‚Agenda Rüstung‘: BMVg und Industrie reden über zeitgerechte Ausrüstung zum vereinbarten Preis

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Das ist jetzt was für Feinschmecker Kenner: Ein halbes Jahr lang haben Verteidigungsministerium und Rüstungsindustrie in mehreren Gesprächskreisen darüber debattiert, wie der Rüstungsprozess für die Bundeswehr und die Wirtschaft besser laufen kann. Oder, mit den gemeinsamen Worten von Ministerium und Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV):

Gemeinsam wollen BMVg und BDSV Antworten auf die Frage finden, wie den Soldatinnen und Soldaten die für ihren Auftrag erforderliche Ausrüstung in der gebotenen Qualität, zeitgerecht und zum vereinbarten Preis bereitgestellt und einsatzbereit gehalten werden kann.

Weil ja in der Vergangenheit mehrfach beklagt wurde, dass Ausrüstung zu spät und zu teuer kam und nicht das konnte, was sie können sollte.

Den 51 Seiten langen, detaillierten Ergebnisbericht gibt es hier:

ErgebnisberichtDialogBMVgBDSV

Und dazu aus der gemeinsamen Pressemitteilung:

Eine Reform des Rüstungswesens ist eines der zentralen Modernisierungsvorhaben, das Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen bereits wenige Monate nach ihrer Amtsübernahme eingeleitet hat. Hierbei geht es darum, den Bedarf der Bundeswehr schneller und effizienter zu decken, also bei komplexen Rüstungsvorhaben schlicht besser zu werden. Ein Ziel, das die Bundesregierung auch in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben hat. Gleichzeitig soll auch die industrielle und technologische Basis für Rüstungsgüter in Deutschland erhalten und gestärkt werden.
Hierzu haben sich seit Ende Januar mehr als 70 Experten aus BMVg und Industrie mehrfach zu Gesprächen getroffen, um gemeinsam konkrete Handlungsempfehlungen für effizientere und transparentere Prozesse im Rüstungswesen der Bundeswehr und auf Seiten der Industrie zu erarbeiten. Die Experten tauschten sich hierbei in vier Gesprächskreisen aus:
• Managementfragen im militärischen Beschaffungswesen,
• Vertragsmanagement,
• Managementfragen zur Verbesserung der Einsatzbereitschaft und • Zukunftsfähigkeit und Innovation.
In diesen Gesprächskreisen, die von Abteilungsleitern des BMVg und von Vorstandsmitgliedern des BDSV geleitet wurden, ging es den militärischen und zivilen Experten darum, Maßnahmen zu erarbeiten wie
• die Transparenz und Kooperation zwischen BMVg und Industrie gefördert,
• die Sichtweise der Industrie auf die „Agenda Rüstung“ des Ministeriums
berücksichtigt,
• eine offene, zuverlässige, kreative und transparente Zusammenarbeit gestaltet
• sowie Prozesse und Projekte sowohl auf Seiten der Industrie als auch des BMVg
professioneller umgesetzt werden können.
Das Resultat dieses intensiven Gedankenaustauschs ist ein erster Bericht, der heute der Verteidigungsministerin übergeben wurde. Trotz unterschiedlicher Interessenlagen sind eine Vielzahl gemeinsamer Handlungsempfehlungen entstanden. So legt der Bericht in vielen Fragen eine grundsätzliche Ausrichtung der Zusammenarbeit fest.
Ziel ist es, der Bundeswehr die Güter und Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen, welche die Soldatinnen und Soldaten zur Erfüllung ihres Auftrags brauchen. Deshalb wurde vereinbart, die nun erzielten Ergebnisse über den Sommer hinweg zu bewerten und wo immer sinnvoll und möglich in einen konkreten Maßnahmenkatalog zu überführen und diese in der Folge offen und transparent umzusetzen. Der Dialog zwischen BMVg und BDSV wird fortgeführt. Er hat sich in dieser Form bewährt.

Nachtrag: Die Opposition ist alles andere als begeistert – der Grünen-Haushaltspolitiker Tobias Lindner:

Die Rüstungsindustrie und das Bundesverteidigungsministerium überlegen gemeinsam, wie sie es endlich schaffen Rüstungsprojekte im Zeit- und Kostenplan und mit den georderten Fähigkeiten zu liefern. Dabei nehmen sie sich auch den Verteidigungshaushalt vor. Sie machen Vorschläge, mit denen die Rechte des Haushaltsausschusses bei Rüstungsangelegenheiten beschnitten werden können. Ministerium und Industrie reden über Dinge, die klar in der Verantwortung des Parlaments liegen, ohne das Parlament zu beteiligen. Die Parlamentarier erfuhren aus der Presse davon. Mit der von Ursula von der Leyen oft gepriesenen Transparenz hat dies nichts zu tun. Dies zeugt von schlechtem Stil im Umgang mit dem Bundestag, dem Haushaltsgesetzgeber.
Im Bericht wird eine Übertragbarkeit von nicht abgeschlossenen Haushaltsmitteln für Rüstungsprojekte vorgeschlagen. Ehrlich gesagt, verstehe ich nicht, wo hier überhaupt das Problem liegt. Eine Übertragung von Mitteln war in der Vergangenheit durch eine entsprechende Anpassung in den Haushaltsberatungen auch schon möglich. Für den Haushalt 2015 ist dies beispielsweise beim PUMA und bei Bekleidung im Herbst geschehen. Das Problem liegt wohl eher darin, dass das Ministerium dem Parlament gegenüber das Problem transparent machen müsste, weil es eines Beschlusses bedarf.
Außerdem überlegen Industrie und Ministerium die Grenze der zustimmungspflichtigen „25-Millionen-Euro-Vorlagen“ zu erhöhen. Dies würde nicht nur die Rechte des Parlaments einschränken, sondern auch dafür sorgen, dass Abgeordnete nur noch auf Nachfrage mitbekämen, welche Rüstungsverträge unterhalb der Schwelle geschlossen worden. Ursula von der Leyen ist angetreten, um gerade im Rüstungsbereich mehr Transparenz zu schaffen. Diese Vorschläge schränken die Kontrolle durch den Bundestag ein. Mit Transparenz hat dies nichts zu tun.