Gemeinsame Debatte über Sicherheit: „Mehr als militärische Verteidigung“
Die gemeinsame, öffentliche Debatte über Sicherheit, sowohl im Inneren als auch nach außen, wird von Politikern immer wieder angemahnt. Weit gekommen ist das bislang nicht – vor allem äußere Sicherheit gilt meist als ein Minderheitensport.
Verteidigungsminister Thomas de Maizière ist einer derjenigen, die immer wieder auf diese öffentliche Debatte der gesamten Gesellschaft drängen. Und ich vermute, es ist nicht zuletzt ihm zuzuschreiben, dass die Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) heute ein Kolloqium zum Thema Sicherheit gemeinsam gestalten abgehalten hat. Mit dabei: Gewerkschaften, Unternehmerverbände, Kirchen, Hochschulen. (Natürlich stellt sich die Frage: ist dieses Modell, das auch in Gremien wie Rundfunkräten präsent ist, wirklich noch ein Spiegelbild der gesellschaftlich relevanten Gruppen?)
Über die Veranstaltung schreibe ich, wenn sich die Diskussion entwickelt hat, noch ein wenig mehr. Hier stelle ich, so weit ich das technisch hinbekomme, die Redebeträge im Originalton zur Verfügung.
Rede von Verteidigungsminister Thomas de Maizière
(Aus technischen Gründen jetzt nicht in der chronologischen Reihenfolge – nach de Maizière haben der Präsident des Zentralkomitees der Deutchen Katholiken, der Vorsitzende der Hochschulrektorenkonferenz, BDI-Chef Keitel und der DGB-Vorsitzende gesprochen)
Redebeitrag des DGB-Vorsitzenden Michael Sommer
Redebeitrag von BDI-Chef Hans-Peter Keitel
Redebeitrag Horst Hippler, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz
Redebeitrag Alois Glück, Präsident des Zentralkomitees deutscher Katholiken
Auf mich macht das irgendwie einen bemühten, blutleeren Eindruck.
Man liest sich die Beschreibung der Veranstaltung und die Liste der Teilnehmer durch und denkt sich: Na ja, fein, dass die alle miteinander diskutieren. Aber dass jetzt auf einmal ein nachhaltiges Interesse an einer leidenschaftlichen Debatte geweckt würde, könnte ich nicht gerade behaupten.
Aus Interesse (und Boshaftigkeit) habe ich mal nach aktuellen Verwendungen der Wendung „gemeinsam gestalten“ für Veranstaltungen unterschiedlichster Art gegoogelt:
„Kommune gemeinsam gestalten“ (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend)
„Gesellschaft gemeinsam gestalten“ (Robert-Bosch-Stiftung)
„Politik gemeinsam gestalten“ (Bertelsmann-Stiftung)
„Gartenträume gemeinsam gestalten“ (Sächsische Landesvereinigung für Gesundheitsförderung e.V.)
Kultur ist der Begriff, der noch fehlt … eine Sicherheitsdebattenkultur …
Gott sei Dank sind wir keine Atommacht.
Ansonsten hätten wir „nukleare Abschreckung gemeinsam gestalten“
;)
Dass irgendjemand öffentlich eine sicherheitspolitische Diskussion einfordert, passiert doch mittlerweile fast im Monatsrhythmus, und es passiert natürlich überhaupt gar nichts. Das einzige, was ernsthaft Diskussion provoziert, ist der Skandal. Es bräuchte also wahrhaft kontroverse öffentliche Stellungnahmen von den richtigen Leuten, die entsprechenden Widerspruch provozieren.
Solche Veranstaltungen wie die oben genannte sind überhaupt nicht dazu gedacht, wirklich kontrovers zu verlaufen. Die sind nur dazu da, Daseinsberechtigung für seltsame Institutionen ohne erkennbaren Auftrag zu simulieren und den Teilnehmern einen Hauch von persönlicher Wichtigkeit zu gönnen.
Bis auf „Sommer“ ist hier alles Blutleer … Ein Flop!
Huihuihui… so viel Gegenwind ;-)
Ich versuche gerade parallel der Diskussion zu lauschen und paar O-Töne online zu stellen; deshalb inhaltlich erst später mehr. Allerdings jetzt schon mal: Ich fand den Beitrag des DGB-Vorsitzenden Michael Sommer sehr interessant und empfehle ihn zum Anhören – steht jetzt oben drin.
Einen m.E. deutlich gelungeneren Ansatz verfolgt dieses Projekt:
http://warum-soldaten.de
Einen Besuch dieser beeindruckenden Wanderausstellung kann ich nur wärmstens empfehlen.
Zu Pferd: Fein beobachtet. Es gibt wahrlich genug sicherheitspolitische Diskussion in Deutschland – nur aus dem Zirkel der Experten kommt diese seit Jahren nicht heraus. Der Endverbraucher, sprich der steuerzahlende Bürger/-in, wird damit nicht erreicht – vielleicht ist er dabei auch nicht erwünscht?
Die sicherheitspolitische Diskussion bewegt sich in einem hermeneutischen Kreis von Selbstreferentialität. Nur schlechte Menschen können dabei denken, das sich dies auch darin begründet, das praktisch alle sicherheitspolitischen Institutionen in Deutschland mehr oder weniger (un)mittelbar von Haushaltszuweisungen abhängig sind. Kontroversen sind dabei sehr selten. Das ist in meiner Wahrnehmung auch die Begründung dafür, das sich in der sicherheitspolitischen Diskussion seit Jahren wenig bewegt.
Zu FB: Dieser Ansatz ist höchst gelungen – leider in Deutschland praktisch nie aktiv kommuniziert worden. Zu Beginn 2010 gab es mal einen Artikel auf Bundeswehr.de und einen Termin Bundespresseamt. Das war es dann aber auch schon. Zudem wird die Ausstellung fast nur in Bundeswehr-Liegenschaften gezeigt; da geht der „Normal-Bürger“ so gut wie nie rein.
Das sehr gelungene Projekt „Warum Soldaten“ zeigt aber auch beispielhaft, warum sicherheitspolitische Diskussion in Deutschland nicht funktioniert:
– Die Kommunikation in die Öffentlichkeit ist praktisch nicht existent
– Eine Kommunikationsstrategie an die Zielgruppe kann ich nicht erkennen
– Das Projekt ist in den Medien nicht präsent
Zusammengefasst: Sicherheitspolitische Diskussion à la BAKS oder SWP zeitigt letztendlich die ewige Wiederkehr des Gleichen: Experten und sogenannte Experten reden mit ihresgleichen. Praktisch alle werden aus Haushaltsmitteln alimentiert. Kontroverse kann es so nicht geben (Stürme im Wasserglas ‚mal ausgenommen).
Sicherheitspolitsche Diskussion à la „Warum Soldaten“ ist zwar an den Endverbraucher gerichtet und auch durchaus gelungen, dringt aber nicht durch wegen Eintrittsbarrieren (Ausstellung in militärischen Liegenschaften), mangels finanzieller Alimentierung und des „wohlwollenden Desinteresses“ von Seiten Bundesregierung, BMVg usw.
Fazit: Solange nicht der erkennbare politische Wille verbunden mit der Umsetzungs-Alimentierung von Seiten der politischen Gestalter in unserem Land die sicherheitspolitische Diskussion erkennbar qualitativ in die Fläche bringt („zu den Menschen bringen. . ., die Menschen dort abholen, wo sie stehen . . .“) ist in der sicherheitspolitschen Diskussion sowohl von denen unten als auch bei denen oben für mich seit Jahren nur eines erkennbar:
„Wohlwollendes Desinteresse“
Ich freue mich auf kontroverse Diskussionen im thread
@ meinemeinung
Ihre Kritik an den aktuellen Anstrengungen zur Förderung einer sicherheitspolitischen „Diskussionskultur“ ist sicherlich nicht von der Hand zu weisen. Aber Sie verleitet mich auch, auf die beiden Dimensionen des Problems eines Dialogdefizits und die unterschiedlichen Vorgehensweisen zu seiner Auflösung hinzuweisen.
Zum ersten – und darauf zielt offenbar (zumindest aus der Ferne betrachtet) die heutige Veranstaltung des BMVg an der BAKS – geht es um das geflügelte Wort, das spätestens seit Altbundespräsident Köhler die Runde macht und auch Ihrem Kommentar die Richtung gibt: Wohlwollendes Desinteresse der Öffentlichkeit, sprich eigentlich so gut wie kein Interesse an der Sicherheitspolitik. Ich glaube nicht, dass dieser völlig unbefriedigende Zustand über Kurz oder Lang beseitigt werden kann. Es scheint leider eher so (wie Pferd in seinem Kommentar mutmaßt), dass erst der Skandal oder die Katastrophe die Leute jenseits des Expertenkreises wachrüttelt – und dann nur auf den Einzelfall bezogen, aber wohl nur selten auf grundlegende Fragen wie etwa deutsche Sicherheitsinteressen oder unser sicherheitspolitisches Koordinatensystem. Dennoch: Auch kleine Anstöße wie der heutige sind wichtig. Allzu viel Wirkung darf man sich freilich nicht davon erwarten. Es schadet aber zumindest nicht.
Zum zweiten aber – und darauf bezieht sich wohl der Kernauftrag der BAKS – entspricht auch der Dialog innerhalb der community, also zwischen den Experten, noch lange nicht den Erfordernissen. Sicherheitspolitik muss man heute übergreifend, insbesondere auch ressortübergreifend verstehen. Das bedeutet aber auch streng koordiniertes, vernetztes Handeln derjenigen, die kraft ihrer Zuständigkeiten für die einzelnen Beiträge verantwortlich sind. Und es bedeutet nicht zuletzt eine stärkere Verdrängung partikularer Egoismen innerhalb der bzw. über die Ressortgrenzen hinweg zugunsten des Ganzen. Da sind noch gewaltige Schätze zu heben, auf nationaler wie auf internationaler Ebene. Es geht an der BAKS nach meiner Beobachtung also primär darum (siehe dazu auch http://www.BAKS.bund.de/DE/ueberuns/Auftrag/auftrag_node.html), das heutige und künftige Spitzenpersonal (also, wenn Sie so wollen, wieder die „Expertenschar“) auf den gemeinsamen Ansatz einer deutschen Sicherheitspolitik einzuschwören. Die BAKS (im Prinzip gilt das auch für die SWP) demnach dafür verantwortlich zu machen, dass Otto Normalverbraucher keine Lust auf sicherheitspolitische Themen entwickelt, wäre genauso verfehlt wie etwa der FüAkBw oder der OSH den Schwarzen Peter dafür zuzuschieben.
Natürlich will ich damit keiner sinnwidrigen „Zuständigkeitsdebatte mit Bremswirkung“ Vorschub leisten. Die Dialoglücke ist ja offenkundig, und sie bedarf dringend einer Lösung. Ich will nur aufzeigen, wie vielschichtig das Problem ist. Alle müssen ran, und Initiativen wie die von Ihnen und FB aufgezeigte („warum-soldaten“) gehört sicherlich dazu.
Fragt man deutsche Generalstabsoffiziere nach ihren Hobbies, hören wir noch viel zu oft: „Militärgeschichte“.
Da liegt auch ein Problem. Deutsche Sicherheitspolitik ist so was von wenig weit- und breitsichtig, dass es schon weh tut. In ein paar Jahren haben wir vielleicht strukturiert, wie wir zukünftig den Afghanistan- oder Balkankonflikt angehen würden – geschähe er denn erneut und so wie zuvor.
Hinzu kommen alle Tage Partikularinteressen und Lobby- und Verteilungskämpfe. Wenn hier mit Sicherheitspolitik argumentiert wird, dann dienen diese Punkte meist nur dem Obigen. Da können also noch so viele Foren mit teilweise wirklich hellsichtigen Vor- und Beiträgen laufen. Das Resultat bleibt sehr mau. Folge ist, dass sich selbst Interessierte abwenden und sich lieber mit eigenen Problemen beschäftigen.
Die BAKS macht so etwas ja schon seit längerem. Es werden zwar gerne Floskeln wie „strategische Community“, „strategische Kultur“ oder „Vernetzung“ in allen möglichen Kombinationen bemüht und sicherheitspolitische Diskussion gefordert, aber letztlich wagte es kaum jemand, diese Diskussion wirklich zu führen. Die meisten, die etwas beizutragen hätten, wissen genau, dass sie trotz aller Dialogfloskeln eben nicht mit einer sachlichen und offenen Diskussion zu rechnen hätten, wenn sie die kritischen Themen ansprechen. Wenn die relevanten Themen diskutiert werden, tut man dies also weiterhin hinter verschlossenen Türen und innerhalb von Kreisen, in denen man sich vertraut. Außerhalb der BAKS sieht es nicht besser aus: Bei der SWP hat übrigens mal jemand den Fehler gemacht, sich kritisch zur Sicherheitspolitik der Bundesregierung zu äußern, woraufhin er rasch entlassen wurde. Das schlägt sich natürlich in der Arbeit der SWP nieder, die z.B. zum Afghanistaneinsatz praktisch nichts relevantes veröffentlicht hat. Die wenigen Veröffentlichungen sind im Wesentlichen Argumentationshilfen für die Politik der Bundesregierung.
Die sicherheitspolitische Welt in Deutschland ist insgesamt m.E. zumindest zweigeteilt, und auf der Ebene der Entscheidungsträger (politisch und militärisch) kommt von der praktischen Ebene so gut wie nichts mehr von dem an, was diese eigentlich wissen müssten. Zwar reagiert man dort oft positiv wenn man im persönlichen Gespräch eine einsatznahe Perspektive zu hören bekommt und beklagt die allgemein bekannte Filterung von Informationen, aber praktische Konsequenzen hat das bislang nicht. Ich habe manchmal den Eindruck, dass man manche Dinge gar nicht hören will, denn was man nicht weiß, setzt einen auch nicht unter mit Karriererisiken verbundenen Entscheidungsdruck.
Es gab mal eine Zeit, als auf Ebene der Planungsstäbe AA und BMVg (Ischinger und Weisser)ein sehr intensiver und ständiger Dialog zum Thema Sicherheitspolitik im Sinne operativer Politik stattfand. Dieser Dialog diente auch der Abstimmung im Kontakt mit der internationalen Strategic Community. Und der BMVg hatte einen Studienrahmenvertrag mit einerm international renomierten thinktank und in Deutschland gab es noch einige andere, im Sinne des erweiterten Sicherheitsbegriffes, sehr kompetente Institute.
Was ist denn bitte von dieser vernetzten Sicherheitskultur in der Berliner Republik übrig geblieben ???
Meine Meinung zur Rede des Ministers ist:
Wenn der Verteidigungsminister Thomas de Maizière schon eine stärkere Vernetzung von innerer und äußerer Sicherheit fordert und begründet „… die traditionelle Unterscheidung zwischen äußerer Sicherheit und Sicherheit im Inneren verliert angesichts neuer Bedrohungen zunehmend ihre Bedeutung“ sowie den fließenden Übergang der beiden Sicherheitsbereiche nicht grundsätzlich ausschließt und mit einem „natürlich“ unter Einbezug der gesetzlichen Voraussetzungen und des Grundgesetzes durchaus richtig, aber eben hohl argumentiert, dass die Strukturen im Inneren und die Verteidigung sich „klug gegenseitig ergänzen“ müssen,
dann hätte er auch in aller Drastik das Olympia-Attentat und dass Massaker von München vor exakt 40 Jahren, am 5. September 1972, mit seiner Argumentation aufgreifen und damit unmissverständlich verdeutlichen müssen zu was es in Deutschland auch heute noch und jederzeit kommen kann.
Rhetorisch geschliffen, politisch selbstgefällig und arrogant belehrend zu einer „breiteren sicherheitspolitischen Debatte“ aufzurufen und an solche gesellschaftliche Gruppen zu appellieren, welche sich bislang nicht oder nur kaum beteiligten und deren Einbindung zu fordern, wie Gewerkschaften, Kirchen, Industrieverbände und Wissenschaft, ist zu wenig.
Die Wege der „9/11-Terroristen“ aufzuzeigen und mit Pakistan, Afghanistan und Deutschland bzw.Hamburg zu verknüpfen ist zu zweckpolitisch, zu populistisch und zu fadenscheinig – gerade in Bezug auf den ebenso angesprochen Einsatz unserer Soldat(in)en in Afghanistan und der dortigen Misstände und Mängel -, und ist damit noch weniger.
Den gestern zu Grabe getragenen ehemaligen Verteidigungsminister Georg Leber unter eitlem Bezug auf die eigene (Grab-) Rede argumentativ vor den eigenen verfahrenen Karren zu spannen ist geschmacklos!
Und dann noch keck zu behaupten, die Bundeswehr wird im Mittelpunkt der Gesellschaft bleiben, mag eine Vision und hoffentlich alsbald Amts-Erinnerung dieses Ministers sein, welcher offenbar weder unsere Bundeswehr, noch unsere Gesellschaft so richtig kennt.
Herr Minister mögen seine Hausaufgaben gründlicher erledigen und sich an „Schorsch Leber“ ein bitte ein ( s t i l l e s ) Beispiel nehmen, ansonsten „Setzen –Sechs“! Man sollte es deshalb eigentlich zur Auflage machen – wenn es denn ginge -, dass jeder Verteidigungsminister vor Amtsantritt erst einmal einen Stabsoffizierslehrgang für Reserveoffiziere besucht.
Soweit meine 2 Cents aus einer schwarzen Seele mit leichtem Touch zu Blau-Gelb, aber Manches muss eben mal gesagt sein.
Wozu eine sicherheitspolitische Debatte? Sind wir in irgendeiner Form bedroht? Selbst was man uns in Afghanistan als Bedrohung verkauft, wird durch Teile der Entsender also der Bundestag, also dem deutschen Volk, als solche nicht wahrgenommen. Die Verletzten und Toten werden bestenfalls bedauert aber nicht als Bewahrer von Frieden und Freiheit gesehen. Es herrscht überhaupt keine Betroffenheit. Gott sei Dank könnte man sagen. Anzeichen für eine Notwendigkeit einer Debatte gibt es zu Hauf. Sie werden z.B. hier diskutiert. Aber Verzeihung Augen Geradeaus ist nicht die Bildzeitung. Wieder könnte man sagen, Gott sei Dank. Ich glaube, sehr persönlich, dass dies nicht mehr lange gut geht. Das ist, wenn überhaupt, nur hier von einem gewissen Interesse. Ich wünsche mir dennoch, dass ich unrecht habe.
Wenn man nichts (mehr) erwartet, dann ist man auch nicht (mehr) enttäuscht.
Vom Minister – wiedermal – intellektuell geschliffene (Unions-)Parolen ohne Realitätsbezug.
Vernetzung, Internationalisierung bla, bla, blubb.
Und überhaupt die Neuausrichtung der Bw und so alles super – nur halt noch ein wenig mehr „drüber reden“. Die Rede hätte in weiten Teilen auch Scharping vor 10 Jahren halten können (mit Ausnahme der Piraten und dem Einsatz im Innern). Wie wäre es endlich mal mit der Idee das die ganze Staatsaufbau-/Weltbeglückungsidee nicht klappt und zu aufwendig ist? Ach ne, dann müsste man ja die Bw wirklich neu ausrichten.
Auch schön der Teil zur militärischen Prävention („eine schwierige Frage“):
Als Staatsbürger bezahle ich Professoren dafür schwierige Fragen zu Stellen – und Minister um schwierige Fragen zu beantworten.
Der Hinweis sei insbesondere am 40. Jahrestag von Fürstenfeldbruck erlaubt.
Ähnliche konzeptionelle, strukturelle, personelle, materielle und vorallem mentale Probleme haben wir heute (siehe LUH-Diskussion).
Wenn man bspw. schon über Mali herumschwadroniert, dann sollte man auch Schlussfolgerungen daraus ziehen.
Aber dafür müsste man einmal Dinge wirklich durchdenken und nicht immer nur so tun und in Wahrheit den Apparat machen lassen.
Am Ende ist man eben doch wieder enttäuscht, weil es um zu viel geht.
Man sollte mal unter >> Berliner Studie Bär und Drache << suchen. Da wird Einem Vieles klar, zum damaligen Kanzleramtsminister, zum späteren Innenminister, zum jetzigen Verteidigungsminister und zum Z2 – Oberleutnant der Reserve – Thomas de Maizière sowie dessen heutiger Rede an der BAKS.
@Vtg-Amtmann
Ehe jetzt hier irgendwelche Verschwörungstheorien ausgebreitet werden: Die entsprechende Studie ist die Seminarübergreifende Aufgabe 2008 der BAKS, Titel Energiesicherheit 2050 – Eine ressortübergreifende Herausforderung, die hier heruntergeladen kann.
Bär und Drache ist der Name eines der untersuchten Szenarien und keineswegs, wie die bei einer oberflächlichen Google-Suche aufpoppenden Ergebnisse suggerieren, der Titel der Studie. Auch die Verbindung zu de Maizière ist, außer dass er zu der Zeit bereits Minister war, nicht so recht ersichtlich. Können wir es dabei belassen?
(Ketzerischer Nachgedanke: einer der Beteiligten an dieser Seminarübergreifenden Aufgabe ist der Geschäftsführer des Bundeswehrverbandes. Den frage ich mal, welche Orders von de Maizière er bei Erstellung dieser Arbeit ausgeführt hat.)
@T. Wiegold
Die Arbeiten der BAKS-Seminare für Sicherheitspolitik als „Studien“ zu bezeichnen, wäre wohl zu hoch gegriffen. Eher stellen sie eine Zusammenfassung der Meinungen der Seminarteilnehmer dar, die diese vor dem Filter sozialer Erwartungen vorgetragen haben. Was diese BAKS-Seminare angeht, so hört man verbreitet die Kritik, dass die entsendenden Stellen nur selten ihre fähigsten Leute für mehrere Monate entbehren können. Die Seminararbeiten, die ich kenne, gingen dementsprechend nicht über eine Wiedergabe dessen hinaus, was der durchschnittliche Zeitungsleser an Sachkenntnis mitbringt. Für deutsche Verhältnisse ist das immerhin nicht schlecht. Unter den Blinden ist der Einäugige bekanntermaßen König.
@Orontes
Jenseits der Bewertung dieser Arbeiten: Die Verschwörungstheorie, der damalige Kanzleramtsminister de Maizière habe ein Planspiel für den Energiekrieg gegen China und Russland in Auftrag gegeben, wollte ich gerne stoppen.
@T. Wiegold
Wie die meisten Verschwörungstheorien überschätzt diese den Grad der Organisation des beobachteten Akteurs. Die Teilnehmer des BAKS-Seminars begreifen dieses wohl eher als „Goodie“ und wohlverdiente Ruhepause, bei der man mal etwas Weltpolitik spielen und gravitätisch klingende Schlagworte von sich geben darf. Das Seminar ist real aber einfach nicht wichtig genug, als dass irgendjemand auf diesem Weg solche Überlegungen in die Öffentlichkeit einbringen würde. Insofern stimme ich Ihnen absolut zu, was die Unplausibilität der Verschwörungstheorie angeht.
@ T. Wiegold, Bitte um Entschuldigung, der von mir angegebene Suchraster >> Berliner Studie – Bär und Drache << war leider in der Wortfolge missverständlich, hier (mir) ging es um keine Verschwörungstheorie, sondern nur um das schnelle Auffinden einer Basis-Quelle nebst weiterer Bezugsquellen.
Man lese bitte in der von Ihnen verlinkten Original-Studie http://www.baks.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/SueA/SueA2008.pdf?__blob=publicationFile
Seiten 10 und 11 „1. Einleitung“ zur Ausgangslage, zum Auftrag und zum Auftraggeber aus Januar 2008 sowie alsdann Seite 59 „7. Schlussbemerkungen“ in Sachen Empfänger bzw. Auftraggeber der Studie im Jahre 2008 – nämlich dem Bundeskanzleramt – und dessen Chef war von 11/2005 – 10/2009 Staatsminister Thomas de Maizière – und wenn man dann noch Lust hat, dann lese man das Ganze.
Die Unrealistik der Ausgangslage bzw. des Szenarios dieser Studie erinnert mich doch ein wenig an die HOS III in München in 1971 und u.a. an die „Lage Altötting“ – samt Einzel- und Kurzlagen – in welchen wir als junge Fähnriche insgesamt 1,5 Jahre im Taktikunterricht als gängige „Ultima Ratio“ mit Honest-John samt taktischen Atomsprengköpfen um uns schießen sowie ADMs um uns werfen durften (sollten), um den „Österreichisch-Ungarischen Flankenheinrich“ der Sowjetichen Mot-Schützen– und Panzer-Divisonen noch vor München – wenn auch mit ein paar Kollateralschäden im Niederbayrischen Becken und einem „flauen Gefühl“ im Bauch – zu stoppen. Zwischen 1971und 2008 liegen 37 Jahre. Und in 2008 haben uns. unser Land, die Politik und unsere Bundeswehr schon genügend und sicherlich wichtigere Probleme gedrückt, als die in der in 2007 beauftragten Studie dargestellten Szenarien im Winter 2050!
Oder verstehe ich da Etwas falsch, dann nochmals Bitte um Entschuldigung.
Mal eine ganz doofe Frage: Mich erreichen inzwischen so regelmäßig Hinweise auf Veranstaltungen im sicherheitspolitischen Umfeld sowie Stellungnahmen und Anfragen, dass ich mir einbilde, ein Teil der Community zu sein (und auch eine gewisse Reichweite in diese hinein zu haben): Von der BAKS-Veranstaltung lese ich hier und heute das erste Mal. Warum?
@ Sascha Stoltenow | 05. September 2012 – 22:24
Die Veanstaltungen der BAKS sind ja per se nicht öffentlich … einfach mal an die BAKS wenden (siehe HP der BAKS) und Interesse bekunden. Aber eben bitte beachten, die BAKS ist nicht die „Abendschule für Sicherheitspolitik“ …. sie ist Mittler; nicht Entwickler (siehe Personal der BAKS) ;-)) Sie ist Forum …!
@Sascha Stoltenow
Die Verantwortlichen bei der BAKS sind bei dem, was sie für sicherheitspolitisch relevant halten, eben noch nicht ganz beim Web 2.0 angekommen. Man muß sich das eher als Verwaltungsbetrieb vorstellen, der Relevanz nach den Kriterien der 80er Jahre und inhaltliche Tiefe nach der Häufigkeit der Verwendung des Wortes „vernetzt“ (oder was gerade aktuelles Schlagwort ist) beurteilt. Sie haben nichts verpasst. Ich habe positionsbedingt zeitweise deren Einladungen erhalten und war ab und zu mal dort. An wirklicher sicherheitspolitischer Diskussion war man dort nicht interessiert.
@Heiko Kamann
„Aber eben bitte beachten, die BAKS ist nicht die “Abendschule für Sicherheitspolitik” …. sie ist Mittler; nicht Entwickler (siehe Personal der BAKS) ;-)) Sie ist Forum …!“
Ein kompetenter Moderator würde gezielt kontroverse Standpunkte finden und gegeneinander zur Diskussion antreten lassen oder dem Publikum gegenüberstellen. Die BAKS, die dafür immerhin zahlreiche Vollzeitstellen unterhält, hat das nie zustande gebracht. Dort sucht man den Konsens und sonnt sich gerne in der Vorstellung, irgendwas mit Strategie zu machen und ganz „vernetzt“ und in den Kategorien des „erweiterten Sicherheitsbegriffs“ zu denken (über die Floskeln der 90er war man noch nicht herausgenommen, als ich das letzte Mal damit zu tun hatte), auch wenn dabei nur hochtrabende Banalitäten rauskommen. Sorry, ich muß dass so deutlich sagen. Wenn Sie mir einen einziges Gegenbeispiel nennen können, nehme ich alles zurück. Ich wäre übrigens nicht überrascht, wenn beim angeblichen Zentrum der „strategic community“ in Deutschland niemand dieses Blog mitliest. Am ehesten tun dies noch die Praktikanten. Wahrscheinlich reagiert in ein paar Tagen mal jemand, wenn die BAKS über Umwege die Nachricht erreicht hat, dass hier über sie diskutiert wird.
Das Minister-Bashing mal weglassend, Bär und Drache außen vor, den deutschen Generalstabsoffizier hinten angestellt und das persönliche Erleben von Katastrophen nicht beachtend:
Tatsache ist, das Themen gesetzt werden. Dies ist eine der wichtigsten Aufgaben der Regierung eines jeden Landes im politischen Geschäft. Wenn ich denn Themen setze, benötige ich für ihre Umsetzung langfristige Planung, Expertise, Zielgruppe, Kommunikation.
Expertise: Haben wir in Deutschland
langfristige Planung: Hat eine parlamentarische Demokratie manchmal auf definierten Poltikfeldern, die Wählerstimmen bringen.
Zielgruppe: Der ganz gewöhnliche Bundesbürger/in. Haben wir.
Kommunikation: Funktioniert manchmal, oft nicht.
Wir haben also die Experten, Krieg bringt in Deutschland keine Wählerstimmen vom gewöhnlichen Bundesbürger/in und die Kommunikation ist oft nicht zielführend.
Auf die tatsächliche politische Agenda wird Krieg (Sicherheitspolitik . . .) also nur dann gebracht, wenn es Wählerstimmen bringt (Beispiel United Kingdom: Falklands). Dann gibt es auch tragfähige und erfolgreiche Kommunikationskonzepte (Beispiel United Kingdom: Falklands, Schlagzeile „The Sun“ zur Versenkung des argentinischen Kreuzers General Belgrano: „Gotcha“).
Krieg bringt in Deutschland keine Wählerstimmen (weiß jeder Public Affairs Junior-Berater im ersten Berufsjahr, meistens ungedient). Folge: Frau Bundeskanzler, Herr Minister, Frau MdB – da lassen sie ‚mal lieber die Finger von – Exporterfolge nach China, die Senkung der Arbeitslosigkeit oder Kitas für Alle sind ein viel schöneres Thema. Oder: Wir retten den Euro?
Eingefordert wird also etwas, was wir gar nicht leisten können: Themen setzen. Das ist der Job der Politik. Nicht unserer. Also Politik: Macht ‚mal – aber richtig. Sonst einfach setzen und zur Übung noch ‚mal.
Nachklapp zu Stoltenow: Schreiben Sie doch ein Konzept und suchen sie einen entscheidenden Mandatsträger.
@Heiko: Ich habe in den vergangenen Jahren regelmäßig die Webseite der BAKS aufgesucht und nie etwas gefunden, das bei mir einen Impuls ausgelöst hätte, dort Interesse zu bekunden. Nur ein Beispiel: Die aktuellste Pressemitteilung der BAKS datiert vom 26. August … 2011 !!!!!
Und was es bedeutet, mich mit einer „Abendschule für Sicherheitspolitik“ in Verbindung zu bringen, wüsste ich dann doch noch. In meiner persönlichen Filter-Bubble – und in der mir eigenen Selbstüberschätzung – würde ich eher erwarten, dass eine Institution wie die BAKS vielleicht auf die Idee kommt, mich mal zu kontaktieren – wie es beispielsweise AFCEA getan hat, wo ich am 24.9. zu Gast sein darf: http://www.afcea.de/fileadmin/downloads/Young_AFCEAns_Meetings/ProgrammYoungAFCEANsSeptember2012.pdf
Von meinen persönlichen Belangen abgesehen, wage ich auch zu behaupten, dass die Programmplaner der BAKS bei ihrem Kolloqium noch deutlich mehr blinde Flecken hatten. Beweisen kann ich das nicht, denn die Informationen über die Veranstaltung sind spärlich, was wiederum nahelegt, dass der Anspruch, den Diskurs in die Öffentlichkeit zu tragen, eher Lippenbekenntnis als Programm ist.
Noch ein Nachtrag zu „Krieg und Wählerstimmen“:
Deutschland, Kosovo: Hufeisen-Plan (Ex- Bundesminister der Verteidigung Scharping), Massenvernichtungslager (Ex-Minister der Auswärtigen Fischer) = Aussagen, die nachweislich Wählerstimmen gebracht haben
Vereinigte Staaten von Amerika, 2. Irak-Krieg: Auschwitz in the sand (William Safire, einflußreicher Kommentator = Auusage, die nachweisliche Wählerstimmen gebracht hat
Den Beispielen gemeinsam ist, das sie die Bedingungen Expertise, langfristige Planung, Zielgruppe und Kommunikation umfassend einlösen. Ob sie einen Wahrheitsgehalt haben, ist dabei vollkommen irrelevant.
@meinemeinung
Ich kenne persönlich mehrere Versuche, akute sicherheitspolitische Fragen stärker in die öffentliche Diskussion zu bringen. Sie sind allesamt gescheitert. Die Gründe dafür sind zu vielfältig um sie hier im Detail aufzuzählen, aber stellen Sie sich das doch mal praktisch vor. Um zwei abstrakte Beispiele zu nennen, das sich eng an realen Vorbildern bewegen: Ein Offizier mit Einsatzerfahrung zum entsprechenden Thema will vor einigen Jahren seine Erfahrungen zum Thema „Kinetic Targeting“ auswerten, weil er bei den amerikanischen und britischen Kollegen darüber einiges aus praktischer Sicht mitbekommen hat und meint, dass das Thema in der deutschen Diskussion nicht mit der angemessenen Sachlichkeit diskutiert wird. Ein anderer Offizier wollte seine Erfahrungen zum Thema Counterinsurgency nach Ende seiner Dienstzeit mit einem Think Tank aufarbeiten. Was waren wohl die Reaktionen? In den konkreten Fällen ließen sie sich mit „zu heikel“ zusammenfassen.
Man predigt in Deutschland gerne, dass alles viel vernetzter betrachtet werden müsse und Dialog und Diskussion stärker gepflegt werden sollen, aber wenn es ans Eingemachte geht, schreckt man meistens zurück und verfällt in Konsens-Platitüden. Ich habe eine einzige Ausnahme erlebt, bei der 2009 (vor Kunduz) Völkerrechtler von einer bundeswehrnahen Vereinigung zusammengerufen wurden und das „gefühlte Völkerrecht“ zerlegten, nach dem deutsche Medien das Vorgehen in Afghanistan gerne als „außergerichtliche Tötung “ etc. deklarieren. Das ging aber leider nur, weil keine Journalisten etc. anwesend waren. Viele der Anwensenden haben konkrete Erfahrungen damit, was diese Leute (nicht alle, aber viele) aus solchen Diskussionen machen: „Skandal an Bundeswehr-Uni: Völkerrechtler für Mord an Taliban“ etc.
Es gibt trotzdem immer wieder Versuche, etwas Leben in die Diskussion zu bringen. Diesen hier fand ich vielversprechend, weil er hauptsächlich von jüngeren Offizieren der Einsatzgeneration getragen wird, die (noch?) nicht ganz auf Linie gebracht wurden: http://www.clausewitznetzwerk.de/cnss/
Zu Orontes:
Nach annähernd 700 Einsatztagen – vor und nach Kunduz 2009 – habe ich einiges gelernt. Sicherheitspolitik ist ein Thema, das ich mit Kameraden, meinen Verwandten, einigen Freunden und meiner Frau und meinen Kindern (aus Gründen der persönlichen Betroffenheit) bereden kann. Persönliches Erleben im Gefecht, bei Tod und Verwundung von Kameraden, der letale Einsatz gegen den Gegner, die Erschöpfung nach dem Einsatz – all dies die ist wenigen Menschen glaubhaft vermittelbar. Ich werde das nicht ändern können. Ich erwarte nur von eines von denen, die mich in den Krieg geschickt haben und schicken: Sagen Sie den Menschen, das dies, was unsere Soldaten tun, richtig ist. Sagen Sie ihnen, das meine Kameraden und ich etwas Richtiges getan haben. Das ist sicherheitspolitische Diskussion.
Diskussion ist, auch zu sagen, dass ein Einsatz falsch war oder gescheitert ist, dass das aber nicht die soldatische Leistung in Fragen stellt, sondern sie umso anerkennenswerter macht – wenn denn die Politik die Verantwortung übernimmt.
Meines Wissens war der Veranstalter nicht selbst die BAKS. Es lief unter dem Dach des Beirates für Fragen der Inneren Führung beim IBUK. Ziel war, dass man eine sicherheitspolitische Debatte anstößt. Bin gespannt. Da ich selbst vor Ort mehr als unbeeindruckt blieb und ein Pausentalk mit Sommer noch am interessantesten war, bezweifle ich eine Erreichung des Ziels. BM de Maizière flüchtete ebenso zügig während der Veranstaltung. Nach der Pause war der Saal nur noch zu Hälfte gefüllt. Naja, da hat sich Herr Clement vom Deutschlandfunk (Planer der Veranstaltung) wohl eher vertan. Hätte er als Journalist nicht wissen müssen, dass eine derartige Zusammensetzung einer Veranstaltung nicht passt? Aber Hauptsache Big Player auf dem Podium – egal was dabei rumkommt.
Nun die Frage an die Profis hier: wie müsste eine Veranstaltung aufgezogen werden, um mediales und dann auch gesellschaftliches Interesse (zumindest bis zur nächsten Sportschau) zu erzeugen?
@Arne: Die Frage kann ich beantworten. Um genau zu sein: Mit der Beantwortung solcher Fragen beauftragen uns Unternehmen. SIe beauftragen uns aber auch damit, die Frage zu stellen, ob es denn sinnvoll ist, mit einer Veranstaltung mediales und gesellschaftliches Interessen zu wecken. (Nur zur Sicherheit: Ich will hier nicht meine Dienstleistung anpreisen).
Ich glaube, dass die Bundeswehr und das Ministerium – zwei völlig verschiedene Organisationen – zunächst noch viele Hausaufgaben zu machen haben. Eine davon wäre es, systematisch den Kreis derjenigen zu erweitern, auf die sie zugehen, um sicherheitspolitische Fragen zu diskutieren. Das fängt schon damit an, dass bspw. die Universitäten in Hamburg und München bspw. in Kommunikationsfragen vom Presse- und Informationsstab nicht als relevante Ressource gesehen und genutzt werden. Und es zeigt sich, dass eine der nachhaltigsten und wichtigsten Debatten der vergangenen Jahre – die um die Veteranen und die Einsatzversorgung – durch ehrenamtliche Organisationen und eben nicht durch die offiziellen Stellen vorangetrieben wurde.
Um es mal wie gewohnt polemisch zu formulieren: BAKS, Beirat Innere Führung, etc. sind vor allem PR in eigener Sache, bei der sich die traditionellen Institutionen gegenseitig ihrer Relevanz versichern, während „Draußen“ anderes passiert. Das ist eine völlige Entkopplung, die nun, auch Dank der technischen Plattformen sichtbar wird. Vorrangige Aufgabe ist es daher m.E. diese Institutionen zu öffnen, weil sie sonst obsolet werden.
Dazu mal eine Frage: Weiß jemand, wie alt das jüngste Mitglied des Beirates für Innere Führung ist? (Dessen Mitglieder noch nicht einmal auf der Webseite der Bundeswehr vollständig benannt sind: http://www.50-jahre-bundeswehr.de/portal/a/bwde/!ut/p/c4/NYyxDoJAEET_aBciRmKHURMbLSwUG3PAcmyEPbIu0vjxHoUzyRTzMoMPjBb3Ye-Mg7ge71jWvK1mqOaG4G1KbC911BqB10ma3nkSYBFSerYTdbH0UBGrM7wtf3FXByFb0kiMY_pIg8IY1PqFTKqRADdYJul-l26Sv9JvnhWH1TXL16fz8YLjMBQ_9TEc7A!!/)
Auch in diesem Thread wird Sicherheitspolitik leider auf das Militär verkürzt und Sicherheitspolitik konnte man auch in der Vergangenheit nicht in Innere und Äußere trennen. Dass man heute so tut als ob dies was ganz neues ist verwundert mich. Wenn Sicherheitspolitik vernetzt ist, bedeutet dies nicht zwingend, dass die Bw im Innern eingesetzt werden muss.
Wie soll eine Debatte geführt werden, wenn die Entscheider anhaltend die Meinung der Mehrheit der Bevölkerung ignoriert. Den Meisten ist bewußt, dass z.B. Im Fall AFG keine Nachhaltige Sicherheit durch das Militär erreicht wird und am Beispiel der Terrorgefahr war es so, dass die Anschläge durch die Polizei, vernetzt mit den Geheimdiensten vereitelt wurden.
Kritiker der derzeitigen SiPo werden in die Diskussionen auch kaum eingeladen.
Der jüngste müsste ein Gast sein, der Sprecher Gesamtvertrauenspersonenausschuss. Früher hatten die Gäste nur zuhören dürfen. Der Altersdurchschnitt liegt vermutlich bei 55 Jahren. Die Namen werden vermutlich deshalb nicht benannt, da sich jeder Minister auch einige „Kumpels“ in den Beirat mitbringt. So war es unter Jung – gesteuert von Schlie. Was de Maizière daraus gemacht hat – keine Ahnung. Ach ja, er hat ja den Beirat geerbt ;-) Da der Beirat von einem Freund der Familie de Maizière geführt wird, darf man auch nicht zu viel erwarten.
Ich folge der Diskussion sehr interessiert und stimme der vorherrschenden Meinung zu: Vom Minister habe ich glaube ich kein (sinngemäßes) Argument gehört, den er nicht schon anderswo auch angebracht hat. Kam mir vor wie eine zusammenkopierte Rede (Bundestag, Dresden, diverse I-Views, ..)
@Sascha Stoltenow:
Ganz geheim blieb die Diskussionsveranstaltung allerdings nicht:
http://t.co/MUloje7t
Stand am 03.09. im Bundeswehr-Twitter Feed.
Als RSS hier abrufbar:
https://twitter.com/statuses/user_timeline/121415484.rss
Stoltenow trifft es gut:
„ob es denn sinnvoll ist, mit einer Veranstaltung mediales und gesellschaftliches Interesse zu wecken.“
Politische Entscheider müssen dies täglich neu beantworten. Entscheidungsleitend ist dabei immer: Welches Interesse habe ich, wen für was zu gewinnen mit welchem Nutzen für mich?
Heißt: Auf die politische Agenda kommt nur das, was Nutzen bringt oder Schaden vermeidet. Die Entscheider sind in ein Netz von Beratern eingebunden (Referenten, AG Sicherheitspolitk der einzelnen Bundestags-Fraktionen, entsprechende Parteigremien, -foren usw.). Diese gesammelte Expertise, angefüttert mit den Ergebnissen von Meinungsumfragen usw.) ermöglicht es den Entscheidern, zu jedem politischen Thema, die entscheidende Positionierungsfrage zu beantworten: Gewinne/verliere ich eine Wahl, wenn ich dieses oder jenes Thema forciert in die Öffentlichkeit bringe?
Bei Sicherheitspolitik ist die Entscheidung in Deutschland seit Jahrzehnten (Ausnahme Kosovo, aber auch die Nicht-Teilnahme am 2. Irak-Krieg) einfach: Ich verliere die Wahl, bzw. entscheidende Wählerstimmen, um auch die nächste Regierung stellen zu können, wenn ich Sicherheitspolitik auf meine Agenda setze und dies in eine breite Öffentlichkeit kommuniziere (Ausnahme: Die Partei „Die Linke“)
In Kenntnis dieser Mechanismen wird Sicherheitspolitik nie auf die politische Agenda zu Kommunikation in die breite Öffentlichkeit gesetzt werden. Politiker, die dies tun würden, wären schlecht beraten (Lassen wir zu Guttenberg ‚mal außen vor, da spielten andere Gründe eine Rolle).
Diesen Karren kriegen wir also nicht mehr flott. Da könnten noch so gute Konzepte vorliegen, inhaltlich stimmig, mit Weitblick, finanziell und personell hinterlegt – Was fehlt, ist der politische Wille und der politische Wille zur Umsetzung.
Statt dessen erleben wir Volkshochschul-Pädagogik auf gehobenem Niveau, Expertenzirkel-Veranstaltungen (BAKS, SWP usw.) oder Riten der „persönlichen Betroffenheit“. Das gibt es wenigstens. Das ist aber keine sicherheitspolitische Diskussion, sondern mehr eine Verortung der eigenen Position, wissenschaftlicher Austausch oder schlicht nur Konferenz-Tourismus.
Ich bin mir dessen sicher, das Bundesminister de Maiziere um all dies weiß. Gelegentlich unternimmt er Vorstösse zum Beispiel, das die Bundeswehr auch in Einsätze gehen muß, in denen deutsche Interessen nicht direkt betroffen sind. Das wird dann bevorzugt in der Wochenzeitschrift „Zeit“ umfänglicher vorgestellt – und das war es dann es auch.
Es fehlt also auch die Nachhaltigkeit. Da sind wir wieder bei Stoltenow und der Kommunikations-Strategie. Da sind wir übrigens auch dabei, das für Sicherheitspolitik das Auswärtige Amt „den Hut auf hat“ (so auch im lead für ISAF). Vom Werderschen Markt gibt es dazu gesammeltes Schweigen. Ach ja: „Die europäische Kultur der militärischen Zurückhaltung“ hatte ich vergessen.
So ist das hier in Deutschland.
Auch ich wünsche mir kontroverse Diskussionen, Experten, die sich trauen, auch einmal anzuecken und Gremien, die nicht nach den Proporz-Vorgaben der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten besetzt sind (Frage an Stoltenow: Ist in dem Beirat für Innere Führung auch eine Gleichstellungsbeauftragte vertreten?). Es bleibt wohl ein frommer Wunsch.
Am meisten wünsche ich mir politische Entscheider, die entscheiden.
O.K. Immerhin hat es mach‘ Satz von der Veranstaltung in den Pressespiegel BMVg geschafft – Veteranen und Anerkennung.
Übrigens, morgen soll eine BPK vom DBWV zu einer Umfrage sein. Gibt es diesbezüglich schon Infos?
Welchen Handlungsspielraum hat denn die Regierung noch?
Europäische Krisenreaktion gehören zum zentralen Handlungsspektrum der EU. Der fünfte Teil des AEUV (Art. 25-222) dekonzentriert sich auf das auswärtige Handel der EU. Ein zentrales Element stellt dabei die GASP dar, die dem Hohen Vertreter der Union und den Mitgliedsstaaten (gem Art 26 AEUV) auch weiterhin gemeinsam obliegt.
@Arne und @all
Am morgigen Freitag in der Bundespressekonferenz:
13:30 Uhr Vorstellung der Ergebnisse der Zielgruppenbefragung – Militärische Führungskräfte bewerten die Neuausrichtung der Bundeswehr
Oberst Ulrich Kirsch, Vorsitzender des Deutschen Bundeswehrverbandes
Prof. Dr. Gerd Strohmeier, TU Chemnitz
@risikoF: Auf eine Veranstaltung am 5.9. am 30.8. hinzuweisen und am 3.9. nochmal zu erinnern, ist Ausweis einer hohen Professionalität bei der Ansprache von Entscheidern. Die planen wegen des hektischen Alltags nie länger als 24 Stunden voraus.
Da sich die Veranstaltung an junge Führungskräfte richtete, die bislang noch nicht mit der Materie befasst waren, fühle ich mich auch als nicht als potentieller Teilnehmer, hielte mich wohl aber via Blog als Multiplikator geeignet.
Und warum die Programmplaner es für zielführend hielten, für bislang ahnungslose Führungskräfte eine Riege alter Männer aufzufahren, lässt mich ebenfalls fragend zurück.