Enders teilt aus: Deutsche Exportpolitik gefährdet deutsch-französische Zusammenarbeit

DEU, Deutschland, Berlin, Pullmann Schweizerhof, 14.10.2014: 11. Handelsblatt Jahrestagung "Sicherheitspolitik und Verteidigungsindustrie 2014" (14. und 15. Oktober 2014; P1200588 - http://www.defence-conference.de). Dr. Thomas Enders, Vorstandsvorsitzender Airbus Group. [Foto: Dietmar Gust / EUROFORUM Deutschland SE; Mobilfon: +49 (0)172 3016574; web: http://www.gustfoto.de, e-mail: info@gustfoto.de]

Airbus-Chef Tom Enders teilt aus: Hatte sich der Chef des französisch-deutschen Luft/Raumfahrt/Rüstungskonzerns zunächst im Cicero-Interview (hier bei Spiegel Online)  vor allem mit dem Verteidigungsministerium angelegt, knöpfte er sich in seiner Rede beim Handelsblatt-Forum Sicherheitspolitik und Verteidigungsindustrie am (heutigen) Dienstag in Berlin vor allem die Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung und damit Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) vor.

Enders komplette Rede unten zum Nachhören, ein paar Kernpunkte:

Mit seinen Vorstellungen von Rüstungs- wie Rüstungsexportpolitik verfolge die Bundesregierung einen germanozentrischen Ansatz und glaube, ihre Art der Politik auf ganz Westeuropa übertragen zu können, klagte der Airbus-Chef. In keinem europäischen Land sei aber der Antagonismus zwischen Rüstungsindustrie und Politik größer als in Deutschland, und mit ihrer Haltung lege die Bundesregierung die Axt an die deutsch-französische Rüstungsproduktion – mit Folgen für die außenpolitische Zusammenarbeit beider Länder.

Als konkretes Beispiel nannte Enders den geplanten Export von 14 Hubschraubern von Airbus Helicopters nach Usbekistan – der werde von Deutschland blockiert, weil einige kleinere Komponenten der Flieger aus Deutschland stammten. Eine Sub-Sub-Komponente wie Schleifringe, absolut nachrangige Kleinteile, blockiere so den kompletten französischen Auftrag. Zwar nahm der Industriechef das Wort Heuchelei nicht in den Mund, vermied es aber nur knapp: Usbekistan sei gut genug, Deutschland als Drehscheibe für den Lufttransport nach Afghanistan zu dienen, aber nicht gut genug für deutsche Kleinteile in einem französischen Hubschrauber. Das sei ein geradezu grotesker Vorgang.

Sollte Deutschland an solchen exklusiven Vorstellungen festhalten, würden nicht nur als Konsequenz immer mehr Produkte in Europa german free, also ohne deutsche Komponenten, gebaut werden, warnte Enders. Auch die europäische Zusammenarbeit in diesem Industriezweig, die ohnehin durch politische Vorgaben wie den Workshare schwierig sei, werde gefährdet – zumal es ohnehin aus seiner Sicht eine wachsende Kluft zwischen Deutschland einerseits und Frankreich und Großbritannien anderseits gebe.

Natürlich ging der Airbus-Chef auch erneut auf die spezifischen deutschen Probleme bei Rüstungsgütern für den deutschen Gebrauch ein. Unbemannte Luftfahrzeuge gebe es weltweit nicht mit ziviler Zulassung – nur in Deutschland meint man, es geht nicht ohne, griff Enders noch mal die deutsche Debatte um Drohnen wie den EuroHawk auf.

Allerdings räumte Enders auch eigene Fehler der Industrie bei den Produkten ein, die nach inzwischen auch offizieller Ansicht des deutschen Verteidigungsministeriums zu spät, zu teuer und mit Mängeln kommen: Ein Hauptfehler sei es gewesen, den Vertrag für das Transportflugzeug A400M mit seinem engen Zeit- und Kostenrahmen zu  akzeptieren. Als dann durch politischen Druck auch statt des vorgesehenen kanandischen Triebwerks ein europäischer Ersatz erst entwickelt werden musste, sei das Projekt endgültig ins Schlingern gekommen.

Airbus habe mit dem neuen Transportflieger schon jetzt so viel Verlust gemacht, dass das Unternehmen an keinem einzigen der bereits bestellten 175 Exemplare etwas verdienen werde, klagte Enders. Erst von späteren Exportaufträgen erwarte die Firma Gewinn. Einen Vertrag wie den so genannten commercial approach für den A400M werde Airbus deshalb künftig nie wieder unterschreiben.

Endershatt aber  auch eine positive Nachricht mitgebracht: Das erste A400M-Exemplar, das für die deutsche Luftwaffe vorgesehen ist, absolvierte am Dienstagnachmittag von Sevilla aus seinen Erstflug. Die Maschine sollte sieben Stunden in der Luft bleiben, um auch die Nachtflugfähigkeit zu testen. Die Auslieferung ist für Ende November vorgesehen.

Der Enders zum Nachhören:

 

Enders_Handelsblatt_14sep2014     

 

(Foto: Dietmar Gust/Euroforum)