Schnelle Entwicklung in Jemen: Vom Bürgerkrieg zum Krieg
LIVE BLOG: #SaudiArabia, Arab allies attack on #Houthi group in #Yemen http://t.co/MyShd1i8ms pic.twitter.com/Zlo2FPmZQz
— Times of Oman (@timesofoman) March 26, 2015
Ich maße mir nicht an, die rasante Entwicklung der vergangenen Tage im Jemen beurteilen zu können (zumal es in den Details den Horizont von Augen geradeaus! sprengt). Aber seitdem Saudi-Arabien und andere Staaten in der vergangenen Nacht mit Waffengewalt eingegriffen haben und es zu einem internationalen Krieg geworden ist, ist Beobachtung angesagt.
Hilfsmittel zur Beobachtung:
– die Twitterliste eines dpa-Kollegen mit englischsprachigen Tweets zum Thema
– das Liveblog der Times of Oman – sicherlich nicht unproblematisch, weil Oman zum einen direkter Nachbar Jemens ist, zum anderen als einziger Staat des Golf-Kooperationsrats (GCC) nicht an der bewaffneten Auseinandersetzung beteiligt ist.
Dem Liveblog liegt ein Storify zugrunde, das auch direkt zugänglich ist und das ich hier einbette:
Laut Spon greift hier nicht nur Saudi-Arabien militärisch ein, sondern die größte Arabische Koalition seit Jahrzehnten, denn 10 arabische/islamische Staaten von Marokko bis Pakistan sollen an dieser Koalition beteiligt sein.
Und wichtiger als die Luftangrifffe ist wohl die Meldung, das 150.000 Soldaten für einen Einmarsch im Jemen bereits stehen sollen.
Wir werden also, falls die Luftangriffe nicht ausreichen, bald einen Einmarsch im Jemen erleben, weil die Saudis offensichtlich nicht bereit sind, eine Schiitische Herrschaft in ihrem Rücken, vermutlich vom Iran gefördert und finanziert, zu dulden.
Mit Katar, Saudi-Arabien, Bahrain, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Kuwait handeln hier alle Golfstaaten gemeinsam außer Oman.
Statt gegen die ISIS loszuschlagen, schlagen die Golfstaaten jetzt gegen die Huthi-Rebellen los, mit der Begründung, daß von diesen eine Gefahr für einen großen Krieg in der Region ausgeht. Dabei haben wir dies mit der ISIS ja schon.
Auf der arabischen Halbinsel bahnt sich ein innerislamischer Religionskrieg nach Vorbild des dreißigjährigen Krieges an.
Wann gedenken unsere Politiker, sich Gedanken darüber zu machen, was das für uns und unsere sicherheitspolitischen Interessen für Folgen hat?
Oder will man, wenn die Levante abgefackelt ist, die Flüchtlingsströme aller Konfliktparteien bei uns aufnehmen, die dann nach kurzer Zeit ihren innerislamischen Konflikt in europäischen Städten weiter austragen!?
Derartige „Wanderbewegungen“ des Kriegsschauplatzes hat man ja zwischen 1618-1648 auch beobachten können. Heute läuft das dann halt etwas globaler.
Das kann ja was werden. Eine arabische zehn-Länder-Koalition einschließlich dem Sudan (offen bleibt, ob die Janjaweed Milzen auch gleich mitkommen).
Von der Saudischen Armee hörte man zuletzt anlässlich der Intervention in Bahrain 2011,
damals eher ein dilletantischer Auftritt.
Ein paar Gedanken zum Thema:
– Laut SPON fliegen aber bisher nur die saudischen Luftstreitkräfte Angriffe, wobei ich davon ausgehe, dass sich die Emirate und Katar demnächst anschließen werden (oder das bereits tun, die Bereitschaft zur ).
– Die jordanischen Streitkräfte dürften angesichts der Bedrohung durch ISIS wenig begeistert von einem Einsatz im Jemen und die RJAF auch mit Luftangriffen auf ISIS ausgelastst sein. Allerding bilden die jordanischen Streitkräfte die einzigen halbwegs kompetenten konventionellen arabischen Streitkräfte, jordanische Offiziere dienen in vielen Nachbarstaaten als Ausbilder und jordanische „Spezialeinheiten“ haben bereits 2009 die saudische Intervention im Jemen (damals ebenfalls gegen die Houthis) unterstützt.
– Die pakistanische Beteiligung begrenzt sich u.U. auf den Einsatz pakistanischer Soldaten und Piloten in saudischen Diensten.
– Ägypten hat – wie auch Saudi-Arabien – schlechte Erfahrung mit Interventionen im Jemen (in den 1960ern gegen die von Saudi-Arabien unterstützten schiitischen (!) Rebellen).
– Insgesamt bietet das Gelände (Gebirge und urbanes Gelände) hervorragende Möglichkeiten für einen Guerillakrieg, zusammen mit den eher begrenzten militärischen Fähigkeiten der arabischen Streitkräfte sehe ich eine sehr begrenzte Erfolgswahrscheinlichkeit, insb. was Luftangriffe ohne eine Bodenoffensive betrifft.
– Primär ist die saudische Religionsaußenpolitik für die Radikalisierung und Spaltung der jemenitischen Gesellschaft verantwortlich, der Iran übt zwar u.U. Einfluß aus, aber das sollte nicht überbewertet werden, diese Vorwürfe sind vor allem (arabisch-sunnitische) Propaganda.
Der Iran ist erwartungsgemäß schon mal deutlich gegen das saudische Eingreifen im Jemen:
Die Sache zwischen Iran und SA köchelt schon länger. Da gab es doch in den 1980ern den Angriff der „iranischen Pilger“ in Mekka.
Wie praktisch der Jemen doch auch ist:
Landgrenze, Küstenlinie, wenige große Städte.
Mal schauen ob das klappt.
Vorab mal vielen Dank an Herrn Wiegold für die vielen hier eingestellten Einzelmeldungen.
Der Ölpreis steigt wegen dem Konflikt schon. Ich hätte mir eher ein solches Eingreifen der Saudis im Irak, statt im Jemen gewünscht.
Dieser Konflikt, letztendlich zwischen dem Iran und den Saudis, könnte vor allem auch den Irak weiter destabilisieren. Die Schiitische Regierung und die schiitischen Milizen im Irak dürften von einem Krieg der Saudis gegen Schiitien im Jemen nicht begeistert sein. Die ISIS wiederum könnte dies für neue Propaganda gegen die Irakische Regierung nutzten um sich als Verteidiger der Sunniten gegen Schiiten zu präsentieren.
Damit könnte es für deutsche Soldaten im Irak die Lage noch gefährlicher werden als bisher.
@TW
Ich habe Ihr Blog in den letzten Tagen nicht so genau verfolgt
Waren sie zufällig längere Zeit abwesend? ;)))
@JCR
Trollen kann ich selbst. Was wollen Sie mir damit sagen?
(Vermutlich, dass Sie schon seit zwei Wochen wussten, dass die Saudis die Luftangriffe im Jemen fliegen?)
/edit: Ah, hat ne Weile gedauert, und jetzt hab‘ ich’s auch kapiert. Sorry.
Super – der Hausherr vergisst seinen eigenen „Effekt“… ;-)
IRNA behauptet schon den Absturz zweier ausländischer Kampfflugzeuge.
http://www.irna.ir/en/News/81551910/
@Freiherr von Stein
und nun? was passieren soll wird passieren.
Das ist die späte Rache der „Plätze an der Sonne“ insbesondere der FRA und britische Anteil (sorry NMWC der 3 Letter code fällt mir grad nicht ein), völlig überraschend will jeder Wohlstand und – um mit christian steiffen zu sprechen, Sexualverkehr.
Daran ist nichts auszusetzen.
Wer aber bewaffnet die Kerle, da muss Politik ran- statt sich Trümmerfelder in den Alpen anzuschaun.
Wenn es die nächste Völkerwanderung gibt, sollte man sich ein wenig mehr um Innere Sicherheit kümmern, Das Gegenteil ist der Fall, man beschönigt schon die Zahlen von 2015 und der eine oder andere sehnt sich nach Gadaffi, der hat die Aufgegriffenen direkt „zurück in die Sahara geführt“- das kann man doch nicht wirklich wollen.
Habe ich Angst – nein.
De Zeit der deutschen Inselglückseligkeit ist vorbei, der Glaubenskrieg weltweit hat erst begonnen- taugt die Bundeswehr dazu, m.E. nein, soll sie im Jemen „siegen“ helfen- nein.
Jetzt brauchen wir bestimmt gleich mehr Panzer – nein, wir brauchen endlich mal straffe Strukturen, nicht 200 + „Flag“hampelmänner.
Eine Küstenwache und Marine, welchen den Namen verdient, Asylpolitik die die Kommenden integriert, fördert und fordert und dazu ermutigt, wieder das „Nest“ zu verlassen und ihr Land zu organisieren. Dies auch durchsetzt.
P.S. Heute soll wohl ein Kapitän zur See in den verdienten Ruhestand gem. Personalstrukturgesetz versetzt worden sein – er war abkömmlich, am selben Tag war der Posten besetzt- Fragen.
Lustig ist doch mal wieder die Haltung der EU. Die EU fordert die Beteiligten zu Verhandlungen auf mit der Begründung, das militärisches Handeln keine Lösung sei.
Zwar hat die EU-Außenbeauftrage damit wahrscheinlich sogar Recht, weil die schwierigen Geländerverhältnisse, die vergangenen Bürger- oder Stammeskriege im Jemen und die regliösen Spannungen, könnten den Jemen zum Afghanistan der Saudis werden lassen, aber warum sollte jemand auf die EU hören, wenn diese wieder mal nur verhandeln, aber nicht kämpfen will und gleichzeitig die EU uneinig ist, weil GB den Krieg der Saudis & deren Verbündeter gegen die Rebellen unterstützt.
Die Städte würden die Saudis schnell erobern, aber dann würde es wahrscheinlich einen langjährigen Partisanenkrieg im Gebirge geben.
Das Geschrei der Grünen und der Linken gegen die Saudis und Waffenlieferungen an Saudi-Arabien wird die Bundesregierung in Schwierigkeiten bringen. Denn da dieser Krieg auch von den USA und der Türkei unterstützt wird und 9 anderen arabisch/islamischen Staaten, wird sich Deutschland dort völlig isolieren, mit schweren Nachteilen für unsere Exportindustrie, wenn wir jetzt keine Waffen mehr an die Saudis liefern.
Denn die Saudis, die viele ihrer Verbündeten Staaten mit Geld untersützen, können damit auch Druck machen, das deutsche Autos oder Maschinen in den Verbündeten Staaten plötzlich nicht mehr gekauft werden….
Tja Closius, und genau das glaube ich eben nicht. Die Saudis sind in vielerlei Dingen schmerzbefreit und eben auch (macht-)konsequenter als die verweichlichten westlichen Nationen.
@ roman
„Tja Closius, und genau das glaube ich eben nicht. Die Saudis sind in vielerlei Dingen schmerzbefreit und eben auch (macht-)konsequenter als die verweichlichten westlichen Nationen.“
der witz ist nur. autochthone Saudis gibt es als niedere chargen in der Saudischen armee kaum.
die guten offiziere sind jordanier, die inkompetenten saudische wohlstandsverwahrloste und die Masse der Truppe sind Askaris aus Drittweltstaaten.
deren kampfwert hat in der vergangenheit trotz modernsten Materials gegen Null tendiert.
gegen Houthis mit jahrzentelanger guerilla erfahrung anzutreten hat eine andere qualität als in bahrein intellektuelle shiiten niederzuknüppeln.
jeder der sich mal intensicer mit den golf armeen beschäftigt hat weiß das diese armeen im falle des falles wertlos sind. War übrigens schon im 2. golfkrieg so
gegenwärtiger konsens ist eigentlich das sich die saudis im falle einer größeren bodenoperation eine blutige nase holen werden aber nicht bevor sie versucht haben ihre unfähigkeit durch mehr oder weniger ziellose überreaktionen zu kaschieren
@wacaffe
Gibt auch regelmäßig inoffizielle Kommentare zur Schlagkraft der Golf-Armeen von Seiten der US-Streitkräfte (gerade von SF die als Ausbilder/Berater in der Region tätig sind), die darauf hindeuten dass die theoretisch vorhandenen Fähigkeiten, durch schlecht ausgebildetes Personal und dessen unprofessionelle Einstellung, im Konfliktfall ausgeglichen werden.
Da wird gerne von kleinen Kindern geredet, die zu Weihnachten neues Spielzeug erhalten und es dann eben ausprobieren. Nur, so gut das Material auch sein mag, die Kinder verhalten sich nu einmal wie Kinder. Grundaussage war, dass man im Prinzip keine Armee dieser Region als professionelle Streitkräfte betrachten kann. Eher Miliz-Kräfte mit ungewöhnlich guter Ausrüstung.
Wobei mir bisher nur aufgefallen ist dass gerade die Saudis, trotz des auf dem Papier vorhandenen Potenzials, eher zögern wenn es ums Eingreifen geht und sich oft zurückhalten. Obwohl viele Vorgänge in den letzten Jahren doch zumindest aus Sicht der saudischen Führung, auf lange Sicht deren Machtstellung gefährden könnten.
Wäre interessant zu erfahren, wie hoch der Prozentsatz liegt, wenn es um Offiziere geht deren Eignung sich daraus ergibt dass sie aus bestimmten Familien/einflussreichen Kreisen stammen.
Eventuell kann man davon ausgehen, dass das Verhältnis von theoretischer und tatsächlicher Kampfkraft, gerade bei den Saudis, eher im Bereich zaristisches Russland während des ersten Weltkriegs liegt.
Wirklich gut Beiträge zur Situation im Jemen findet man auf „Semper Tyrannis“. Col. Lang war Militärattache im Jemen, spricht Arabisch und schreibt selbst bzw. veröffentlicht sehr gediegene Gastbeiträge, der letzte:
http://turcopolier.typepad.com/sic_semper_tyrannis/2015/03/yemen-people-in-sanaa-and-the-north-are-angry-people-in-aden-and-the-south-are-ecstatic-yesterday-the-houthis-and-ali-abdal.html
Lang ist schon immer der Ansicht, dass die saudischen Bodentruppen mit ganz wenigen Ausnahmen Papiertiger sind, die kein Licht in einer Auseinandersetzung mit shiitischen Houthis sehen würden.
@Les Grossmann
…war ein endzeitfrustrierter Jetty, der vergessen hat, wie viele seiner Kameraden meine Staffel über die Jahrzehnte aus dem Bach geholt hat. Und tschüß…
Why do Arabs lose wars …
http://www.unc.edu/depts/diplomat/AD_Issues/amdipl_17/articles/deatkine_arabs1.html
‚ist zwar schon älter, wesentlich geändert hat sich wohl nichts. Mein Respekt gilt allerdings der jordanischen und der syrischen, und auch der iranischen Armee, jeweils jenseits des politischen.