Und noch mal Steuern: Fiskus verschont Reservisten
Das für Laien nur schwer durchschaubare Geflecht um die Versteuerung von Bezügen Freiwillig Wehrdienstleistender, Bundesfreiwilligendienst Leistender und Reservisten hatte ich schon abgehakt, nachdem vergangenes Jahr eine Regelung gefunden schien. Doch das Jahressteuergesetz 2013, in dem diese Bestimmungen enthalten waren, scheiterte erst im Bundesrat und dann im Vermittlungsausschuss, wenn auch aus anderen Gründen. Jetzt gibt es einen neuen Entwurf dieses Gesetzes, und wie die Süddeutsche Zeitung meldet, soll dieser Länder-Entwurf am (morgigen) Mittwoch im Bundeskabinett beschlossen und an den Bundestag weitergegeben werden.
Ändert sich was bei der Versteuerung von Wehrsold und ähnlichem? Ja, wenn auch eigentlich nur für Reservisten: Entgegen dem Plan im vergangenen Jahr zahlen sie, so das neue Gesetz durchkommt, nämlich gar keine Steuern auf ihre Bezüge. Aus dem Entwurf:
Steuerfrei bleiben die Geld- und Sachbezüge an Wehrpflichtige im Sinne des § 4 des Wehrpflichtgesetzes und die Vorteile aus einer unentgeltlichen truppenärztlichen Versorgung der Soldaten und Zivildienstleistenden; dies gilt auch für den freiwilligen Wehrdienst. (…) Für die den freiwilligen Wehrdienst Leistenden werden mit der vorliegenden Änderung zukünftig nur noch die Gehaltsbestandteile „Wehrsold nach § 2 Absatz 1 Wehrsoldgesetz“ sowie „Dienstgeld nach § 8 Wehrsoldgesetz“ steuerfrei gestellt. Die weiteren Bezüge, z. B. Wehrdienstzuschlag, besondere Zuwendungen sowie unentgeltliche Unterkunft und Verpflegung, sind zukünftig steuerpflichtig. Der Wehrsold nach § 2 Absatz 1 des Wehrsoldgesetzes beträgt gegenwärtig ca. 280 bis 350 Euro monatlich. Vor dem Hintergrund der mit der Unterbrechung des normalen Berufslebens für die betroffenen Reservisten verbundenen besonderen Belastung werden die Bezüge der Reservisten vollständig von der Besteuerung ausgenommen.
Steuerfrei gestellt wird ferner das für den Bundesfreiwilligendienst gezahlte Taschengeld. Das gilt auch für das Taschengeld oder vergleichbare Geldleistungen von Personen, die einen in § 32 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe d EStG genannten Freiwilligendienst leisten. In § 32 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe d EStG sind unter anderem das freiwillige soziale Jahr, das freiwillige ökologische Jahr und der Bundesfreiwilligendienst genannt. Weitere Bezüge wie z. B. unentgeltliche Unterkunft und Verpflegung sind steuerpflichtig. Das Taschengeld beträgt derzeit monatlich maximal 336 Euro. Die Bezüge für den Bundesfreiwilligendienst sind nach bisheriger Gesetzeslage voll steuerpflichtig; sie wurden aber auf Grund einer Billigkeitsregelung der Verwaltung bisher steuerfrei behandelt, um sie gegenüber den Bezügen für den freiwilligen Wehrdienst nicht zu benachteiligen. Mit dieser Gesetzesänderung ist die Billigkeitsregelung nunmehr entbehrlich.
Ich bin kein Steuerexperte, habe aber auch keinen Zweifel an der Auslegung des kundigen Kollegen Guido Bohsem von der Süddeutschen Zeitung: Das bedeutet nach seiner Ansicht, dass die Bundesfreiwilligendienst Leistenden bereits in diesem Jahr Steuern zahlen müssen für Unterkunft und Verpflegung; die Freiwilligen Dienst leistenden Soldaten dagegen erst im kommenden Jahr.
Offensichtlich ist die weitestgehende Änderung der oben enthaltene Satz: Vor dem Hintergrund der mit der Unterbrechung des normalen Berufslebens für die betroffenen Reservisten verbundenen besonderen Belastung werden die Bezüge der Reservisten vollständig von der Besteuerung ausgenommen.Vielleicht auch, so vermute ich, der einzige Punkt, an dem sich das Verteidigungsministerium letztendlich durchgesetzt hat?
Was die kurzdienenden Soldaten am Ende versteuern müssen, hatte ich vergangenes Jahr schon mal vorgerechnet: Der eigentliche Wehrsold von 9,41 bis 11,71 Euro pro Tag bleibt steuerfrei. Ebenso der Sachbezug Bekleidung – also: die Uniform – mit veranschlagten 37 Euro im Monat und, das schon teurer, die unentgeltliche truppenärztliche Versorgung mit einem angesetzten Wert von 147 Euro im Monat. Steuern werden dagegen fällig auf den Wehrdienstzuschlag von 16,50 bis 26,50 Euro pro Tag, die Verpflegung (angesetzt mit 219 Euro im Monat) und die Unterkunft in der Kaserne (rechnerisch 53 Euro im Monat) sowie die wöchentlichen Familienheimfahrten und eventuelle Zuschläge.
Schon im vergangenen Jahr hatte das Verteidigungsministerium versichert, die Neuregelung würde nur zu minimalen Steuerzahlungen führen, zum Beispiel bei einem FWDL im 20. Dienstmonat von knapp 30 Euro. Wichtiger als die finanzielle Belastung wird vermutlich die Auswirkung auf die Nachwuchswerbung: Viel Spaß, einem 19-jährigen zu erklären, warum er als kurzdienender Soldat für den Truppenarzt Steuern bezahlen soll.
(Foto: Verteidigungsminister Thomas de Maizière begrüßt am 4.Juli 2011 in der Julius-Leber-Kaserne in Berlin die ersten freiwillig Wehrdienstleistenden – Bundeswehr/Sebastian Wilke via Flickr unter CC-BY-ND-Lizenz)
„Für die den freiwilligen Wehrdienst Leistenden werden mit der vorliegenden Änderung zukünftig nur noch die Gehaltsbestandteile „Wehrsold nach § 2 Absatz 1 Wehrsoldgesetz“ sowie „Dienstgeld nach § 8 Wehrsoldgesetz“ steuerfrei gestellt. Die weiteren Bezüge, z. B. Wehrdienstzuschlag, besondere Zuwendungen sowie unentgeltliche Unterkunft und Verpflegung, sind zukünftig steuerpflichtig.“
Sinnvoll und klar geht in unserem Steuerrecht offenbar nicht.
Erinnert mal wieder an Kirchhoffs Kritik am Steuerrecht und dessen Unverständlichkeit für den Bürger.
Welcher FWDL soll dies verstehen?
Was bedeutet die unentgeltliche Unterkunft ist steuerpflichtig?
Geldwerter Vorteil?
Muss ein 20-Jähriger FWDL deswegen eine Steuerklärung zu machen?
Wie berechnet sich die Steuer für eine unentgeltliche Unterkunft (Pauschalbetrag oder abhängig von der Unterkunft?
Lebensfremd und unattraktiv.
Tu was für dein Land?
Wir.dienen.für.deutsche.Bürokratie.
@Memoria:
Zutreffend. Das deutsche Steuersystem tut sich schon mit dem Ehrenamt reichlich schwer.
In einem Fall wie hier der RDLs (siehe Terminologiethread kürzlich) wird es noch schlimmer. Ein bürgerschaftliches Engagement in Dienstform. Mit Rechten und besonderen Pflichten. Und solch seltsamen monetären Bestandteilen wie etwa dem Reserveunteroffizier- oder -offizierzuschlag. Oder Leisttungszuschlag. Oder Familienheimfahrten. Kaum zu fassen.
Ich denke mal, dass jemand bei BMVg R eine Doktorarbeit hierüber schreiben kann. Plagiatssorgen muss sich der oder die nicht machen, denn so einen verquirlten Normendschungel gab es vorher nicht.
Hat mal jemand durchgerechnet, dass sich Reservedienst für die Masse der Normalverdiener nicht mehr rechnen könnte, weil die Progressionsanrechnung die persönlichen Steuersätze hochtreibt!? Muss man neben Idealismus auch noch eigenes Geld mitbringen, um RDL zu leisten? Auch eine Art und Weise des Dienstherren, Gleichgültigkeit auszudrücken.
Und der Verbad schaut zu und schielt nach anderen Betätigungsfeldern. Ist ja auch einfacher.
Tja, hauptsache, kompliziert, dass auch ja Steuerberater und Juristen was zu tun haben.
Warum bezahlt man nicht ordentlich und versteuert wie jedes andere Einkommen auch?
@Stefan
wäre zu einfach und einfach wollen wir ja nicht ;-)
Reservisten? Ich dachte Reservistendienst Leistende ist jetzt der richtige Begriff?
@Stefan
Oder es werden einfach keine Steuern erhoben.
@stefan:
Gute Idee für den jeweilig Ich-hab-keine Ahnung-was-dienstleistenden,
aber das Bmvg müsste mehr zahlen. Und das geht nicht. Weil das Budget ist ja festgeschrieben. Dass das Finanzministerium (Abkürzung hab ich nicht parat) gleichzeitig mehr bekommt, somit eine „win-win“Situation entsteht interessiert nicht.
Es sei denn dass eine Besteuerung ohne Ausgleich erfolgt, dann ist es einfach, die Soldaten (und alles was darunter fällt) sind die gekniffenen.
Nachtrag: BMFI? oder so ähnlich?
Werferfehler
@Werferfehler: BMF
Das könnte man in Haushaltsverhandlungen aber auch entsprechend kommunizieren. Wäre zwar auch wieder eine Sinnfreie Geldhinundherscheiberei aber dann wäre es wenigstens transparenter und man kann mal zum Steuerverein gehen.
Hier zeigen sich einfach mal die Grenzen der Budgetierung und des gar nicht mehr so Neuen Steuerungsmodells. Los Verwaltungswissenschaftler gebt ihm einen neuen Namen!
Es gab mal die Überlegung, Wehrübende wie Aktive zu behandeln. Also ein OTL bekäme für 3 Wochen Wehrübung Kohle wie ein A15er, die hätte dann versteuert werden müssen (ohne KK-Abzüge). Klingt logischer als der neue Para-Popanz. Zu wenig gibt’s allemal (etwa im Vergleich zur National Guard).