Aus den Wahlprogrammen: Außen- und Sicherheitspolitik
Wer liest schon die ganzen Wahlprogramme? (Außer denen, die das beruflich müssen – Politiker, ihre Berater, und Journalisten…) Deswegen greife ich gerne einen Service des Berliner Informationsdienstes auf: Die Aussagen der im Bundestag vertretenen Parteien zur Außen- und Sicherheitspolitik, übersichtlich zusammengefasst. (Und enthalte mich an dieser Stelle jeglichen Kommentars zu den Parteipositionen.) Gut eine Woche ist ja noch Zeit bis zur Entscheidung…
Die Übersicht:
und zum Herunterladen hier: Wahl2013-sicherheitspolitik
Leicht provokativ darf mal der erste Kommentar gesetzt werden.
Ohne für eine der „wahlrelevanten“ Parteien Partei ergreifen zu wollen, zeigt die vorliegende Zusammenfassung Eines klar auf, daß „Dunkelrot“ in nahezu allen Themen absolut nicht kooperationsbereit und damit auch nicht koalitionsfähig ist. Insofern handelt es sich eher um eine „ausserparlamentarische Oposition“, die demoskopisch bedingt ins Parlament gelangt ist.
Ergo ist m.M.n. jede Stimme für „Dunkelrot“ eine verschenkte Stimme, die nichts bringt. Das hatten wir schon zigmal bei noch weiter „Links“ stehenden Gruppierungen bzw. bei „Dunkelbraun“ in der Vergangenheit.
Sehr geehrter Herr Wiegold,
leider fehlt bei der Auswertung bei Sicherheitspolitik allgemein ein zentraler Punkt des FDP Programmes:
Angesichts der Komplexität neuer Herausforderungen wollen wir eine ständige Schaltstelle auf Ebene der Bundesregierung zum Informationsaustausch und zur Koordinierung der militärischen und zivilen Maßnahmen in allen Bereichen
der Außen- und Sicherheitspolitik sowie zur Vorbeugung und Reaktion auf nationale und internationale Katastrophen und Krisen einrichten. Das Auswärtige Amt bietet sich als Grundlage für diese Struktur an. Dabei muss neben der Lageanalyse der vernetzte Ansatz unter Wahrung der Ressortverantwortlichkeit gewährleistet und gestärkt werden. Außerdem muss die parlamentarische Kontrolle durch Beteiligung des Parlaments jederzeit sichergestellt sein.
@VTG-Amtmann
Herzlichen Glückwunsch. Gleich im ersten Kommentar zu einem Thread Godwin’s Law in Kraft zu setzen, hat schon was.
Was mir aufgefallen ist:
Die CDU hat als Partei, die sich selber als kompetent in sicherheitspolitischen Themen sieht, schon bedenklich abgewirtschaftet. Wenn man als Regierungspartei zum Afghanistan-Einsatz nicht mehr als diese zwei verlegenen Sätze zu sagen hat (vgl. das Statement der Grünen dazu), dann haben wir wirklich ein Problem.
Leider ist der Service gerade tot. (Sorry, this publication is not available).
Ich hätte schon gerne mal kurz und knapp zusammengefasst gelesen, was die Parteien zum Thema freiwilliger Wehrdienst sagen. Denn nach den gestern veröfflentlichten Zahlen der Bundeswehr ist dieser ja quasi tot. (Juli 2013: 9663, August: 8463, September: 6667).
Da braucht es keinen Statistiker um diese Folge weiter fortzusetzen.
Schade, dass die Bundestagswahl jetzt schon ist. In weiteren 3 Monaten wäre das doch nochmal ein gefundenes Fressen für den Arnold/Nouripour und Konsorten.
Es wäre die erste von vielen Scheinwahrheiten der Reform die so richtig platzt und die auch de Maiziere nicht mehr hätte vertuschen können. Oder hat man ihn etwa nur „missverstanden“?
@O.Punkt
Merkwürdig, bei mir tut’s…
Aber wenn Sie es nicht online lesen können: Darunter ist der Link zum Herunterladen des ganzen Papiers.
O. Punkt | 13. September 2013 – 11:08
„Ich hätte schon gerne mal kurz und knapp zusammengefasst gelesen, was die Parteien zum Thema freiwilliger Wehrdienst sagen. Denn nach den gestern veröfflentlichten Zahlen der Bundeswehr ist dieser ja quasi tot. (Juli 2013: 9663, August: 8463, September: 6667).
Da braucht es keinen Statistiker um diese Folge weiter fortzusetzen.“
Das Thema freiwilliger Wehrdienst wird in den Programmen nicht angesprochen. Das Wort „Wehrdienst“ wird nicht erwähnt, von keiner der Parteien.
O. Punkt | 13. September 2013 – 11:08
„Schade, dass die Bundestagswahl jetzt schon ist. In weiteren 3 Monaten wäre das doch nochmal ein gefundenes Fressen für den Arnold/Nouripour und Konsorten.“
Die breite Bevölkerung interessiert sich nicht für die Personalsituation der Bundeswehr.
@O. Punkt: Vielleicht ist dieser Mini-Trend auch einfach saisonal bedingt? Am ersten Oktober beginnt ein neues Hochschulsemester und wer die Aussicht auf einen Studienplatz hat, schlägt ein Angebot der BW vermutlich aus, wer hingegen noch einige Monate warten muss/will, nimmt das Geld vielleicht ganz gerne mit. Ich will nicht sagen das alles gut ist, aber etwas Zeit sollte man einem bürokratischen Monster wie der Bundeswehr schon geben; schließlich muss man neuerdings dafür sorgen, dass der Dienst für WDL attraktiv ist, bisher kamen die ja irgendwie immer von alleine. Anzunehmen dass eine solche Umstellung in 2-3 Jahren über die Bühne geht, wäre wohl etwas vermessen (womit wir dann wieder bei der Politik wären).
@ T.W. Und Ihnen ist es im dritten Post (Ihrem ersten in dem thread) gelungen, „Chameus’ Korollar“, eine Erweiterung von Godwin’s Law, zu bestätigen (siehe gleicher Wikipedia-Artikel). ;)
Seite 6, Geheimdienst: Ausstattung
Entweder die falschen Antworten der Parteien oder die falsche Überschrift
@ Zeitgeist: Auch wenn ich, wie Sie, so meine Zweifel an der Nachhaltigkeit des Freiwilligendienstes habe und dies nicht nur als die offiziell dargestelle Erfolgsstory sehe; die einfache lineare Interpolation von Zahlenreihen ad infinitum in die Zukunft ist ebenfalls bedenklich. Die Welt ist (leider) nicht immer linear. Früher gab es auch „gute“ und „schlechte“ Einzugstermine. Ich erinnere mich, dass der 01.01. regelmäßig als „MMM“-Termin bezeichnet wurde, wogegen zum 01.07. scharenweise junge Abiturienten vor den Kasernentoren standen (und in der Benutzung von Besen, Handfeger und Kehrblech unterwiesen werden mussten).
Sie führen ausgerechnet den Juli als Basis mit 9.663 als Vergleichsgröße an in einer linearen Entwicklung mit insgesamt 3 Größen. Halte ich für statistisch nicht ausreichend…
Egal was und von wem: Peinlich ist das Fehlen relevanter Aussagen zu den nationalen Interessen, den Mitteln ihrer Durchsetzung und der Rolle/Fähigkeiten der Bw allemal. Das Geschwurbel dient als Platzhalter, einfacher ist’s halt, das (von anderen zu beladende) Füllhorn in Form sozialer Wohltaten auszuschütten. Und der Koalitionsvertrag (egal in welcher Coleur) wird auch nicht besser.
@Der Zeitgeist:
„Die breite Bevölkerung interessiert sich nicht für die Personalsituation der Bundeswehr.“
Die breite Bevölkerung interessiert(e) sich auch nicht für HALE-Systeme wie den Eurohawk. Die breite Bevölkerung interessiert(e) sich auch nicht für Themen wie den Datenschutz
Ich behaupte schon, dass sich das Thema hätte gut ausschlachten lassen. Der Minister ist unbestritten angeschlagen. Und es wird nachgesetzt, wo man nur kann.
@OG a.d.
„Vielleicht ist dieser Mini-Trend auch einfach saisonal bedingt?“
Klar zum 1.10. ist wieder Einstellungstermin. Aber es dürfte nur ein Mini-Hoch geben.
Ich würde sagen, wir sprechen am 1.1.2014 wieder über das Thema. Aber ich hab da so eine Vermutung ;-)
Die Frage ist imho nur welcher BM d. Vtdg sich dazu erklären muss. Und ob es sich dann noch lohnt das Theman auszuschlachten, was ich wiederum bezweifele.
@T.W.
Schien sich nur um einen kurzen Ausfall zu handeln. Nun geht es bei mir auch wieder.
O. Punkt | 13. September 2013 – 13:13
„Ich behaupte schon, dass sich das Thema hätte gut ausschlachten lassen. Der Minister ist unbestritten angeschlagen. Und es wird nachgesetzt, wo man nur kann.“
Ausschlachten kann man sowas sicher immer ganz gut, die Frage ist nur, zu welchem Ziel. Bei der ganzen Eurohawk-Debatte ging es seitens der Presse und Opposition im Bundestag ja fast ausschließlich darum, noch einen Minister der Regierung Merkel abzuschießen.
Der gesteuerte Skandal wurde immer in die Richtung getrieben, dass beim Eurohawk-Debakel fast eine Milliarde Euro verbrannt wurden, und es ging eigentlich nie um die Frage, ob der Bundeswehr dadurch bestimmte Fähigkeiten fehlen.
Ähnlich sehe ich es auch in diesem Fall, mit dem freiwilligen Wehrdienst. Wenn man versuchen würde, dies im Wahlkampf zu thematisieren, würde man sowohl in der Presse als auch in der Öffentlichkeit kaum mehr als ein müdes Schulterzucken ernten. Ich bleibe daher bei meiner Einschätzung, dass die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr hierzulande kaum jemanden ernsthaft interessiert. Wenn Sie auf der Straße Leute fragen, was der Unterschied zwischen freiwilligem Wehrdienst und dem Dienst als Zeitsoldat ist, werden Sie erstaunliches hören.
Wie ich schon in einem anderen Zusammenhang hier schrieb, Bundeswehr-Themen sind in Deutschland keine militärischen Fragen, sondern nur politische.
N a ja,
wir haben Wahlkampf…..dolle Wurst.
However, wir haben Syrien, Afghanistan, BW-Reform inkl. Rüstungsdilemma und das alles real und nicht als Fiktion…….und was und wo sagt der IBUK ?
Ein Ressortchef, dem offensichtlich und offenbar sein unmittelbarer politischer und operativer Verantwortungsbereich so am Ar…. vorbei geht wie Tdm trotz oder wg Wahlkampf (?) ist untragbar…..
Eigentlich gibt es die BW nicht mehr.
@klabautermann: full support f ür deinen letzten satz. ich trinke ein belgisches bier auf das ende, in brüssel
@Klaubautermann: Dito, ich trinke ein fränkisches Kellerbier, daß er samt StS SB Richtung Brüssel weggeht, aber dort nie ankommt. Als NATO Generalsekretär scheint er mir nämlich auch nicht geeignet.
Und mich fragte man, warum ich BFD dem BS vorziehe..
Ich sollte meinen ehem. Vorgesetzten wohl mal den Link hierher schicken.
vtg-amtmann, wenn der hierher reisen will, bitte wieder schengen aktivieren…
Was mir aufgefallen ist:
Obwohl ich sie nicht wählen werde, ist „Die Linke“ die einzige im Bundestag vertretene Partei, die sich am einzigen Verfassungsauftrag der Bundeswehr, der Landesverteidigung, und damit am Grundgesetz orientiert. Alle anderen Parteien drücken sich um diese Frage. Aber wir wissen ja, dass sie stets für die Kriegseinsätze im Ausland gestimmt haben.
@Stefan: Ironiemod an: „Steht das auch in „RIA Novosti“ ? Ironiemod aus.
Wahlprogramme lesen oder gar studieren. So viel Aufwand für so wenig Nutzen, das ist unrentabel.
Auch wenn man bereit ist, an das Gute im Menschen und hier im Politiker zu glauben, man also ernst nimmt, was da geschrieben steht, so überstehen diese Absichten weder die allfälligen Koalitionsverhandlungen noch den Finanzierungsvorbehalt.
Eine Erweiterung um (noch) nicht im Bundestag vertretene Parteien wie Piraten und AfD wäre interessant gewesen, zumal diese teilweise tatsächlich inhaltliche Alternativen vertreten. So entsteht jedoch der Eindruck, dass nur die SED-Nachfolger transatlantische Nibelungentreue und globale Einsätze ohne Bezug zu deutschen Interessen ablehnen und statt dessen eine Sicherheitspolitik wollen, die den grundgesetzlichen Auftrag der Landesverteidigung wieder an die erste Stelle setzt.
@Vtg-Amtmann | 13. September 2013 – 22:08
Nein, Russland spielt politisch in der 1. Liga. Deutschland am untersten Ende der 3. Liga. Wollte sagen, das Wahltheater in Deutschland ist kein wirkliches Thema für Russland. ;-)
Wo wir grad bei Russland sind, John McCain wird demnächst einen Artikel in der „Pravda“ veröffentlichen:
Exclusive: John McCain Will Attack Vladimir Putin in the Pages of Pravda
http://thecable.foreignpolicy.com/posts/2013/09/13/exclusive_john_mccain_will_attack_vladimir_putin_in_the_pages_of_pravda
@Der Zeitgeist | 13. September 2013 – 23:00
Vielleicht bekommt er ja eine Antwort von Putin. Vermutlich aber nicht. McCain ist nicht Obama. Möglicherweise antwortet, ganz auf Augenhöhe, ein russischer Senator dem Obama-Gegner. ;-)
Für die Zeit nach der Wahl sicher interessant: d
Die Diskussionen in den USA zu lang anhaltenden Eingreif- und Stabilisierungsoperationen:
http://breakingdefense.com/2013/09/13/vcjcs-winnefeld-tells-army-to-forget-long-land-wars-congress-get-out-of-our-way/
Wie schon in der „Defense Strategic Guidance“ vom Januar 2012 angekündigt will man Einsätze à la ISAF vermeiden.
In den Mittelpunkt der Überlegungen für die Landstreitkräfte rücken MilEvakOp und eine abschreckende Kernfähigkeit zur defensiven Landkriegsführung (“we are more likely to see a Desert Storm type of operation, ejecting a nation that has invaded an ally or a friend of the United States, than we are to see another decade-long counterinsurgency campaign.”).
Da ist sicher viel Wunschdenken dabei – aber auch – oder gerade das – prägt ja das Handeln.
Unser Heer2011 ist dem gegenüber genau das was der (bescheurte) Name besagt:
Aus einer vergangenen Zeit. Stabilisierungsbrigaden für eine Politik, die keine Stabilisierungseinsätze mehr will (Dass Breite vor Tiefe Fiktion statt Realität ist, haben wir hier ja bereits diskutiert).
Neben den Finanz- und Nachwuchsproblemen ein weiterer Grund nach der Wahl die Bundeswehr nochmals zu verkleinern – schwerpunktmäßig beim Heer.
Aber das schreibt man natürlich nicht ins Wahlprogramm.
Die Politik senkt auch rhetorisch die Ansprüche an die Bundeswehr ab:
http://www.dw.de/was-kommt-nach-afghanistan/a-17042156
Da ist dann nach der Wahl auch genug – parteiübergreifender – Raum für eine Neuausrichtung der Neuausrichtung.
Der „Afghanistan-Schock“ ist eben bei der Streitkräfteplanung noch nicht angekommen.
@ Memoria
Wenn man nichts kann scheint das Nichtstun ja alternativlos. Das ist konzeptionell und wahlkampftechnisch halt deutlich weniger kontrovers als das Besserwerden.
Hat man ja sehr anschaulich an den Reaktionen auf Thomas Wiegolds Zeit-Artikel, was die Bundeswehr im Syrien-Konflikt einsetzen könnte, gesehen.
Irgendwie ist es da schon fast bitter ironisch, dass die Grünen mit ihrem recht ganzheitlichen Frieden-für-die-Welt-Programm als „die Kriegstreiber“ darstehen, weil sie sich zur Schutzverantwortung bekennen. Auch wenn sich am sicherheitspolitischen Teil des Grünen-Programms seit dem Kosovokrieg nicht viel geändert hat.
SPD und CDU sind halt zu dem Schluss gekommen, dass Frieden keine Gefallenen-Pressemeldungen wert ist, und beschränken sich auf die Themenschwerpunkte Nichtbündnispartner-Rüstungsexporte-statt-Intervention und Marine-gegen-Handydiebe. Macht die Welt zwar nicht sicherer, aber die Rüstungslobby ist zufrieden und die schlechte Presse bleibt auch aus – was will man mehr?
Wie gut diese Placebo-Sicherheitspolitik funktioniert kann man ja am deutschen Engagement für Somalia sehen: „Ärzte ohne Grenzen“ verlassen Somalia.
Da paßt es dann auch ins Bild, dass Somaliland von der deutschen Politik schlicht nicht wahrgenommen, unterstützt, anerkannt oder gar studiert wird: Funktionierendes Nationbuilding für lau, durch Einheimische, ohne Kasernenhof-Ausbilder, Marine-Verbände, internationale Konferenzen, schnellstmögliche Wahlen, Top-down-Regierungsfinanzierung und millionenschwere Leuchturmprojekte? Nee, das paßt einfach nicht ins Bild.
@J.R.:
„Wenn man nichts kann scheint das Nichtstun ja alternativlos.“
Syrien zeigte doch nochmals (nach Libyen), dass man nicht will.
Können tut man schon, aber nicht wollen.
Ist auch in Ordnung.
Aber dann bitte nicht ne Armee unterhalten, die alles können soll – und deren Generalität und Admiralität leider auch so tut, als könne sie das mit immer weniger immer besser.