Weiter mit Crowdfunding
Gestern wurde ich einen Moment lang sehr nachdenklich. Der Bloggerkollege Udo Vetter, Rechtsanwalt, Strafverteidiger und Betreiber des recht bekannten Lawblogs, hat eine Kooperation seines juristischen Blogs mit einer Rechtsschutzversicherung bekannt gegeben. Die Versicherung werde regelmäßig Beiträge zum Blog liefern, dafür etwas zahlen – und von dem Deal, ließ Vetter gegenüber der Wirtschaftswoche (Link hier aus bekannten Gründen nicht) durchblicken, könnte sich seine Webseite schon selbst finanzieren.
Obwohl ich nachdenklich wurde: Bislang habe ich für Augen geradeaus! noch nicht ein solches Modell erwogen (und, um das zuzugeben, auch gar nicht erst geguckt, ob ich ein Unternehmen mit entsprechendem Interesse finden würde). Bei allem Respekt für Vetters Entscheidung: Die mögliche Gefahr einer Interessenkollision möchte ich nicht eingehen (noch mal: das ist mein derzeitiger Stand der Überlegungen).
Ich setze und hoffe deshalb weiter auf das, was Neudeutsch Crowdfunding heißt und was ich das Prinzip Straßenmusik genannt habe: Ein journalistisches Projekt wie Augen geradeaus! sollte seinen Lesern gegenüber verantwortlich sein – und sich auch durch seine Leser finanzieren können. Wenn viele ein wenig in den Hut werfen, kommt am Ende so viel dabei heraus, dass sich dieses Projekt auch selbst trägt.
Davon bin ich, leider, noch weit entfernt: Rund 50+ Leser haben sich für ein regelmäßiges, monatliches Scherflein (in unterschiedlicher Höhe) entschieden – dafür ganz herzlichen Dank. Die rund 400 Euro, die dabei im Monat hereinkommen, sind allerdings eine recht schmale Basis.
Dabei müsste allein von den Leserzahlen doch mehr drin sein, wenn ich mir nur die Statistiken der vergangenen Tage anschaue:
Vielleicht denkt der eine oder die andere, die dieses Blog gerne als Informationsquelle und Diskussionsforum nutzen, da noch mal über ein Scherflein nach…. Meine Kontonummer gibt es (aus Sicherheitsgründen) gerne bei E-Mail an opz [et] augengeradeaus.net, der PayPal-Button steht rechts in der Leiste. (Obwohl ich wegen der anfallenden Gebühren eher für die Banktransfer-Option bin.)
ich sehe das vettersche modell sehr skeptisch. ein blog als publikationsform lebt auch stark vom jeweils verantwortlichen schreiberling. andere, irgendwann ebenfalls kooperative blogs, gleich ob kommerziell oder non-com, haben zumindest in meinen augen recht schnell an qualität und profil verloren, nachdem sie in das koop. modell überführt wurden.
Hi Thomas,
da hier viele Bundeswehr Interessierte lesen könntest Du vielleicht eine Kooperation mit einem Shop der BW Equipment verkauft anstreben? Das sollte wohl zu keiner Kollision führen und ist recht hilfreich für BW’ler und die, die es mal waren oder werden wollen…
Bsp.: http://www.raeer.com – mein persönlicher Favorit, gibt natürlich viele andere Shops die an so etwas sicher interessiert wären, vielleicht hast Du ja sogar schon einen eigenen Favoriten mit dem Du gute Erfahrungen hast.
Du bist doch auch öfter in Einsatzländern unterwegs – vielleicht kannst Du da sogar Produkte empfehlen die Dir schon gut gedient haben, vielleicht als extra Sparte im Blog?
Grüsse,
SW
Hallo Thomas,
Ich denke auch, dass dieser Weg Finanzierung nicht gleichbedeutend mit Interessenkonflikt ist und stimme dem Ansatz von SW voll zu. Muss ja nicht die EADS sein, die hier „inseriert“ – aber gerade die Märkte rund um die Bundeswehr (Versicherungen, „Ausrüster“, warum nicht auch Automarken oder Reiseunternehmen) könnten durchaus einen sponsored post bei Dir unterbringen wollen. Wenn man das transparent macht, sehe ich genau wie bei Zeitungen kein Problem mit werblichen Postings bei „Augen geradeaus“ – und würde sicher hier und da auch interessante Angebote, die dann hier vorgestellt werden, nicht direkt in den RSS-Orkus befördern, sondern mit Interesse durchlesen.
Michael Forster (seligen Angedenkens) hatte doch auch Werbung auf seiner Seite geschaltet, ohne dass ich den Eindruck hatte, dass er deshalb weniger kritisch war.
Wie wäre es denn damit das bestimmte Artikel nur noch zahlenden Kunden zugänglich gemacht werden.
Ähnlich dem System des Hamburger Abendblatts
http://www.abendblatt.de/hamburg/polizeimeldungen/article2399141/Porsche-Unfall-Pflegerin-schwebt-weiter-in-Lebensgefahr.html
5,- im Monat sind nun wirklich nicht die Welt.
Ich gehe dann mal meinen Dauerauftrag aufstocken und die private Werbetrommel rühren
Seit Anbeginn des Pressewesens erscheinen in Zeitungen und Zeitschriften Werbeanzeigen.
Das ist etwas ganz normales. Dabei vermag sich jeder mitdenkende Leser ohne weiteres vorzustellen, dass es im Einzelfall auch zu gewissen Interessenkonflikten kommen kann. Bestes Beispiel waren früher immer die Autozeitschriften: Wird Daimler-Benz noch Anzeigen schalten, wenn der Test der Neuentwicklung zu dem Ergebnis kommt, dass der Bolide immer umkippt, wenn man einem Elch ausweichen muss?
So lange das alles transparent gehandhabt wird, sehe ich da kein Problem.
Herr Vetter geht ja sogar noch einen Schritt weiter: Da liefert die Rechtsschutzversicherung auch Inhalte.
Beim Lawblog gab das ganze, gerade wegen der (sehr dämlichen) ARAG-Artikel einen ziemlichen Shitstorm.
Hier wüßte ihr gar nicht wer da sponsern sollte.
– EADS? Die werden hier regelmäßig durch den Wolf gedreht
– Heckler & Koch? Das ist hier nicht infanteriespezifisch genug
– irgendwelche „Tacticoolen“ Ausrüster? Ebenfalls, das ist ja kein Airsoftblog ;)
Andererseits hat es dem Weyer auch nie geschadet daß Atlas Elektronik oder Blohm & Voss oder HDW da inseriert haben :)
hier banner zu schalten? von mir aus gerne. links und rechts ist noch genug platz und wenn ich für so sachen wie „themen“ oder „kalender“ erstmal scrollen muss. so what ? hin und wieder ein banner in der mittelspalte. von mir aus auch. overlays … nope. redaktionelle inhalte… gosh no! ungekennzeichnete redaktionelle artikel werblichen charakters -> del von den Favs.
Einen hoch qualifizierten Journalisten für sich auf 400-Euro-Jobbasis arbeiten zu lassen ist eigentlich peinlich für die Stammleserschaft. Also werde auch ich den Dauerauftrag aufstocken.
Vielleicht möchte die Bundeswehr ja noch ein bisschen Nachwuchswerbung schalten :-D
Um mal eine Vorstellung zu haben: Was kostet es denn, so einen Blog zu unterhalten?
@dallisfaction:
Es geht nicht darum, den Blog zu unterhalten – das geht im Prinzip fast kostenlos (wenn auch nicht wirklich für eine so große Leserschaft).
Es geht darum, T.W. zu unterhalten. Das dürfte ein weit größerer Kostenanteil sein, da nicht nur ein „Gehalt“ kalkuliert werden muss, sondern auch die „Betriebskosten“.
Hatten nicht warisboring.com einmal eine relativ detaillierte Kalkulation für eine Reportagereise veröffentlicht? Ich finde dort gerade auf die Schnelle nichts dazu, aber vielleicht erinnert sich ja jemand.
@all
Danke für die durchweg positiven Rückmeldungen. Ich nehme mal als Eindruck mit: Bannerwerbung würde nicht als Problem empfunden, redaktionell gestaltete Werbebeiträge nach dem Vorbild des Lawblogs aber auf jeden Fall. Ich denke mal drüber nach, was da sinnvoll sein könnte (allerdings: noch hat kein Interessent gefragt…). Und ich lasse mich lieber von Lesern bezahlen als von Inserenten…
Herzlichen Dank auch an diejenigen, die mir hier oder per Mail mitgeteilt haben, dass sie ihren monatlichen Beitrag aufstocken wollen. Das freut mich natürlich – wenn auch mein erstes Interesse ein anderes ist: Ich will nicht mehr Geld vom Einzelnen, sondern gerne mehr Leute, denen diese Form von Journalismus etwas Wert ist.
Und @dallisfaction: Helge Wilker hat es schon auf den Punkt gebracht. Der (technische) Betrieb dieses Blogs ist das Wenigste. Die Frage ist: Was kostet es, ein Ein-Mann-Journalistenbüro zu betreiben, das den überwiegenden Teil der Arbeitszeit für dieses Blog aufwendet? (Von Betriebskosten wie Equipment vom Computer bis zum Satellitentelefon über Rechercheaufwand und Reisekosten bis zum Aufwand für eine Arbeitskraft incl. Sozialversicherung, Altersvorsorge etc., das eigentliche Einkommen dann ziemlich am Schluss). Und wer mal auf die Zeitpunkte achtet, zu denen hier Einträge erscheinen, bisweilen auch am späten Abend und am Wochenende, kann sich leicht ausrechnen, dass der Arbeitsaufwand über einen 9to5-Job weit hinausgeht.
Ich würde Ihnen gerne Google AdSense ans Herz legen wollen, wenn auch nur ein paar Wochen zum testen.
Ihre Arbeitszeit und die Inhalte sind es, was den Wert dieser Seite und der damit erhaltenen Leistung ausmacht. Technik ist doch nur das Mittel und der Transportpfad.
Die deutsche „sicherheitspolitische Community“ (die meiner Meinung nach so gar nicht existiert bzw. tief gespalten ist zwischen theoretischen Wolkenschiebern á la DGAP oder SWP, militärischen Strukturdenkern und Bewahrern und industriellen Bedarfsweckern/Eitelkeitsträgern) ist dafür eine wirklich undankbare Zielgruppe. Leider.
Geld für Werbung hat im Grunde nur die Industrie. Die inseriert allerdings weiterhin in den Schmierblättern von Mönch, Mittler & Co. Für viel Geld und mit minimaler Wirkung. Vielleicht sollten Sie mal ein Marketing-Exposé schreiben (und damit Ihren sympatischen Widerstand zur Selbstvermarktung etwas überwinden). Denn es hilft halt Ihnen und den treuen interessierten Lesern absolut nicht, wenn Sie sich nicht finanzieren lassen – und das dafür andere tun lassen.
Ich wette, dass den Marketingverantwortlichen in der Industrie gar nicht klar ist, welch hochkarätige Lesergruppe Sie hier versammelt haben. Wie wäre es mit einer kleinen anonymen Leser-Zielgruppenbefragung (machen Zeitungen derzeit auch und werben mit xx% „Entscheidern“ als Leser). Damit ließe sich doch was anfangen.