Museumsempfehlung: Targets
Museumsempfehlungen sind so eine Sache: Das Museum ist ja nicht unbedingt dort, wo die Leser sind. Da aber die Chance da ist, dass bis zum 5. Oktober der eine oder die andere mal den Weg nach Berlin findet… der Hinweis auf die Ausstellung Targets der Fotografin Herlinde Koelbl im Deutschen Historischen Museum. Die Bilder, die Koelbl in fast 30 Ländern rund um den Globus gemacht hat, dürften bei manchen hier ein Wiedererkennen auslösen: Sie hat sich die Schießscheiben, Pappkameraden, Übungsziele von Soldaten in aller Welt angesehen. Mit der Frage, wer für sie der Feind ist – oder anders gesagt: auf welche Ziele werden Soldaten gedrillt?
Zu ihrem Projekt hat die Fotografin hier im Interview des Südwestrundfunks einiges gesagt; interessant finde ich, dass sie ganz bewusst keine Action in ihren Bildern eingefangen hat, sondern überwiegend sehr statisch die Übungsumgebung. Eine der – für mich – überraschendsten Aussagen Koelbls bei der Ausstellungseröffnung vergangene Woche: Die auch im Interview erwähnte allmähliche Veränderung des Bildes auf den Schießscheiben, vom sowjetischen bzw. westlichen Soldaten der Blockkonfrontation zum Jihad-Kämpfer oder die Standard-Aussattung von Übungsstädten mit einem Minarett, hat sie selbst in der Ukraine beobachtet: Selbst da ist der Feind orientalisch. Und noch etwas ist ihr bei ihrer Reise über die Übungsplätze, bei regulären Streitkräften wie bei der kurdischen PKK oder der Polisario in der Westsahara, aufgefallen: Manchmal habe ich gedacht, wir nehmen den Frieden in Deutschland zu selbstverständlich.
Deshalb ist es vielleicht auch nicht erstaunlich, dass der Laudator der Eröffnung der frühere General der U.S. Marines, der ehemalige NATO-Oberbefehlshaber und frühere US-Sicherheitsberater James Jones war. Der lobte das eindrucksvolle Projekt und hob gleich darauf ab, was für ihn diese Bilder versinnbildlichten: There are people who are willing to put their life on the line for the sake of others (Es gibt Menschen, die bereit sind, ihr Leben für das Wohlergehen anderer einzusetzen). Die Ausstellung zeigt uns: wir müssen entschieden sein. Und wir brauchen junge Männer und Frauen, die zum Opfer [ihres Lebens] bereit sind.
(Das kam nicht nur gut an – bei Jones‘ Worten gab es im Publikum zeitweise doch ein bisschen Unruhe.)
Ich habe Koelbl natürlich auch gefragt, auf diesen Punkt wird man ja auch in anderen Zusammenhängen immer wieder hingewiesen, warum ich unter den Soldaten-Porträts keine Frauen entdeckt habe. Ihre Antwort: doch, es sind zwei Frauen dabei, eine Französin und eine Äthiopierin. Allerdings auf den ersten Blick nicht so zu erkennen.
Wer sich selbst ein Bild machen will: TARGETS, im Deutschen Historischen Museum in Berlin, bis zum 5. Oktober 2014.
(Fotos: oben Deutschland, Mitte Österreich, unten Mali – ©Herlinde Koelbl via Deutsches Historisches Museum, Bilderliste hier)
Warum es bei der Ansprache des Gen. a.D. Jones „Unruhe“ gab, muss ich wohl nicht (mehr) verstehen.
Die Freiheit, die ich meine, euch umsonst geschenkt.
Auch im Magazin der Zeit fand sich ein langer Beitrag zu ihrem Projekt mit sehr vielen Bildern.
Solche Pappkameraden haben ja zweifellos das Potential, recht kontrovers zu sein. Bei den hier Abgebildeten ist die Gefahr zum Glück einigermaßen gebannt: zwei mal eine weiße, männliche Person mit rotem bzw. blondem Haar in typisch westlicher Bekleidung (und keine sieht Putin auch nur annähernd ähnlich), einmal eine abstrakte Darstellung.
chickenhawk | 15. Mai 2014 – 13:19
Klar kann man die kontrovers sehen. Abgebildet sind schließlich Zivilpersonen. Westliche Armeen werden also offenbar ganz gezielt dazu ausgebildet, Zivilisten niederzustrecken, um die kommende anarchistische Weltrevolution zu verhindern. Das ist ein Skandal. [/ironie]
@Memoria
Als Ohren- und Augenzeuge nur der Hinweis, dass die „Unruhe“ bei der Jones-Rede hauptsächlich durch dessen Aussagen zum Vietnam-Krieg entstanden war. Sinngemäss meinte der General a.D., das US-Militär hätte den Krieg nicht verloren. Vielmehr sei mangelnder politischer Wille in Washington ausschlaggebend gewesen…
Der Prestel-Verlag hat übrigens ebenfalls unter dem Titel „Targets“ einen Bildband Herline Koelbls veröffentlicht, der noch weit mehr Fotos als die Berliner Ausstellung enthält.
@Gramm
Nur sofern Sie Iren sind und am St. Patrick’s Day mit einer Waffe hantieren (Bild 2) oder Krawatten zu kurz binden (Bild 1).
[/ironie]
Interessantes Projekt mit (wenig überraschenden) Beobachtungen. die wesentlichen Konfliktherde der letzten 25 Jahre, waren nunmal in Regionen in denen Moscheen zum Ortsbild gehören (selbst auf dem Balkan, resp. Kosovo ist das so). Da verwundert es nciht das man die übende Truppe in ein realistisches Bild setzen will. Inkl. dem entsprechenden Erscheinungsbild der „Pappkameraden“.
@Schandor
Hm, nach meiner Erinnerung gab’s mehr Gemurre bei Jones‘ Bemerkungen über willing to give the ultimate sacrifice, bei Vietnam habe ich das nicht so wahrgenommen. Aber Du saßest auch viel weiter vorn – insofern haben wir vielleicht einfach nur unterschiedliche Kritik-Äußerungen gehört…
@all
Was die Bildauswahl angeht: Ich bin halt beschränkt bei dem, was ich hier verwenden darf; siehe die verlinkte Bilderliste.
Die oberen beiden Photos gehören zu einer Serie, die meiner Erinnerung nach aus mindestens fünf Motiven besteht, und die alle im österreichischen Behördengebrauch waren oder noch sind.
Ein Motiv zeigt übrigends eine Frau, ein weiteres einen Mann mit Motorradhelm.
Die Neuheit bei diesen Figurenscheiben bestand darin, dass man durch Aufkleben eines ca. 20 x 20 cm großen Flecks die Zielscheibe in eine „Freundscheibe“ oder „non shoot Target“ verwandeln konnte. Die obere Figur hält dann einen Blumenstrauss, die mittlere einen Pass in der Hand.
‚kann man auch so halten wie Will Smith bei der Schießprüfung in Men in Black 1 …^^
Was fällt jones auch ein auf den Preisvder Freiheit hinzuweisen.
Strom kommt aus der Steckdose und Freiheit und Wohlstand werden durch 1000 euro hartz4 und einen Mindestlohn von 25 euro garantiert.
Wenns hart auf hart kommt vielleicht ein ‚runder Tisch‘,aber nur als letztes Mittel…
also,
Die Poster/Szenenfotos zu „Kill Bill“ oder „Mr.&Mrs.Smith“ oder „Dressed-to-kill“ etc. sind kill-kunst-kulturell (kkk) viel aussagekräftiger: http://www.artflakes.com/de/l/kill/Kunst
Dem ehemaligen Marine mit seiner Hamburger-Hill-Neurose kann man nur eine Todessehnsuchtbewältigungstherapie empfehlen. Aber die wird wahrscheinlich weder von medicare noch medicaid noch vom United States Department of Veterans Affairs bezahlt.
@T.W.
???????
klabautermann | 15. Mai 2014 – 15:00
Das denke ich mir beim Lesen Ihres Beitrags allerdings auch.
Nun bei der ganzen Kontroverse darüber wie die Scheiben aussehen und ob der böse Soldat auf Zivilisten schießt im Rahmen von Verschwörungstheorien sollte auch nicht vergessen werden, dass es sich teilweise auch um Geldanlagen handelt. Wird dann nicht selten auf Scheiben Polizei zurück gegriffen weil einfach keine mehr da sind, Lieferverträge ausgelaufen sind oder einfach nichts anders da ist. Da der Polizist, der Grenzschutz oder Gendamerie in der Regel auf Soldaten sondern den bösen Verbrecher schießt sind halt manche Scheiben Zivil. Hinzu kommt, dass die normale neutrale Scheibe keine Differenzierung zwischen bewaffnet und unbewaffnet macht. In Komplexen Situationen muss der Soldat aber in Bruchteilen entscheiden, Feind oder nicht. Da auch hier, wo es um eine wichtige Ausbildung und nicht einfach nur schießen geht, keine Militärischen Scheiben vorhanden sind, wird auf die Polizei ausgewichen.. Also alles hat einen logischen Hintergrund.
@Mecatron82
Wie beim KSK, auch da werden – scheibentechnisch – Zivilisten und Gegner „gemischt“.
@Gramm
Im Zeitalter von signature targetting ist doch eine solche Ausstellung an pseudo-intellektueller/kultureller Koketterie nicht mehr zu überbieten !
Die Dame sollte bei Schrankwänden bleiben und die Leitung des Museums sollte mal Zeitung lesen oder Aga ;-)
Irgendwo hatte ich Fotos der Dame von der neuen französischen MOUT-Einrichtung gesehen, da war dann deutlich sichtbar, dass die Straßen deutsche Namen haben.
Und polizeiliche Scheiben sind auch oft Mist, da ist dann was bananenförmiges drauf, dass den Arm darstellen soll. Im Übrigen hat sich wohl eine Politikerin beim Besuch der Raumschießanlage an der SFJg/StDstBw verwundert oder aufgeregt, die Beschreibungen gehen da auseinander, dass auf menschliche Silhouetten geschossen wird, sowas könne man doch nicht machen.
Bild nr. 12, hat für mich aber frappante Ähnlichkeit mit der nordöstlichen seite des
Place Kleber in Strasbourg. Davon einmal abgesehen gibt es in Elsass/Lothringen immer noch sehr viele Ortsteile und Strassen in Deutscher Sprache. Neuhof zB. ist ein Stadtteil in Straßburg.
Glück Ab
Das erste Bild erinnert mich vom aussehen her an Carsten Maschmeyer.