EuroHawk-Ausschuss: Das scharfe Schwert des Parlaments?

Parlamentarische Untersuchungsausschüsse, so heißt es immer wieder, seien das scharfe Schwert des Parlaments. Mit ihren umfangreichen Möglichkeiten, Akten heranzuziehen und Zeugen zu befragen, könnten sie Licht ins Dunkel merkwürdiger, intransparenter Vorgänge von Regierungs- und Verwaltungshandeln bringen. Bisweilen stimmt das sogar – wie der laufende NSU-Untersuchungsausschuss zeigt. Der allerdings mindestens in einem Punkt außergewöhnlich ist: alle Fraktionen im Bundestag eint das Interesse, die Umstände der Mordserie aufzuklären.
Der absehbare Untersuchungsausschuss zum Thema EuroHawk, zu dem sich vielleicht schon am (morgigen) Mittwoch der Verteidigungsausschuss erklären wird, hat dagegen weniger von einem scharfen Schwert und mehr von einer rostigen Rasierklinge. Mit der soll Verteidigungsminister Thomas de Maizière rasiert werden, und bei diesen Untersuchungen dürfte es weniger um die Probleme eines großen, fehlgeschlagenen Rüstungsprojekts gehen, kaum darum, wie – seit Jahren – Beschaffungen für die Bundeswehr organisiert werden, sondern um spannende Fragen – nach dem Strickmuster, ob der Minister einen halben Tag eher als bislang bekannt in einem Vermerk gelesen hat, dass es Probleme mit dem EuroHawk gibt.
Für diese rostige Rasierklinge ist nicht allein die Opposition verantworlich, auch die große Partei der Regierungsseite schneidet ihre Untersuchungsausschuss-Arbeit auf den Spitzenmann der Gegenseite zu. Peer Steinbrück, einst Finanzminister in der großen Koalition und nun SPD-Kanzlerkandidat, müsse ebenfalls vor den Ausschuss, verlangte CDU/CSU-Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer heute morgen. Ja nee, is klar. Weil nämlich Finanzminister immer das Geld für Rüstungsprojekte geben. Und sich um die Details kümmern, welche Waffensysteme die Bundeswehr einkauft und welches Kaliber das neue Maschinengewehr haben soll.
Ein Untersuchungsausschuss EuroHawk hätte eine wirklich tolle Möglichkeit eröffnet: Die Möglichkeit, die Probleme bei der Beschaffung von millionen- oder milliardenteuren Rüstungsgütern mal zu durchleuchten. Die gescheiterte Riesendrohne ist ja bei weitem nicht der teuerste Problemfall der vergangenen Jahre. In etlichen Fällen wüsste man gerne, warum eigentlich den bereits ausgegebenen Riesensummen noch Geld hinterher geworfen wurde. Und dieser Prozess, immer mal wieder ein bisschen überarbeitet und verändert (wir erinnern uns: Der neue Militärtransporter A400M wurde im so genannten commercial approach gekauft, zum Festpreis, bis die Bestellerländer noch paar Milliarden drauflegten, aber auf Konventionalstrafen wegen verspäteter Auslieferung verzichteten) könnte ein wenig mehr Transparenz gut gebrauchen.
Aber dafür wird, leider, einfach in den paar Wochen Untersuchungsausschussarbeit keine Zeit sein. Zumal es ja wichtigeres gibt, wie die Frage, wann welcher Vermerk den Minister erreicht hat, ob er die Reißleine hätte eher ziehen lassen müssen, und ähnliches. Und jedes von ihm abgezeichnete Blatt Papier wird ein wichtiges Dokument. Für den Wahlkampf.
Vielleicht bin ich ja auch nur zu pessimistisch. Vielleicht wird alles ganz anders, und Anfang September haben wir alle, Parlament und Öffentlichkeit, endlich gelernt, wie künftig das passende Gerät für die Truppe preiswert und rechtzeitig auf den Kasernenhof oder das Flugfeld kommen könnte. Noch glaube ich das allerdings nicht.
„Noch glaube ich das allerdings nicht.“
Ich spiele auch mal den Propheten: das werden 100% hier auch so sehen – und zwar mit Recht.
Dazu müsste man ja das Rad neu erfinden ;D
Klasse Leitkommentar, Herr Wiegold! Treffender kann man das Dilemma nicht bezeichnen…
Anstatt wirklich mal Probleme zu lösen, versucht man stattdessen den nächsten, potenziell gefährlichen Kandidaten der Gegenseite abzuschießen. Da merkt man mal wieder, wie dilettantisch unsere Volksvertreter in sicherheits- und militärpolitischen Fragen sind. Für mehr als (wahl-)politische Ränkeschmiede ist das Ressort anscheinend nicht gut.
Der Ausschuss ist eine Farce – allein vom Timing her. Schon nach deMaizières Schachzug, die Hauptaussage in die Hochwasser-Woche zu verlegen hätte der U-Ausschuss aufgestellt werden müssen.
Mit dem jetzt absehbaren Timing und der Sommerpause wird er zur Wahlkampf-Farce und liefert das notwendige Schlachtfeld für alle Parteien.
Leider ist die Intransparenz auch an anderen Stellen mir Auswirkungen für Leib und Leben offenkundig. Schon der einzelne Tag, der mich belastet sollte Anlass dazu sein, sämtliche Strukturen des Ministeriums einer Prüfung zu unterziehen und wieder unter die Kontrolle des Parlamentes zu bringen.
Mein persönlicher Eindruck: das Militär führt die Politik – nicht die Politik das Militär.
@Thomas – Sorry, dass ich den Platz noch mal nutze und Danke an dieser Stelle, dass du am Thema dran bist. Meinen Obolus für augengeradeaus.net muss ich dennoch ab Juli einstellen. Hoffe, dass ich irgendwann wieder zur zahlenden Leserschaft zählen kann.
http://ptbsblog.daniel-luecking.de/2013/06/gegen-die-stille-gegen-das-schweigen/
@Daniel Lücking
„Mein persönlicher Eindruck: das Militär führt die Politik – nicht die Politik das Militär.“
Genau das ist nicht der Fall.
@BausC
Dann erklären Sie mir mal den 27.09.2008 und die Aussagen der BT-Mitglieder, die über eine fehlende Sicherheitspolitische Diskussion klagen bzw. den Gehalt der Unterrichtung des Parlaments kritisch sehen.
Diese Armee ist mir vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte zu undurchsichtig.
– Targeting-Listen in Afghanistan
– nachträgliche Legitimierung der Einsätze des KSK durch das Parlament
– Beschaffungsaffären in einer peinlichen Regelmäßigkeit
– fragwürdige Zahlen zum Thema PTBS
Ein Pressesprecher Einsatzführungskommando, der zur UdP sagt, dass es völlig normal und legitim sei, bei Internationalen Einsätze nur den deutschen Anteil an das Parlament zu kommunizieren.
Da frag ich: Geht’s noch?
Von den internen Zuständen der Armee mal ganz zu schweigen. Schauen sie sich die Darstellung meiner Dienstzeit an. Ich habe schwer gerungen um in einem halbwegs sachlichen Ton bei der Schilderung der Einsätze zu bleiben.
Ich möchte nicht wissen, zu was ich da beigetragen habe, was mir wegen der Informationslage vor Ort schlichtweg nicht bewusst ist.
Dringender Handlungsbedarf in allen Bereichen der Armee für Transparenz zu sorgen. Das aktiven Soldaten solche Forderungen nicht gefallen ist mir klar. Aber sie sind überfällig. Meiner Meinung nach.
So interessant es wäre, morgen im Verteidigungsausschuss einmal Mäuslein zu sein und auch am 15.05. und am 10.06 gewesen zu sein, dies unter dem sachlichen Ansatz die jahrzehnte alten Defizite und Systemimmanenzen samt Lobbyismus des militärischen Beschaffungsstems abgeklärt zu wissen.
Andererseits glaube ich in Anbetracht der tatsächlich gestellten Fragen und Antworten hätte sich das Mäusleinj warscheinlich ob des allumfassenden und teils sogar abgrundtiefen Dilettantismus zu Tode gelacht oder geweint. Insofern wäre ein Untersuchungsausschuss als „scharfes Schwert“ sicherlich die richtige Lösung.
Aber wie T.W. schon sagt, man scheint sich eher gegenseitig barbieren zu wollen. Es sei denn, das Fähnlein derwenigen Aufrichtigen packt vorher die blanke Wut und man legt das bislang Gefragte und Geantwortete offen und dann dürfte ganz schnell Schluß mit „Lustig“ und Schluß mit „Hinter-vor-der-Fichte“ sein. Dann kämen nämlich fraktionsübergreifend die Unterwasseransichten des Eisberges auf das Tapet. Aber wer will das schon, ausser der schnöde Volkssouverän?
Und damit wären wir fast auf dem Niveau einer Einheitspartei und man könnte fast Gysi zum nächsten IBUK machen. Der hat mit Garantie eine blütenreine Weste, was das Bw-Bschaffungswesen anbetrifft und auf was Anderes kommt es ja wohl bei einem zukünftigen IBUK nicht mehr an? Bitter!
@Daniel Lücking:
„Diese Armee ist mir vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte zu undurchsichtig.
– Targeting-Listen in Afghanistan
– nachträgliche Legitimierung der Einsätze des KSK durch das Parlament
– Beschaffungsaffären in einer peinlichen Regelmäßigkeit
– fragwürdige Zahlen zum Thema PTBS“
kann ich so nicht nachvollziehen.
‚targeting-Listen‘ sind per se normal – im weiteren Sinne ja nichts anderes als eine Fahndungsliste der Polizei. Das die Eine Seite nun Kill/Capture draufschreibt, während wir auf Capture/Kill bestehen ist eine unterschiedliche Herangehensweise von nationen, die man nicht gutheissen muss – ich wüsste aber nicht was am Ansatz Verbrecher (erdächtige) gefangen zu nehmen falsch sein sollte.
Nachträgliche Legitimierung von KSK-Operationen.
(1) Geht die Parlamentarische Bewilligung von Operationen weiter als vom BGH verlangt, sie aber gleichzeitig diese Option vor (ergo per se erstmal kein Problem)
(2) Gelangen in aller Regelmäßigkeit geheime Dokumente aus dem Bundestag an die Presse… gelegentlich hat auch ein Verteidigungsminister einfach Operationspläne in der Pressekonferenz rausgehauen… was ist daran falsch, das Leben der Soldaten bei derartigen Operationen durch zurückhaltenden Umgang mit Informationen zu schützen, wenn eine Kontrolle (wenn auch im Nachhinein) gesichert ist?
Beschaffungsaffären
Seit wann sind Beschaffungsprobleme und -affären ein spezifisches Problem der Bundeswehr? Stuttgart 21, BER, Elbphilharmonie […]
Dieser Systemfehler zieht sich durch die ganze Regierungslandschaft.
Fragwürdige Zahlen zum Thema PTBS
Ja, da muss man sicher noch dran arbeiten, aber immerhin ist das Problem erkannt und wir sind auf dem Weg.
Parlamentsinformationen:
Das deutsche Parlament hat nicht unbedingt Anpruch auf Informationen zu amerikanischen Operationen… die hat in der Regel nicht einmal das deutsche Militär im Einsatz in Gänze… genausowenig wie der amerikanische Aussenminister nicht das deutsche Parlament bzgl einer gemeinsamen Initiative in der UN informieren muss…
‚Geht’s noch‘ frgae ich mich da eher auf den undifferenzierten Bezug zur deutschen Geschichte vor dem Hintergrund dieser Punkte…
Ja, im Einsatz läuft vieles Unrund und ebenso ja – viele Berichte, die ‚oben‘ ankommen entsprechen niocht der Wahrnehmung der Leute im Einsatz… was aber weniger an den ‚internen Zuständen‘ der Armee als an den intern Zuständen im BMVg liegt, bzw den Führungsstäben in denen Berichte geschönt werden.
Wenn Sie ein Problem mit Diskrepanzen haben, dann machen Sie es einfach wie anderen Kameraden und starten Meldugnen, Beschwerden und ggf Informationen an den Wehrbeauftragten… es gibt durchaus Wege jenseits von BILD.de und SPON um eine korrekte Unterrichtung des Parlamentes zu gewährleisten…
Dann wiederum: wenn das Parlament derlei wirklich wollte, dann würde es in solchen Fällen die entsprechend Meldenden zur Untersuchung vorladen.. und nicht den Bock (BMVg) zum Gärtner machen…
@Daniel Lücking
„Dann erklären Sie mir mal den 27.09.2008“
Das hat der Generalbundesanwalt schon geklärt!
Noch Fragen?
„und die Aussagen der BT-Mitglieder, die über eine fehlende Sicherheitspolitische Diskussion klagen“
Das ist jetzt ja wohl ein Witz, oder?!
Die sicherheitspolitische Debatte in Deutschland soll von der Armee ausgehen??
Wie bitte?
Es ist die Pflicht und Schuldigkeit derjenigen die dafür gewählt wer den diese Debatte endlich anzustoßen und unsere Sicherheitspolitik (und die Bundeswehr als der exponierteste Spieler auf diesem Feld) endlich ernst zu nehmen!
„Diese Armee ist mir vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte zu undurchsichtig.“
Jetzt kommt schon wieder DIE Keule :(
Nach was?
„- Targeting-Listen in Afghanistan“
NATO-Verfahren
„- nachträgliche Legitimierung der Einsätze des KSK durch das Parlament“
Durch das BVerfG für Legitim erklärt (und nebenbei militärisch wäre alles andere ja auch Selbstmord)!
Warum überhaupt eine Genehmigung JEDES klassischen Exektiveinsatzes unterhalb der Kriegsschwelle sein muß, DASS wiederum erschließt sich mir mit Blick auf die ALLERmeisten unserer Verbündeten (und selbst auf die Schweiz!) nun überhaupt nicht.
Weder inhaltlich noch rechtlich.
„- Beschaffungsaffären in einer peinlichen Regelmäßigkeit“
Problem der im wesentlichen zivilen (!) Beschaffung.
Und sehr häufig verursacht und verschlimmert durch die Abgeordneten des Wirtschafts- und des Finanzausschusses, die lieber auf Rüstungslobbyisten hören als auf militärische Fachleute :(
„Ein Pressesprecher Einsatzführungskommando, der zur UdP sagt, dass es völlig normal und legitim sei, bei Internationalen Einsätze nur den deutschen Anteil an das Parlament zu kommunizieren.“
Warum sollte das DEU EinsFüKdo denn bitte das DEU Parlament über NICHT-DEU Streitkräfte unterrichten?!
„Da frag ich: Geht’s noch?“
DAS wiederum habe ich mich bei Ihrem Post gerade auch gefragt!
„Von den internen Zuständen der Armee mal ganz zu schweigen. Schauen sie sich die Darstellung meiner Dienstzeit an. Ich habe schwer gerungen um in einem halbwegs sachlichen Ton bei der Schilderung der Einsätze zu bleiben.“
Naja, das kann man auch anders sehen.
Ich habe schon viele Kameraden gesehen, die mit Tränen in den Augen nach Hause gehen.
Und angesichts der objektiv vorhanden Nachfrage nach dem BS dürften da auch noch andere Blickwinkel als der ihrige möglich sein…
„Ich möchte nicht wissen, zu was ich da beigetragen habe, was mir wegen der Informationslage vor Ort schlichtweg nicht bewusst ist.“
Noch irgendwelche Verschwörungstheorien auf Lager?
Die Opposition hat mit diesen Untersuchungsausschuss das Ziel den Lügen Drohnenbaron de Maizière zum Rücktritt zu zwingen. Die Koalition will von de Maizière Fehler ablenken, indem Fehler in der Beschaffung gesucht werden. Kommt auch darauf an, welchen Auftrag der UA bekommt.
Bedenkliche Mentalität, Kerveros.
Zu welchem Verhalten wollen wir denn die afghanische Bevölkerung anhalten, wenn international vorgelebt wird, dass Listenführung und Waffeneinsatz einen Prozess nach rechtstaatlichen Grundsätzen ersetzt?
Zum Thema Informationsanspruch:
Die Armee für Dinge hergeben und in Szenarien einsetzen, über die der Bundestag entscheidet, aber nur die Hälfte an Informationen hat? Das ist so ziemlich der bedrückendste Blanko-Check, den man ausstellen kann.
Auch hier: das erlaube ich der Regierung nicht. Wenn Sie das in Ordnung finden – bitte. Für mich ist eine der sensibelsten Grenzen überhaupt überschritten worden.
Zum Thema PTBS:
Ein Themenkomplex, der den Verbündeten in jeder Hinsicht seit Jahrzehnten bekannt ist – und die Bundeswehr reagiert erst 2008. Und für die Betroffenen allen Punkten zu langsam und alles andere als effektiv.
Dazu auch mal dieses Pressemeldung lesen. Ist erkennbar Lobbyarbeit vom Verband – aber der Kern:
Soldaten und Reservisten, die teilweise seit Somalia und dem ersten Kosovokontingent unter den Auswirkungen leiden haben diese Zeit längst nicht mehr.
http://www.bptk.de/aktuell/einzelseite/artikel/bundeswehr-b.html
Instrument des Wehrbeauftragten:
Ob ich das nutze oder nicht ist meine Angelegenheit. Wenn ich den Eindruck hätte, dass es den notwendigen Impact erzielen würde, wäre ich dort. Nicht mein Eindruck – ergo: ich trete mit den Abgeordneten direkt in Kontakt.
Mein Recht als Staatsbürger. Und zwar unabhängig davon, ob ich Uniform trage oder nicht.
Beschaffungskriminalität …Pardon: Beschaffungsaffären:
Die Bundeswehr,verpflichtet ihre Soldaten nach den Grundsätzen der Inneren Führung, Vorgesetzte zur Vorbildfunktion.
Sie scheut sich nicht dem Soldaten über die Bundeswehrverwaltung einen im Gefecht verlorenen Handschuh oder andere Lappalien in Rechnung zu stellen und Materialverluste im Bereich von wenigen Hundert Euro disziplinar zu ahnden.
Sie wollen mir ernsthaft mit Beispielen aus dem Zivilleben kommen und diesen Schmuh rechtfertigen, der da im Ministerium regelmäßig läuft? Hut ab. Ich hoffe, sie haben keinen entscheidenden Posten in dieser Armee. Wenn ja, dann machen sie ihn frei. Solche Leute braucht das Land nicht.
Ende der Durchsage – sorry für Klartext und Transparenz. Das soll nicht in erster Linie Sie treffen – aber hoffentlich andere zum Nachdenken anregen.
@ Koffer
Die sicherheitspolitische Debatte in Deutschland soll von der Armee ausgehen??
Wie bitte?
Eigentlich ist es eine Selbstverständlichkeit, dass sich Soldaten in die sicherheitspolitische Debatte einbringen, da a) direkt betroffener Stakeholder, und b) Experten auf einem nicht unwesentlichen Teilgebiet.
Tatsächlich hat aber letzte Woche mit dem CH53-Blog glaub der letzte relevante „Staatsbürger in Uniform“-Blog seine Pforten geschlossen.
Warum sollte das DEU EinsFüKdo denn bitte das DEU Parlament über NICHT-DEU Streitkräfte unterrichten?!
Vollständiges Lagebild? Oder wie sollen die Parlamentarier ohne selbiges sinnvolle Entscheidungen treffen?
Gerade in Deutschland ist es doch bezeichnend, wenn überzeugte Politiker wie Herr Nachtwei die realistische Darstellung des Auslandseinsatzes übernehmen (müssen), weil das Militär dazu nicht willens und nicht in der Lage ist.
(Und an der Stelle kann man dann nicht oft genug darauf verweisen, dass die Bundeswehr die Sicherheitslage zu afghanischen Distrikte, zu denen man gar kein Lagebild hatte, einfach „grün“ einstufte.)
Meine Güte, wenn „die Truppe“, also gut über 180.000 Personen, nicht in der Lage sind „die Bevölkerung“ an „dem BMVg“ vorbei über das zu informieren was wirklich Sache ist, dann läuft doch was grundlegend schief.
Applaus für J.R.!!! Und das meine ich so!!
@Daniel Lücking:
Das ist ein schlechter Scherz oder? Das Primat der Politik/(politischen) Beamtenschaft ist bei absolut keiner Armee dieser Welt so ausgeprägt, wie bei der Bundeswehr.
– Ihnen ist bewußt, daß das gezielte töten von Feinden in einem bewaffneten Konflikt nicht nur erlaubt, sondern auch wesentlich humaner als eine Flächenbombardierung mit Bombern/Artillerie ist (die ebenfalls erlaubt ist wenn der verantwortliche Führer das zu vernichtende Ziel als wichtig genug ansieht um die zivilen Kollateralschäden zu rechtfertigen.) Und wer nicht will das ein Gefecht/Krieg geführt wird, darf die Armee gar nicht erst einsetzen, wir sind kein THW/BMZ etc.! Wer ordnet den Einsatz der Armee an? Richtig die Exekutive/Legislative.
– Wenn Sie dann in Libyen/Syrien/… sitzen viel Spaß beim warten. Die Landshut würde heute noch in Mogadischu rumstehen.
– Im Beschaffungswesen haben Soldaten nicht das geringste zu sagen, sobald es um das Ausgeben von Geld geht, bzw. wer unterschreibt den die Verträge und billigt diese??? Richtig Beamte und Politiker.
– PTBS hier kann ich Ihnen noch am ehesten zustimmen, aber das Geld kontrollieren die Beamten/Politiker und die Generalität macht das, bzw. meldet was die politische Führung will, sonst wird sie in den Ruhestand versetzt.
Der Fisch stinkt vom Kopf und der Kopf ist dezidiert politisch/zivil. Im BMVg gibt es wahrscheinlich nicht viele Obristen die was zu sagen hätten, und die wollen noch General werden.
Um Die Kurve zum Euro Hawk zu bekommen, von Soldaten und insbesondere von militärischen Führern wird richtiger Weise verlangt Verantwortung zu übernehmen, aber der IBUK kann den Flurfunk ohne Konsequenzen ignorieren??? Ja wo leben wir denn, jedem KpChef wird die Hölle heiß gemacht wenn er es verabsäumt hat wegen vernommenem Flurfunk Ermittlungen aufzunehmen, wenn sich dieser als wahr herausstellt.
Ich könnte kotzen!!! Preuße vorn Arsch.
@Daniel Lücking
“Mein persönlicher Eindruck: das Militär führt die Politik – nicht die Politik das Militär.”
Ihren persönlichen Eindruck in Ehren, meine persönliche Erfahrung sagt das Gegenteil aus. Selbstverständlich muss der Primat der Politik seine Gültigkeit haben. Dies darf aber nicht dazu führen, dass die Politik regelmäßig militärische Expertise überstimmt und beratungsresistent wird.
Weiterhin sollte sich ein Bundestag, der zwölf Jahre lang mit großer Mehrheit ISAF-Einsätze verabschiedet, aber nie einen systematischen Versuch unternommen hat, diese Einsätze der deutschen Bevölkerung zu erklären, nicht über einen Mangel an sicherheitspolitischer Diskussion beklagen. Brächte die Truppe tatsächlich ihre professionelle Meinung, nicht zwingend die des Ministeriums, in eine öffentliche Debatte ein, sorgte dies sehr wahrscheinlich direkt zum Vorwurf der Militarisierung der Debatte. Und das wäre doch politisch nicht korrekt, oder?
@Daniel Lücking
„zu welchem Verhalten wollen wir denn die afghanische Bevölkerung anhalten, wenn international vorgelebt wird, dass Listenführung und Waffeneinsatz einen Prozess nach rechtstaatlichen Grundsätzen ersetzt?“
Targeting IST ein Waffeneinsatz nach rechtstaatlichen Grundsätzen!
Und zwar nach denen des Völkerrechts!!!
Das Krieg furchtbar ist, darüber brauchen wir uns nicht unterhalten, aber wenn er schon sein muß, dann sollte man nach den richtigen Regeln spielen.
Dazu haben wir uns vor über 100 Jahren verpflichtet und im Rahmen des Targetings tun wir GENAU das heute!
„über die der Bundestag entscheidet, aber nur die Hälfte an Informationen hat?“
Der Bundestag hat einen eigenen wissenschaftlichen Dienst und die Abgeordneten können die internationale Presse auswerten!
Dafür benötigt der BT nicht das EinsFüKdo
Vertrauliche Informationen unserer Verbündeten wiederum DARF das EinsFüKdo nicht weitergeben.
Also was wollen Sie eigentlich?!
„Sie wollen mir ernsthaft mit Beispielen aus dem Zivilleben kommen und diesen Schmuh rechtfertigen, der da im Ministerium regelmäßig läuft?“
Was hat denn das Ministerium mit der Armee zu tun?
Das Ministerium ist NICHT Teil der Streitkräfte und wird an den Schnittstellen und Schaltstellen noch nicht einmal von Soldaten geführt, also was hat das mit ihrem (absurden) Anfangsvorwurf zu tun, dass die Armee die Politik führt?!
@J.R.
„Eigentlich ist es eine Selbstverständlichkeit, dass sich Soldaten in die sicherheitspolitische Debatte einbringen,“
Stimmt, tun wir ja auch (ich z.B. hier), aber die sicherheitspolitische Debatte muß von der Gesellschaft geführt werden.
Und hier vor allem von den exponierten Vertretern – den GEWÄHLTEN Vertretern.
Ich finde das immer lustig, wenn mich Bekannte darum bitten einen der DEUTSCHEN Einsätze (ich sage hier bewußt mal nicht einen der Einsätze der Bw) zu rechtfertigen.
Ich sage dazu immer: „ich kann ihn erklären, aber für die Rechtfertigung und Begründung mußt Du schon zu Deinem Abgeordneten gehen, denn der hat uns da hingeschickt!“
„Vollständiges Lagebild? Oder wie sollen die Parlamentarier ohne selbiges sinnvolle Entscheidungen treffen?“
In dem sie ihr Hirn einschalten?
„weil das Militär dazu nicht willens und nicht in der Lage ist.“
Es ist NICHT Aufgabe eines Staatsdieners den Willen der Politik zu erklären! Die Politik muß UNS ihren Willen erklären!
So rum wird ein Schuh daraus.
„Meine Güte, wenn “die Truppe”, also gut über 180.000 Personen, nicht in der Lage sind “die Bevölkerung” an “dem BMVg” vorbei über das zu informieren was wirklich Sache ist, dann läuft doch was grundlegend schief.“
Das ist der Größte Unsinn, den ich seit langem gehört habe :(
Dazu sage ich jetzt gar nichts mehr…
@T. Wiegold
Ihr Beitrag bringt es auf den Punkt. Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Wahlkampf, Wahlkampf und nochmals Wahlkampf. Gähn.
@GhostBear
Nur zur Klarstellung: ich bin nicht gegen Soldaten oder die Existenz der Bundeswehr. Meine Kritik geht in Richtung des Einsatzes der Armee und der Bedingungen unter denen die Soldaten arbeiten.
Diesem Teil des Kommentars stimme ich voll und ganz zu:
Der Fisch stinkt vom Kopf und der Kopf ist dezidiert politisch/zivil. Im BMVg gibt es wahrscheinlich nicht viele Obristen die was zu sagen hätten, und die wollen noch General werden.
Generell: wir brauchen eine Anti-Terror-Einheit, wie die KSK für Fälle wie Mogadishu – das entspricht aber in keiner Weise den Szenarien in Afghanistan. Klar, das Obama vollmundig die Schließung von Guantanamo verspricht, wenn Geheimdienste und Militärs im Gegenzug versichern, dass keine Häftlinge mehr das Land verlassen in dem sie mittels Drohnen eliminiert werden.
Das führt den ganzen ISAF-Einsatz ad absurdum – in Dimensionen, die kaum noch möglich schienen.
Aber auch bei Ihnen schockiert mich die Auffassung vom Einsatz. Die Gewaltanwendung beim Mandat und die Grundlagen des ISAF-Einsatzes muss man eindeutig hinterfragen.
So auch die Maßstäbe, die sich die westliche Gemeinschaft für ihr Handeln gegeben hat. Hirn ausschalten und mit dem Soldatengrundsatz „Isso“ reagieren kommt für mich nicht in Frage – und vor allem:
DAS IST NICHT DAS VERHALTEN DAS DER GELEISTETE EID ABVERLANGT!
Wie krank bitte ist diese Armee, wenn sich Soldaten aus Bequemlichkeit an einen vom Minister verhängten Maulkorb gehalten wird, der Soldaten in sicherheitspolitischen Diskussionen nur dann hören will, wenn sie die Linie der Bundeswehrführung vertreten?
HIER MÜSSEN GENERÄLE UND OFFIZIERE INTERVENIEREN!
Zu den Beschaffungsvorgängen: sachlich falsch
Wenn die Verantwortung nur bei den zivilen Beamten und der Politik liegen würde, warum stand dann Wieker zur Disposition?
Die Ausreden von Thomas deMenz, der nun offenbar auch noch schlecht hört, sind unerträglich.
Meine Folgerung:
Der Untersuchungsausschuss muss nicht nur prüfen, sondern in der Folge der Armee eine Struktur vorgeben, die von der jeweils amtierenden Regierung nur mit Parlamentsbeschluss angepasst werden kann.
Danach keine primäre Jagd mehr auf Köpfe – sondern auf strukturelle Probleme und auf In-Transparenz.
Soldaten, wie ich wurden in diesem Afghanistaneinsatz verheizt. Psychisch steigen die Opferzahlen – physisch zuletzt Anfang Mai. Grund dafür sind fehlende politische Kurskorrekturen und insbesondere in den ersten Jahren des Einsatzes grundlegende Ausrüstungsmängel.
Die kamen auf, weil Soldaten bei der Beschaffung offensichtlich zu wenig Mitspracherechte haben UND einzige die Lobbyinteressen zählen.
Liebe Lobbyisten – machen Sie mir das Leben ruhig schwer – aber die Grenzen, die sie mit diesem Einsatz überschritten haben nehme ich nicht mehr hin.
Es bleibt zu hoffen, dass endlich mehr Soldaten die falsch verstandene Verschwiegenheitspflicht hinten anstellen und die Pflicht zur Kameradschaft in den Vordergrund stellen.
Ein Dienstherr, der Fürsorgepflichten in so vielen Bereichen nur unter Druck nachkommt braucht keine „treuen Diener“ – er braucht vor allem eines: MEHR DRUCK!
@Daniel Lücking
„Es bleibt zu hoffen, dass endlich mehr Soldaten die falsch verstandene Verschwiegenheitspflicht hinten anstellen und die Pflicht zur Kameradschaft in den Vordergrund stellen.“
Das ist jetzt krass :(
Ich verabschiede mich nun aus der Diskussion. Was hier wie engagierte Meinungsäußerung ausschaut und den Eindruck vermittelt
„Was will der Lücking eigentlich mit seiner Belastungsreaktion? Es funktioniert doch alles!“
ist im Grunde genommen genau die Belastungsreaktion. Nicht weg schauen können, mit den Gedanken immer am Thema sein – unter Vernachlässigung der eigenen Bedürfnisse, Beziehungen und allem, was zu einem geordneten Leben notwendig ist.
Falls sich der ein oder andere persönlich angegriffen fühlt: es tut mir Leid und ist keine Absicht, sondern einzig das Impulsive Verhalten, das ich endlich mit der Therapie in vernünftige Bahnen bekommen muss.
Ich hoffe, der Ausstieg aus der Diskussion klappt. Gruß und weiterhin eine anregende Diskussion.
@Daniel Lücking:
„Die Gewaltanwendung beim Mandat und die Grundlagen des ISAF-Einsatzes muss man eindeutig hinterfragen.“
Könnten Sie das bitte näher ausführen?
@all
Zu Ausrüstungsmängeln und der Rolle von Soldaten: hier sind sehr oft nicht Politiker die Bremser, sondern Soldaten im BMVg.
Die hier einmal mehr gepflegte Legende von machtlosen Obersten im BMVg ist haltlos. Es gibt einige ESB, die von Soldaten bzw. Uniformträgern – insbes. Obersten – gegen aktives Betreiben von Abgeordneten gestoppt wurden.
Also bitte einfach aufhören mit Legenden, die StOffze zur eigenen Entlastung in der Truppe verbreiten.
@Ghost Bear | 11. Juni 2013 – 20:59
Ihnen ist anscheinend nicht bewußt, dass das gezielte Töten von Feinden in einem bewaffneten Konflikt nur erlaubt ist, wenn es sich um einen Akt der Selbstverteidigung handelt. Und Ihnen ist offensichtlich auch nicht bewußt, dass es hier nicht um bewaffnete Drohnen, sondern um Drohnen zur Signalaufklärung („Spionagedrohnen“) geht, die sich nicht einmal selbst verteidigen können.
@Koffer
Finden Sie? Schauen sie auf die PTBS-Fälle, die seit mehreren Jahren in der WDB-Warteschleife hängen. Schauen sie auf die Mängel innerhalb der Armee. Der Dienstherr kommt der Fürsorgepflicht in viel zu vielen Bereichen nicht mehr angemessen nach.
Ich trauere um jeden gefallenen Soldaten – mehr aber noch um die namenlosen Zivilisten, die in keiner Bundeswehrstatistik landen (ich werde nicht dazu gehören). Um die, die an Pillen hängen, um die die in HARTZ4 landen (so wie ich in Kürze), um die, die die Auswirkungen mit Drogen oder Alkohol betäuben (Gottlob keine Wege für mich).
@Stefan
„Ihnen ist anscheinend nicht bewußt, dass das gezielte Töten von Feinden in einem bewaffneten Konflikt nur erlaubt ist, wenn es sich um einen Akt der Selbstverteidigung handelt.“
Das ist FALSCH, FALSCH, FALSCH!
In einem bewaffneten Konflikt ist das gezielte Töten des Gegners solange zulässig, wie sich dieser nicht ERGEBEN hat.
Sonst wäre ja jeder Scharfschützeneinsatz und jeder Artillerie/Mörser Einsatz ein Kriegsverbrechen!
@TW
Sie glauben doch etwa nicht im Ernst, dass ein Ausschuss etwas klären könnte, was Heerscharen von internen und externen Arbeitsgruppen seit 40 Jahren nicht schafften.
An den verschiedenen Debakeln bei der Ausrüstung und nicht nur dort tragen alle Beteiligten gleich Schuld. Ohne überzogene Forderungen (TSK) keine schwierige oder unbezahlbare Entwicklung, ohne einen Gesamtplaner, der das zulässt (GI), keine Darstellung im BWPlan, ohne Industrie, die alles verspricht und wenig hält, ohne Beschaffer, die viel zu optimistisch sind, ohne Politik mit Pseudofachleuten, wäre das alles nicht möglich.
Aber das ist nicht nur ein deutsches Phänomen.
@Stefan:
„Ihnen ist anscheinend nicht bewußt, dass das gezielte Töten von Feinden in einem bewaffneten Konflikt nur erlaubt ist, wenn es sich um einen Akt der Selbstverteidigung handelt.“
Anknüpfend an Koffer kann ich nur unterstreichen, dass dies auch aus Sicht des IKRK falsch ist.
Siehe hierzu die deutsche ROE-Diskussion 2007-2009 und die Sicht des IKRK („direct participation“).
@T.W.: Schlage aus therapeutischen Gründen eine Schutzsperre für Kamerad Lücking vor.
@Stefan
In Ergänzung zu Memoria und Koffer empfehle ich das Studium der Ausführungen der Generalbundesanwaltschaft Karlsruhe zum Luftwaffen-Einsatz KUNDUZ.
Artikel 51 UN-Charta (Selbstverteidigung) bezieht sich auf Staaten als Subjekte des Völkerrechts. Für Kombattanten in bewaffneten Konflikten gelten nicht die zivilrechtlichen Maßstäbe bei Notwehr/Nothilfe. Überspitzt gesagt, Fairness hat auf dem Gefechtsfeld keinen Platz.
@St.Michael
„Überspitzt gesagt, Fairness hat auf dem Gefechtsfeld keinen Platz.“
Ritterlichkeit aber sehr wohl :)
@Stefan:
Entschuldigen Sie meine Wortwahl, aber wer hat Ihnen den diesen MIST verzapft? (Älteren Kommentaren glaube ich zu entnehmen, das sie Soldat sind oder waren?!)
Wenn die S2/G2 Leiste wie auch immer (elektronische Überwachung, HumInt, etc.) feststellt, daß „Mohammed Omar“ ein Talibankämpfer ist und keine Erkenntnisse vorliegen, daß er seiner Tätigkeit als irregulärer Kämpfer abgeschworen hat, so ist es dem verantwortlichen militärischen Führer nicht nur erlaubt Mohammed Omar zu bekämpfen, sondern er hat nachgerade die Pflicht dazu!
Von Drohnen hat niemand gesprochen und es spielt auch keine Rolle, ob ich eine Drohne/Hellfire oder ein Scharfschützengewehr oder eine ungelenkte Bombe von einem Tornado abgeworfen einsetze. Wobei die ersteren beiden Möglichkeiten geringere Kollateralschäden versprechen, auch wenn erstere teurer und die zweite gefährlicher ist.
Es wäre natürlich einfacher wenn Mohammed und seine Kumpane einfach eine Uniform anziehen, dann hätten sie Kombattanten Status (Recht auf Behandlung als Kriegsgefangener, etc. etc.) und man könnte Ihn einfach, ohne Listen und Intel-Arbeit erschießen/erstechen/bombardieren oder mit dem Laserkillersatelliten™ aus dem Weltall vernichten. Letzteres habe ich mal so platt ausgeführt um Ihnen deutlich zu machen, daß Fairneß oder Selbstverteidigung hier keine Rolle spielen.
Sehr wohl allerdings Fragen der Verhältnismäßigkeit in Hinsicht auf Kollateralschäden. Kurzes Beispiel:
Mohammed hat eine AK und baut/legt keine Bomben = ich würde Verhältnismäßigkeit hinsichtlich der Inkaufnahme von Kollateralschäden verneinen.
Mohammed hat eine Atombombe 5kt und den Willen Sie einzusetzen. Die Flächenbombardierung von Kunduz, sofern kein geeigneteres Mittel zu Verfügung steht = Verhältnismäßig m.E. nach.
@Koffer
Hmmm – eher eine Frage für den Ethik-Unterricht :-)
Persönlich befürchte ich, dass das dort eher selten einen Platz hat. „Ritterlichkeit“ hatte ja immer etwas reziprokes – die Ritter waren auch nur ihren Standesgenossen gegenüber ritterlich. Im Umgang mit Bauernaufständen und Andersgläubigen Sarazenen war da schnell Schluss mit guten Manieren.
Auch im 20. Jahrhundert sehe ich „Ritterlichkeit“ auch meist bei Konfliktparteien, die sich gegenseitig als „ebenbürtig“ wahrnehmen. Und selbst bei den viel gerühmten Jagdfiegern im I. WK und dem Wüstenkrieg im II. WK war es wohl eher die propagandistisch hervorgehobene Ausnahme und nicht die Regel.
Für gegenwärtige und zukünftige Konflikte sehe ich da eher schwarz. Bei „warfare (lawfare) amongst the people“ habe ih eher noch die Befürchtungen, dass mühsam erarbeitete Mindeststandards (Schutzzeichen, etc.) auf der Strecke bleiben. Siehe die gezielten Angriffe auf San-Fahrzeuge.
O tempora o mores… ;-)
Um die Wogen hier vielleicht wieder etwas zu glätten: Die Meinung von Stefan haben bis 2009 auch die Leitung des BMVg, der Generalinspekteur, der Fü S V, die Abt. R, die Inspekteure, Kommandeure im Einsatz etc. im Eregebnis gleich vertreten („keine Änderung der ROE notwendig“).
Erst das jahrelange Drängen von Abgeordneten (!!) und die Einsatzrealiät ab April 2009 führten zu einem Umdenken.
Soviel auch nochmal zu den – angeblich – ach so schwachen und stets von Zivilisten behinderten Offizieren im BMVg.
@ Koffer
Weder hinsichtlich der Situation im Einsatzland noch was die Strukturen ergibt sich ein Lagebild „indem man das Hirn anschaltet“. Das braucht dann schon ein Mindestmaß an Information. Diese liefert die Bundeswehr(!) nicht, und wenn dann in stark geschönter Form.
Dass das BMVg da nicht besser ist, und allzuoft den Handlanger der Regierung gibt, macht die Sache natürlich nicht schöner. Aber Täuschungen des Parlaments und der Bevölkerung wie hinsichtlich der Fähigkeiten und Leistungsfähigkeit der Bundeswehr, der Situation in den Einsatzländern oder dem Entgleisen von Rüstungsprojekten wären ohne das Stillhalten oder gar aktive Schönferben der Truppe in der Form nicht möglich.
Und da kann man noch so sehr das Primat der Politik betonen: Ohne Transparenz keine zivile Kontrolle. Das hat nicht zuletzt die Auseinandersetzung des Bundesrechnungshofs hinsichtlich der Eurohawk-Verträge einmal mehr gezeigt.
(Sie können ja mal versuchen, einen öffentlichen Artikel „aus der aktiven Truppe“ zu verlinken, der etwas deutlicher und ausführlicher die sich verschlechternde Sicherheitslage in Afghanistan ausführt. Am besten einen von 2008 oder 2009. Womöglich gar mit Handlungsempfehlungen… Da ist eben nicht viel. Und in dem Kontext ist es schlicht ein Armutszeugnis, wenn sich Bevölkerung und Parlamentarier bei ANSO und AAN informieren müssen, weil die Infos der eigenen Leute nix taugen.)
@Memoria
„Um die Wogen hier vielleicht wieder etwas zu glätten: Die Meinung von Stefan haben bis 2009 auch die Leitung des BMVg, der Generalinspekteur, der Fü S V, die Abt. R, die Inspekteure, Kommandeure im Einsatz etc. im Eregebnis gleich vertreten (“keine Änderung der ROE notwendig”).“
Das ist im Detail nicht richtig, und daher in seiner Gesamtheit mEn irreführend!
1. Die Leitung des BMVg hat vertreten, dass es sich beim ISAF Einsatz nicht um einen bewaffneten Konflikt handelt, sondern vielmehr um einen „polizeiähnlichen“ Einsatz.
Und in einem solchen wären in der Tat nicht die allgemeinen Gefechtsführungsregeln anzuwenden.
D.h. die rechtlich Beschreibung war durchaus richtig, aber es war der falsche Konflikt :(
2. Der GI hat sich, wie auch alle Inspekteure, rechtlicher Bewertungen enthalten.
Das ist bedauerlich, aber doch etwas anderes, als was Sie behauptet haben.
3. Die Abt R verzapft das was sie schon seit Jahrzehnten zum Schaden der Streitkräfte tut: Unsinn!
4. Die Kommandeure im Einsatz haben definitiv bereits 2008 Änderungen gefordert! Sie sind nur vom EinsFüKdo und dem EinsFüSt nicht erhöht worden (auf Anraten von R – Zivilsten – und Vorgaben der Leitung – Zivilisten!).
@J.R.:
„ohne das Stillhalten oder gar aktive Schönferben der Truppe in der Form nicht möglich. “
Die Truppe hat es nicht nötig stillzuhalten oder schön zu färben… nur wird sie regelmäßig ignoriert.
Siehe TdMs ‚Die Truppe giert nur nach mehr Anerkennung‘ und ‚das Einzige Problem der Reform ist der Unwille der Truppe diese zu akzeptieren‘.
@Koffer | 11. Juni 2013 – 21:59
@Memoria | 11. Juni 2013 – 22:14
@St.Michael | 11. Juni 2013 – 22:38
Das Töten von Menschen außerhalb eines Verteidigungskrieges ohne Gerichtsurteil verstößt gegen jedes Rechtsstaatsprinzip und das Völkerrecht. Angriffskriege sind verboten und damit Kriegsverbrechen. Ebenso ist die Verletzung der Souveränität von Staaten illegal und völkerrechtswidrig. Daran ändert keine gute Absicht etwas. Der Zweck heiligt eben nicht die Mittel.
@J.R.
„Diese liefert die Bundeswehr(!) nicht,“
Ist auch nicht Aufgabe der Bundeswehr.
Dafür gibt es das AA und den BND.
Die Informationen die die Bw von unseren Allierten und Verbündeten erhält sind zumeist eingestuft und DÜRFEN nicht weiter gegeben werden.
„ohne das Stillhalten oder gar aktive Schönferben der Truppe in der Form nicht möglich.“
Die Truppe hat mit dem politischen Geschacher nichts zu tun. Darf sie nicht. Soll sie nicht.
Die Führung (Generalität) für meinen Geschmack schon eher, aber darum ging es ja in den bisher geäußerten Thesen nur am Rande.
„Das hat nicht zuletzt die Auseinandersetzung des Bundesrechnungshofs hinsichtlich der Eurohawk-Verträge einmal mehr gezeigt.“
Moment! Das waren „proprierty information“ die DARF das BMVg nicht ohne Erlaubnis weitergeben.
Man kann nun darüber diskutieren, ob das BMVg Verträge eingehen sollte (ggf. sogar ob es das überhaupt darf), die es derart binden. Aber es ist nun einmal so wie es ist.
Und vom gering ausgeprägten Sachverstand des BRH in Wehr/Rüstungsfragen haben wir in der Truppe ja zuhauf Beispiele, von daher bezweifle ich, dass ausgerechnet die etwas besser gemacht hätten…
Ich lese hier immer, die Bundeswehr sei „vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte“ (gemeint ist natürlich wie immer das zwölfjährige Reich, andere Epochen existierten in den Augen mancher Medien ja überhaupt nicht) „zu undurchsichtig“ und „das Militär führe die Politik statt umgekehrt“. Da erlaube ich mir doch einmal die Frage, wer hat denn damals in Opas Wehrmacht die Befehle erteilt? Der Herr Keitel dem Herrn Hitler, oder doch vielleicht umgekehrt? Den „Primat der Politik“ mit dem Hinweis auf das zweieinhalbte Reich zu rechtfertigen, ist so ziemlich das Absurdeste und Unlogischste, was man tun kann. Nie zuvor haben sich deutsche Offiziere mit einer derartigen hündischen Unterwürfigkeit vor ebenso mediokren wie kriminellen Pseudopolitikern im Staub gewälzt wie zwischen 1934 und 1945. Was man aus der Geschichte vielmehr lernen kann, ist die Notwendigkeit, sich gegen die Anweisungen der „Politiker“ zu stellen, wenn dies im Interesse der Menschenwürde, des Vaterlandes und / oder der Untergebenen notwendig werden sollte. Zum „Politiker“ (aus guten Gründen kann man diesen „Beruf“ weder durch eine Lehre noch ein Studium erlernen) kann sich nämlich jeder halbgebildete Psychopath ernennen, der vorher als Postkartenmaler gescheitert war, wenn er nur genügend Idioten findet, die ihm aus der Hand fressen. Das gilt cum grano salis auch heute noch, nur bauen diese Leute heute lieber Windräder als Zeppelinfelder.
@Stefan
„Das Töten von Menschen außerhalb eines Verteidigungskrieges ohne Gerichtsurteil verstößt gegen jedes Rechtsstaatsprinzip und das Völkerrecht. Angriffskriege sind verboten und damit Kriegsverbrechen. Ebenso ist die Verletzung der Souveränität von Staaten illegal und völkerrechtswidrig.“
Das ist rechtlich so hahnebüchender Unsinn, sofern jeglichen deutschen und internationalen Gerichtsurteils/Rechtsauffassung/Lehrmeinung, dass ich gar nicht weiß wo ich anfangen soll.
Vielleicht einfach mit einem Hinweis:
Die einzigen, die den Quatsch genauso wie Sie vertreten sind die Linken, Herr Ströbele und weitere vom Verfassungsschutz beobachtete „pseudo-pazifistische“ Organisationen.
@Rio Amazoco
Deutlich überzeichnet, aber im Kern nicht ganz falsch ;)
@Koffer:
Ihre Detailssicht deckt sich mit einer unmittelbaren Erfahrung nicht – sofern Sie Interesse an mehr Innenansichten haben, dann darf T.W. sehr gern meine Erreichbarkeit an Sie weitergeben.
Es ist eben keine Frage von angeblich polizeiähnlich und Kommandeure im Einsatz haben vor Ort noch im Januar 2009 nur beschwichtigt – alles weitere besser wohl im direkten Richten.
@Memoria
Naja, wir wissen ja beide, dass es auch unter den Kommandeuren solche und solche gibt.
Ich hatte vielleicht mehr Glück als Sie ;) Von daher müssen unser beider subjektive Wahrnehmung vermutlich so oder so keinen Anspruch auf Objektivität erheben ;)
@Koffer:
Mir geht es nicht um die Einzelmeinung von Kommandeuren, sondern dem – objektiv bewertbaren – Gesamtansatz auf militär-strategischer Ebene im Widerspruch zu Teilen der politisch-strategischen Ebene im Bundestag – wenn sie an einem offenen Dialog hierzu interessiert sind, dann gerne Vbdg-Aufnahme.
@Stefan:
Beschäftigen sie sich eigentlich auch nur ansatzweise mit den Beiträgen auf die sie sich angeblich beziehen?
Ein bewaffneter Konflikt – auch nach Kap. VII UN-Charta – ist kein Polizeieinsatz.
Genau deswegen könnte eine gut geführte Drohnendiskussion mal Klarheit über völkerrechtliche Rahmenbedingungen schaffen. Aber davon sind wir weit entfernt.
@Koffer | 11. Juni 2013 – 23:23
Sie haben die Vereinigung der blockfreien Staaten (also den größten Teil unserer Welt) und die BRICS-Staaten vergessen zu erwähnen, die den „Quatsch“ genauso wie ich vertreten. Auch die UN-Vollversammlung, den Internationalen Gerichtshof und natürlich auch unser GG. ;-)))
Damit meinerseits Ende der Debatte, da dies hier O.T..
@Memoria | 11. Juni 2013 – 23:47
Natürlich beschäftige ich mich damit. Ich gebe Name, Datum und Uhrzeit des Kommentars (auf den allein ich mich beziehe) an und zitiere nötigenfalls.
@Memoria | 11. Juni 2013 – 23:47
Richtig. Dies habe ich nie behauptet.
Auf welchen Kommentar von mir beziehen Sie sich? Beschäftigen sie sich eigentlich auch nur ansatzweise mit den Beiträgen auf die sie sich angeblich beziehen? ;-)
Bitte diesen Kommentar genau so in die Welt oder die FAZ! Klasse!
@Stefan:
„Auf welchen Kommentar von mir beziehen Sie sich?“
Der Bezug ergab sich aus meiner Sicht aus der Diskussion: http://augengeradeaus.net/2013/06/eurohawk-ausschuss-das-scharfe-schwert-des-parlaments/comment-page-1/#comment-68216
Sie gehen dabei in keiner Weise auf die vorherigen Gegenargumente ein, sondern behaupten weiter es gebe außerhalb der Selbstverteidigung kein Recht zur Gewaltanwendung. Zumal nicht klar wird, ob sie dies auf Staaten (strat. Ebene) oder Individuen (takt. Ebene) beziehen.
Die Behauptung eine Tötung außerhalb der Selbtsverteidigung sei ein Kriegsverbrechen ist schlichtweg Unsinn.
@Koffer:
„Der GI hat sich, wie auch alle Inspekteure, rechtlicher Bewertungen enthalten.“
Das ist nicht der Fall – der GI hat eine Änderung von ROE und Taschenkarte noch im Juni 2008 (Verabschiedung QRF) als theoretische Diskussion in Berlin bezeichnet.
Soviel zu ihrer These.