Russland bleibt bei Unterstützung für „legitime Regierung“ in Syrien
Vor seiner für (den morgigen) Montag erwarteten Rede zur Situation in Syrien und zum Kampf gegen ISIS hat Russlands Präsident Wladimir Putin in einem Interview noch einmal klar gemacht, was für ihn Eckpunkte der Politik sind: Russland wird die Regierung des syrischen Präsidenten Bashar el-Assad als die legitime Regierung Syriens weiter unterstützen – und wirbt zugleich für eine Plattform gegen die (ISIS)-Terroristen, in der es eine wichtige Rolle spielen will.
Aus der teilweisen Abschrift des Interviews mit dem US-Sender CBS News, die der Kreml auf Englisch veröffentlichte:
CHARLIE ROSE: We are expecting you to speak about the threat of the Islamic State and your presence in Syria that is related to that. What is the purpose of your presence in Syria and how does that relate to the challenge of ISIS?
VLADIMIR PUTIN: I believe, I am pretty certain that virtually everyone speaking from the United Nations platform is going to talk about the fight, about the need to fight terrorism, and I cannot avoid this issue, either. This is quite understandable because it is a serious common threat to all of us; it is a common challenge to all of us. Today, terrorism threatens a great number of states, a great number of people – hundreds of thousands, millions of people suffer from its criminal activity. And we all face the task of joining our efforts in the fight against this common evil.
Concerning our, as you put it, presence in Syria, as of today it has taken the form of weapons supplies to the Syrian government, personnel training and humanitarian aid to the Syrian people. We act based on the United Nations Charter, i.e. the fundamental principles of modern international law, according to which this or that type of aid, including military assistance, can and must be provided exclusively to legitimate government of one country or another, upon its consent or request, or upon the decision of the United Nations Security Council. In this particular case, we act based on the request from the Syrian government to provide military and technical assistance, which we deliver under entirely legal international contracts.CHARLIE ROSE: The Secretary of State John Kerry said that the United States welcomed your assistance in the fight against the Islamic State. Others have taken note of the fact that these are combat planes and manpad systems that are being used against the conventional army, not extremists.
VLADIMIR PUTIN: There is only one regular army there. That is the army of Syrian President al-Assad. And he is confronted with what some of our international partners interpret as an opposition. In reality, al-Assad’s army is fighting against terrorist organisations. You should know better than me about the hearings that have just taken place in the United States Senate, where the military and Pentagon representatives, if I am not mistaken, reported to the senators about what the United States had done to train the combat part of the opposition forces. The initial aim was to train between 5,000 and 6,000 fighters, and then 12,000 more. It turns out that only 60 of these fighters have been properly trained, and as few as 4 or 5 people actually carry weapons, while the rest of them have deserted with the American weapons to join ISIS. That is the first point.
Secondly, in my opinion, provision of military support to illegal structures runs counter to the principles of modern international law and the United Nations Charter. We have been providing assistance to legitimate government entities only.
In this connection, we have proposed cooperation to the countries in the region, we are trying to establish some kind of coordination framework. I personally informed the President of Turkey, the King of Jordan, as well as the Saudi Arabia of that, we informed the United States too, and Mr Kerry, whom you have mentioned, had an in-depth conversation with our Foreign Minister Sergei Lavrov on this matter; besides, our military stay in touch and discuss this issue. We would welcome a common platform for collective action against the terrorists.
Bereits vor einer Woche war öffentlich geworden, dass Russland eine größere Zahl von Kampfflugzeugen nach Syrien verlegt hat – vor allem Erdkampfflugzeuge der Typen Su-24 und Su-25, außerdem Su-30 Mehrzweckkampfflugzeuge.
Now SU-27s Flankers at al-Assad Int’l Airport #Latakia—19 SEPT 2015.Source: @AllSourceA. Reports of AA missiles, too. pic.twitter.com/7vPeYVhC2A
— ISW (@TheStudyofWar) 19. September 2015
Новое фото аэродрома Латакия 4 х Су-30,12 х Су-25,12 х Су-24 #Syria #SyriaCrisis #Russia pic.twitter.com/s7Fh12GA91
— Запорiжжя-це Україна (@galandecZP) 22. September 2015
Eine Analyse der Flugzeugmuster und ihrer Fähigkeiten hat der Bloggerkollege vom Aviationist hier und hier online gestellt.
Außerdem ist in den Berichten von (einigen) Kampfpanzern und Kampfhubschraubern die Rede, zudem von bis zu 2.000 russischen Soldaten (wobei unklar ist, wie viele bereits in Syrien sind). Das ist der derzeitige – militärische – Hintergrund, vor dem Putin seine politischen Vorstellungen für den internationalen Umgang mit dem Bürgerkrieg in Syrien und dem Kampf gegen ISIS entwickeln wird. Und mit denen der Westen dann umgehen muss.
(Auf eine Zusammenstellung der politischen und diplomatischen Debatte verzichte ich an dieser Stelle – es wäre vor Putins Rede wenig sinnvoll, diese Diskussionslinien einschließlich der deutschen, die inzwischen Assad als möglichen Gesprächspartner zu akzeptieren scheint, noch mal nachzuzeichnen. Dennoch zum Nachlesen: Eine Analyse beim Guardian. Und der wichtige Hinweis auf eine Kooperation des Iraks, Irans und Syriens mit Russland beim Austausch von Informationen im Kampf gegen ISIS.)
(Foto: kremlin.ru)
Wie sicherlich viele bin auch ich gespannt auf Rede und darauf, worauf sich die USA und Russland verständigen werden.
Laut mdr-info Nachrichten heute hat die Bundesministerin der Verteidigung im Vorfeld der Rede betont, dass man (hier: NATO) mit allen, die größeren Einfluss in der Region haben, reden müsse/sollte. Namentlich benannte sie die Türkei, den Iran, Saudi-Arabien und eben Russland.
Russland beherrscht nach wie vor den Bau von Potemkin’schen Dörfern. Real halte ich den russischen Einfluss in der Region für marginal. Putin beherrscht es allerdings, von altem sowjetischen Glanz zu zehren und alle glauben zu lassen, er hätte Macht und Einfluss. In den Motivationen und Zielen scheint Putin eher Teil des Problems, statt Teil der Lösung zu sein.
Konkret sehe ich das Problem, dass eine Rentnergeneration alter kalter Krieger ggf. zusammen mit meist unfähigen Zöglingen in einer Gedankenwelt lebt, die alten Glanz wieder aufleben sehen möchte, dabei aber verkennt, dass ihr Zeitalter vorbei ist. Begrenzt ist das vielleicht vergleichbar mit gealterten Kolonialherren in den 1970ger Jahren und ihren Heldengeschichten.
Dass der RUS Einfluss alles andere als „marginal“ ist, beweist sich seit einer Woche Tag für Tag in Reden von Obama, Kerry, Kanzlerin und AA. Im Gegenteil, Putin übt sogar mit Blick auf Assad den entscheidenden Einfluss aus. – Ohne die RUS wurde die Lösung seit drei Jahren verpasst -.
Ob es sich um eine „Rentnergeneration alter kalter Krieger“ handelt, …“ im Gegenteil. Die oben genannten, jetzt Handelnden, waren z.Zt Kalter Krieg in ihren politischen Windeln und haben jetzt von „wünsch Dir was“ in den „Modus Realpolitik“ umgeschaltet.
Kolonialherren in 70ern? Die letzten Kolonialherren verließen die Levante, beginnend in 1923 mit Auflösung des Osmanischen Reiches in 1946, z.B. die de facto Unabhängigkeit Syriens. Dass politischer/ökonmomischer Einfluss blieb, ist so wahr wie normal. Parallel etablierten sich die Sowjets, wovon Putin jetzt lebt und dies Pfund nutzt und seinen Einfluss ausbaut.
Demnach: Lösung nur Putin+Assad, USA, Iran, Türkei, Iran, Irak und KSA.
Ach ja und wir reden zumindest mit, aus flüchtlingsbedingtem Eigeninteresse. Und da alle Anderen dies wissen, wie sehr es brennt, wird DEU auch heftig Beiträge leisten müssen, als Soft Power.
@ Klaus-Peter Kaikowsky
Haben Sie mal darüber nachgedacht, nicht nur die gefühlte Macht am Konferenztisch zu betrachten, sondern auch ein Blick auf die reale Macht in der Lebenswelt der örtlichen Strukturen zu werfen?
Unsere Schlagzeilen, Motivationen und Projektionen unterscheiden sich oft sehr von den realen Strukturen und örtlichen Realitäten. Darin liegt ein Grund für das Scheitern so vieler Interventionen der letzten 25 Jahre. Weder Assad noch Putin wollen die Probleme in unserem Sinne lösen. Stattdessen lassen wir es zu, dass unsere Feinde Flüchtlinge gekonnt als Waffe einsetzen, um unsere Motivationen und Meinungen zu manipulieren.
Was gab es beispielsweise für Somalia schon für viele Konferenzen, Konzepte und Koalitionen. Alle scheiterten an der Realität und letztlich haben sich die Kräfte durchgesetzt, die lokal das stärkste Interesse hatten und dies skrupellos verfolgten. In der Levante sind nicht wir der Akeur mit stärkstem Interesse und geringstem Skrupel.
http://www.nzz.ch/international/naher-osten-und-nordafrika/fragile-waffenruhe-in-teilen-syriens-1.18620640
„Das Abkommen wurde unter Aufsicht der Uno zwischen der Türkei und Iran ausgehandelt, welche die verfeindeten Lager im syrischen Bürgerkrieg unterstützen. Rebellen und Zivilisten soll der Abzug aus der vom libanesischen Hizbullah belagerten Stadt Zabadani nahe der libanesischen Grenze gewährt werden. Im Gegenzug sollen etwa 10 000 Angehörige der schiitischen Minderheit Syriens – Frauen, Kinder und ältere Männer – die von Rebellen belagerten Ortschaften Fuaa und Kafraya in der Nähe von Idlib verlassen dürfen.“
Warum setzen Sie legitime Regierung in der Überschrift in Anführungszeichen?
Die Herren, sie reden, mit Verlaub, aneinander vorbei. Ich denke wir sollten grundlegend zwei sicherheitspolitische Dimensionen, die grundlegend für jedes Vorgehen in der Region sind, unterscheiden. Zum ersten bewusst die militärische Dimension, welche es erst erlaubt, komplexere Programme zur Entwicklung und Gestaltung (seitens) der Zivilbevölkerung aufzulegen (@ Klaus Peter- Kaikowsky). Daher erfolgt zweitens die Dimension der Politik und der Nation Buildings mit sozialpsychologischen Aspekten (@ASDF).
Eine ähnliche Auseinandersetzung hatte ich bereits mit BotG zu den institutionsökonomischen Aspekten eines potentiellen Marshallplans für Syrien. Um auch hier eine professionelle Betrachtung zu erlauben, lassen sie mich auf die Struktur der Geopolitik, die ich bisher als Dach jeden geo- Bereiches der verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen skizziert hatte, von einer deduktiven in eine induktive Betrachtung übertragen. Deduktiv ist hier eine modelltheoretische Betrachtung, induktiv eine Betrachtung der Natur. Übrigens interessant, vor der Aufklärung dominierte in Europa die Schule der Deduktion mit griechisch-platonischen Wurzeln, der semitische Orient war bekannt für Induktion die darauffolgende Algebra und Statistik.
Betrachten wir also induktiv die Geopolitik. Was im Rahmen einer historischen Betrachtung auffällt, ist, dass die Geostrategie immer der Primat aller geopolitischen Vorgehen ist, da auch besonders das militärische Vorgehen den folgenden Disziplinen die Grundlagen eines praktikablen Vorgehens erst ermöglicht. Daher hat @ Klaus-Peter Kaikowsky recht, und schauen wir uns die Spieler an. Es wird schnell klar, dass gegeben der Ausstattung mit Material und Technik jede(!) Siegermacht, die aus dem zweiten Weltkrieg hervorging, die militärischen Mittel zur Verfügung hat, eine Pax „X“ zu installieren. Interessant, hier lässt Jack Hiershleifer grüßen; diese PAX also bitte nicht gegen den Willen einer Partei vor Ort, sonst bricht das alles zusammen wie ein Kartenhaus (@FvdL: Gut erkannt, sie treffen erstmal immer nur die Falschen!).
Im Anschluss an eine PAX diskutieren wir die Aspekte des Nation Building, bei welchen ich ASDF gerne sekundiere. Auch hier im Forum gab es einiger weinig schön Einlassungen zur Cultural Compliance und Soft Power, welche zu oft der eigentliche Grund für ein Scheitern internationaler Interventionen war. Meiner Erfahrungswelt zufolge ist es mit anderen Kulturen eher schwer, will missverstanden. Wo wir uns auf Logik, Linguistik und aufklärerische Perfektion in beinahe absoluter Ablehnung jeglicher Form von Spiritualität konzentrieren, stellen gerade die levantinischen Völker das exakte Gegenteil dar. Sie sind emotional, poetisch und traditionsbewusst, wobei sie die Spiritualität des Gegenübers anerkennen. Eben diese spirituelle Anerkennung des Gegenübers ist der DAESH ein Dorn. Kommunizieren wir diesen Menschen gegenüber unsere Absicht, interpretieren diese unsere Aussagen vor gänzlich anderem Hintergrund. Wir wundern uns dann ganz praktisch, „warum die Sch…… wieder auf den Ventilator gefallen ist“?
Nun haben also sie Beide die richtigen Werkzeuge in der Hand, welche in konsequenter Reihenfolge, auf eine dem lokalen Klima angepasste Weise, Verwendung finden sollen. Es ist übrigens interessant, wie gerade Paris das Umfeld Assads und der Alewiten ablehnt, obwohl diese nach dem Zusammenbruch des Osmanischen Reiches in Frankreich studierten, und so unsere europäische Kommunikation verstehen würden. (@AMerkel: Gut erkannt, wir müssen (!) mit allen reden, auch Assad und seine Entourage!)
Nun kommt es wie immer zu einem Spieltheoretischen Problem: Die Anführer der Welt wollen Gesicht waren, und optimieren ihre eigene Nutzenfunktion dementsprechend. Wir sollten aber den Nutzen für die syrische Zivilbevölkerung optimieren, was Frau Merkel, Herr Steinmeier und Frau von der Leyen wollen, da nur(!) so der Flüchtlingsstrom abebbt, und die Flüchtlinge nach Hause zurück wollen-können.
Es wäre übrigens auch anzumerken, dass die Russen sehr viel besser mit den Syrern können, da es etlichen, auch familiären Austausch, zwischen beiden Seiten gab, und die Russen das verlässliche Personal haben. Wir deutschen hingegen haben gute Verbindungen zur syrischen Opposition. Und wenn man die historischen Kredite der Briten in der Region mit einberechnet, wie auch die Tatsache, dass die Franzosen zu ihren, fast schon, Zöglingen, Abstand nehmen, bleibt nur noch: US+DE+RU+CN
Und was die regionalen Akteure angeht, so, üh, lesen wir erstmal Assads rede nochmal gründlich, und fragen uns, was Putin, der Geheimdienstoffizier, uns da mitzuteilen versucht, der Herr.
Wie war das noch bei den Kabarettisten : „Europa: So pleite wie die Griechen, so arrogant wie die Franzosen und so brutal wie die Briten … armes Deutschland. GB pleite, FRA pleite, der Russe kommt … welcher Deutsche hatte das nochmal gesa(bbert)?“
@abc
Weil’s ein Zitat ist.
@ Klabautermann: Nun auch denen wird es zu heiß. Am Rande: das HTML hier erkennt MS Word Absätze nicht. Daher bitte „reindenken“ :)
Obama vor der UN-Vollversammlung. Phoenix-live.
“ …Sind bereit, mit dem Iran und Russland zur Lösung des Konfliktes zusammenzuarbeiten. Zur Ablösung Assads muss es eine Übergangslösung geben. Die Hauptlast der Anstrengungen müssen aber die Muslime, die dort leben, selbst tragen. …“
Es tut sich was, bleibt abzuwarten, was Putin vortragen, wie sein Konzept aussehen und was beim tête-á-tête der Beiden am Abend herauskommen wird.
The Aviationist berichtete über weitere Kampfjets die Russland nach Syrien verlegt hat. Am 28.9. wurden 6 Su-34 Jagdbomber gesichtet.
http://theaviationist.com/2015/09/29/su-34-have-arrived-in-syria/
Damit steigt die Anzahl der russischen Jets auf 34. Ist schon eine beachtliche kleine streitmacht, man kann gespannt sein ab wann erste Angriffe geflogen werden.
P.S.: Hoffe der Link ist ok ;)
Link ist ok.
Und die Lage erfordert wohl einen neuen Thread (wenn ich dazu komme):
Kremlin: Only Russia to take part in operation against Islamic State on legal grounds
@Derjungeneue
Da ist Putin überkorrekt. Der fliegt erst nach GO vom Sicherheitsrat.
Wobei ein Gysi dann lustvoll argumentiert, dass der Westen ohne Ratsbeschluss draufhaut.
@ Derjungeneue
man kann gespannt sein ab wann erste Angriffe geflogen werden.
Es spricht einiges dafür, dass Russland die Jets bereits eingesetzt hat (in Ltamenah, Zaafrana, Talbeseh). Und nein, das sind keine Daesh-Gebiete. Einfach mal Twitter checken.
foxnews meldet wie folgt:
http://www.foxnews.com/world/2015/09/30/boots-on-ground-russian-lawmakers-back-putin-sending-troops-to-syria/?intcmp=hpbt1
hoffe der link geht ok… im moment überschlagen sich wohl die ereignisse.
scheinbar gibt es auch erste youtube filmchen zu russischen luftschlägen… der, den ich gesehen zeigt das ganze menschliche elend bei solchen angriffen.
Gibt einen neuen Thread mit ersten Meldungen zu russischen Luftschlägen – bitte die Debatte dort weiterführen und auch dort die Ergänzungen posten.