. Dort werden vertrauliche Unterlagen aufbewahrt, die Mitarbeitern von Heckler & Koch nicht zugänglich sein sollten. Die Schlüssel, so der Prüfbericht, würden durch die Heckler & Koch GmbH personenbezogen bereitgestellt. Die Mitarbeiter der Güteprüfstelle könnten sich den Vorfall nicht erklären und der Sachverhalt sei bis heute nicht aufgeklärt worden.
Mehr Einzelheiten aus den Berichten – und vermutlich auch die Berichte selbst – dann morgen.
Allerdings: Auch wenn die Nachtwei-Kommission keine Auswirkungen der ermittelten Treff-Mängel des G36 auf Einsätze und Gefechte festgestellt hat, ändert das an der Zukunft des Gewehrs in der Bundeswehr wenig: Dass dieses Sturmgewehr durch ein neues Modell ersetzt werden soll, auch wenn es Jahre dauern wird, ist beschlossene Sache. Die Erkenntnisse zum Umgang der Beschaffungsbehörde BAAINBw mit Heckler&Koch könnten dagegen schwer wiegendere Auswirkungen haben – zumal sie auch etwas mit der Vertrauensbasis zwischen Unternehmen und Kunde zu tun haben. Andererseits treffen sich ja beide Seiten ohnehin vor Gericht...
Hm, zum 2. Punkt: Kann denn ein Fehlverhalten der Prüfgruppe BAAINBw dem Unternehmen zur Last gelegt werden? Für mich hört sich das eher nach einem gewaltigen Bumerang an, der da gerade auf den Bendler-Block zusteuert…
„Allerdings: Auch wenn die Nachtwei-Kommission keine Auswirkungen der ermittelten Treff-Mängel des G36 auf Einsätze und Gefechte festgestellt hat, ändert das an der Zukunft des Gewehrs in der Bundeswehr wenig: Dass dieses Sturmgewehr durch ein neues Modell ersetzt werden soll, auch wenn es Jahre dauern wird, ist beschlossene Sache.“
Potz Blitz – wer hätte das gedacht!
@ T.W.
Nachtrag: Hat das Board heute wieder husten? Editierfunktion ist nicht immer verfügbar bzw. speichert nicht ab und zudem hatte ich des Öfteren heute schon ein nettes „Temporarily not available“…
„An einem Tag im Mai 2015 soll die Eingangstür zu den Räumlichkeiten der auf dem Firmengelände befindlichen Güteprüfstelle offen gestanden haben. … Die Mitarbeiter der Güteprüfstelle könnten sich den Vorfall nicht erklären und der Sachverhalt sei bis heute nicht aufgeklärt worden.“
Erinnert mich an eine (vor Jahren) nicht verschlossene Tür im Tor einer Panzerhalle. Festgestellt vom zivilen Wachdienst. Für den Verschluss war der Zugführer II, SF S., verantwortlich. Für die erste Verschlusskontrolle nach Dienst war der UvD der Batterie zuständig. Weder der Stabsfeldwebel (abgeschlossen? – klar!) noch der UvD (Kontrolle durchgeführt? – selbstverständich, steht sogar im UvD-Buch!) konnten sich den Vorfall erklären und der Sachverhalt wurde meines Wissens bis heute nicht aufgeklärt.
Das G36 wurde ausführlich bei VW und dem ADAC getestet. Es wurden keine Mängel festgestellt.
Wie kommt es eigentlich dass Berichte vorab bekannt werden?
Wer gibt die Informationen an Zeitungen wie der „Sächsischen Zeitung“?
Macht das die Untersuchungskommission und darf die das?
Oder werden solche Berichte vorab an die oder den Auftraggeber ausgegeben und die machen das? Und dürfen die das?
Und kümmert sich jemand darum oder interessiert das niemanden?
Werferfehler
Im Gefecht ist es dem Soldaten selbst kaum möglich festzustellen wie hoch die Streung bzw Treffgenauigkeit der Waffe ist. Unter Gefechtsbedingungen schießt dieser, ein exaktes nachkontrollieren der Trefferquote ist unter den Extrembedingungen schlicht weg nicht möglich. Ich vermute einmal ehr das die Kommission zu diesem Ergebnis gekommen ist um Schadensersatz aus dem Weg zu gehen. Es wäre ein Fiasko für die Bundeswehr festzustellen das Soldatenleben durch mangelnde Präzision der Waffe verloren wurden. Auf der einen Seite wird der Waffe G36 mangelnde Präzision bescheinigt aber im Einsatz sei diese plötzlich ohne Mängel ???
Mehrere meiner Gebirgsjägerkameraden die in der QRF waren, bestätigten unabhängig voneinander, das sie in den Gefechten nie Probleme mit dem G36 hatten. Die zu unterstützenden US Einheiten waren fast neidisch auf die Präzision und störunanfähigkeit des G36.
Hier tut jeder den Zirkus um die Waffe als reines Politikum ab. Und nichts anderes ist dies ja auch wohl.
Johannes Clair liest doch auch in diesem Blog mit, bzw. beteiligt sich auch ab und zu an Diskussionen. Seine Meinung bezüglich des G36 würde mich sehr interessieren. Sein Zug hatte ja mehrere Gefechte mit Aufständigen.
Werter B.K., es kommt doch nur drauf an, dass man die Waffe sach- und fachgerecht benutzt bzw. bedient. Es ist doch nicht völlig auszuschließen, dass die im Einsatz damit kämpfenden Soldaten dies getan haben – und ihre Erfahrungen wahrheits- (=wahrnehmungs-) gemäß schildern.
Die haben dann wohl ihr StuGew vor dem Anschießen nicht im Kühlschrank gelagert, nicht zum Bräunen in die Sonne gelegt und nicht als lMG genutzt.
Huh? Wenn man unter „Schießen“ dass versteht, was gemeinhin im Heer auch als „mexikanisches Abmunitionieren“ bekannt ist, so trifft Ihre Aussage zu. Für alles andere allerdings gibt es etwas, was sich „Schußbeobachtung“ nennt und auch ausgebildet wird. Daher interessiert es nicht wirklich, wieviel mm Abweichung jetzt ganz genau im Ziel anliegen, denn der durchschnittliche Gewehrschütze wird ohnehin nicht der neue American Sniper werden. Ist übrigens auch nicht sein Auftrag…
> Im Gefecht ist es dem Soldaten selbst kaum möglich festzustellen wie hoch die Streung bzw Treffgenauigkeit der Waffe ist. Unter Gefechtsbedingungen schießt dieser, ein exaktes nachkontrollieren der Trefferquote ist unter den Extrembedingungen schlicht weg nicht möglich.
2 Möglichkeiten:
* Man schiesst um Niederzuhalten: Hier ist meistens nicht genau sichtbar, ob das Gewehr eine hohe Präzision hat. Ist hier aber auch gar nicht nötig. Hauptsache es schlagen ständig Geschosse in der Deckung ein.
* Man schiesst um zu treffen: Zumindest mir persönlich war nach einem Schuss immer klar, ob ich getroffen hatte oder nicht. Auch unter den Kameraden war es sehr unüblich auf ein Ziel zu schiessen, Augen zu zu machen und dann einfach das Ziel zu wechseln.
Ich habe mich lange gefragt, ob wir die einzigsten mit solchen Problemen sind.
Anscheinend nicht, den die Engländer sollen mit ihrem SA80 auch nicht glücklich sein. Das aber schon seit 30 Jahren.
http://warisboring.com/articles/the-lads-dont-trust-this-battle-rifle/
@ Stephan
Wobei ein Gewehr eigentlich nicht zum Niederhalten ausgelegt ist, dafür gibt es Maschinengewehre (mich würde mal interessieren, wieviele .50 M3M mittlerweile in der Truppe sind – gerade auf dem Boxer sieht man die häufig).
Der Bericht sagt eigentlich aus, was viele schon vermuteten: Wenn das Gewehr sachgemäß eingesetzt wird, erfüllt es die Anforderungen. Wenn man es nicht sachgemäßg (sprich als MG-Ersatz) eingesetzt hat, müsste man meiner Meinung nach mal die Häufigkeit und Gründe dafür evaluieren (Ausbildungsmangel? Keine MGs dabei?).
Davon mal abgesehen ist zumindest das G36A1 aus ergonomischer und optischer Perspektive überarbeitungsbedürftig, insofern begrüße ich die Initiative zur Beschaffung einer neuen Handwaffe und bin gespannt, welche beschafft werden soll – und hoffe, dass es nicht verbockt wird.
@Hans Schommer
Manchmal ist es schade, dass es hier keinen „Gefällt mir“-Button gibt.
Ansonsten hoffe ich, dass in dem Bericht deutlich mehr steht als das einmalige Offenstehen einer Tür, um pauschale Wertungen wie „nicht tolerables Führungsverhalten“, „Inakzeptable“ Verhältnisse oder „intolerable Zustände“ zu rechtfertigen. Insbesondere in diesem Jahr habe ich den Eindruck, dass die Erderwärmung immer schlimmer wird und für ein noch immer anhaltendes „Sommerloch“ sorgt. Die unsägliche Hexenjagd auf Heckler & Koch sollte zumindest beendet werden. Ich meine da letztlich einige andere Dinge identifiziert zu haben, die tatsächlich gemeinsame Anstrengungen rechtfertigen.
Ein guter Anlass sich mit (nach meiner Ansicht wohl nicht gänzlich auszuschließenden!?) „Organisationsmängeln der Bw“ zu bschäftigen, die möglicherweise auch im Zusammenhang mit anderen Waffen des benannten Herstellers stehen könnten,- oder!?
Als steuerzahlendem Bürger läge mir eine Befassung mit dem Thema „MG5“ besonders am Herzen (siehe augengeradeaus „Neue Probleme mit Heckler&Koch-Waffen: MG5 kommt später (Update)“ vom 06. September 2015, Zitat: „Die Bild am Sonntag hatte einen Ministeriumssprecher mit den Worten zitiert, es sei zu Unregelmäßigkeiten gekommen, die vor einer Freigabe die erneute Durchführung bestimmter Prüfanteile erforderlich machen.„).
…
So ein Mist, jetzt hatte ich mir zuletzt immer eingeredet die Knifte sei Schuld als ich nicht traf( die anderen schon…) und jetzt bin ich doch selber nicht gut genug. Aber jetzt mal Spaß beiseite, das durch das ganze Gerede weiß doch der Schütze nicht ob er nun Vertrauen in die Waffe haben darf, oder nicht. Und dabei hatte ich mir schon ganz viele tolle Aufkleber für mein kommendes M416 gekauft und mir schon ne ganz cool aussehende Lackierung ausgedacht (ist das nicht das Wichtigste?). Entschuldigung für den Sarkasmus.
Dass die Tür offen stand, hat für mich die Qualität irgendwo zwischen dem berühmten Sack Reis, der in China umfiel und der bitteren Notwendigkeit, angesichts der völligen Abwesenheit von Skandalösem doch etwas kritisieren zu wollen, damit der Aktionismus sich nicht als dass entpuppt, was er ist: Aktionismus.
Jetzt fehlt nur noch, dass die Klage von H und K in Koblenz ergibt, dass das Gewehr gar keinen Mangel hat. Ich lach mich jetzt schon schief bei dem Gedanken. (Einschub: Bis das Verfahren entschieden ist, hat die MHH zum Thema Plagiat schon gesprochen.)
Leider ist es für die armen Kerle im BAAINBw, die an dem Thema arbeiten, nicht ganz so lustig. Die baden die Profilierungssucht einzelner nämlich mit Tonnen von Überstunden aus.
@Rüstungsfritze:
Die Erfolgsaussichten der Klage von H&K sind aufgrund der Beweislastregeln gar nicht so gering.
Was immer jetzt die Aussage des Berichts der „Kommission zur Untersuchung des Einsatzes des G36-Sturmgewehrs in Gefechtssituationen“ ist: In der Sache geht es doch weiter darum, dass man/frau BMVg intern spätestens 2012 Kenntnis über die „Fähigkeitslücke G36“ hatte und dem Anschein nach versuchte diesen Kenntnisstand über ein bestimmten Zeitraum zu deckeln und man/frau eben nicht im gebotenen Maße zu dem Kenntnisstand „Fähigkeitslücke G36“ tätig geworden ist!?
Insoweit ist die zu beantwortende Kernfrage doch eigentlich: „Warum ist man/frau seitens der Führung des BMVg nicht unverzüglich im seinem Handeln auf die „Fähigkeitslücke G36“ nach deren Kenntnis aktiv zugegangen?“
Meiner Meinung nach hätten alle im Zeitrahmen der letzten Monate getroffenen Entscheidungen, im Zusammenhang mit der Notwendigkeit einer G36-Nachfolge, auch schon zwei Jahre vorher getroffen werden können!- Denn die Kenntnisstände 2012 zu 2014 respektive 2015 treffen in der Sache die gleiche Aussage!
Oder anders ausgedrückt, hätte man sich in 2012 unverzüglich und mit der (eigentlich) gebotenen Dringlichkeit um objektive Aufklärung des Sachverhalts „Fähigkeitslücke G36“ BMVg intern („top down“) bemüht, hätte man sich die Kommissionen sparen können! (Ich ergänze: „Top down, weil offensichtlich auf der Arbeitsebene im BMVg der Handlungsbedarf zur „Fähigkeitslücke G36“ sehr wohl zeitnah erkannt wurde!)
Bleibt für mich die (bislang unbeantwortete) Frage im Raum stehen: „Warum ist man/frau nicht mit der der gebotenen Zeitnähe und Nachhaltigkeit im BMVg („top down“) auf die „Fähigkeitslücke G36? zugegangen?“
Und meiner Ansicht nach kann man diesen zurückhaltenden Umgang mit der „Fähigkeitslücke G36“ nicht isoliert und – so wie er sich bei oberflächlicher Betrachtung u. U. darstellen könnte – völlig sinnfrei sehen!
D.h. (meiner persönlichen Meinung nach!) das ich persönlich annehme, dass in dem zurückhaltenden Umgang in der Vergangenheit mit der „Fähigkeitslücke G36“ schon ein Sinn gelegen haben könnte!
Und nachdem bei mir der Eindruck besteht, dass im BMVg Beschaffungsentscheidungen auch als „industriepolitischen Entscheidungen“ verstanden werden können, schließe ich einen diesbezüglichen Zusammenhang zum zurückhaltenden Umgang mit der „Fähigkeitslücke G36“ aus meiner persönlichen Sicht zum jetzigen Zeitpunkt nicht gänzlich aus!
Insoweit stellt sich mir u. a. die Frage, wie sich z.B. der zeitliche Ablauf der Beschaffung und Entscheidung zum MG5 dargestellt hätte, wenn man sich bereits in 2012 im BMVg („top down“) auf einen nachhaltigen Umgang mit der „Fähigkeitslücke G36“ konzentriert hätte?
@Wiegold
Welcher Mangel? Welches Problem? Welche Fähigkeitslücke?
Bisher habe ich gefragt wo die Studie ist aus der sich ergibt, dass ein Sturmgewehr wie das G36 im echten Leben nach 150 Schuss in unter 12,5 Minuten in einem Einsatznahen Beschusszyklus oder bei einem plötzlichen Temperaturwechsel von 30 °C noch eine bestimmte unveränderte Treffsicherheit aufweisen muss. Jetzt steht wohl fest, dass es derartige Erkenntnis nicht gibt. (Steht vielleicht sogar schon fest, dass ein Sturmgewehr diese Fähigkeiten nicht haben muss?)
Wie jedes technische Gerät hat auch das G36 eine Leistungsgrenze. Diese Tatsache als solches beschreibt kein Mangel, Problem oder eine Fähigkeitslücke. Es ist eine Selbstverständlichkeit.
Um einen Mangel oder auch nur ein Problem zu lokalisieren muss ich ein Soll – Ist Vergleich anstellen. Ich kenne aber nur das Ist und nicht das Soll.
(Wird genug Druck auf einen Ziegelstein ausgeübt bricht er. Häuser kann man dennoch wunderbar aus Ziegeln bauen).
Schon das Vorwort zum Abschlussbericht der weiteren ergänzenden Untersuchungen am Gewehr G36 vom 17. April 2015 sagt in großer Deutlichkeit das unklar ist, welche Bedeutung die Ergebnisse der Untersuchung für die Praxis haben.
Die Kommission zur Untersuchung des Einsatzes des G36- Sturmgewehres in Gefechtssituationen am 1. Oktober 2015 kommt zu dem Ergebnis, dass keine Gefechtssituation nach der Aktenlage bekannt ist, die darauf hindeuten würde das die festgestellten Leistungsgrenzen des G36 Einsatzrelevanz hätten.
Dieses Ergebnis wurde nun auch nach intensiver Befragung von Soldatinnen und Soldaten bestätigt. Die Untersuchung mündet in folgender Aussage: „Das so genannte Hinterhalt-Szenario mit Abgabe zahlreicher Schüsse in schneller Folge werde zudem von den befragten Soldaten als unrealistisch beurteilt.“
Erlauben Sie einem treuen Leser eine kritische Nachfrage:
Auf welchen Erkenntnissen beruht Ihre Anmoderation wenn Sie von „Problemen des Sturmgewehrs G36“ sprechen? Ist es nicht höchste Zeit zumindest von „vermeintlichen Problemen“ zu sprechen?
@M.Steffen
Wollen wir wirklich die Debatte der vergangenen Jahre erneut führen und wieder am Anfang beginnen?
Wenn das BMVg entscheidet, dass das G36 ausgemustert werden soll, dann gibt es ein Problem. Und sei es das Problem, dass die BMVg-Spitze es nicht mehr im Dienst sehen möchte. Jetzt mit vermeintlichen Problemen, mutmaßlichen Mängeln, möglichen Schwierigkeiten etc. zu operieren, macht die Diskussion nicht wirklich sinnvoller.
@T.Wiegold
Niemand will wieder von vorne anfangen. Im Gegenteil! Wir sind (hoffentlich) am Ende einer unsäglichen Diskussion angelangt. Dann ist es aber nach meiner Überzeugung höchste Zeit aus den gewonnenen Erkenntnissen auch die gebotenen Konsequenzen zu ziehen. Dies bedeutet für das Verteidigungsministerium aber auch die Medien (!) Sich selbst kritisch zu hinterfragen.
Dass das G36 ersetzt wird ist kein Problem. Ausmusterung und Neubeschaffung in die Jahre gekommener Waffen ist ein alltäglicher Vorgang. Es ist auch überhaupt nicht zu beanstanden, dass die Bundeswehr sich was Neues und Besseres wünscht. Die Neubeschaffung hängt nur eben nicht daran, dass das G 36 ein Problem oder ein Mangel hat. Dies äußert sich auch in dem mittlerweile viel vorsichtiger gewordenen Sprachgebrauch des Verteidigungsministeriums. Von einem Ersatz des G36 wegen Mängeln oder Problemen ist eben nicht mehr die Rede. Im Gegenteil: Bis jetzt ist nicht zu erkennen, dass an das neue Sturmgewehr der gleiche strenge Maßstab angelegt wird, den man zuletzt ans G36 anlegte. Bei der Marktsichtung wird jedenfalls nicht gefragt ob die Waffe nach 150 Schuss in unter 12,5 Minuten in einem Einsatznahen Beschusszyklus oder bei einem plötzlichen Temperaturwechsel von 30 °C noch eine bestimmte unveränderte Treffsicherheit aufweist.
Kurz um, wer von Problemen beim G 36 spricht suggeriert die Waffe sei für die Praxis ungeeignet oder sie weise jedenfalls erhebliche Schwächen auf. Dies ist offenbar aber eben gerade nicht der Fall; Weshalb man meiner Meinung nach entweder erklären muss, weshalb das G 36 ein Problem haben soll oder man nicht mehr von einem Problem sprechen darf.
@Wiegold: Ob das der Bendler-Blogger auch so sieht?!
@ T.W.; @ M.Steffen
Volle Zustimmung! Und wie bereits in vergangenen „Plaste&Elaste“-Threads ausreichend beschrieben worden ist: Das G36 ist politisch „verbrannt“ und wird allein schon deshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit ersetzt werden. Es bleibt daher nur ein Deal with it…
Und mit aller gebotenen Arroganz, es interessiert mich nicht, ob das G36 nach 150 Schuss Dauerbelastung eine Abweichung im Trefferbild hat.
In Gefechtssituationen schießen entweder Einzelschützen oder in Feuerzusammenfassung oder aufgrund Hektik und Adrenalin mehrfach auf ein und das gleiche Ziel. Wenn von den 150 – 450 Schuss je Ziel nur ein Geschoß trifft, reicht das völlig aus, egal, ob nun mit 1,5 mm oder 3 cm Ablage (das G36 ist ein Sturmgewehr, kein Präzisions- oder Scharfschützengewehr).
Ich halte das G36 für gut geeignet, gleichwohl stimme ich aber Herrn @Wiegold zu. Das Gewehr bzw. die Kooperation mit H&K scheint nicht mehr gewollt zu sein.
Und bevor die Nachfragen kommen: ja, selbst erlebt bei ISAF – AFG 2006.
@Voodoo
Ich denke mal HK ist politisch „verbrannt“….Stichwort: Mexiko………
@TW
Gibt es technisch Probleme oder stehe ich auf dem Index wegen Majestätsbeleidigung?
Meine Beiträge kommen nicht durch…
[Alles im Spamfilter hängengeblieben. Muss mal gucken, ob Sie immer Worte gebrauchen, die auf dem Spam-Index stehen… T.W.]
Ich hatte seit gestern auch schon diverse Problemchen, das gute Board ist anscheinend erkältet ;-)
Beim G36 informieren sich (und schreiben ab) alle über diesen diesen Blog.
ein Klickzähler würde offenbaren warum die Website deshalb ab und zu in die Knie geht
@T.W.
Niemand will wieder von vorne anfangen. Im Gegenteil! Wir sind (hoffentlich) am Ende einer unsäglichen Diskussion angelangt. Dann ist es aber nach meiner Überzeugung höchste Zeit aus den gewonnenen Erkenntnissen auch die gebotenen Konsequenzen zu ziehen. Dies bedeutet für das Verteidigungsministerium aber auch die Medien (!) sich selbstkritisch zu hinterfragen.
Dass das G36 ersetzt wird ist kein Problem. Ausmusterung und Neubeschaffung in die Jahre gekommener Waffen ist ein alltäglicher Vorgang. Es ist auch überhaupt nicht zu beanstanden, dass die Bundeswehr sich was Neues und Besseres wünscht. Die Neubeschaffung hängt nur eben nicht daran, dass das G 36 ein Problem oder ein Mangel hat. Dies äußert sich auch in dem mittlerweile viel vorsichtiger gewordenen Sprachgebrauch des Verteidigungsministeriums. Von einem Ersatz des G36 wegen Mängeln oder Problemen ist eben nicht mehr die Rede. Im Gegenteil: Bis jetzt ist nicht zu erkennen, dass an das neue Sturmgewehr der gleiche strenge Maßstab angelegt wird, den man zuletzt ans G36 anlegte. Bei der Marktsichtung wird jedenfalls nicht gefragt ob die Waffe nach 150 Schuss in unter 12,5 Minuten in einem Einsatznahen Beschusszyklus oder bei einem plötzlichen Temperaturwechsel von 30 °C noch eine bestimmte unveränderte Treffsicherheit aufweist.
Kurz um, wer von Problemen beim G36 spricht suggeriert die Waffe sei für die Praxis ungeeignet oder weise jedenfalls erhebliche Schwächen auf. Dies ist offenbar aber eben gerade nicht der Fall, weshalb man meiner Meinung nach entweder erklären muss, weshalb das G36 ein Problem haben soll oder man nicht mehr von einem Problem sprechen darf.
„“M.Steffen | 14. Oktober 2015 – 10:06
@Wiegold
Welcher Mangel? Welches Problem? Welche Fähigkeitslücke?““
Die Fähigkeitslücke liegt in der Visierung, die nicht optimal ist.
Die Mängel beim Mündungsfeuerdämpfer, der beim Training im Schnee gerissen sein soll und der Schulterstütze, die als zu klapprig und unergonomisch befunden wurde.
Der Rest ist Physik und Politik.
Andere ergonomische Mängel bestanden auch schon vor 20 Jahren und wenn ein neues Sturmgewehr den Infanterist der Zukunft Krempel nicht ordentlich in die Ergonomie der Waffe einfügen kann, wird man durch die ganze Zusatzausrüstung wieder irgendwo anecken oder hängen bleiben.
Ich bin mir auch nicht sicher ob man jetzt fast 700 mio. Euro bei einem ausländischen Hersteller unterbringen will.
Das gibt sicher Theater.
Und HK hat nur das 416 und 417 im Angebot…
Eigentlich hat eine Neubeschaffung keine Eile, zur Landes- und Bündnisverteidigung scheint es ja zu reichen.
Die Präzisionsproblematik hatte ich schon lange abgehakt, nachdem klar wurde, daß es nicht um ein Komplettversagen der Waffe im Einsatz handelte. Eine Erweiterung des Streukreises erscheint mir als Nicht-Infanterist zwar unschön, aber als Kleinigkeit im Vergleich zu einer Ladehemmung unter Feindbeschuß. Und damit hat das G36 offensichtlich keine Probleme.
Der andere Punkt der fehlenden Distanz zwischen Kunde und Lieferant bietet dagegen noch einiges Drama-Potential. Einerseits habe ich den Eindruck, man will ein Exempel statuieren und hat sich dafür ein leichtes Ziel gesucht, und ich fand das Verhalten von HK gerade in der Anfangszeit der Affäre so desaströs blasiert und gleichzeitig mimosenhaft, daß man hier vielleicht wirklich klar machen muß, wer Hund und wer Schwanz ist.
Andererseits baut HK ja anscheinend sehr leistungsfähiges „Gerät“ und sollte daher bei der Nachfolge des G36 nicht von vorneherein ausgeschlossen werden.
Allerdings sollte dann dringend eine andere Abnahmemethodik installiert werden. Falls nicht, wird sich die bestehende Inzucht schnell wieder breitmachen.
@Stephan L.
Natürlich ist das G36 kein MG, allerdings gibt es durchaus Situationen, in denen es zum Niederhalten herhalten muss.
Ich hatte hier auch schon einmal meine Erfahrungen damit geschildert, als wir innerhalb einer Stunde etwa 1000 Schuss (pro Waffe) mit mehreren G36 verschossen haben. Hat zwar nach Plastik gerochen und war nicht mehr ganz so genau, aber treffen ging immer noch (auch auf Entfernung).
SvD | 14. Oktober 2015 – 14:31:
“ … Die Fähigkeitslücke liegt in der Visierung, die nicht optimal ist.
Die Mängel beim Mündungsfeuerdämpfer, der beim Training im Schnee gerissen sein soll und der Schulterstütze, die als zu klapprig und unergonomisch befunden wurde. …“
Dazu meine Meinung als ehem. Nutzer (und da steh ich sicher nicht alleine mit hier):
Die Visierung der Standard-Version des G36 war bei dessen Einführung das „Non plus ultra“. Da haben sich die Verbündeten „die Finger nach geleckt“. Das gabs bei denen – wenn überhaupt – nur für die SOF.
Mängel beim Mündungsfeuerdämpfer traten bei sachgerechter Verwendung der Waffe nicht auf. Ist übrigens haargenau das gleiche Modell wie auf dem G3.
Dass die Schulterstütze „klapprig“ sein soll, zeugt doch davon, werter SvD, dass Sie die Waffe nicht mal in der Hand hatten. Und für das Standard-Gewehr ist sie auch ergonomisch allemal hinreichend.
Dann schieße ich so gleich mal zurück.
„Die Visierung der Standard-Version des G36 war bei dessen Einführung “ …. vor 20 Jahren für eine Wald und Wiesenarmee… „das „Non plus ultra“. “
Es wurde bemängelt das die Visierung in Afghanistan unter dem Staub gelitten hat.
Es gibt halt keinen Staubschutz und die Optik wird dadurch verschmutzt und verkratzt.
Für das weite Nichts in Afghanistan dürfte es ruhig etwas für größere Kampfentfernungen sein.
Im übrigen befinden sich die neuen Visiere ja im Zulauf. Das wurde bemängelt als es hieß das G36 sei Geschichte, das noch neues Material dafür beschafft würde.
Für die Kritik an dem Mündungsfeuerdämpfer, bei dem es bei einigen Lieferungen wohl zu Patzern gekommen ist, hat jemand seinen Job verloren.
Das war bezeichnend für die bisherige Fehlerkorrektur, wo der Bote geköpft wird und man den Verursacher zum Punsch einlädt.
Das Teil kostet quasi nix und wenn sich das bei einem Wintermanöver zerlegt stimmt da was nicht. Es gibt keinen Grund etwaige Untersuchungen dazu zu unterbinden und das technische Personal zu drangsalieren.
Wo sie jetzt heraus lesen das ich mich an der Schulterstütze stören würde müssen sie mir mal verraten.
Ich Schrieb: „und der Schulterstütze, die als zu klapprig und unergonomisch befunden wurde“
Liest sich das etwa so als wäre das meine persönliche Meinung?
Würde ich mich in der Form ausdrücken, wäre es Zeit für die Couch und Psychopharmaka!
Die Schulterstütze hat vielleicht nach 20 Jahren im Betrieb keinen knackigen Einrastpunkt mehr, das sie nicht verstellbar ist lässt sich aber nicht leugnen.
In Anbetracht der Personalsituation, wo man nicht immer auf den optimalen Soldaten zurückgreifen kann und die Soldaten ihre Waffe im Auslands Einsatz nicht nur spazieren tragen, muss man auch auf so was Rücksicht nehmen.
3 mal daneben geschossen.
SvD | 14. Oktober 2015 – 17:39:
„Dann schieße ich so gleich mal zurück. …“
Werter SvD,
ich schieße nicht auf Sie. Will auch hier auch in den Diskussionen, an denen ich mich beteilige, keine unnötige Schärfe. Ich schrieb ja:
„Dazu meine Meinung als ehem. Nutzer (und da steh ich sicher nicht alleine mit hier): …“
Wenn ich mit meiner Annahme: „Dass die Schulterstütze „klapprig“ sein soll, zeugt doch davon, werter SvD, dass Sie die Waffe nicht mal in der Hand hatten.“ falsch liege, dann schreiben Sie das doch auch bitte so. Einfach sachlich. Und wenn ich nun mit meinem letzten Kommentar bei Ihnen unsachlich rüber gekommen bin, bitte ich um Entschuldigung.
MfG
Hans Schommer
Ist es nicht problematisch, das H&K die Schlüssel zur Verfügung stellt?
ThoDan | 14. Oktober 2015 – 20:11:
„Ist es nicht problematisch, das H&K die Schlüssel zur Verfügung stellt?“
Nö – ist doch selbst im Ministerium so, dass die Reinigungskräfte Schlüssel zu den Büros haben. Wenn irgend etwas unter Verschluss zu nehmen ist – das steht da dann drauf (VS-NfD etc.) – dann ist es zu verschließen. Das geht vom einfachen Aktenrollschrank bis zum Panzerschrank. Wo liegt das Problem?
Antwort: Das Problem liegt zwischen den Ohren all derer, die über Dinge schreiben, von denen sie keine Ahnung haben (Das geht nicht gegen Sie, ThoDan!).
Isso.
Wieso? das macht es doch viel bequemer. Honni soit qui mal y pense.
langnase | 14. Oktober 2015 – 20:47:
ThoDan:
Ist es nicht problematisch, das H&K die Schlüssel zur Verfügung stellt?
„Wieso? das macht es doch viel bequemer. Honni soit qui mal y pense.“
Genau – das meinte ich.
Dieu et mon droit
Hier geht es doch nicht um Schlüssel!- Das sind doch aus dem Gesamtzusammenhang heraus „peanuts“!
Ich bin der Meinung, dass man das „Handeln“ oder besser „Nicht-Handeln“ im BMVg u.U. auch noch in einem anderen Gesamtzusammenhang sehen könnte!
Und wenn man nicht ausschließlich auf das blickt, was einem durch das BMVg derzeit „als Transparenz“ aus den Kommissionsberichten heraus angeboten wird, dann mögen sich auch noch andere Ansätze einer kritischen Würdigung ergeben können!? (Ich hoffe mal, dass sich nicht alle Abgeordnete den Deutschen Bundestages mit den Aussagen der Kommissionsberichte einfach abspeisen lassen werden und zumindest nachfragen werden!)
So gesehen ist das Vorschieben von angeblichen “Organisationsmängeln” („unglückliches Zusammenwirken der verschiedenen Stränge“) allenfalls eine “billige” wenn nicht sogar “die billigste“ der möglichen Entschuldigungen,- um möglicherweise a. den Zusammenhängen nicht weiter nachgehen zu müssen und b. sich schon im Vorfeld ausreichend exkulpiert zu haben,- für den Fall, dass sich möglicherweise noch andere Zusammenhänge ergeben sollten!