Kampf gegen ISIS: Die innenpolitische Debatte – Teile der Linkspartei für Militärintervention

Der Kampf gegen die islamistischen ISIS-Terrormilizen im Irak und in Syrien bekommt zunehmend auch eine innenpolitische deutsche Dimension. Angesichts des absehbaren (oder schon erfolgten?) Falls der syrischen Stadt Kobane nahe der türkischen Grenze werden international und hierzulande die Rufe lauter, im Kampf gegen ISIS nicht nur mit Luftschlägen einzugreifen.

Symptomatisch für die innenpolitische Debatte scheint ein Aufruf des Forums demokratischer Sozialismus der Linkspartei – die sonst militärische Interventionen strikt ablehnt. Aus dem Aufruf:

Die richtige Forderung nach einer Ausweitung humanitärer Hilfe für die Opfer und Betroffenen des Krieges in Syrien und Irak, die DIE LINKE unterstützt, reicht nicht aus, um die IS-Terrormiliz zu stoppen.
Die von den Vereinigten Staaten von Amerika und ihren Verbündeten durchgeführten Luftschläge gegen die Terrormiliz helfen den in Kobane eingeschlossenen Menschen derzeit wenig. Dort kämpfen kurdische Selbstverteidigungsgruppen und die Zivilbevölkerung ums Überleben.
Vor diesem Hintergrund ist eine militärische Unterstützung und Kooperation der Kurden in und um Kobane unumgänglich. Die kurdischen Selbstverteidigungskräfte benötigen dringende Unterstützung im Kampf gegen die IS-Terrormiliz.

Der UN-Sicherheitsrat muss sich nun endlich hinter seinem Generalsekretär Ban Ki Moon versammeln und umgehend zusammentreten, um über eine gemeinsame Antwort gemäß der UN-Charta zur Wahrung der internationalen Sicherheit zu beraten und zu entscheiden. Es ist seine Verantwortung und seine Pflicht „zu diesem Zweck wirksame Kollektivmaßnahmen zu treffen, um die Bedrohungen des Friedens zu verhüten und zu beseitigen, Angriffshandlungen und andere Friedensbrüche zu unterdrücken“.
DIE LINKE ist gefordert, das demokratische Experiment, der autonomen Kurdengebiete in Syrien, zu verteidigen und zu unterstützen.
Wir als demokratische Sozialistinnen und Sozialisten fordern, den Druck auf die Bundesregierung zu verstärken, damit diese nun

  1. endlich in den Vereinten Nationen die dramatische Lage thematisiert, mit dem Ziel, dass der Sicherheitsrat die notwendigen Maßnahmen gemäß der UN-Charta beschließt,

  2. gleichzeitig die zivilen Hilfsorganisationen stärker zu unterstützen, die seit Monaten gegen Hunger, Flucht und Leid der tausenden Flüchtlinge kämpfen,

  3. Flüchtlingen aus dem Kriegsgebiet, die in Deutschland Schutz suchen, einen sicheren Aufenthalt zu garantieren und

  4. die Türkei aufzufordern, einerseits endlich ihre Grenze für die Hilfe für die umkämpften Gebiete zu öffnen und andererseits den Zustrom der Kämpfer für die IS-Terroristen zu unterbinden.

Mal sehen, wie diese innenpolitische Debatte weitergeht.

Nachtrag: Auf Regierungsebene scheint eines klar – der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Schäfer, formulierte das heute vor der Bundespressekonferenz so: Ich weiß von keinen Plänen über eine Beteiligung Deutschlands an irgendwelchen militärischen Operationen in der Region.  Schäfers Aussagen im Wortlaut & Zusammenhang:

Frage (zur Lage in Syrien): Herr Schäfer, Sie haben gesagt, der Vormarsch des ISIS und die Bilder sowie die Nachrichten lassen niemanden kalt. Gibt es jenseits der nachvollziehbaren persönlichen Betroffenheit auf politischer Ebene Überlegungen, Gespräche im Nato-Rahmen oder im EU-Rahmen? Wenn sich inzwischen selbst Teile der Linkspartei öffentlich für eine militärische Intervention aussprechen, scheint da doch in der Wahrnehmung auch im politischen Raum etwas in Bewegung zu sein.
Schäfer: Um das klar zu sagen: Ich weiß von keinen Plänen über eine Beteiligung Deutschlands an irgendwelchen militärischen Operationen in der Region. Die wären mir nicht bekannt.
Dass wir es mit einer offensichtlich außerordentlich schwierigen Lage in Kobane zu tun haben – gerade in Kobane, aber nicht nur an der Grenze zwischen Syrien und der Türkei -, ist eine Erkenntnis, die nicht von heute rührt, sondern die haben wir seit Wochen. Das ist der Grund, weshalb wir uns daran beteiligt haben, eine Allianz zu schmieden, die den Kampf gegen ISIS aufnimmt, und zwar auch mit militärischen Mitteln, aber im Wesentlichen mit politischen Mitteln.
Zusatzfrage: Möchte Frau Wirtz vielleicht ergänzen?
SRS’in Wirtz: Ich habe nichts zu ergänzen. Herr Schäfer hat die Regierungslinie formuliert
Zusatzfrage: Die Frage ist ja gewesen: Gibt es auf EU-Ebene, auf Nato-Ebene irgendwelche Gespräche?
Schäfer: Dass wir in regelmäßigem Dialog mit den handelnden Personen der Region stehen, ist völlig selbstverständlich. Das gilt für die Kontakte zur Türkei ebenso wie für die Kontakte zu anderen Akteuren. Heute Morgen – gerade ist er wieder abgereist – war der jordanische Außenminister zu Besuch im Auswärtigen Amt bei Herrn Steinmeier.
Natürlich ist der Kampf gegen ISIS nicht erst heute, sondern seit Wochen, seit Monaten ganz oben auf der Agenda der internationalen Gemeinschaft. Deutschland beteiligt sich an diesen Gesprächen und Beratungen sehr engagiert.