Die Briten sparen: Fallschirmjäger ohne Schirm
Diese Nachricht wird nicht nur die hier mitlesenden Fallschirmjäger interessieren: die britischen Streitkräfte haben offensichtlich beschlossen, sich diese Fähigkeit zu sparen. Künftig wird nur noch ein geringer Teil der Fallschirmjägertruppe der British Army auch tatsächlich springen können und dürfen. Aus einem Bericht der Mail on Sunday über das Parachute Regiment:
Until now, all recruits joining the 1,500-strong regiment have undergone intensive parachute training, including a requirement to complete eight jumps before being considered ready for battle. (…)
Former Parachute Regiment officer Dan Jarvis, now a Labour MP, revealed that parachuting is being phased out and in future most recruits will not see a chute or receive specialist airborne training. (…)
‚Every year there used to be huge parachuting exercises with around 800 paratroopers jumping together. ‚Now only 80 troops are jumping in these exercises. Parachute training is being phased out to nothing.’
Nach dem Zeitungsbericht hat das britische Verteidigungsministerium die Sparpläne bestätigt. Ein wesentlicher Grund dafür sei, dass die Briten seit der Suez-Krise von 1956 keine Luftlandeoperation mit Fallschirmjägern mehr durchgeführt hätten.
Interessanterweise kommen die Briten zu dem Schluss, obwohl erst vor kurzem die französischen Truppen mit Luftlandeoperationen in Mali von sich reden machten. Die Deutschen hat diese Kostenbetrachtung offensichtlich noch nicht erreicht…
(Foto: A Paratrooper with 3 PARA is pictured during a training exercise in Spain – Crown Copyright/Cpl Obi Igbo under MoD News License)
Was soll man dazu sagen…..
Auf der einen Seite schade eine so traditionsreiche Truppe so zu beschneiden….
Auf der anderen Seite nachvollziehbar, sei es aus Kostengründen oder im Hinblick auf Verletzungen und Körperliche Belastungen….
Was unterm Strich bleiben wird ist eine sehr gut qualifizierte Infanterie die für die meisten zukünftigen Szenarien gerüstet ist.
Mann wird sich trotz allem auch auf der Insel ein springendes Element behalten um Operationen -wie kürzlich die Franzosen vollzogen haben- durchführen zu können.
Haben die Briten nicht auch mal gemeint, sie bräuchten keine Flugzeugträger mehr?
Das ist dann Tiefe statt Höhe…
Wenn mann dies mit der Bedeutung der 16 Air Assault Brigade in der neuen britischen Heeresstruktur (Army 2020) abgleicht, dann wundert es doch etwas.
Die Special Forces Support Group (ehem. 1 Para) scheint jedoch ausgenommen zu sein.
Vielleicht auch nur ein roter Ballon im Kampf um Haushaltsmittel??
Ich denke, es wird ein ganz wesentlicher Faktor, bei den Fallschirmjägern übersehen: Wer springt hat Eier!
Ja, es provoziert und jeder andere „Grüne“ wird sich gleich darüber aufregen, aber es hat seine Gründe, warum Fallschirmjäger lange Zeit eine Elite waren, die sich nicht alleine auf die eventuell bessere, intensivere Ausbildung genossen haben oder besser ausgerüstet waren. Der Erfolg solcher Einheiten beruht nicht zuletzt an der Geisteshaltung weiter zu gehen und die Angst im Angesicht der Gefahr zu überwinden. Das ist natürlich keine Garantie, dass Fallschirmjäger wirklich besser sind, allerdings werden vermeintlich ungeeignetere Kandidaten schneller ausgesiebt und der Rest enspricht einem gewissen Standart. Ich denke damit wird den Briten ein Teil ihrere Infantriestärke verlorengehen.
Als Frage nebenbei: Warum ist es nicht möglich einen Sprungturm ähnlich den Amerikaner? Damit könnte man die Sprungfähigkeit kostengünstig erhalten.
Ich denke mal das viele Fallschirmjäger das bei uns mit Sorge aufnehmen werden. Lässt sich natürlich trefflich streiten, wofür eine Springerausbildung heute noch Sinn macht: Gibt es wirklich einen praktischen Nutzen? Oder ist es doch nur aus Tradition.
Fakt ist, ich habe (als Jäger) eine Menge Fallschirmjäger (überwiegend Feldwebel und FAs) kennengelernt, und damit das gesamte Spektrum: Überragende soldatische und körperliche Leistungsfähigkeit und einen bewundernswerten Korpsgeist auf der einen Seite, bei nicht wenigen allerdings auch eine bis in die Unkameradschaftlichkeit gehende Arroganz gegenüber allen anderen – auch Soldaten mit der gleichen Litzenfarbe….
Ob der Sprungeinsatz in Mali militärisch notwendig oder eher eine Opportunität war, ist vermutlich nicht abschließend zu klären. Auf jeden Fall haben die Franzosen es geschafft, ein deutliches Zeichen zu setzen.
Zur Sinnhaftigkeit von Sprungeinsätzen:
Wenn bei Op Pegasus die Sperrung der Landebahn nicht durch „Ortskräfte“ geräumt worden wäre, was wäre die „Leitungslösung“ ohne springende Kräfte gewesen?
Meine Ansicht: EvakOp werden es in den nächsten 10 Jahren häufiger geben als in den letzten 10. Dann wird auch der Sprungeinsatz wieder wichtiger. Für eine ganze LLBrig? Wohl nicht. Aber eigentlich sollte es ja auch nur ein FschJgRgt geben.
Es war danach zu hören, dass das zweite FschJgRgt nur begrenzt sprungtauglich sein soll…
Angeblich soll die deutsche Sprungausbildung ja zukünftig auch in Frankreich stattfinden (Celle fehlt die Infrastruktur). Eine Art Pilotlehrgang soll schon stattgefunden haben.
Wenn man es schafft, die Verbringungsmöglichkeit „Fallschirmsprung“ durch „Hubschrauber“ zu ersetzen, sehe ich keinen Verlust.
Das Geld kann man dann sinnvoller in das Training mit Hubschraubern investieren oder sich dafür eine leistungsfähigere Hubschrauberflotte leisten.
P.s Die BW müsste für einen Kampfabsprung zuerst T11 Schirme beschaffen – bei einer heutigen (Einsatz)Kampfbeladung eines Fallis, sind mit dem heutigen T10 gebrochene Beine schon fast garantiert.
Was verwundert: die Selbstwahrnehmung der Fallschirmjäger als Elite. Infanteristisch gab und gibt es TrG, die weitaus besser ausgebildet und geführt wurden. Die intensivere Ausbildung (s.o.) fand bei den PzGren statt, nicht bei den Fallschirmjägern.
@Bang50:
WENN eine Verbringung mit Hubschrauber reichweitenmäßig und bzgl. des Landebereiches möglich ist… Ggf. zu viel wenn.
Bevor man das Springen abschafft gibt es noch weitaus grösseres Sparpotential – mit weniger Auswirkungen auf zentrale Aufgaben der Bw.
Die Zeiten des T10 sind eh vorbei…
@ll
PTBS muß ja wohl ein Post Transformations Bewertungs Syndrom insbesondere beim Heer sein, wenn ich hier immer wieder diese Gebirgs-/Fallschirm-/Jäger/Panzergrenadier etc Anpinkeleien lese…einfach nur öde…..das Heer braucht vielleicht wirklich CRM !
@ Memoria
WENN eine Verbringung mit Hubschrauber reichweitenmäßig und bzgl. des Landebereiches möglich ist… Ggf. zu viel wenn.
Mal so als Laie: Ist der Einsatz von Falschirmspringern ohne Hubschrauber (und damit ohne Verwundeten-Evakuierung) wirklich ein Szenario?
Bei der Operation Warden (INTERFET) wurde ja auch mit Helikoptern geplant, und mir wäre außer den Stunts jetzt auch keine Luftlandeoperation mit Fallschirmspringern in den letzten 20 Jahren bekannt.
Springen ist grundsätzlich nich teuer, doch so wie wir es betreiben schon! Auch ist ein moderner Flächenschirm nicht teuer doch Rundkappe eben schon! Da in Zukunft nur noch SaZ springen, können die paar auch kostengünstig Fläche springen! Es fehlen halt nur wirtschaftliche Lfz ……. Sportvereine haben sie!
Recht so! Gefällt mir der Ansatz. Ich mein, die Panzertruppe braucht doch nun auch nicht zwingend Panzer… ’n Nissan Patrol würde da völlig reichen. Aufs Dach setzt sich einer mit ner Panzerfaust und schon hat man die gleiche Wirkung für einen Bruchteil des Geldes. 1 zu 1 auch anwendbar auf die Marine. Teure Kriegsschiffe? Hah! Bei der Aida gibts Kreuzfahrten viel günstiger!
Wo führt das nur hin. So langsam geht mir der Sarkasmus aus. -.-#
@Feldscher
Dann sollten Sie das hier lieber nicht lesen:)
http://www.dailymail.co.uk/news/article-2290503/R-I-P-tin-death-trap-The-glory-horror-Desert-Rats-tanks-obsolete.html
@J.R.:
Ein Sprungeinsatz wäre nach meinem Verständnis nur ein Teil einer Operation bspw. zum Sichern von Schlüsselgelände. Selbst wenn sie „nur“ luftbewegliche Infanterie haben, brauchen sie Kräfte die die Landung von Flugzeugen/Hubschraubern vorbereiten bzw. koordinieren (bisher Aufgabe von Fallschirmspezialzügen bzw. zusätzlich qualifizierte Spezialisten beim KSK (SOTAC)).
Aus meiner Sicht wäre hier an der falschen Stelle gespart, MilEvakOp erfodert Flexibilität – die ich ohne Sprungeinsatz ggf. nicht habe. Kosten/ Nutzen im Kernbereich MilEvakOp?
My 5 cents…
Ich habe den Eindruck, dass hier ein wesentliches Argument noch unerwähnt bleibt:
Das was die Briten machen, ist ein klares Zeichen des Paradigmenwandels. Hier werden selbst heiligste Kühe geschlachtet!
Es gibt künftig Optionen, die wir alle nicht für möglich gehalten haben. Und das kommt auch zur Bundeswehr – ganz sicher! Die Abschaffung der Wehrpflicht war ein erster Meilenstein – viele werden noch folgen. Wir / die Bw werden/wird noch Maßnahmen hinnehmen müssen, die sehr vieles auf den Kopf stellen wird.
@Rote Litze:
Der Unterschied ist aus meiner Sicht vorallem: Die Briten geben zu, dass sie nicht mehr alle Fähigkeiten vorhalten können. Bei uns sieht man die Wahrheit hinter den Käsrchen gar nicht mehr. Die Politik hat somit die Fiktion, dass sie versch. Handlungsoptionen habe.
Dies hat der angebliche Staatsdiener und Hobby-Verantwortungsethiker TdM zu verantworten (!). Mal schauen was nach der Wahl passiert.
Die SPD hat ja bereits „Nachsteuerungsbedarf“ bei der Neuausrichtung erkannt…
@Memoria
Zustimmung und wir verlieren jegden Tag an Breit!
Langsam erkennt er, dass Fähikeiten ohne Tiefe keine Einsatzfähikeit ergeben!
Wenn dann noch die Partner diese Fähigkeit auch nicht besitzen, dann wirds eng, siehe Tanker!
Soldaten mit Luftlandefähikeiten, sind eine DEU Kernkompetenz die wir auch noch mit rel. Tiefe besitzen…noch!
@ Memoria
bis auf den letzen Satz stimme ich zu, das tägliche Nanomanagement durch Flagg`s kommt m.e. ja auch durch zu wenig Tiefe zustande. Da es diese nicht in entsprechendem Umfang gibt, kümmert man sich eben um Anzugordnung. Gleichzeitig leistet man sich aber eine Führungsstruktur (umgekehrte Pyramide) als wenn morgen der Russe wieder kommt, nur hakt die dann aber Kästchen ab.
Nach der Wahl meinen Sie Herrn A. als VMinister?, da bin ich ja mal wirklich gespannt.
Interessant finde ich immer die Floskel; „Wir können uns dies und jenes nicht mehr leisten“.
Es geht doch weniger um können als um wollen.
Für viel andere Dinge ist doch auch das nötig Geld da – warum nicht für Verteidigung und eine kleine aber zumindest gut ausgerüstete Armee?
Breite statt Tiefe – wir können alles ein bisschen, aber nichts richtig – welchen Sinn soll das denn haben? Weder können damit Einsätze richtig gestemmt noch dem Grundauftrag der Landesverteidigung Rechnung getragen werden – oder sehe ich das falsch?
Eine Frage hätte ich an die Reformkundigen Leser – wie schätzen sie die Lage ein, sollte bei der kommenden Bundestagswahl die aktuelle Koalition durch Rot-Grün abgelöst werden? Wird sich hinsichtlich der Reform viel änderen? Wie weit liegen die Pläne der Schwarz-Gelben und Rot-Grünen hinsichtlich Reform der Streitkräfte auseinander?
Wäre ein Wechsel im BMVg somit ein Fluch oder ein Segen?
Egal wer in der Regierung sitzt, alle sparen sie die Bw kaputt um ihre Ziele sowie in etwa: wir haben mehr schulden abgebaut als unsere vorgänger, zu erreichen !!!! naja
@Jack Ryan
Die SPD wird den Einzelplan über die Inflation hinaus nicht anheben! Deshalb wird auch sie nicht um eine Personalreduzierung kommen, auch wenn sie anderes behaupten! In der Organisation der Ausbildung, Organisation der Verwaltung und der Gehalts-/Laufbahnstruktur gibt es in der Bw noch Luft!
Das Ziel ist eher die Bw für ihren Kernauftrag GG87a Breit und Tief genug auszurüsten und die Aufgaben und Einsätze über 87a hinaus den Verfügbaren HHM anzupassen! Was die Verteidigung des Bündnisgebietes betrifft, kann die Kooperation in der EU unbeschränkt sein, denn da stellt sich nicht die Frage ob jemand im V-Fall mit macht oder nicht! Was Interventionstruppen Betrifft, wird es mittelfristig wohl eher eine Koalition der Willigen und Fähigen geben müssen! Der Schlüssel für die SPD ist die Umsetzung der Beschlüsse zur Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU.
Was die Stationierung betrifft, wird sie wohl dort nachsteuern, wo es nach einer Evaluation notwendig ist!
Doch zwischen Wille und Vermögen gibt es im Leben eine Differenz, auch bei der SPD :-)
Die Mehrheit der Mitglieder bei den Grünen wollen eher keine Bw oder eben nichts mit ihr zu tun haben, doch schreien sie als erste nach deren Einsatz :-(
Taktisch-operativ sind im Zeitalter der Luftbeweglichkeit die Tage der Luftlandung von geschlossenen Verbänden (längst) gezählt. Von daher ist die britische Idee, auf Spezialisten (die man in begrenzter Zahl natürlich weiterhin braucht) statt auf Breite zu setzen, konzeptionell kaum zu beanstanden.
Trotzdem ist der Ansatz falsch. Erstens ist das Einsparpotenzial mehr als überschaubar (da fallen einem schon ganz andere Projekte ein). Und zweitens raubt er einen gewichtigen Teil der Selbstachtung und breiten Attraktivität dieser Truppe. Und dieser Verlust ist mit monetären Größen gar nicht aufzuwiegen. Man spart also an der falschen Stelle.
Allerdings stört viele (zu Recht) die oft weit überzogene, Selbstdarstellung so mancher Fallschirmjäger. (Es gibt ja auch in diesem Blog das eine oder andere Exemplar.) Angemessenes Elitebewusstsein ist in Ordnung, aber nur, solange es sich nicht offen abwertend gegen andere richtet. Die Fallschirmjäger sollten mal einen Blick auf die Gebirgsjäger werfen: Die sind mindestens (!) genauso gut und tough, fühlen sich aber nicht als was „Besonderes“ und sprechen vor allem nicht den ganzen Tag darüber.
Um den Blick über den Kanal noch zu vervollständigen:
„But because the cuts are hitting soldiers, sailors and airmen, who can’t strike and rarely complain in public, there hasn’t been a peep of protest from the usual suspects.
The Armed Forces are out of sight and out of mind most of the time. Speaking up for them is unfashionable, but there is no excuse for treating them with contempt.“
http://www.dailymail.co.uk/debate/article-2291759/The-Froggies-coming-dont-panic.html#ixzz2NJRG20CM
Klingt doch irgendwie bekannt…
@ KeLaBe
Wie hieß das Zauberwort doch gleich, „Silent / quiet professionals“ ? ;-)
@Elahan, Memoria
Interessant ist doch die Gegenfrage: Welche Fähigkeiten sind bei uns obsolet, keine deutsche Kernfähigkeit und können gestrichen werden? Und jetzt bitte nicht die Ausweichdiskussion, dass halt alles was „unsexy & teuer“ ist, durch Bündnispartner gestellt werden soll. Die haben auch nichts zu verschenken und einige hoffen auf uns (Stichwort Rahmennation).
Jeder fordert mehr Tiefe und meint dabei eine Verbesserung der eigenen Fähigkeit. Wird diese dann beschnitten oder abgeschaft, ist es selbstverständlich ein Planungsfehler und der Weltuntergang steht unmittelbar bevor.
Der EP 14 ist leicht sinkend und muss globale MInderausgaben, sinkenden Plafont, Inflationsrate und Gehaltssteigerungen tragen. Damit ist der Kuchen nun einmal schrumpfend, was zwangsläufig verteilt werden muss. Zusätzlich zwingt die weltweite Entwicklung zum Aufbau neuer Fähigkeiten – z.B. Stichwort Cyber -und deren Spielräume müssen auch noch aus den Krümeln zusammen gebacken werden.
Die Forderung Tiefe vor Breite erinnert mich an die analoge Forderung der Fokussierung der deutschen militärischen Industrie auf deren Kernkompetenz. Unter militärischer Kernkompetenz versteht man dort, dass es in Deutschland einen entsprechenden Anbieter gibt…
UK macht auch Breite vor Tiefe: Was wäre auch die Alternative? Das lässt übrigens auch genügend Raum für Diskussionen um Prioritätensetzungen zur jeweiligen Tiefe und ab wann es keinen Sinn mehr macht, eine Fähigkeit aufrecht zu erhalten bzw. ob sie inzwischen obsolet geworden ist.
Übrigens ist selbst unsere Breite nicht unbegrenzt: Flugzeugträger, Chemie-, Bio- und Atomwaffen haben wir keine und wir wollen auch keinen Fähigkeitsaufbau in dieser Richtung betreiben.
@Les Grossmann:
Ich gehe nicht davon aus, dass die SPD das BMVg übernimmt – dafür müsste Steinbrück Kanzler werden.
Ich gehe davon aus, dass man im Koalitionsvertrag oder kurz danach bei einem „Kassensturz“ oder mit einer Kommission feststellt, dass die Neuausrichtung unterfinanziert ist (wachsende Verpflichtungen in der Euro-Krise/ globale Minderausgabe) und/oder politisch nachsteuern will.
Die SPD hat ja bereits erklärt es gebe zuviel Infanterie.
Aber auch bei einem anderen Wahlausgang: Die Neuausrichtung war ein gleichzeitig zu kleiner (Umfang) und zu großer (Stationierung) Sprung.
Handlungsbedarf gibt es spätestens 2015, wenn das ganze Debakel offensichtlich wird.
Und dann wird man sich sicher auch fragen, ob man noch 2 FSchJgRgt braucht.
@Elahan:
Landesverteidigung nach 87b GG muss nicht der Erhalt bisheriger Fähigkeiten sein.
Diese Aufgabe könnte bspw. mit Rettung und Evakuierung, sowie Sicherung des Luftraumes erfüllt werden. Und bei Art. 5 muss niemand substantiell mitmachen (siehe NATO-Vertrag).
@Stefan H.
Genau dies ist ja der falsche Schein den TdM erweckt: „Wir hätten die ganze Beite“
Wir haben vieles nicht und wer nur ein oder fünf Systeme hat, hat nicht immer deren Einsatzfähigkeit! Zur Breite gehört auch eine min.Tiefe und da sind wir bei manchen Systemen schon bei einer Fähigkeitslücke!
Zur Eignung, Leistung und Befähigung gehört eben auch die Verfügbarkeit und dies gilt auch für das Material!
@Vodoo & KeLaBe
Ich fühle mich einfach mal angesprochen, auch wenn ich nicht unbedingt den aktuellen, deutschen Fallschirmjäger als Elite ansehe.
Es ist unbestreitbar, dass wir eine Kuschelarmee sind und wirkliche Härte nur selten verlangt, geschweige den gefördert wird. Dabei bietet der Fallschirmsprung eine Hürde, der nicht jeder gewachsen ist und diejenigen, die nicht springen, „ausgesondert“ werden. Damit hat man dann ein „höheres“ Niveau, was den Wagemut und Durchsetzungsvermögen angeht.
Ich bestreite nicht, dass solche Qualitäten bei allen anderen Truppengattungen zu finden sind, insbesondere bei den anderen Grünen.
Was Ausbildung und Ausrüstung angeht, gibt es solche und solche, da stellt sich kein Elitegedanken ein.
Worum es mir letztendlich geht: Die Fallschirmsprungfähigkeit ist eines der letzten Mittel, mit denen eine gewisse Härte vermittelt werden kann, die ein Infanterist braucht, um im wirklichen Einsatz möglichst unbeschadet (vor allem psychisch) bestehen zu können. Taktisch-Operativ sehe ich keine Notwendigkeit dazu (da wäre wohl ne Freifallbefähigung für EGB sinnvoller), aber in unserer liberalen Friedensgesellschaft werden immer mehr Werkzeuge in der Ausbildung gestrichen, was zuletzt auf Kosten der Soldaten geht. Gäbe es adequaten Ersatz, vielleicht sogar für die ganze kämpfende Truppe und andere „Draussies“, wäre ich jederzeit bereit die Sprungfähigkeit aufzugeben.
Es gab durchaus in der Vergangenheit Luftlandeoperationen, im WaffenHQ gibts da einen extra Thread dazu.
Ich meine jedoch auch, dass ein Massenabsprung (!) mit allen dazugehörigen Unterstützungselementen keine notwendig vorzuhaltende Fähigkeit mehr ist. Im Zuge von MilEvakOp sollte man durchaus noch über eine Fallschirmjägerkomponente verfügen, aber den Umfang von zwei Regimentern halte ich für zu viel, im Gegenzug hat die luftbewegliche Infanterie (air assault) enorm an Bedeutung gewonnen.
Mein Vorschlag wäre daher ein Fallschirmjägerbataillon, bestehend aus:
Stab
Versorgungskompanie
3 Fallschirmjägerkompanien
Schwere Jägerkompanie
Unterstützungskompanie (gemäß der Fähigkeiten der LLUstgBtl’e)
Zusätzlich zwei ähnlich aufgebaute luftbewegliche Bataillone, vielleicht alles zusammengefasst in einem Luftlanderegiment mit zusätzlichen Fähigkeiten wie z. B. einer Panzerjägerkompanie. Und voilà hätte man eine schlagkräftige Truppe für Evakuierungs und zeitlich begrenzte Eingreifoperationen.
Die Amerikaner haben bereits vor Ewigkeiten die altehrwürdige 101st Airborne in eine luftbewegliche Division umgewandelt, dies hat aber bislang dem Korpsgeist innerhalb der Einheit keinen Abbruch getan. Tradition ist nicht das Aufbewahren der Asche sondern das Weitergeben des Feuers.
@ Wurzelbert
Mit einer solchen Formulierung habe ich überhaupt kein Problem. Entspricht genau meiner Überzeugung.
@Elahan
Sie machen da einen ganz entscheidenden Punkt, denn ohne Tiefe kann ich noch nicht einmal mehr ausbilden….siehe das Hubschrauberdilemma !
@ Elahan und klabautermann
Da wir vorhin bei der Truppenführung (nicht: Truppführung) im Heer waren: Ein guter alter Grundsatz besagt sinngemäß folgendes:
Je knapper die eigenen Mittel sind, umso wichtiger wird eine Schwerpunktsetzung (auf Neudeutsch: Prioritäten setzen). Aber klar ist auch: Wer Schwerpunkte setzt, muss auch bereit sein, Lücken in Kauf zu nehmen.
Das lässt sich recht gut auf die Ausrichtung der Bw insgesamt übertragen. Allerdings bedarf es dazu als Grundlage einer soliden Analyse der Risikoentwicklung und der eigenen Ziele.
@KeLaBe
völlig richtig, in den Organisationswissenschaften nennt man das übrigens „risk and consequence management „;-)
Es nützt die ganze Risikoanalyse nichts, wenn man sich danach an Einsätzen beteiligt, die für die unmittelbare Sicherheit DEU nicht relevant sind!
AFG wäre in einer Risikoanalyse nicht aufgetaucht und in der Zukunft wird es wohl auch nicht mehr erscheinen!
@Elahan
Da bin ich im Grundsatz bei ihnen. Wir sprechen da von „weniger ist nichts“.
@KeLaBw
Schwerpunktsetzung hilft aber in einem Verbundsystem im Kontext der Gesamteffektivität nur zum Teil weiter. Taktisch macht es auch keinen Sinn im Kontext Schwerpunktsetzung im Gefecht verbundener Waffen auf Artillerie und Panzer zu verzichten und mal richtig auf Infanterie zu setzen. Wenn wir InfBtl erhöhen und dafür die LogBtl streichen, haben wir zwar eine klare planerische Schwerpunktsetzung – können diese aber nicht zum Einsatz bringen. Im geschlossenen System heißt jede Erhöhung der Tiefe identisches zu streichen. Dabei muss man beachten, dass ein kompletter Neuaufbau einer Fähigkeit deutlich länger dauert, als eine vorhandene Fähigkeit aufwachsen zu lassen. Die Forderung einer soliden Risikoanalyse und -bewertung ist der Ruf nach der verlässlichen Glaskugel. Wenn wir da jemand mit unfehlbarer Vorhersagekapazität haben, dann lass ich mir die Lottozahlen aufschreiben ;-)
Klar macht Risikoanalyse Sinn – nur nehmen die Wahrscheinlichkeit der Prognosen auf der Zeitachse halt ab. Bei einem Verzicht auf Panzer müssten wir da schon 20-30 Jahre relativ sicher abschätzen können. Ist immer wieder spannend sich historisch anzuschauen, was wir zu einem Zeitpunkt für die nächsten 30 Jahre vorhergesehen hatten: 1980? 1900 ? 1930?…
Die Gretchenfrage ist noch immer nicht gelöst: Was streichen wir?
U-Boote: Mault Klabautermann
Tornados: Mault Elahan
Panzer: Maule ich
Und die Frage wird sich früher oder später wieder stellen…und wer mehr Tiefe fordert muss erst mehr streichen!
@Stefan H.
Ich maule nicht, wenn es die Engländer für uns übernhmen :-))
@Elahan
das sehe ich nicht ganz so, wenn man eine Einsatzbreite von X Wirksystemen für Krisenprävention,-management etc vorhalten will gem. z.Bsp. der VPR, dann ist eine Berechnung der dafür notwendigen strukturellen Tiefe durchaus möglich….aber genau das ist ja nicht gemacht worden
@Elahan
Super Beispiel – da Pooling&Sharing und Smart Defense ja genau darauf basieren.
OK – UK übernimmt unseren CAS. Dann wollen sie entweder von uns Geld um ihre Fähigkeit zu erhalten oder wir müssten in einem anderen Bereich deutich mehr als die für uns notwendige Fähigkeit aufbauen und ihnen dauerhaft und für sie verlässlich zur Verfügung stellen. Bei letzterem ist der Parlamentsvorbehalt ein Ausschlusskriterium und bei einem Falklandkrieg wären wir wohl auch nicht dabei. Das schränkt aus Sicht UK DEU Beiträge P&S/SD schon deutlich ein.
Wie gesagt: Zu verschenken hat niemand etwas, auch keine Fähigkeiten. Und ob wir wirklich die englischen Tornados finanzieren sollten, wenn wir dafür unsere eigenen streichen?
und deshalb ist ja diese Neuausrichtung der Bundeswehr die dollste politische Mogelpackung, die man sich nur vorstellen kann.
Einerseits hat man den Eindruck erweckt, dass man sich von strategisch-operativen Kriterien gem VPR&Smart Defence leiten läßt, andererseits ist dann die Neuorientierung nach ausschließlich kameralistischen Parametern ausgeplant worden….dolle Wurst.
@klabautermann
Lage, Auftrag, Durchführung
@Stefan H.
CAS können wir schon jetzt nicht!
Für den V-Fall gibt es keinen Parlamentsvorbehalt!
Wenn wir die luft-/ bodengebunden Luftverteidigung für die EU übernehmen, hätten wir ein großes Paket und kein Problem mit dem Parlamentsvorbehalt!
Wann hatten wir bisher ein Problem mit dem Parlamentsvorbehalt?
Ob eine Regierung ablehnt oder ein Parlament, wo ist der Unterschied!
Ganz im Ernst: Aus funktionierenden Flugzeugen zu springen, ist Folklore. Eine sehr geile Folklore, aber dennoch. Der Wert des Springens ist nicht der Sprung an sich, sondern das Identifizierungsangebot, das damit einhergeht, weshalb ich sehr befürworte, die Sprungausbildung beizubehalten (und gerne auch die LL/LTS, denn Oldenburg und Umzu sind m.E. nicht traditionsfähig).
Und zur Frage eines missverstandenen Elitedenkens deutscher Fallschirmjäger: Das gibt es, hängt aber auch damit zusammen, dass es halt doch noch zu viele davon gibt, und die außerdem noch aus dem ganzen Bundesgebiet stammen. Da erfolgt leicht eine Überidentifikation, von der teilweise problematischen sozialen Herkunft mal ganz abgesehen.
Ganz anders dagegen die Kameraden der Gebirgsjägertruppe, bei denen der Dienst fast schon so etwas wie verlängerte Heimatliebe ist. Die Kameraden habe ich auch als stille Profis erlebt, vor allem die, die wirklich etwas konnten. Insofern wäre es das beste, das beste aller Welten zu verbinden und bei der Ausbildung aller Soldaten auf Professionalität zu setzen. Wobei Zweifel erlaubt sind, wenn man die allergischen Reaktionen auf Begriffe wie … aber lassen wir das.
@ Stefan H. 11:35
Jetzt führen Sie uns aber doch ein bisschen auf die falsche Fährte. Es geht ja nicht darum, einzelne Waffensysteme oder Truppengattungen gegeneinander auszuspielen. Das wäre – um beim Heer zu bleiben – etwa im Gefecht der Verbundenen Waffen natürlich blödsinnig.
Die Schwerpunktsetzung muss, wenn wir von Streitkräftestrukturen sprechen, viel höher erfolgen, nämlich bei den Aufgaben. Ein Blick in die VPR zeigt, dass wir unter dem Strich alles können wollen und auf alles vorbereitet sein wollen. Aber ein Blick auf den Einzelplan 14 und die entsprechende Finanzlinie zeigt wiederum, dass das wohl nicht geht. (Und das spüren wir ja auch recht schmerzlich in der Realität.)
Ich stimme voll zu: Jede Prognose ist erstens verdammt schwer und wird zweitens meist recht schnell von der Wirklichkeit überholt. Und der Aufbau von Fähigkeiten dauert bisweilen viele Jahre. Diese Erkenntnis ist bitter, entbindet aber nicht von der Notwendigkeit einer Lagebeurteilung mit Blick nach vorn und einer gewissen Festlegung im Sinne der eigenen Absicht.
Ein (!) möglicher Ansatz aus der Misere könnte wie folgt aussehen: Die Bw konzentriert sich zunächst auf ein rundum solides Fundament zur Erfüllung der Aufgabe Landes- und Bündnisverteidigung. Dies als unabdingbare Hauptaufgabe und ohne große Abstriche. Und nur, wenn dann noch Ressourcen frei sind, können andere Aufgaben in den Fokus genommen werden. Zugleich sagt man dem Haushaltsausschuss: Wenn Ihr mehr von uns wollt, müsst Ihr auch tiefer in die Tasche greifen. (Und vielleicht würde das Parlament das dann auch tun.)
Eine verstärkte Zusammenarbeit auf europäischer Ebene ist zusätzlich dringend geboten – zur Kosteneinsparung und damit auch zur Erhöhung der Gesamtwirkung. Aber auch ich bin da inzwischen mehr als skeptisch, ob wir Europäer dazu die Kraft aufbringen.
Breite vor Tiefe hat immerhin den tröstlichen Aspekt, daß man kleine Reste bestimmter Fähigkeiten als Kristallisationskeim für einen späteren Wiederaufbau in der Hinterhand hat. Ein bißchen Artillerie und ein paar Fallis und ein paar Leos sind besser als wenn man das Equipment ins Panzermuseum Munster schickt und das Personal dazu pensioniert. Dann fängt man auf der grünen Wiese wieder an, mit einer musealen Dv in der Hand und Ausbildungsstand bei Null.
Wenn ich mir den Zinnober um die Felseneilande zwischen Japan und der VRC ansehe oder andere nicht weniger spannende glimmende Funken im Unterholz betrachte, könnten wir in der Situation Wiedererlangung von Fähigkeiten schneller sein, als wir die letzten Jahre geträumt haben.
@Elahan, KaLaBe
Landesverteidigung als höchste Priorität zu nehmen ist m.E. zur Zeit nicht realistisch. Da deutsche Soldaten im Einsatz stehen, haben sie Anspruch auf Priorität. Es wäre gar nicht durchhaltbar, Tote im Einsatz in Kauf zu nehmen und dabei das verfügbare Geld daheim in eine potentielle V-Fall Bedrohung – bei aktuellen Wahrscheinlichkeiten – zu stecken.
Also wird ein Road-Clearance-Package und geschützte Rad-Fahrzeuge halt im Zweifelsfall aktuell höher priorisiert werden, als die aufgelöste Heeresflugabwehr oder ein paar PzBtl oder PzArtBtl (Tiefe) mehr.
@ Stefan H.
Landes- und Bündnisverteidigung ist natürlich mehr als nur Landesverteidigung i.S. des V-Falles.
@Stefan H.
Sie verwechseln da was! Wir sprechen doch davon was in der Zukunft noch machbar/sinnvoll ist und nicht davon was jetzt für die laufende Einsätze notwendig ist!
Ich hoffe, dass sie hier im Blog keinen finden der den Soldaten im Einsatz die notwendige Unterstützung durch Refom Nr. X verweigert!
Genau das macht unsere Regierung! Die Soldaten sind im Einsatz und Zuhause wird die Familie und der Heimatstandort drangsaliert!
@ Elahan
Jetzt übertreiben Sie aber etwas. Natürlich hat „die Regierung“ die Pflicht, die aus ihrer Sicht notwendigen Umstrukturierungen zu entscheiden – auch wenn noch Soldaten im Einsatz und nach Rückkehr vielleicht davon betroffen sind.